DT-SWISS OPM O.D.L. (Modell 2017) – Testfazit: von MiMü
„Schweizer Ingenieurskunst trifft auf österreichische Singletrails.“ so oder so ähnlich könnte man den Test der für 2017 überarbeiteten DT-SWISS OPM O.D.L. 130 mm Allmountaingabel beschreiben, denn bisher war die Gabel fast ausschließlich in heimischen Gefilden im Salzburger Land unterwegs.
Nach einer kurzen gesundheitlichen Pause, die – aus Sicht des Testers großteils in den bike-freien Familienurlaub fiel – ziehe ich jetzt mein Fazit zum 2017er Modell der DT-SWISS OPM O.D.L.
Mit dem APT („Adaptable Progression Tune“) genannten System bietet DT-SWISS erstmalig die Möglichkeit, mit Hilfe von Volumenspacern die Progressionslinie der Gabel an den persönlichen Fahrstil anzupassen. Wir hatten euch im Intro und im Zwischenstand ausführlich darüber berichtet und das System nach seiner Wirkung genau unter die Lupe genommen.
Ich selber habe im sogenannten „+2“ (also zwei verbaute Spacer in der Luftkammer) mein persönliches Lieblings-Setup gefunden und dies auch für die letzte Testphase beibehalten. Nebenbei erwähnt entspricht diese Konfiguration auch der der werksseitig ausgeleiferten Variante der Gabel und wird deswegen auch „Stock Setting“ genannt.
Wie bereits im Zwischenstand beschrieben gehört die DT-SWISS Gabel zu den sensibelst ansprechenden Gabeln, die ich kenne. Eine derartige Feinfühligkeit gegenüber selbst kleinsten Schlägen habe ich bisher noch nie bei einer Federgabel diesen Federwegs erlebt – ausgenommen vielleicht die RS-1 mit ihrer Upside-Down-Konstruktion. Wie auch schon im Test der OPM Gabel ohne den APT-Feature, ist das eine der herausragendsten Eigenschaften der schweizer Gabel.
Normalerweise bin ich ja ein Freund aufgeräumter und cleaner Cockpits mit möglichst wenig Hebeln, Schellen und Leitungen. Zwei Bremsgriffe, ein Schalthebel und noch der mittlerweile nicht mehr wegzudenkende Remote der Dropperstütze – fertig ist die ideale Kommandozentrale. Wenn ein Gabel-Remotehebel aber so formschön und funktionell wie der DT-SWISS-Hebel ist, dann kann man seine optischen Grundsätze schon mal über Bord werfen. Dieser Hebel macht durch seine präzise, knackig leichtgängige Funktion geradezu süchtig, der Wechsel zwischen den drei Fahrmodi Open, Drive und Lockout (daher auch die Modellbezeichnung O.D.L.) wird bei jeder Gelegenheit mittels linkem Daumen durchgeführt.
Dürfte ich einen Wunsch an DT-SWISS äußern, dann wäre es ein Hebel in dezentem schwarz, denn der eigentlich schöne silber-graublaue Hebel passt einfach nicht zu jedem Bike.
Zusätzlich hat der Pilot am rechten oberen Gabelholm die Möglichkeit, die Lowspeed-Druckstufe im „Open“ Modus in 18 fein gerasterten Stufen zu verstellen. Meiner Erfahrung nach war in etwa jede zweite Rasterstufe direkt spürbar. Dreht man das kleine blaue Einstellrädchen im Uhrzeigersinn zu, dann wird das Fahrverhalten der Gabel zunehmend straffer, um bei voll zugedrehtem Lowspeed beinahe das gleiche Ansprechen wie im „Drive“-Mode an den Tag zu legen.
Auf gemäßigten, fowigen Trails fuhr ich die komplette Testphase deswegen mit komplett offener Lowspeed-Druckstufe. Auf diesem Terrain ist es mir einfach lieber, wenn das Fahrwerk möglichst sensibel arbeiten kann, Komfort und die Möglichkeit den gesamten Federweg zu nutzen ist mir hier wichtiger. Für Gegenanstiege oder Zwischensprints stand ja eh der „Drive“-Mode zur Verfügung. Nach wie vor habe ich die Lockout-Funktion der Gabel kaum verwendet, dafür bin ich einfach zu wenig auf Asphalt oder im Renntempo unterwegs.
Hier noch ein paar Worte zu OPM (One Piece Magnesium Casting) genannten einteiligen Magnesium-Tauchrohreinheit. Zum Vergleich ließ ich die DT-SWISS Gabel gegen meine eigene ROCK SHOX Revelation RCT3 antreten – zwei in ihrem Einsatzbereich absolut vergleichbare Gabeln. Größter optischer Unterschied zwischen den beiden Modellen ist natürlich die Position der Gabelbrücke. Während ROCK SHOX die Brücke traditionell auf der Vorderseite der Gabel und etwas flacher baut, befindet sich die tiefer bauende und mit vielen auffälligen Verstrebungen bestückte Gabelbrücke der DT-SWISS hinter den Tauchrohren. Außerdem fällt die Brücke wegen der im Bezug zum Laufrad günstigeren Position auch deutlich niedriger Insgesamt soll dadurch ein Maximum an Steifigkeit und Lenkpräzision generiert werden.
Im direkten Fahrvergleich wirkt die OPM O.D.L. wirklich eine Spur direkter und präziser. Gerade bei starken Bremsmanövern oder im verblockten Terrain ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen, folgte der gewählten Linie präzise und nahezu stoisch. Nicht dass die Revelation über eine mangelnde Steifigkeit verfügte, aber die DT-SWISS legt eben noch ein Schäuflein nach. Für meine 80 kg Lebendgewicht sind aber beide Gabeln bedenkenlos einsetzbar, selbst mit großer 203 mm Disc – für schwererer und aggressivere Fahrer hält die DT-SWISS aber in meinen Augen noch mehr Steifigkeit bereit.
Durch die sehr bereite Konstruktion der Gabelbrücke an der OPM Gabel ergibt sich noch ein weiterer Vorteil: Die extrem gute Reifenfreiheit. Auch mit normaler Nebeneinbaubreite von 100 mm kann die 29“ Gabel mit 2,8 bis 3,0 breiten Plus-Reifen gefahren werden. Eine ideale Option also für alle die gerne mal Plus probieren wollen ohne gleich alles umzustellen, so wie c_g es ja bereits in seinem Test des Vorgängermodells gemacht hat.
(Anmerkung: Die von DT-SWISS vorgeschriebene Verlegung der vorderen Bremsleitung habe für den Test aufgrund einer zu kurzen Stahllex-Leitung leider ignorieren müssen. Auch wenn es bei mir für die Testdauer funktioniert hat, würde ich für den Langzeitbetrieb würde aber von meiner Montageart abraten und den von DT-SWISS vorgeschlagenen Weg nehmen.)
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Fazit: Ohne das Vorgängermodell der DT-SWISS OPM O.D.L. je gefahren zu sein, traue ich mich zu behaupten, dass die Einführung der APT-Technologie die von c_g in hohen Tönen gelobte Gabel noch vielseitiger und damit noch besser gemacht hat.
In Zeiten wo Individualisierung groß geschrieben wird, schließt DT-SWISS damit die bisherige Lücke zu FOX und ROCK SHOX auf und bietet dem Allmountain- und Trailfahrer damit eine leicht zu nutzende und simple Möglichkeit der Progressionsanpassung. Wer bereit ist sich mit der Materie ein wenig auseinander zu setzen, wird den Unterschied zwischen den einzelnen Settings sprichwörtlich erfahren. So erlaubt es den Grundcharakter der Gabel äußerst komfortabelbetont bis ambitioniert sportlich-straff zu variieren. Damit sollte jeder Fahrertyp glücklich werden. Mit ihrem geringen Gewicht von lediglich 1630g lässt sich zudem ein leichtes Trailbike ebenso realisieren wie ein langhubiges Marathon-Fully. Ihr seht also – mit der OPM O.D.L. Hat DT-SWISS ein richtig heißes Eisen im Feuer das komplett zu Unrecht ein wenig ein Underdog-Dasein fristet!
MiMü