VITTORIA Morsa 29×2,3 TNT G+ Isotech 4C – Testfazit: von MiMü
Kennt ihr das nicht auch? Beim Blick in den Kalender fragt ihr euch wo denn die Zeit geblieben ist. Unzählige Trailkilometer habe ich seit dem Intro mit dem VITTORIA Morsa 2,3 TNT G+ Isotech 4C, dem weltweiten ersten Mountainbike-Reifen mit 4-fach Compund unter die Stollen genommen, in heimischen Gefilden, in den Alpen und ebenso am schroffen Lago Trails. Der im Zwischenstand angekündigte Wechsel auf unseren anderen, schmäleren Laufradsatz mit DEANEASY’s Tube+ Testlaufradsatz läutete dann gleichzeitig auch die letzte Phase des Tests ein.
Beim Ummontieren von der SYNTACE MX35 Felge (Innenweite 28 mm) auf die doch deutlich schmälere AMERICAN CLASSIC All-Mountain 29 Felge (Innenweite 24 mm) zeigte sich der Morsa VITTORIA-typisch wieder vollkommen unproblematisch. Ich brauchte zwa rinen Reifenhebers um ihn montiert zu bekommen, denke, aber dass auch das DEANEASY Tube+ System mitverantowrtlich für die etwas erschwerte Montage ist.
Auch auf diesem Laufradsatz überzeugte die TNT-Karkasse mit ihren famosen tubeless-Eigenschaften: eine einfache Standpumpe genügte um den Reifen prompt dicht zu bekommen, selbst nach mehr als 24h zeigte das Manometer immer noch den Anfangsdruck. An dieser Stelle ein Sonderlob an VITTORIA! Anders als bei der der breiten SYNTACE-Felge baute der Morsa auf dern AMERICAN CLASSIC etwas schmäler – 56 mm an der Karkasse und 58 mm an den Seitenstollen. Dafür ragten nun die Seitenstollen leicht über die Reifenflanekn hinaus und boten so den beabsichtigten Schutz bei Felskontakten. Wie sich die weiter hinausragenden Seitenstollen bemerkbar machten erläutere ich euch dann etwas weiter unten.
Nachdem ich mit der vorher gefahrenen Reifenkombination MAXXIS Highroller II/Ardent mit Tube+ bei 1,1 Bar bereits sehr gute Erfahrungen gemacht hatte, entschied ich mich Anfangs dafür, auch den Morsa mit diesem Luftdruck zu fahren. Erwartungsgemäß fiel der subjektive Rollwiderstand auf festem Untergrund gering aus. Gefühlt rollte der Morsa auf der schmaleren Felge sogar noch leichter, ließ sich noch eine Spur besser beschleunigen, und lieferte noch ein Quäntchen mehr Feedback an den Fahrer als auf der Syntace-Felge. Durch sein sanftes und fast schon Semislick-artiges Abrollen kann man mit diesem Enduro-Reifen auch lästige Asphaltstücke angenehm und ihne das sonst übliche Stollenrubbeln pedalieren. Hier hat der VITTORIA-Enduroreifen gegenüber der Enduro-Konkurrenz spürbar die Nase vorne.
Die im Zwischenstand monierte Rutschtendenz bei starkem Bremsen auf Asphalt und Beton war bei besagten 1,1 Bar nicht mehr feststellbar – ein Ausbrechen war wirklich nur noch mit mutwilligen Bremsmanövern erzwingbar. Offensichtlich tut deri niedrige Luftdruck dem Morsa gut und verhilft ihm dazu noch besser zu funktionieren.
Manch anderer Reifen neigt bei niedrigem Luftdruck ja zu einem indirekten, möglicherweise sogar schwammigen Fahrverhalten. Nicht so der VITTORIA-Pneu, der dank seiner verstärkten TNT Karkasse, trotz feiner 120 TPI, sogar bei 0,9 Bar mit einer sportlichen Direktheit und hohne lenkpräzision auftrumpfen konnte. Selbst in schnell gefahrenen Kurven konnte ich nie ein spürbares wegzuknicken vermerken.
Um den Pannsnschutz kümmerte sich ja ohnehin das Doppelkammersystem, weswegen ich hierz an der Stelle zum positiven Ergebnis des Zwischnstandes nur wenig hinzufügen kann. Dass die TNT Karakasse sehr robust ist, ist ja kein Geheimnis mehr – weder scharfkantigen Lago-Gestein noch meine übigen Ausfahrten haben irgendwelche sichtbaren Spuren, geschweige denn Defekte hinterlassen. Die Seitenkarkasse sieht beinahe noch aus wie am ersten Tag. Es wir wohl an der TNT-Karkasse und im speziellen Fall auch an der zusätzlichen Nylon-Einlage liegen, dass der Morsa – ebenso wie alle bisher von mir getesteten VITTORIA-Reifen – mit einer soliden Pannensicherheit glänzen konnte.
Auf der anderen Seite ist die 120 TPI Karkasse im Laufflächenbbereich wiederum so flexibel und nachgiebeig, dass der Morsa gerade kleiner Schläge wunderbar sanft abdämpft.
Die zuvor erwähnten über die Karkasse hinausragenden Seitenstollen machten den Morsa in Kurvenlage noch präziser und aggressiver als auf der Syntace-Felge ohne Tube+, die Jagd durch den Kurvenwald bereitete mir noch eine Spur mehr Spaß. Auch als ich den Morsa mal absichtlich mit höherem Luftdruck gefahren bin, hatte ich den Eindruck, dass der Morsa auf der schmäleren Felge (24 mm) genauso gut funktioniert wie auf der breiten .. für meinen Geschmack sogar einen Tick besser.
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Noch ein paar Worte zu den Nasseigenschaften des italienischen Enduro-Reifens – wir wären nicht TNI, wenn wir diesen Einsatzbereich unbeleuchtet ließen. Nasse Steine, Felsen und Schotter stellten für den VITTORIA Morsa TNT keine echte Herausforderung dar. Obwohl das Mittelprofil nicht über so hohe Stollen wie etwa ein Schwalbe Magic Mary verfügt verbeißt er sich sehr sicehr im tiefen Kies und Schotter. Ein Durchdrehen des Hinterrades oder eine schwammige Lenkung auf losen Steine war nie zu erkennen, die geschlitzten Profilblöcke der Mittellinie und die im Laufflächenbereich weiche Karkasse verfügen über eine hohe Gutmütigkeit auf diesem oft etwas eigenwilligen Untergrund.
Die stärker ausgeprägten Seitenstollen fanden auch auf nassen Felsplatten immer mehr als genügend Halt. Auch feuchte, kreuz und quer verlaufende Wurzeln konnten den Morsa dafür nicht aus der Ruhe bzw. in Rutschen bringen, die Mischung aus längs gestellten, geschlitzten Mittelstollen und weicheren Seitenstollen generierte in diesen Trailpassagen viel Grip. Ich muss offen zugestehen, dass ich mittlerweil großes vertrauen in die innovative 4C Compound-Technologie habe.
Ein etwas anderes Bild zeigte sich auf matschig-erdigem Untergrund wo weniger das Compound, sondern mehr das Profil, also die mechanischer Verzahnung über die Fahreigenschaften entscheidet. Das relativ flache Mittelprofil wirkte sich hier eher nachteilig aus.
Bei ausgefahrenen Erdtrails und matschigen Waldwegen kämpfte vor allem der hintere Reifen schon früh mit Traktionsproblemen. Was mich etwas verwunderte, war der Fakt, dass das Vorderrad bei identen Bodenbedingungen direkt und spurtreu blieb, währen der Hinterreifen schneller Traktionsprobleme hatte. Kurvenhalt, Führung und Bremstraktion sind demnach auch bied eisen Bedingungen sehr gut, aber die Antriebstraktion fällt ab. Auch das Varrieren des Luftdrucks brachte hierbei keine nenneswerte Besserung. Positiv aufgefallen ist mir dafür die doch sehr gute Selbstreinigung, denn nach wenigen Metern bzw. Reifenumdrehungen waren die Reifenprofile wieder frei von Schlamm und Dreck. Selbst klebriger Lehmboden konnte das Profil nicht längerfristig zusetzen.
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FAZIT: Viel zu schnell ist die Zeit seit Anfang Mai vergangen und viel zu schnell rücken bereits die nächsten Reifentests an, welche den VITTORIA Morsa ablösen werden. Schaden, denn für mich als Allmountain-Fahrer bietet der Morsa eine exterm gelungene Mischung aus immensem Grip im Gelände, hohem Komfort, niedrigem Rollwiderstand und, was bisher unerwähnt geblieben ist, kaum messbaren Verschleiß.
Inwieweit Graphene auf all die angeführten Eigenschaften einen Einfuß hat ist unmittelbar nicht zu quantifizieren, dass es aber einen positiven Einfluss hat, ist offensichtlich. Die vier unterschiedlichen Compounds von Seiten- und Mittelprofil tragen ebenso dazu beid en VITTORIA Morsa zu einem gleichermaßen traktionsstarken, wie auch schnellen Reifen zu machen. Ein wirklich empfehlenswerter Reifen auf unterschiedlichen Untergründen, der nur in weichen erdigen Böden Schwächen zeigt.
Am Ende des Tests steht für mich fest: Der VITTORIA Morsa 2.3 TNT ist eine sehr fähiger und vielseitiger Reifen. Einer der auf Trails verschiedenster Art, sei es hart oder weich, tief oder glatt viel Spaß macht. Sein gutmütiges, fehlerverzeihendes, dennoch sportlich-direktes Fahrverhalten prädestiniert ihn für den Trail- und Endurofahrer ebenso wie für Tourenfahrer mit einer Affinität für technische Passagen. Der hohe Pannenschutz und die fabelhaften Tubeless-Eigenschaften machen ihn außerdem zum echten Sorglosreifen, der die etablierte Konkurrenz von CONTI, SCHWALBE und Co. nirgends zu fürchten braucht.
MiMü
Hallo
besten Dank für all die tollen und ausführlichen Tests immer wieder!
Ich suche für die nasse, matschige Zeit einen geeigneten Reifen für nasse Trails, Wurzeln und Jurastein. Ich fahre ausschließlich Tubeless und hatte eigentlich den Baron 2.4 Project im Blick, jedoch lass ich nun von etlichen Problemen bei Tubeless-Montage? Offenbar wäre der Vittoria Morsa eine echte Alternative? Gibt es fürs Hinterrad eine andere Möglichkeit? Der Morsa ist ja nicht ganz günstig – übrigens ebenso der Baron.
Gruss Stefan
@Stefan
Der Morsa hat in der Mitte ein eher flaches Profil. Das ist mit Reifen wie MK2, Baron und FA nicht direkt vergleichbar. Die seitliche Stollenreihe bietet bei Schräglage natürlich auch auf weichem Untergrund guten Halt. Der sehr gute Rollwiderstand macht den Reifen speziell für den Einsatz am HR sehr attraktiv.
Nach einem krassen Abflug mit Morsa am VR (feuchter Waldboden)ist diese Kombi für mich gestorben.
In dieser Gewichtsklasse (AM bis Enduro) ist ja einiges im Angebot. Für mich ist der IBEX immer noch ein attraktiver Allrounder für die kalte Jahreszeit.
Gruss, Georg
@ Georg: Nachdem ich den VITTORIA Morsa derzeit auch auf einem Bike vorne fahre, würde ich bei deiner Beschreibung auch eher zum CONTI „Der Baron Projekt“ 2.4. Gerade mit der Vorgabe „nass und matschig“, würde hat der noch ordentliche Reserven unter widrigen Bedingungen wo der Morsa weniger tolerant ist.
Was Tubeless-Eigenschaften angeht waren bei uns beide im Test mustergültig – der VITTORIA sogar noch ein wenig besser, als der CONTI, aber beide sehr gut.
Hi,
vielen Dank fuer deinen ausfuehrlichen Bericht. Allerdings kann ich die Aussagen aus mittlerweile eigener Erfahrung teilweise nicht nachvollziehen.
Ich fahre den Reifen auf einem Hinterrad mit 30mm Maulweite und bin zunaechst ebenfalls von dem unheimlich geringen Rollwiderstand fasziniert, so sehr, dass ich gleich mal den Druck gegenueber anderen Reifen minimiert habe. Alles, was deutlich unter 2bar geht ist aber wenig hilfreich, da der Reifen durchaus schwammig wird und zu Durchschlaegen neigt.
Ich muss vielleicht sagen, dass ich mich hier nicht auf Schotter- und Waldwege beziehe, das kann fast jeder Reifen. Ich rede von eher grobem/alpinen Zeug, wo man gewoehlich mehr Wanderer als Biker sieht.
Und da beginnt auch schon das eigentliche Problem des Reifens. Er hat auf Steinen und Kanten/Absaetzen – und insbesondere wenn es dann noch feucht wird – erhebliche Traktionsprobleme. Ich fuehre das auf die mickrigen Stollen und deren angeschraegte Mittelstollen zurueck (bei mir sind deshalb auch die Maxxis Reifen rausgeflogen); aber auch die Gummimischung scheint ihren Teil beizutragen (beim Hochfahren einer Fahrrad-/Kinderwagenrampe an sog. „Norm-Treppen“ dreht der Reifen teilweise durch, was mir mit noch keinem Reifen passiert ist).
Um noch etwas positives am Schluss zu sagen, die Kurventraktion/-stabilitaet ist aus meiner Sicht sehr gut, sofern der Luftdruck nicht zu sehr minimiert wird.
Alles in allem wuerde ich den Reifen als gelungenen Touren-Reifen einordnen, aber fuer’s Grobe ist er defintiv nicht gemacht.
Ciao Michi
@ Michi: Danke für den Beitrag deiner Erfahrungen. Wenn der Morsa mit seiner verstärkten TNT Karkasse bei dir schon bei 2 bar zu Durchschlägen neigt, welche Drücke fährst du dann mit Reifen á la Nobby Nic? Ich fahre den Morsa derzeit auf einer 35 mm Felge (NEWMEN Evolution SL A.35) und habe selbst unter 1,5 bar keinerlei Probleme … vergleichst du den Morsa hier mit Reifen, die eine DH-Karkasse haben?
Was die Traktion im Trockenen oder moderat nassen Böden angeht, finde ich in am Vorderrad recht gut und auch bei Nässe ist er noch OK. Life bösen mag er dagegen weniger. Hinten bin ich ihn bisher noch nicht gefahren und kann mir deswegen kein Urteil erlauben … werde das aber noch nachholen.
Hi C_g,
am Hinterrad ist das mit den Druecken natuerlich ein wenig anders; vorn fahr ich auch mit etwa 1.5bar, allerdings einen Magic Mary.
Ich fahre einen Roval Traverse LRS mit 29mm Maulweite, d.h. der Reifen sollte also ausreichend abgestuetzt sein.
Zu dem Nobby Nic, den fahre ich schon lange nicht mehr, das ist nur Spielzeug; das unangenehmste an dem NN war, dass mir permanent die Schulterstollen in Kurven (Asphalt) weggeknickt sind – neben den permanenten Reparaturen natuerlich.
Da ich die Berge ausschliesslich aus eigener Kraft erklimme, hab ich mir bisher den Luxus von DH Karkassen gespart, weiss diese also auch nicht einzuschaetzen.
Der einzige Reifen, der mich bisher auf dem Hinterrad ueberzeugt hat ist der Specialized Purgatory, allerdings mit deutlich hoeherem Rollwiderstand verglichen mit dem Morsa. Aber das werd ich mir das naechste Mal wieder goennen, das mit der Traktion, das nervt mich mittlerweile schon tierisch.
Ciao Michi
Hallo, ich habe mir deine tollen Bericht über den Morsa schon ein paar mal durchgelesen. Aber immer wieder stellt sich mir die Frage, wie denkst du verhält er sich bei den Fahreigenschaften im Vergleich zu meinem Liebling Hans Dampf. Vom Gewicht her ist er ja auch fast 100g schwerer…
Nach langer Pause habe ich den Morsa wieder aktiviert. Und bei trockenem Wetter und Boden macht er schon Laune. Auch wenn mir Reifen mit runderem Profil für Allroundeinsatz lieber sind. Und ein guter Allrounder ist er schon. Man darf ihn halt trotz ähnlicher Optik nicht mit einem HighRoller II 3C verwechseln. Dafür rollt er um Welten besser.
Die Gummimischung erinnert in ihrer geringen Dämpfung an Schwalbe PaceStar.
Vorerst bleibt er jedenfalls drauf.