SCHMOLKE TLO Sattelstütze – Praxiseindrücke: von Fomeracer
Es ist 1996, gut 4 Jahre nach der Firmengründung von SCHMOLKE CARBON und ich bestaune als Teenager die unglaublich leichten Teile des bereits damals als „Carbonzauberer“ bekannten Stefan Schmolke. Gut 20 Jahre später wirken diese Teile für mich noch genauso faszinierend. Für mich ist klar: Wer über solch langen Zeitraum auf dem Leichtbaumarkt bestehen kann und sich mit dem Prädikat „Made in Germany“ gegen den asiatischen Großmarkt behauptet, der kann was!!
Ich selbst bin bis dato nie in den Genuss gekommen, ein solch exklusives Teil der Marke SCHMOLKE zu fahren. Das wird sich nun im Test der handgefertigten Schmolke TLO Stütze ändern. Bei der Recherche auf der Homepage siehe ich Teile, bei denen die Gefühlslage zwischen Faszination, und Unglauben schwanken. Faszinierend ist die Detailliebe und Handwerkskunst die ich dort sehe, fast schon unglaubwürdig die Gewichtsangaben der einzelne Teile (MTB-Lenker wie auch Stützen unter 100 g!) zweifelnd die Tatsache, dass ich mit 83 kg Fahrergewicht so ein Teil im Renneinsatz testen soll. Es steht jetzt schon fest: Dies wird ein ganz besonderer Test für mich, dem ich jetzt schon mit viel Vorfreude begegne – doppelt spannend durch den Vergleich zur kürzlich getesteten TUNE Schwarzes Stück Sattelstütze.
Bei unserer Schmolke Carbon Stütze handelt es sich um die leichtest mögliche TLO Version mit 350 mm Länge und 27,2 mm Durchmesser. TLO steht hier für „The Lightest One“. Wie alle Ultraleichtbaustütze, besitzt auch die SCHMOLKE TLO einen begrenzten Klemmbereich mit einer effektiv möglichen Auszugslänge von 195-265mm (Mindesteinstecktiefe: 85 mm). Bei den belasteten Bereichen der Stütze werden bis zu 17 Carbonlagen verarbeitet, bei weniger belasteten Stellen reduziert sich deren Anzahl auf 9. Genau diese Fertigungsweise erfordert hohes handwerkliches Geschick, entsprechendes „Know-How“ und ermöglicht erst das extrem geringe Gewicht dieser Teile. Bei unserer SCHMOLKE TLO Stütze handelt es sich um die Variante ohne Seatback – auch eine Seatback-Version ist erhältlich. Die Tatsache, dass diese Stütze in 7 unterschiedlichen Länge und 7 unterschiedlichen Durchmessern erhältlich ist und sich nochmals entsprechend dem Einsatzgebiet in Straße / MTB unterteilt, zeigt wie individuell, belastungsgerecht und am Limit diese Teile gefertigt werden. Um das Ganze zu verdeutlichen schaut auf die folgende Grafik (Quelle-Schmolke Carbon)
Die filigrane Jochbeinklemmung sorgt mit zwei Alu-Klemmbügeln und zwei M5 Ti6Al4V Titanschrauben für den nötigen Halt bei der Sattelmontage. Ab einer Stützenlänge von 320 mm steigt sogar der Preis, weil hier logischerweise mehr Material- und Fertigungsaufwand nötig ist. Je nach Ausführung liegen die Preise dementsprechend hoch – zwischen 395.- und 460.- Euro für die TLO Stütze. Allein schon durch dieses Hintergrundwissen ist klar: Ein SCHMOLKE Teil ist was ganz Besonders!
Beim Auspacken des Edel-Tuningteils funkelt das feuerrote Logo im Kontrast zum gleichmäßig glänzende Carbonfinish. Alles ist gratfrei gefertigt. Die Klemmbügel, Schrauben und die Einzelteile der Jochbeinklemmung hinterlassen einen unglaublich wertigen Eindruck. Um die Auflagefläche zwischen Sattelgestell und Querschale zu vergrößern und die Kräfte gleichmäßiger zu verteilen wird die Halbschalen-Carbonwippe zusätzlich mit haudünnen Stegen versehen. Details, die jeden technikaffinen Tuner begeistern. Der Stütze liegt eine Montageanleitung in Form eines einfachen und übersichtlichen Beipackzettels bei (Ist auch in PDF Form in DE, ES, IT und FRA auf der Homepage verfügbar). Die Stütze ist darauf grafisch dargestellt, sämtliche Punkte an denen Fett oder die beiliegende Montagepaste aufgetragen werden sollen, sind eindeutig gekennzeichnet. Das maximale Anzugsmoment von 2,5 bis 4 Nm ist nur in der Anleitung, nicht auf der Stütze selbst ersichtlich.
Auf der Küchenwaage zeigt unser TLO Testmuster dann 113 g bei 350 mm Länge. Damit liegt die Stütze gut 18 g über der Herstellerangabe, was immer noch extrem leicht ist aber unter der 100 g Marke zu bleiben, wäre hier sicherlich wünschenswert gewesen. Gerade von SCHMOLKE hatte ich dann noch das Quäntchen „mehr“ Leichtbau erwartet – schließlich zahlt man hier gutes Geld für wirklich für jedes eingesparte Gramm Gewicht.
Kommen wir nun zur Montage. Wie bei jeder Jochbeinklemmung (siehe KCNC Pro Lite TI) braucht man bei der Montage des Sattels etwas Fingerspitzengefühl und Geduld. Dennoch ermöglicht dieses System, denn Sattel einwandfrei zu positionieren und zu fixieren. Weil sich auf der Schmolke Stütze lediglich min/max Markierungen für den Auszug befinden, aber keine Skala ist das Wiederfinden der exakten Auszugslänge nach dem Transport im Auto oder der alpinen Abfahrt immer ein wenig Schätzung. Ich habe mir schon bald eine Hilfsmarkierung aufgeklebt, um wenigstens eine optische Referenz zur Einstellen zu haben.
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Praxiseindrücke:
Mit mittlerweile einigen Stunden auf der SCHMOLKE TLO – wechselweise auf meinem BERGAMONT Revox, welches tendenziell ein komfortableres Heck hat, sowie auf dem SINGLEBE Stahlhardtail. Da ich in der Vergangenheit nun schon die TUNE „Schwarzes Stück“ sowie die KCNC Pro Lite TI getestet habe, beide mit Jochbeinklemmung – hier mein Vergleich bzw. meine Fahreindrücke:
Die SCHMOLKE TLO hat im Carbonrahmen wie auch im Stahlrahmen einwandfrei funktioniert. Bei beiden Rahmen habe ich die mitgelieferte Montagepaste verwendet, trotz mehrerer Reinigungszyklen saß die Stütze immer absolut geräuschfrei im Bike. Zunächst war ich skeptisch, ob das angegebene Anzugsmoment von 2,5-4 Nm dauerhaft ausreichen würde um den Sattel in der filigranen Jochbeinklemmung fest und sicher zu halten. Auch hier gab sich die TLO keine Blöße, nach der ersten Ausfahrt nochmals die Schrauben mit dem Drehmomentschlüssel nachgezogen und bis zum Testende nach 2 ½ Monaten keinen Gedanken mehr daran verschwendet.
Kommen wir zum Komfort und Steifigkeit der Stütze. Schon beim normalen Pedalieren in der Ebene konnte ich hier nicht nur fühlend sondern auch schon optisch den Flex der Stütze wahrnehmen. Dieser kommt auch bei der TLO nicht so sehr aus dem schlanken Schaft (wie z.B. bei der SYNTACE P6 Highflex) sondern auch wieder verstärkt aus den Kopfbereich. Im Vergleich zur TUNE „Schwarzes Stück“, fällt dieser aber etwas geringer aus. Gefühlt empfand ich die TLO damit steifer ohne sie gleich als unkomfortable bezeichnen zu wollen. Man wird verwöhnt mit einem gesunden Mix aus Komfort und Steifigkeit.
Attestiert man teuren und leichten Teilen meist einen hohen Pflegeaufwand, so trifft dies bei der TLO jedenfalls nicht zu. Schnell vergisst man, welch filigranes Teil da eigentlich das Fahrergewicht trägt. 82 kg auf 118 g Stütze, doch ohne jegliches murren steht die SCHMOLKE TLO ihren Mann, auch bei härteren Renneinsätzen. Ein Leichtbauteil, welches einmal montiert, einfach keine weitere Aufmerksamkeit mehr nötig hat. Sündhaft teuer, sehr exklusiv und etwas schwerer als erwartet, aber ansonsten tadellos!
Fomeracer