RADON Slide 130 10.0 HD – Erste Eindrücke: von OLI
Als ich das RADON Slide 130 10.0 HD in Empfang genommen habe, war ich sofort von seiner dezenten Alu-Optik begeistert. Dieser optische Eindruck bleibt erhalten und das Slide 10.0 gehört auch jetzt noch zu einem der schicksten Fullies, die ich bisher gefahren bin.
Doch das Slide 10.0 HD kann noch viel mehr. Bereits der Blick auf die Speckliste und die Geometrie gibt Aufschluss darüber: Kompakte Bauweise, 140er Gabel und 130 mm Heck, gepaart mit 29er Laufrädern, eine 1×11 Übersetzung mit 30 Zähnen vorne … als das versprach viel Trailperformance gepaart mit guten Kletter- und Allroundeigenschaften. So bin ich erwartungsvoll zu meinen ersten Touren auf den gewohnten Hometrails gestartet, die alles zu bieten haben, um auch ein derartiges Rad auf Herz und Nieren zu testen. Natürlich wollte ich herausfinden, ob sich der erste Eindruck auch in der Praxis bestätigt.
****************************************
Sitzposition & Handling: Im Intro hatte ich ja bereits die für meinen Geschmack eher kompakte Bauweise mit dem nur 620 mm langen Oberrohr bei Rahmengröße L (20“) angesprochen. Im Sitzen in Richtung Trails rollend hatte ich mit dem kurzen Vorbau keine Probleme – nur auf kurzen Zwischensprints zwischendurch kam die Kompaktheit mitunter durch. Im Wiegetritt hatte bergauf aber immer wieder das Gefühl, mich zu weit vorne auf dem Rad zu stehen und den Lenker nicht vor mir zu fassen, sondern fast schon unter mir.
Auf dem Trail, vor allem aber, wenn es bergab ging, spürte ich die wahre Stärke des kompakten Cockpits: Keine Spur von Überschlagsgefühlen und maximale Kontrolle. Ich fühle mich immer sicher, wenn ich Gewicht hinter den Sattel bringe und irgendwelche Steilpassagen oder Drops hinabstürzte. In technischem Gelände ist die Kombi also Top, aber bereits in gemäßigten Flowtrails, so musste ich bergab wieder darauf achten, nicht zu flach auf dem Rad zu liegen, weil ich hier schnell zu viel Last auf dem Vorderrad habe. Für die weiteren Tests werde ich – wie auch schon bei anderen Testrädern – einen etwas längeren Vorbau montieren, wobei es durchaus sein könnte, dass ich bereits in das Größenspektrum eines 22“ Rahmens gehöre.
******************************************
Federung und Kinematik: Die Kombination aus den beiden FOX Factory Federelementen vorne und hinten hat mich nach der ersten Einstellungsphase regelrecht begeistert. Aus der Longtravel-Hardtailecke kommend, hatte ich befürchtet, dass ich mit einem 130/140 Fully ein Sofa unter mir haben werde, doch das Gegenteil ist der Fall und das Bike fährt sich trotz der ordentlichen Federwege recht straff und direkt.
Anders als erwartet, hat sich die Kombination aus Fox 34 Factory Federgabel und dem Float DPS Dämpfer am Viergelenkerhinterbau keineswegs übermäßig komfortbetont erwiesen, sonder eher sportlich straff – eine Eigenschaft die das Bike durchaus auch für den klassischen Toureneinsatz empfiehlt. Um das Komfortpotential und auch die All-Mountain-Eigenschaften in gröberem Gelände zu testen werde ich m weiteren Testbetrieb werde ich aus der Gabel und dem Dämpfer etwas Luft ablassen und eventuell noch mit der Dämpfungs-Einstellung herumspielen … schließlich will das Slide HD nicht nur Tourenbike, sondern auch All-Mountain sein.
An der ausgereiften Viergelenker-Kinematik konnte ich bisher kaum Antriebseinflüsse spüren, aber dennoch spürt man wie das Heck bergauf gerade im offenen Modus gerne etwas abtaucht. Deswegen gehört das Slide 130 für mich auch zu den Fullies, bei denen man öfter die Plattformdämpfung bergauf bemühen darf und soll um die optimale Effizienz und Gewichtsverteilung zu erzielen. Bei ca. 88 kg Lebendgewicht (inkl. Gepäck) hatte ich erst so das Gefühl optimaler Klettereigenschaften. Dabei wurde ich positiv überrascht wie aktiv das Fahrwerk selbst im diesem mittleren Druckstufen-Modus bleibt – der FOX DPS Dämpfer leistet hier wirklich bemerkenswertes wenn man bergab mal vergisst den Druckstufenhebel umzulegen. Wegen des bisher eher tourenlastigen Testeinsatzes bin ich das Bike bisher deswegen auch mehr mittleren Modus gefahren und habe nur wenn es ruppiger bergab ging, den Dämpfer komplett geöffnet. Auch bei der Gabel ist mir der Medium-Modus für eine solche Gangart bisher lieber gewesen habe. Ein (fast) vollständiges Sperren in Form der härtesten Einstellung war bisher nie nötig und erscheint mir auch für extrem lange Straßenanstiege wirklich sinnvoll.
****************************************
Ausstattung: Überrascht war ich zunächst über die gute Rolleigenschaft des montierten CONTINENTAL Trail King. Der ja am HD vorne in 2.4 und hinten in 2.2 kommt. Obwohl die Stollen grob wirken und recht weit stehen, rollte er auch auf festem Untergrund erstaunlich gut und deutlich unauffälliger als der Mountain King II, den ich letztes Jahr hier im test hatte. Hier bekommt der Trail King von mir schon mal ein Pluszeichen.
Im Trails selber hatte ich bei den vorherrschend moderat feuchten Verhältnissen immer ausreichenden Grip – erst wenn es wirklich nass wird, stößt der Trail King an sine Grenzen. So erfordern nasse Wurzeln schon eine sichere und bedachte Fahrweise – ein Punkt bei dem das griffigere Black Chili Compound der hochwertigeren Protection Version bestimmt höhere Reserven hätte. Die Selbstreinigung ist jedoch auch hier gut, vielmehr ist es einfach die Verzahnung über die eher flachen Stollen, welche das Limit setzt.
Was mir aber schon aufgefallen ist, war die Kombination mit dem schmäleren 2.2er Reifen hinten. Hier spürte ich, dass bei steilen Anstiegen das Hinterrad schnell durchdrehte. Dem konnte ich nur entgegenwirken, indem ich genug Last auf das Hinterrad brachte und mehr sitzen blieb als gewollt.
Die DT-SWISS SPLINE ONE XM Laufräder erwiesen sich bisher als wirklich steif und so gar nicht träge. Obgleich etwas schmal geraten fügen sie sich sehr gut ins Gesamtbild des RADON Slide 130 HD.
Die MAGURA MT5 Bremsen tun bislang genau das was sie sollen – sicher und zuverlässig die Geschwindigkeit kontrollieren. Es gab bislang keine Situation, in der ich mich maximal sicher und kontrolliert gefühlt hätte. Allerdings musste ich mich zuerst an den etwas weichen Druckpunkt gewöhnen. Schön ist, dass das Bike bereits mit MAGURA „Shift-Mix“ Adaptern eine direkte Montage der SRAM Trigger-Shiftern ermöglicht. Allerdings hatte ich manchmal das Gefühl dass die Hebel dadurch auch etwas weiter vorne sitzen wodurch die der Weg für den Daumen dadurch gerade beim runterschalten noch weiter wird.
Die SRAM 1×11 GX Schaltung ist knackig und die Gänge springen satt rauf und runter. Wie auch schon von MiMü beschrieben, gibt es an der SRAM GX Gruppe bislang nichts zu mäkeln. Während er noch mit 2×11 unterwegs war, so habe ich hier die 1×11 Gruppe genutzt und auch gleich das 30er Kettenblatt vorne montiert bekommen. Ungewöhnlich war nur einige Male ein lautes Knacken im Bereich der Hinterachse, bei dem ich mir noch nicht ganz sicher bin, ob das vom Freilauf oder von der Schaltung selber kommt.
Zwischenstand: Alles in allem kann ich sagen, dass mir das RADON Slide 130 10.0 HD – wenn man sich mal auf die Eigenheiten eingelassen hat – sehr viel Spaß macht. Was die Federung angeht, wirkt es bisher straffer als erwartet und gibt sich nach meinem Empfinden mehr als Tourer, denn als All-Mountain-Bike. Dafür kann es dem Slide HD aber aufgrund des kompakten Cockpits und der robust-wertigen Ausstattung auch bergab nicht zu steil und technisch werden, was das All-Mountain-Qualitäten wieder stärker betont. Zweifelsohne ein spannendes Bike mit erstklassiger Funktion, aber auch einem eigenen Charakter, der eventuell nicht jedem liegt. In Sachen Preis-/Leistung ist das Bike ohnehin über jeden Zweifel erhaben.
Ich freue mich schon auf die weiteren Trailkilometer und darauf das Bike in seiner ganzen Vielseitigkeit zu ergründen …
Oli