NORCO Optic 9.2 – Testintro (und 27,5/29er Vergleich): von c_g
Als regelmäßiger Leser wisst Ihr ja bereits aus dem Testfazit des VOTEC VC Pro 2×11, dass wir kürzlich im Trailcenter Rabenberg waren. Den Auslöser der Kurzreise kennt Ihr aber noch nicht …
Der war nämlich eine Einladung des deutschen Vertriebes der kanadischen Bikemarke NORCO, die uns dort ihr neues und progressives 29er Trailbike unter dem illustren Namen Optic vorstellen wollten. Das Optic hatte sein offizielles Debüt am Sea Otter Classic, flog hierzulande bisher aber eher „unter dem Radar“.
Worum geht es beim Optic? Eigentlich nur um eines – maximalen Spaß auf verschiedensten Trails … aber lassen wird doch NORCO selbst zu Wort kommen (Auszug aus der wirklich anschaulichen Microsite zum Optic):
„Das Optic ist ein kurzhubiges, agiles Trailbike mit einem gelungenen Mix aus Cross-Country Vortrieb und All-Mountain Spaß. Alle Rahmengrößen bieten unabhängig von der Körpergröße dank Gravity Tune und Size-Scaled Tubing die gleiche progressive Geometrie und das gleiche Fahrverhalten. Das bekannte A.R.T. Federungssystem sorgt für einen wippfreien Antritt und lässt sich auch durch grobes Gelände nicht aus der Ruhe bringen. Mit der Wahl zwischen Carbon oder Aluminium, 650B oder 29“ präsentiert Dir das Optic eine völlig neue Perspektive auf deinen Trail – fahr schneller und kontrollierter, vertrau deinem Bike! …
Der Trumpf des Trailbikes ist die Vielseitigkeit! Es muss sich wie ein Cross-Country Rad beschleunigen lassen, darf sich aber nicht zu beeindruckt zeigen, wenn es mal etwas härter zur Sache geht. Um diesem Ruf gerecht zu werden, ist das Optic mit allem ausgestattet, was ein modernes Trailbike ausmacht, von der absenkbaren Sattelstütze bis hin zum speziell abgestimmten FOX Fahrwerk. “
Mit diesem Ansatz rennt das Optic bei uns natürlich offene Türen ein. Unserer Ansicht nach verspricht gerade die Riege der neuen 29er Trailbikes von 110 bis 130 mm Federweg den breitesten Einsatzbereich für die verschiedensten Fahrer und Trails.
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Bereits bei der Vorstellung am Stand von NORCO in Rabenberg hat uns das Optic mit einer Fülle an nicht selbstverständlicher Features beeindruckt, die wir euch hier kurz vorstellen wollen.
… zuerst die Geometrie des 29er Optic:
NORCO hat sich mit dem Optic größte Mühe gegeben für jede Rahmengröße die optimale Geometrie zu entwickeln – eine Philosophie, die NORCO „Gravity Tune“ nennt. Während bei vielen Herstellern nur der Hauptrahmen in den Rohrlängen wächst, das Heck aber immer gleich bleibt, ändert sich beim Optic auch der Hinterbau mit der Rahmengröße. So wächst das ohnehin eher lange Oberrohr (602 mm in Gr. Med) mit jeder Größe um ca. 30 mm an, die Kettenstreben je Größe um 5 mm – von 425 in Größe S auf 440 beim XL Bike. Gleichzeitig sinkt der effektive Sitzwinkel von 75,4° in Größe S auf 74,1° in Größe XL. Das alles sorgt für einen stets gleiche Schwerpunktlage und damit optimale Gewichtsverteilung zwischen den Laufrädern. Nur der Lenkwinkel ist konstant bei trailtauglichen 68,5°.
Aber NORCO geht noch weiter und passt auch die Rahmenrohrquerschnitte der Rahmengröße an – „Size Scaled Tubing“ nennt NORCO das. Größerer Querschnitt für große Rahmen und schlankere Rohre für kleinere Rahmen. Warum? Man nimmt an, dass kleinere Fahrer eben weniger wiegen und größere Fahrer eben auch oft schwerer und kräftiger sind. Cool, oder?
Sieht man sich die „ART-Suspension“ genannte Hinterbaukinematik an (steht für, „Adcanced Ride Technology“) handelt es sich beim Optic um einen klassischen Viergelenker mit kurzer Umlenkwippe und im Tretlagerbereich abgestützten Dämpfer. Spartanisch wirkende 110 mm gibt der Boost-Hinterbau frei. Nicht viel, aber schließlich kommt es nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität der Federung an. Der bei allen Modellen verbaute FOX DPS Dämpfer mit EVOL Luftkammer und angepasstem Dämpfungstune lässt schon mal auf Gutes hoffen. (Falls bei der Erwähnung von Boost die fast schon automatische Frage nach Plus kommen sollte … nein, der Rahmen ist nicht plusfähig. Vorne hat NORCO das Optic mit 120 mm Federweg ausgestattet – bei den meisten, aber nicht allen Modellen mit breiterem Boost-Standard.
Das 29er Optic gibt es in fünf Modellvarianten – drei mit Carbonhauptrahmen und Alu-Hinterbau und zwei Modelle mit komplettem Alurahmen.
Der Reihe nach sind dies das Topmodell Optic C 9.1 (oben links)für immerhin 7299,- Euro, unser sonst hier abgebildetes Testbike Optic C9.2 für 4699.- Euro und das Optic C9.3 (oben rechts) für fast schon magere 3599.- Euro). Den Carbon-Rahmenkit gibt es für 2099.- Euro.
Die beiden Alu-Modelle kommen mit nicht ganz so organischen Formen im Hauptrahmen und natürlich etwas mehr Gewicht daher, sind dafür aber deutlich erschwinglicher – das Optic A9.1 für 3099.- Euro und das Optic A9.2 für 2499.- Euro – bieide zurückhaltend graumetallic gehalten.
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Zusätzlich geht NORCO bei dem Konzept des Optic aber noch weiter und gibt dem Fahrer die Wahloption der Laufradgröße– 29er oder 27,5“. Über allerlei Kniffe, wie auf das Format angepasste Geometrien, 10 mm längerem Federweg des 27,5ers, unterschiedliche Vorbaulängen usw. wollte NORCO so zwei Bikes schaffen, die sich sehr ähnlich anfühlen und auch fahren – aber je nach Gusto und Fahrstil des Fahrers eben in zwei Laufradformaten erhältlich sind. Sinnigerweise gibt es das 27,5er Optic auch in der Größe XS (bis XL), während das 29er erst mir S startet.
Wir haben uns für das Wochenende in Rabenberg zwei ansonsten identische Optic geschnappt und sie abwechselnd über die Trails dort gejagt. Dabei ging es uns weniger darum zu bestimmen, welches der Bikes sich besser fahren würde – wir lieben das Feeeling von 29ern und so war das Optic 9.2 schon systembedingt im Vorteil. Vielmehr wollten wir herausfinden, wie nahe das Optic 7.2 wirklich in der Sitzposition und dem Handling am 29er lag, bzw. wo die Unterschiede liegen.
Das Ergebnis des direkten Vergleichs aus einem halben Tag auf den Trails:
- Selbst mit einem gutem Gespür für Ergonomie, war keiner von uns in der Lage Unterschiede in der Sitzposition herauszuspüren. Hier hat NORCO der Ergonomie nach wirklich zwei sich fast identisch anfühlende Bikes
- Auch bergauf pedalierend war es lediglich die höhere Traktion der 29er Reifen, welche einen spürbaren Unterschied bildete.
- Bergab dafür und je gröber die Trails würden waren die Unterschiede deutlicher spürbar. Für unseren Geschmack war dann das 29er klar laufruhiger, sicherer und toleranter bei Fahrfehlern, während das 27,5er zwar agile, aber auch weniger flexibel im Bezug auf die Gewichtsverlagerung und Linienwahl war.
- Der größte Unterschied war allerdings die höhere Traktion der 29er bei ansonsten identischen Reifen (Nobby Nic 2.25 vorne und Racing Ralph 2.25 hinten).
Interessanterweise hat parallel zu uns auch der NORCO Teamfahrer Florian Gottschlich die beiden Laufradformate des Optic auf den Trails in Rabenberg verglichen .. und kam als ehemaliger DH-Worldcupfahrer zu dem Ergebnis, das ihm das 27,5er besser liegt „weil er damit die Anlieger präziser und enger fahren kann“.
Gut dass man beim NORCO Optic die freie Wahl zwischen dem 27,5er und dem 29er hat – die identisch ausgestatteten Varianten kosten in 29 und 27,5“ auch immer das gleiche.
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Doch das nur zur Einstimmung auf unseren Test des giftgrünen NORCO Optic 9.2 das ich in Rabenberg in Rahmengröße Large gefahren bin und danach in Größe Med. zum Test mitgenommen habe.
Das Optic 9.2 kommt bei einem VK von 4299.- Euro mit durchweg hochwertigen Komponenten daher. Vorne werkelt eine FOX 34 Float Performance Elite 29 Boost Federgabel, hinten der bereits erwähnte FOX DPS EVOL Performance Dämpfer. Dabei sit die 34er FOX alleine schon bemerkenswert, denn normalerweise wird in der Federwegsklasse eher die 32er spezifiziert, die eben auch leichter ist und so das Gesamtgewicht drückt. Ein Vorzeichen darauf, dass Norco das Optic doch potenter ausgelegt hat, als es die Federwege ankündigen? Wir werden sehen.
Nicht ganz verständlich ist mir warum die Gabel mit einem Lenkerremote kommt, während man zum Betätigen der DPS-Stufen des Dämpfers noch ach unten greifen muss.
Unser Optic 9.2 Testbike hat einen SHIMANO XT 2x11Antrieb mit einer RACE FACE Turbine Kurbel (26/36 Zähne), man war aber bedacht darauf hinzuweisen, dass mit jedem NORCO Optic auch ein passendes 30-Zahn Direct-Mount Kettenblatt kommt mit dem das Bike schnell auf 1×11 umrüsten kann. Die Umwerferaufnahme ist übrigens abnehmbar für eine möglichst cleane Optik im 1-fach Modus.
Ein cooles Detail des Bikes ist auch die interne Zugverlegung mit großen abschraubbaren Ein- und Auslässen mit diversen Zusatzoptionen. Da hat mal einer an die Schrauber unter uns gedacht.
Die SHIMANO XT Bremse (180mm vorne, 160 mm hinten) sorgt für die nötige Verzögerung. Die Laufräder sind custom-built aus SRAM MTH Boost Naben und EASTON ARC 24 Felgen – keine Klage hierzu. Die Sitzgelegenheit bildet eine ROCK SHOX Reverb Stealth mit 125 mm Hub und ein sehr schlanker SDG Circuit Mountain Sattel. Das Cockpit aus der RACE FACE Turbine Gruppe formt ein 50 mm Vorbau und ein 760 mm breiter Alu-Lenker mit 20 mm Rise.
Das Bike wiegt komplett mit Schläuchen 12,9 kg (ohne Pedale).
Soweit zur recht umfassenden Vorstellung des Bikes. Nachdem ich zu diesem Zeitpunkt bereits einige Trail-Kilometer auf dem NORCO Optic C9.2 hinter mir habe folgen schon bald meine ersten Praxiseindrücke dazu.
RIDE ON,
c_g