KONA Honzo CR Trail – Testzusammenfassung: von c_g
Als ich euch das progressive KONA Honzo CR Trail Carbonhardtail aus USA vor fast 3 Wochen vorgestellt habe, war ich wirklich gespannt, wie ich wohl mit dem Bike zurecht kommen würde. Schließlich bin ich noch nie vorher einend erart langen Hauptrahmen gefahren. Die effektive Oberrohrlänge von 647 mm erzeugte in mir ehrlichen Respekt.
Obwohl im Gegenzug der Hinterbau sehr kompakt ausfällt und auch die Sitzposition durch den 45 m kurzen Vorbau nur wenig gestreckter ist, als mit bisherigen Testbikes, brauchte ich doch eine wenig um mich an das Honzo in Rahmengröße Large zu gewöhnen. Nach der allerersten Ausfahrt habe ich sogar bei dem etwas größer gewachsenen Co-Tester Oli angefragt, ob er den Test fortführen würde, wenn ich mich nicht an das Bike gewöhnen könnte J. Dazu ist es nie gekommen, denn diese Gedanken waren schon nach einigen Ausfahrten komplett verflogen.
Das Wichtigste was der lange Hauptrahmen bewirkt, ist eine vertrauenerweckende Laufruhe im Gelände, die in der direkten Lenkung aber einen idealen Gegenpol findet. Zusammen lassen sie das Bike wunderbar sicher, aber nie langweilig oder gar träge wirken. Wer es gewohnt ist sein Bike durch Gewichtsverlagerung aktiv zu lenken und eher mit viel Gewicht auf dem Heck fährt, muss umdenken. Zum einen ist das Honzo CR ein Hardtail im wahrsten Sinne des Wortes – keine Spur von einem komfortablen oder merklich dämpfenden Hinterbau. Allein deswegen sollte man das Honzo eher zentral, vielleicht sogar etwas frontlastig fahren. Andererseits fährt man das Honzo am besten über direkte Lenkbefehle. Während es selbst auf kleinere Lenkimpulse sofort und äußerst willig reagiert, bleibt es bei Schwerpunktsverlagerungen zurückhaltend stoisch. „Draufsetzen und Wohlfühlen“ war hier beim KONA Honzo also nicht der Fall, aber ab dem Moment wo meine Motorik und mein Fahrstil sich angepasst hatten, war das Bike eine Granate! Ich habe das KONA in den vergangen Wochen wirklich sehr gerne gefahren und egal wie verdreckt und müde ich von den herbstlichen Ausfahrten nach Hause kam, konnte ich es am nächstem Tag kaum erwarten, das Honzo wieder schmutzig zu machen. Das KONA Honzo CR Trail hat auf mich eine gewisse Anziehung, die mich immer wieder damit auf die Trails zog.
Der Eindruck des Handlings hat sich im Laufe des Tests sogar so sehr ins Positive gewandelt, dass ich das Bike trotz seiner Länge mit auf meine örtliche Pumptrack genommen habe … und auch dort eine Menge Spaß damit hatte. An der Stell sei auch die sehr großzügige Schrittfreiheit dank des niedrigen Oberrohrs erwähnt. Was seine Bewegungsfreiheit angeht, spielt das Honzo auch in Rahemngröße L fast schon in der BMX-Liga mit ;-).
Was mich wirklich überrascht hat – und zwar positiv – ist wie gelassen das Honzo auch steile Anstiege hochklettert – ohne, dass man dabei ständig auf der Sattelnase balancieren muss. Auch wenn das Heck sehr kompakt ausfällt, sorgen der lange Hauptrahmen und der steile Sitzwinkel für viel Druck auf dem Vorderrad und ein sehr spätes Steigen der Front. Andererseits gehört das Honzo durch das sehr kurze Heck auch zu den Bikes, welche man gerne und viel aufs Hinterrad zieht und jede Bodenwelle im Manual durchsurft oder seine Wheelie Fähigkeiten verbessern will. Es gab viele Fahrsituationen, in denen ich das Bike wie selbstverständlich auf dem Hinterrad aus der Kurve heraus beschleunigt habe und mir das Go-Kart-Feeling dabei ein Grinsen ins Gesicht gezaubert hat.
Beim Thema Reifenfreiheit verschenkt der Honzo CR Rahmen sprichwörtliche „Pluspunkte“. Während man problemlos noch 29er Reifen bis 2,4“ in den Hinterbau bekommt (ich habe den CONTI „Der Baron Projekt 2.4“ darin gefahren), fehlt dem Honzo CR die Fähigkeit damit auch echte Plusreifen zu fahren (wie es das Big Honzo übrigens tut). Diese haben definitiv keinen Platz zwischen den Sitz- und Kettenstreben.
Lediglich die neue „Zwischengröße“, die ich in Form des SCHWALBE Nobby Nic 2,6“ derzeit testen darf, passt gerade noch so in den Hinterbau. Zur Ehrenrettung von KONA muss man aber kurz bedenken, dass der Trend zu Plusformaten noch sehr jung ist. Wahrscheinlich wussten die Konstrukteure zum Zeitpunkt der Entwicklung des Honzo CR einfach nicht welches Potential gerade für Hardtail in Plus steckt. Dass also das KONA Honzo CR noch nicht pluskompatibel ist, ist daher verzeihbar, wenn auch schade.
Folglich gilt: Wer dem direkten Heck doch etwas mehr Komfort über geringe Drücke einhauchen will und dabei den Durchschlagschutz nicht außer Acht lässt, kommt um die Unterstützung durch Systeme wie Procore, Huck Norris, Tube+ oder eben etwas robusterer Reifen nicht herum. Den serienmäßig verbauten Ardent 2.25“ musste ich jedenfalls mit für meinen Geschmack sehr hohen 1,8 bar fahren um im standesgemäßen Einsatz Durchschläge zu vermeiden.
Doch das ist wohl mehr die Sicht eines Testers, der überwiegend mit Fullies unterwegs ist. Schließlich gibt es genug Fahrer, die ja gerade diese Einfachheit und Direktheit an einem Hardtail lieben … und daran ist auch überhaupt nichts falsch. Bei aller Begeisterung muss aber auch das offensichtliche noch mal angesprochen werden: Auch ein so genial gutes Trailhardtail wie das bleibt ein Hardtail. Es fordert auf den gleichen Trails mehr Körpereinsatz, eine aktivere Fahrweise und mehr Fahrtechnik als etwas ein Fully mit gleichem Federweg. Dessen muss man sich immer bewußt sein.
Obwohl das Honzo für mich in seiner Ausstattung eher den Charakter eines Trailhardtails betonte, bin ich damit auch längere Strecken gefahren und sehe sehr wohl, wie man mit seiner weiterhin universellen Geometrie auch auf Touren viel Freude haben kann. Wer das Bike eher in dieser Richtung nutzen will, sollte allerdings einen etwas schnelleren Vorderreifen montieren und eventuelle auf leichtere Laufräder umrüsten. Der serienmäßige MAXXIS DHF 2,3 im MaxxTerra Compound und die WTB STS i29 Laufräder haben da eher anderes im Sinn.
Auf der Gegenseite ist der verbaute Ardent 2.25er am Heck zwar schnell, aber gerade bei Nässe schnell überfordert. Hier hab ich zwischenzeitlich auch andere Reifen gefahren, die gerade auf weichen Böden mehr zu leisten vermögen. Aber weil die Reifenwahl halt auch immer etwas sehr subjektives ist und stark von den aktuellen Bedingungen abhängt, sei dies dem Honzo CR verziehen.
In seiner übrigen Ausstattung gab sich das Honzo CR Trail funktionell nirgends eine Blöße. Insbesondere die 150 mm Lev Integra Dropper Stütze von KIND SHOCK war ein echter Segen an dem langen Rahmen, denn erst mit ihr war die erforderliche Bewegungsfreiheit gegeben. Entgegen früherer Erfahrungen hat das Testmuster perfekt funktioniert und ist auch aus seiner tiefsten Position immer sofort hochgekommen – frühere Testmuster mussten oft mit einem kleinne Ruck erst gelöst werden um dann auszufahren.
Die WTB STS TCS Laufräder mit nicht-konifizierten 2-mm Speichen und SLX Naben waren extrem seitensteif und sehr robust aber leider auch gewichtsbedingt recht zäh zu beschleunigen. Die SHIMANO SLX Gruppe verrichtete ihre Arbeit in dem Test gut und zuverlässig. Es war das erste Mal, dass ich die Gruppe in einer 1×11 Konfiguration gefahren bin und mit dem verbauten 32er Kettenblatt samt 11-42er Kassette gab es nie Probleme in erster Linie, weil das Bike so effizient zu treten ist, aber für längere (alpine) Auffahrten würde ich mir wohl entweder die größere Kassette (11-46) oder ein kleineres Kettenblatt montieren. Angesichts der Möglichkeiten des Bikes hat es mir bei den SLX Bremsen mit 180/160 mm Scheiben mitunter an Biss gefehlt. Auch die Option mit einem Druck gleich zwei Gänge herunter zu schalten, wie sie die edleren XT und XTR Gruppen bieten, ist mir immer wieder abgegangen.
Die FOX 34 Performance Boost hat gut zu dem Bike gepasst. Ohne Beweise hierfür, würde ich sagen, dass die Gabel mit ihrem GRIP Dämpfer weniger sensibel arbeitet, aber gerade das empfand ich an dem Hardtail keineswegs als Defizit. Vielmehr kann ich mir vorstellen, das eine ultrasensible Factroy Gabel eher Unruhe ins Fahrwerk gebracht hätte. Die 34 Performance jedenfalls musste ich bis auf die Runden auf dem Pumptrack nie straffer stellen und konnte trotzdem den gesamten Federweg effektiv ausnutzen. Mitunter habe ich mich gefragt, ob das Bike nicht sogar eine 130 oder gar 140 mm Gabel verkraften könnte, aber in Ermangelung von geeigneten Testmaterials, habe ich das nicht ausprobieren können.
Angesichts der soliden, aber wenig spektakulären Ausstattung finde ich die Preisgestaltung des Honzo CR Trail, das mit seinem Premium-VK von 3599.- Euro nur bedingt nachvollziehbar. Man bekommt zwar einen sehr guten Carbonrahmen mit einer genial guten Geometrie … mit der SLX Antriebs- und Bremsanlage sowie der Fox 34 Performance ist die Ausstattung aber eher mittelklassig. Für dieses Geld sollte eine bessere Ausstattung drin sein. Eine Frame-Only Option (wie in den USA) gibt es in Europa leider nicht, denn sonst könnte man sich den Rahmen selber aufbauen.
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Testfazit
KONA hat der beliebten Trailhardtail-Serie ein neues Topmodell geschenkt. Ein Bike, das auf dem Trail richtig Spaß macht und mich in beinahe jeder Fahrsituation begeistert hat. Die sehr ausgewogene und moderne Geometrie vereint auf brillante Weise Effizienz und Vortrieb mit ganz viel Fahrspaß, kombiniert eine hohe Fahrstabilität mit echter Verspieltheit und sieht zudem richtig gut aus.
Mit dem steifen und direkten Carbonrahmen entsteht so ein richtig leichtes und damit vielseitiges Trailhardtail. Anders als das VOTEC VC das mich ebenfalls sehr beeindruckt hat, betont das Honzo CR eher die Trail-hungrige Seite, deckt aber mit wenigen Veränderungen genauso die komplette Bandbreite eines 29er Hardtails abdecken – von XC/Marathon bis aggressiven Trail. Während der Rahmen und sein Handling mich restlos überzeugt haben, hinkt für mich die funktionelle aber wenig exklusive Ausstattung angesichts des hohen Preises etwas hinterher. Ohne diesen Makel wäre das Honzo CR Trail ein heißer Kandidat auf den Titel „Lieblingshardtail 2016“ geworden, denn wie schon gesagt: Handling und Fahrperformance passen ansonsten auf den Punkt und zeugen wie vielseitig und fähig ein modernes Hardtail sein kann.
RIDE ON,
c_g