ORBEA Loki H10 29 (und B+) – Testfazit: von Fabian
(hierzu erschienene Artikel: Pressenews – ORBEA Loki, Testintro ORBEA Loki H10, Erste Praxiseindrücke als 29er, Fahreindrücke der B+ Variante)
Knapp 6 Wochen lang hatte ich die Gelegenheit, mit dem ORBEA Loki H10 auf den Trails unterwegs zu sein und dem Bike dabei ordentlich auf den Zahn zu fühlen. Zuerst habe ich mir das Bike als 29er ausgiebig angeschaut, danach als B+ und Bikepacking-Lastenenesel und zuletzt noch in einer Mixed-Version … und damit wird es Zeit für ein Testfazit!
Vorher aber noch zur 29“/B+ Mixed-Variante: Zum Abschluss des Tests habe ich das ORBEA Loki neugierdehalber mit einem Mix aus 29er Laufrad vorne und einem B+ Laufrad hinten über die Trails gescheucht. Diese Mischung habe ich deswegen ausbrobiert, weil das 29er Laufrad mit seinen knappen Zentimeter größeren Durchmesser den Linkwinkel noch mal um ca. ein halbes Grad flacher werden läßt – etwa 66,5°, durch den Sag des B+ Reifens vielleicht sogar noch etwas darunter. Der schmalere Reifen vorne soll das Rad führen, während der voluminösere hinte B+ für zusätzliche Dämpfung und Antriebstraktion sorgen sollte.
In der Praxis gingen diese Überlegungen nur zum Teil auf: Wieder einmal zeigte sich das Wetter nicht unbedingt von seiner besten Seite und entsprechend rutschig waren die Trails. Unter diesen Bedingungen schnitt der 2.4“ breite MAXXIS Ardent noch durch den Matsch, wo der 3.0“ breite MAXXIS Chronicle aufgeschwommen ist. Durch die veränderte Geometrie und das leichtere Vorderrad ließ sich die Front noch leichter anlupfen und so Kanten oder Bodenwellen noch leichter flowig überfahren. Die Nachteile des Mixed-Set-Ups zeigten sich dagegen auf langsam gefahrenen Bergaufpassagen wo das Vorderrad merklich schneller nervös wurde. Wie deutlich sich hier die nur leicht veränderte Geometrie und das leichtere 29er Laufrad auswirken würden, hat mich bei dem Versuch ziemlich überrascht.
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Die FOX Float (34) 32 Boost mit 120 mm Federweg und FIT-Kartusche hinterließ während des Tests einen durchweg positiven Eindruck bei mir.
Die Gabel hat es mir hier sehr einfach gemacht, ein auf meine Fahrweise und meinen Geschmack abgestimmtes Setup zu finden. Als Liebhaber einer etwas strafferen Federung, bin ich die Gabel meist in der mittleren Position der Druckstufeneinstellung gefahren was mir ein für meinen Geschmack ideale Kombination für eine spaßorientierte, aktive Fahrweise mit viel Sicherheitsreserven auf dem Loki bot. Trotzdem ist anzumerken, dass es der Gabel im komfortbetonten, offenen Modus auch nie an positiver Rückmeldung über den Zustand des Untergrunds fehlt. Nach dem Wechsel vom 29er Laufradsatz auf B+ habe ich wegen der stärkeren Eigendämpfung der Reifen nur den Luftdruck geringfügig von 95 auf 100 psi erhhöht, was aber auch die einzige Änderung während des Tests war.
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Laufräder und Reifen: Die beiden von ORBEA für den Test mitgelieferten Laufradsätze sorgten bereits vor der ersten Ausfahrt für eine positive Überraschung indem sie sowohl der 29er als auch als B+ bereits ab Werk im Tubeless Setup kamen. Zudem gefielt mir gut, dass ORBEA die Fahrperformance nicht zugunsten eines auf dem Papier geringeren Gewichts beschnitten hat.
Der MAXXIS Ardent in 2,4“ Breite (auf eher schmalen Felgen mit 23 mm Maulweite) sowie der MAXXIS Chronicle in 3.0“ Breite (auf Felgen mit 40mm Maulweite) passen hervorragend zum Einsatzbereich des Bikes und präsentierten sich als zuverlässige Allrounder. Das Tubeless Setup hielt hervorragend dicht, auch eine Woche Stillstand im Keller machte ein Nachpumpen nicht erforderlich.
Einen Wehrmutstropfen stellte die bereits im Intro erwähnte lose Führungshülse in der Vorderradnabe des 29er Laufradsatzes dar, mit der der Laufradeinbau unnötig kompliziert war. ORBEA versicherte uns, dass es sich dabei im ein Vorserienmuster handelte und derartige Probleme in Serie nicht vorkommen. Die baugleiche Nabe des B+ Laufradsatzes hatte keine derartigen Auffälligkeiten, die Führungshülse blieb an Ort und Stelle.
Der von ORBEA entwickelten Digit Sattelstütze stand ich zu Beginn des Tests ein wenig skeptisch gegenüber. Die Frage wie das System mit Führungsnut sowie selbst wählbarem oberen und unteren Anschlag sich unter Matschbeschuss schlagen würde, löste sich jedoch rasch in Luft auf:
Die Stütze an sich funktioniert völlig problemlos und überstand sogar die zusätzliche Belastung einer Satteltasche klag- und schadlos. Während die Absenkung während der Fahrt vollkommen problemlos funktioniert und nicht viel mehr Aufmerksamkeit erfordert als den Schnellspannner kurz zu öffenn und zu schließen, bekommt man das erneute Ausfahren nur mit akrobatischen Verrenkungen (während der Fahrt nicht angeraten!) oder eben indem man kurz anhält hin. Hier fehlte es einfach an einer Feder um sie selbständig ausfahren zu lassen. Biker, die häufig in den Alpen unterwegs sind, eine Absenkung lediglich für längere Abfahrten benötigen und die Einfachheit einer konventionellen Sattelstütze zu schätzen wissen, dürften die Digit Sattelstütze durchaus interessant finden. Sie ist inklusive Sattelschelle auch einzeln erhältlich – allerdings nur im Durchmesser von 31.6mm. Der Preis liegt bei etwa 80.- Euro.
Zu den Kontaktpunkten zwischen Mensch und Maschine ist zu sagen, dass ich sowohl mit dem verbauten Sattel, wie auch dem Cockpit selbst auf ausgedehnten Touren sehr gut zurecht gekommen. Wie bereits erwähnt sind die gesteckten Griffe während des Tests knapp einen halben Zentimeter in Richtung Lenkerinnenseite gewandert – hier würde eine verschraube Variante schnell Abhilfe schaffen. Der RACE RACE Ride Vorbau (70 mm) und der 760 mm breite ORBEA Riserlenker passten ausgesprochen gut zum Bike und fühlten sich für mich sehr komfortabel an, auch wenn ich privat Lenker mit mehr Backsweep bevorzuge.
Erwartungsgemäß erwies sich der Shimano-Mix bei Bremsen wie Schaltung als ebenso unauffällig wie unproblematisch. Die günstigen M506 (Deore) Bremse standen in Punkto Verzögerung und Zuverlässigkeit hochwertigeren Bremsen aus gleichem Hause in nichts nach und hatten entgegen der aktuellen Varianten der XT und XTR auch einen konstanten Druckpunkt. Selbst bei Nässe und auch bie starker Veerschmutzung blieben sie absolut geräuschlos. Das XT Shadow Plus Schaltwerk, das per Direct Mount mit dem Rahmen verbunden ist, schaltete präzise und knackig. Der SLX Side-Swing Umwerfer verrichtete seine Dienste absolut unauffällig und sorgte dafür, dass es während der Testphase keinen einzigen Kettenabwurf zu verzeichnen gab.
Die lediglich 170 mm langen Armen ausgestattete M506 Zweifachkurbel zeigte bereits nach relativ kurzer Zeit durch Schuhkontakt verursachte Abriebspuren, blieb funktionell aber ohne Probleme. Aufgrund des niedrigen Tretlagers des Loki traf ORBEA die richtige Entscheidung, die Kurbel in der 170mm Version an Stelle der sonst üblichen 175mm Länge zu verbauen. Bodenkontakt blieb selten und ein merklicher Unterschied beim Treten bzw. der Kraftübertragung machte sich nicht bemerkbar.
–> Alles in allem hat ORBEA bei den Komponenten einen sinnvollen, wenn auch nicht gerade leichten Mix zusammengestellt, den der eine oder andere sicherlich beim ersten Wechsel der Verschleißteile upgraden wird.
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Testfazit:
Abschließen möchte ich diesen Test, indem ich meine erste Begegnung mit dem Loki schildere: Als c_g mir das Testbike inklusive beider Laufradsätze in der Arbeit übergeben hatte, wollte ich damit nach Feierabend nach Hause zu fahren. Dieses Vorhaben stand jedoch unter keinem guten Stern: Der Luftdruck war viel zu gering und ich hatte natürlich keine Pumpe zur Verfügung ;-). Keine idealen Bedingungen für eine erste Kontaktaufnahme mit einem neuen Testbike. Aber zu meiner Verwunderung fühlte ich mich nach dem Aufsitzen auf dem Loki sofort wohl. Schon auf diesem ersten „Utility-Ride“ertappte ich mich auch bei dem Gedanken, noch eine kleine Extrarunde mit dem Bike zu drehen.
Warum ich meinem Erstkontakt mit dem ORBEA Loki an dieser Stelle erwähne? Diese kleine Geschichte beschreibt ziemlich treffend den Eindruck, den das Bike den gesamten Test über bei mir hinterließ: In jeder erdenklichen Situation zeigte es sich als verlässlicher Partner und ich kann mich an keinen Moment erinnern, in dem ich mich auf ein anderes Bike gewünscht hätte. Egal, ob bei sportlicher Gangart als gutmütiges XC-Trainingsbike, als verspieltes Trailbike auf der Feuerabendrunde oder als Lastesel beim Bikepacking – das ORBEA Loki H10 wusste mich sowohl in der 29er als auch in der B+ Variante sehr wohl zu überzeugen. Die Basken übertreiben also durchaus nicht, wenn sie die Loki-Modellreihe als „Ein Bike für alle(s)“ anpreisen.
Wenn ich mich persönlich für eine Laufradplattform für das ORBEA Loki entscheiden müsste, würde ich vermutlich eher zum B+ Setup tendieren. Zum einen, weil ich inzwischen lange mit breiten Reifen unterwegs bin und mich gewissermaßen daran gewöhnt habe, zum anderen, weil mir die im Vergleich mit dem 29er Setup sattere „Straßenlage“ des Loki sehr viel Freude bereitet hat. Mit dem nur ca. 300 mm hohen Tretlager (zum Vergleich: 317,5 mm im 29er Setup) gepaart mit den fehlerverzeihenden B+ Reifen entstand ein noch sichereres und gelassenes Fahrgefühl. Leichte Abstriche musste man dafür natürlich in Kauf nehmen, wenn es länger und wenig technisch bergauf ging. Derartige Anstiege meisterte das Loki im 29er Setup spritziger. Fahrer, die mehr Wert auf eine sportliche Fahrweise legen und die XC-Fähigkeiten des Bikes stärker betonen wollen, würde ich eher zur 29er Variante raten – der Unterschied hielt sich jedoch aufgrund der insgesamt sehr ausgewogenen und eher trailorientierten Geometrie des Loki in Grenzen.
Egal wie, das Loki ist in beiden Versionen ein zuverlässiger Kletterer, mit dem man vermutlich nie als Erster, aber auch nicht als Letzter am Ende eines Anstiegs ankommt. Auf technischen Trails und Abfahrten dagegen ist es ein sicherer und zuverlässiger Begleiter, der einem oft ein Lächeln aufs Gesicht zaubern wird …
Angesichts der Ausstattung im Bereich der Brems- und Schaltungskomponenten ist der Preis von 1799.- (29“) bzw. 1899.- (B*+) Euro nicht gerade ein Schnäppchen. Man sollte dabei aber auch bedenken, dass man mit dem Loki ein Bike erhält, das für die Zukunft optimal gerüstet ist: Dank Boost, ISCG05 sowie einer Führung für eine Stealth Dropper-Post kann man die Entwicklung in diesen Bereichen mit dem Loki als sein Eigen entspannt verfolgen und sich sicher sein, ein Bike in der Garage zu haben, das mittelfristig up-to-date ist.
Fabian
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(Anmerkung der Redaktion: Wie ihr wisst, hat am letzten verlängerten Wochenende das RIVA Bike Festival stattgefunden. Auch wir waren mit gezückter Kamera und gespitztem Bleistift vor Ort und haben dabei sowohl das Expo-Gelände nach Neuheiten und News durchforstet. Aber wir auch richtig viel auf den Lago-Trails unterwegs um Fahreindrücke einiger richtig cooler Bikes zu sammeln und einige Testprodukte zu fordern.
Dezeit gilt es durch unsere Aufzeichnungen und tausenden von Bildern zu gehen, und das beste für euch aufzubereiten – morgen geht e los mit der Berichterstattung hierzu – bleibt also dran ;-))
Hallo lieber Tester des Orbea Loki H 10.
Danke für den interessanten und informativen Artikel zum Loki.
… das Teil steht in meiner „must-have“- Liste ganz oben.
Lediglich möchte ich darauf hinweisen (und das wäre ggf. Zu korrigieren), daß das Loki H10 „nur“ mit einer 32er-Gabel ausgestattet ist. Das H ltd. 27+ – für dann 2699,–€ – ist mit der 34er RS ausgestattet.
Schönen Feiertag noch.
Gruß
Robert
Sorry: Fox natürlich – nicht RS.
Danke für den Hinweis. Du hast recht – unser Loki H10 hatte eine FOX Float 32 Performance verbaut.
Hi Robert,
danke für das nette Feedback und den Hinweis zur Federgabel.
Das Loki hat sich den Platz auf deiner „Haben-will-Liste“ wirklich verdient, ich wünsche dir schon jetzt viel Spaß mit dem Radl! 🙂
Viele Grüße,
Fabian