LITEVILLE H-3 MK1 Trailbike – Testfazit: von Oli
Wie ihr schon vom Testintro (samt erster Praxiseindrücke) wisst, hatte ich in den letzten Wochen die Chance ein LITEVILLE H-3 MK1 Hardtail ausgiebig fahren zu dürfen. Nach den allerersten Efahrungen in Kurchberg, Tirol, habe ich es im weiteren Test nicht nur über meine üblichen Hometrails gescheucht, sondern auf eine sehr schöne Transalp mitgenommen.
Nach den Tagen in Kirchberg bin ich das Bike ja wie beschrieben als 27,5+ Bike gefahren (… sofern man bei den 2.6“ SCHWALBE Reifen überhaupt von Plus sprechen kann). Die Eindrücke hierzu findet ihr ja in dem hier verlinkten Artikel beschrieben. Für den weiteren Test habe ich dann doch die bereits angekündigten Veränderungen vorgenommen. Wer genau hinschaut wird gleich erkennen, dass ich zwei Dinge in die Tat umgesetzt habe:
- Einmal habe einen 70 mm und damit 30 mm längeren Vorbau verbaut um die in meinen Augen fast schon zu reaktionsfreudige Lenkung zu beruhigen.
- Als zweites habe ich die Front „ver29ert“, oder anders ausgedrückt statt der 27,5+ Pike eine 29er Pike (ebenfalls mit 160 mm Federweg) und ein 29er Laufrad (von AMERICAN CLASSIC) montiert. Ein passendes 29er Hinterrad für den LITEVILLE-eigenen EVO6 Standard hatte ich leider nicht zur Hand. Außerdem war ich neugierig wie sich das H-3 in dieser Version, gemäß dem Scaled Sizing Gedanken von LITEVILLE fahren würde.
Insgesamt baut die 29er Pike (rechts) ca. 18 mm höher als die 27,5er Pike (links) bei gleichem Federweg. Dazu kommt der um ca. 17 mm angewachsene Laufradradius womit das Bike insgesamt vorne satte 35mm höher baut als im Auslieferungszustand. In der Geometrietabelle eingetragen, ergibt das einen schwer DH-verdächtigen Lenkwinkel von 62,6° bei einem fast schon klassischen 70,7° Sitzwinkel, also je ca. 0,9° flacher wie vorher als 27,5(+) Bike. Das Tretlager selbst kommt dadurch zwar weniger als einen Zentimeter höher und liegt immer noch nur bei nur ca. 330mm. Also rein rechnerisch machbar. Abgesehen davon, dass es sogar noch aggressiver als vorher aussieht.
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Aber die große Frage hierzu ist: Wie fährt sich das Bike jetzt?
Um es in einer Metapher auszudrücken: Ich kam mir vor, als hätte ich statt eines edlen Sneakers plötzliche einen echten Maßschuh an. Auf einen Schlag passte einfach alles. Das Bike wurde genau in dem Maße Laufruhiger wie ich es mir vorher gewünscht hatte und ließ mich nun jeden noch so schweren Trail sicher und maximal gelassen bergab steuern. Was ich vorher als leichte Nervosität in geringen Geschwindigkeiten formuliert hatte war für mich nun ein rundum direkt-agiles Fahrverhalten, wie ich es mir besser nicht vorstellen kann. Und die High-Speed Laufruhe war gerade bei langen, flowigen Trails oder Forstwegabfahrten ein echter Traum.
Auch der 27,5×2.6er Nobby Nic, ein Reifen, den es derzeit offiziell noch gar nicht gibt, hat mit wirklich gut gefallen. Er hat sich während des Tests als sehr solide und robust erwiesen – obwohl ich vom empfohlenen Mindestdruck von 1.5 bar deutlich nach unten abgewichen bin. Ich selber könnt emir vorstellen, dass sich das Bike mit einem echten 2,8er Nobby Nic oder sogar 3,0er Reifen noch etwas gutmütiger und vor allen noch komfortabler fahren würde – aber wirklich vermisst habe ich mein 29er Fully während des Tests nie. Übrigens: Ich hatte hinten keine Pannen, wie von kritischen Lesern prohezeit J.
Bergauf war das Bike durch sein geringes Gewicht und ohne potentielle Kraftverluste durch die Heckfederung ohnehin eine Wucht – womit wir jetzt zur Transalp kommen. Wir sind mit unserem zehnjährigen (!), bikebegeisterten Neffen und seinem Vater bei allerbestem Wetter von Garmisch nach Meran geradelt, über den Fernpaß, Fimberpass und dann über das Engadin, den Pass de Costainas ins Vinschgau. Die Anstiege waren nicht sehr lang, aber gerade auf dem Weg hoch zur Heidelberger Hütte zum Teil sehr knackig. Ich habe mich fit gefühlt wie lange nicht mehr und bergauf bin ich selbst die steilsten Anstiege locker hochgekommen. Selbst im Wiegetritt hat das Hinterrad immer genügend Traktion gehabt.
Eine Randbemerkung zu Bergauffahren:: Wie im Intro breits genannt war bei unserem Testbike die aktuelle 2×11 Shimano XT Gruppe verbaut. Nachdem ich in den vergangenen Jahren immer wieder 1×11 Schaltungen von SRAM gefahren bin, muss ich zugeben, dass ich wieder gemerkt habe, dass für mich persönlich (!) das 1×11 Konzept bislang immer ein kräftezehrender Kompromiss war. Ich bin nicht untrainiert aber an manch langen steilen Anstiegen habe ich den fehlenden Gang bergauf vermisst und das Konzept innerlich in Frage gestellt. Da ich dann auch in der Ebene immer wieder mal gerne einen schweren Gang trete und mich auch mal an einen Rennradler anhänge hat mir dann auch dort ein oder zwei Gänge gefehlt. Die hier montierte 26/36 Übersetzung vorne finde ich perfekt und ich weiß noch nicht, wie ich damit an meinem Fully umgehen werde, das für 2×11 leider keine Möglichkeit der Nachrüsung bietet
Als ich das Bike gesäubert und für die Übergabe an LITEVILLE wieder bereit gemacht habe, bin ich über zwei Details gestolpert, das ich so noch garnicht wahrgenommen hatte: LITEVILLE hatte an unserem XL-Testbike eine absolut sinnvolle 180 mm Kurbel montiert und auch bei den Griffen auf die größere (33 mm) Variante der SYNTACE Griffe spezifiziert. Wenn man bedenkt, dass das die Proportionen des Bikes ja auch mit der Rahmengröße mitwachsen, so habe ich beides als sehr durchdachte Detail für die Rahmengröße empfunden. In Bergaufpassagen haben mir die 5mm Krubellänge subjektiv einiges gebracht.
Und ich muss mich auch wiederholen: Ich habe nicht ein einzges Mal mit der Ferse am EVO6 Hinterbau geschliffen der ja die zusätzlich Baubreite der 148 mm breiten Nabe allein nach rechts schiebt und daher hier potentiell Porbleme machen könnte.
Wer den Fimber (oder auch Fimba-) Pass kennt, der weiß, dass es da unglaublich schön und auch knackig runter geht. Ich musste mehrfach anhalten, weil ich es nicht glauben wollte, wie mir das Bike hier bergab Spaß gemacht hat. Mir ist klar geworden, dass LITEVILLE damit einen richtigen Schritt gemacht hat, denn Trailhardtails mit dieser Geometrie gibt es auf dem Markt kaum welche. LITEVILLE-Fahrer sind ohnehin diejenigen, die das Bike auch unter anderem wegen der cleanen Optik kaufen und hier kommt einfach alles zusammen. Top-Optik, saubere Verarbeitung und unglaubliche Variabilität in den Möglichkeiten des Aufbaus.
Fazit: In den vergangenen Jahren bin ich mittlerweile einige LT Hardtails gefahren, doch keines hat mich so lange beschäftigt und vor allem begeistert wie jetzt das H-3 MK1 von LITEVILLE. Am Rahmen ist alles durchdacht und wirklich spannend gelöst: Von der genialen Geometrie und dem doch leichten Gewicht bis hin zur integrierten Zugführung mit den schönen Abdeckkappen, oder den komplex geformten und geschweißten Hinterbaustreben … nicht zu vergessen die für Tourenfahrer sehr willkommene Option der Umwerfermontage. Das H-3 MK1 fährt sich schlichtweg genial und wer ein leichtes Trailhardtail sucht – egal ob als 27,5, B+ oder mit 29er Front – sollte sich das H-3 unbedingt näher ansehen.
Oli
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Ps: Noch ein Wort zum verbauten SYNTACE MX Laufradsatz: Nur 588-, Euro für einen im Set und sehr hochwertigen Laufradsatz verlangt LITEVILLE wenn man sich den Rahmen kauft. Ein Betrag, de ich auf alle Fälle investieren würde, allerdings in meinem Fall mit der 29er Version vorne und der 27,5er hinten. Ich persönlich würde mir auch den sogenannten Silencer Kit von Syntace (für ca. 35,- Euro) gönnen. Während des Tests hatte ich manchmal das Gefühl, allein der Geräuschkulisse wegen auch bergab treten zu müssen, um die Bergwelt „in Ruhe“ genießen zu können.
Alternativ kann man auch ein normales Boost Hinterrad eines anderen Herstellers nehmen, umzentrieren (lassen) und schon passt es auch für den EVO6-Standard.
Hallo
Cooler Bericht.
Mich würde interessieren ob man das Bike auch mit 29er Hinterrad fahren kann oder ob dies nicht möglich ist. Mir gefällt der Rahmen aber ich stehe ehrlich gesagt nicht so auf scaled sizing.
Gruess
Hp
@ Hanspeter: LITEVILLE selber sieht kein 29er Hinterrad am H-3 MK1 vor, aber wenn du am Ende des Testintros schaust, siehst du ein Bild bei dem wir mal ein 29er Laufrad mit dicken 2.35er Reifen drauf in den Rahmen gesteckt haben … und auch wenn die Reifenfreiheit am Tretlager und Sitzrohr nicht gigantisch ist, hätte ich keine Bedenken das Bike so zu fahren.
Wohlgemerkt, das HR muss halt immer auf den EVO6 Standard umzentriert werden.
Super Testbericht ,
so baue ich mir mein H3 auch gerade zusammen.
Vorne 29″ , hinten 27,5″ mit der Pike in 160mm.
(Dual Position ) Mit welchen Luftdruck warst Du denn unterwegs ? In beiden Reifen unter 1,5 bar ?
Kann es kaum erwarten bis ich die erste Testfahrt
mache.
Gruß Frank
Hallo Frank,
In der Regel fahre ich immer unter 1.5 bar. Je voluminöser der Reifen, desto weniger geht ja. Bei Plusbikes sind es dann ja auch schnell mal unter 1 bar
Probier es einfach aus.
Und: viel Spaß mit Deinem neuen Bike!
Oli
Danke für die schnelle Antwort,
ich bin vor 2 Jahren mit einem 29er Simplon Razorblade
den Fimber-Pass herunter gefahren und ich kann Dir sagen,
dass es keinen Spass gemacht hat mit 100mm Reba und Race Geometrie den Pass herunter zufahren.
Nächstes Jahr geht es dann mit dem H3 herunter und ich bin gespannt auf die Fahrt.
Gruß Frank
Hallo Oli,
welchen Reifen / Breite bist Du vorne gefahren ?
Gruss
Emanuel
Hallo Emanuel,
sorry für die späte Antwort.
Daw war ein Hans Dampf mit 2.35er Breite. Ich bin ihn mit Schlauch gefahren.
Viele Grüße
Oli
Hallo Oli, vielen Dank für den fundierten Bericht. Welche Erfahrungen hast Du mit der aktuellen XT Bremse gemacht? Man hört ja von einem schwankenden Druckpunkt. Viele Grüße und stets Kette rechts. Ingo
Hallo Ingo,
der Test liegt ja nun eine Weile zurück aber so weit ich mich erinnern kann hatte ich auf der Transalp keine Probleme damit. Ich hätte das bemerkt, da ich wegen einer alten Avid Juicy 7 auf einem anderen Bike dafür recht sensibilisiert bin: Da habe ich zwei Mal einen kompletten Verlust des Druckpunkts erleben müssen…
Viele Grüße
Oli