PIVOT Switchblade 29er – Kurztest/ Fahreindrücke: von c_g
Wenn man nur einen halben Tag Zeit hat ein Bike zu testen, dann macht man das Beste draus. Wir hatten euch das brandneue PIVOT Switchblade bereits im Sommer vorgestellt (hier der Artikel dazu) und auch wenn die Zeit knapp war, wollte ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen das neue 29er Endurobike aus den USA mal über die herbstlichen Brixener Trails zu jagen.
Wer sich erinnert, das Switchblade ist mit seinen 135 mm Federweg am Heck (150 bis 160 mm an der Front) quasi der große Bruder des PIVOT 429 Trail, das ich ja in 2015 in Oregon über die Vulkantrails gejagt habe. Schon auf den ersten Blick sieht man dem Rahmen des Switchbalde an, dass es seine Gene weniger aus der XC-Ecke bezieht, sondern von seinem kleineren (weil 27,5″) Enduro-Bruder, dem Mach 6. Der Rahmen wirkt selbst in der himmelblauen Lackierung massiv und zeigt allein optisch durch seine großen Rohrdurchmesser, dass es dazu gebaut ist viel wegzustecken und sehr steif zu sein.
Genau dieser Steifigkeit wegen hat das Switchblade auch ein Detail, welches das Bike wirklich einzigartig machen. Es greift nicht wie heute üblich auf den Boots-Achsstandard zurück, sondern nutzt eine Super Boost Plus Hinterradachse: Um nicht den Intro-Artikel komplett zu rekapitulieren – es handelt sich dabei um das aus DH-Bikes bekannte 157 mm Achsmaß, aber mit neuen Naben, deren Flansche maximal nach außen gesetzte sind. Durch den damit gestiegenen Speichenwinkel sind so noch mal deutlich steifere Laufräder möglich.
Firmengründer und Entwickler Chis Cocalis fand dass es anders einfach nicht möglich gewesen wäre den Rahmen und das Hinterrad so steif und zu bekommen, wie es ein Bike, vom Schlage des Switchblade verdient hätte. Ich persönlich finde die Logik hinter Super Boost Plus richtig und konsequent – ganz einfach weil mir Boost (148 mm) nur „ein halber Schritt in die richtige Richtung“ war – denke, aber, dass es sich schwer tun wird in einem Markt, der sich gerade erst an Boost gewöhnt.
Trotzdem, das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen, denn damit schaffte es das Switchblade fast alles möglich zu machen: Pluskompatibilität bis 3,25“, die Option einen Umwerfer und 2-fach Kurbeln zu fahren und gleichzeitig noch eine sehr kompakte Kettenstrebenlänge von gerade mal 428 mm! Wirklich beachtlich. Um die zwangsläufige Geometrieveränderung, insbesondere das tiefere Tretlager über die Plusreifen wieder auszugleichen, kommt jedes Switchblade mit einer zweiten um 17 mm höheren unteren Lagerschale. Interessanterweise hatte auch mein Testbike trotz 29er Setup genau diese erhöhte, untere Lagerschale verbaut.
Die Geometrie ist progressiv modern mit einem 67° Lenk- und 74° Sitzwinkel, kombiniert mit einem langen Oberrohr (61,47 cm in Gr. Medium).
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Praxiseindrücke
Für diesen Kurztest hatte ich ein PIVOT Switchblade in Rahmengröße Large zur Verfügung, d. h. ein effektives Oberrohr von 63,5 cm (der Reach ist damit bei 46 cm).
Das Bike war sehr hochwertig mit einer FOX 36 Factory Federgabel und einem FOX Float EVOL Dämpfer. Gerade das Dämpfer Set-Up wird durch den mitgelieferten Sag-Indikator (die kleine Kunststoff Lehre am Dämpfer) deutlich erleichtert – fast wie mit der aufgelaserten Skala bei ROCK SHOX.
Dazu kommt eine Shimano XT/XTR Schaltung und XT Bremsen. Die Laufräder kamen von DT-SWISS mit MAXXIS Highroller II Reifen … Durch und durch ein sehr hochwertig ausgestattetes All-Mountain- bis Endurobike. Alle Züge verlaufen intern im Hauptrahmen und sogar im Hinterbau sind der Schaltzug und die Bremsleitung teilweise innen verlegt – sehr schön und aufgeräumt aber bestimmt etwas aufwendig bei einer Reparatur oder einem Austausch.
Ich hatte das Vergnügen, das Switchblade auf einen wirklich coolen Nightride und eine Abfahrt von der Plose mitzunehmen und das erste, was mir aufgefallen ist, war die ungemeine Steifigkeit und Präzision des gesamten Bikes. PIVOT Bikes hatten noch nie Probleme mit der Steifigkeit, aber das Switchblade treibt das Thema Lenkpräzision noch mal auf ein ganz anderes Niveau. Rein nach meinem subjektiven Gefühl ist das der torsionssteifste Bike, das ich je gefahren bin.
Das liegt zum einen am Rahmen selber, der mit seinen Formen wie auch den massiv gestalteten Umlenkhebeln kaum Flex zuläßt, aber ganz sicher auch an dem Superboost-Hinterbau samt passendem Hinterrad. Was zu welchen Teilen dazu beiträgt ließe sich freilich nur in Labormessungen ermitteln, aber als Gesamtpaket ist die Steifigkeit des Bikes wirklich beachtlich. Auf natürlichen Trails fand ich die Direktheit des Bikes und auch seine atemberaubende Lenkpräzision genial. Vor allem in stark verblockten Passagen konnte ich das Bike damit unglaublich genau führen. Aber auf dem mit heftigen Bremswellen durchsetzten Flowtrail war ich mir nicht immer ganz sicher, ob das Switchblade damit nicht auch ein wenig an Gutmütigkeit verliert. Um das zu entscheiden, war die Zeit auf dem Bike aber einfach zu kurz.
Die Kombination aus 135 mm am Heck und einer 150 mm Gabel fand ich hier am Switchblade gut geglückt. Wer den DW-Link Hinterbau von PIVOT kennt, weiß wie genial er seinen Federweg im Groben nutzt und auch am Switchblade, also in der mittleren Federwegsklasse, war der Hinterbau der FOX 36er Gabel nie unterlegen. Egal wie hart ich das Switchblade rangenommen habe, schien ich immer noch meilenweit von dessen Limit entfernt zu sein. Selbst in heftigen Kompressionen blieb der Hinterbau immer „hoch im Federweg“ und fühlte sich genau so an wie man es von einem guten Enduro erwarten würde.
In meiner kurzen Zeit auf dem Switchblade war zwar nicht ganz so viel bergauf unterwegs, hatte dort aber schon, dass Gefühl, dass die Plattformdämpfung sinnvoll wäre um den Hinterbau zu straffen und davor zu bewahren in Steilansteigen zu weit einzutauchen. Überhaupt gab mir dieser erste Kurzeindruck mehr das Gefühl, als wäre das Switchblade eher am aggressiven Ende des All-Mountain-Spektrums anzusiedeln – dort wo der Fokus eher im Trailpotential als in den Allroundeigenschaften liegt.
Mein Praxiseindruck zum PIVOT Switchblade im Rahmen dieses Kurztests war sehr positiv. Das Bike ist für mich zweifellos eine weitere Option für alle die im ein richtig fähiges 29er Enduro suchen. Zugegeben, mit einem VK des Rahmenkit von über 3000.- Euro (Update: Der exakte Preis für Rahmen und FOX DPS Factory Dämpfer liegt bei 3449.- Euro) ist das PIVOT Switchblade ganz sicher keine günstige Option, aber gerade für Fahrer die größten Wert auf die höchstmögliche Chassis-Steifigkeit legen ist es eine wirklich spannende Option.
Und weil mir der Kurzeindruck nicht ausgereicht hat um das Switchblade wirklich zu verstehen, , bekommen wir demnächst eines zum echten TNI-Test zu uns rein.
RIDE ON,
c_g
Sehr interessantes Bike. Optisch ein Traum. Ist der hohe Mehpreis gegenüber dem zuletzt getesteten Ghost SL AMR gerechtfertigt?
Welches Bike hat die bessere Bergabperformance?
Danke
@ Kurt: Preis/Leistung ist beim GHOST SL AMR wirklich nur schwer zu schlagen, aber stell mir die Fragen nochmals sobald der reguläre Test des Switchblade beendet ist – wenn sie dann nochnicht im Zuge des Tests beantwortet wurde. Dann kann ich das wirklich beurteilen.
Interessantes Bike, technisch interessante Ansätze.
Für ein 29’er Enduro derzeit am Heck etwas knapp bemessener Federweg.
Kettenstrebenlänge 428mm, mal ne Ansage.
Schon mal geschaut ob und wie ein Tuning auf 150mm möglich wäre.
Was sagen die Jungs von Pivot zu 150mm am heck?
🙂
Gruß aus dem Allgäu.