MAGURA TS8 eLECT – Testfazit: von Fomeracer
(Bisher hierzu erschienene Artikel: Presscamp’13 mit Intro der eLECT Technologie, MAGURA Presscamp’13 – Erste Fahreindrücke mit eLECT, MAGURA Presscamp Mallorca’14 – Fahreindrücke eLECT Fahrwerk, Testintro MAGURA TS8 eLECT Gabel, Zwischenstand MAGURA TS8 eLECT)

42 MAGURA eLECTNach meinem ausführlichen Zwischenbericht zur MAGURA TS8 eLECT, folgten nun weitere Testkilometer über den nassen Herbst und den milden Winter. Hier ging es darum ein noch besseres Gefühl für die Funktion der eLect-Automatik zu bekommen und die noch offenen Fragen aus dem letzten Testabschnitt abzuklären. Diese waren z.B. die reale Akkulaufzeit oder auch die Auswirkungen auf das Fahrverhalten, wenn man die Automatik anders als in der Waagerechten kalibriert. Hier nun meine Erfahrungen mit abschleißendem Testfazit.

Bis hin zum Zwischenbericht vor ca. 2 Monaten lag mein Fokus auf einer racelastigeren Charakteristik des „Automatikmode“. Damals haben mich das eher träge Auslöseverhalten in der Standardkalibrierung von 0 Grad Auslösewinkel (siehe Zwischenfazit) gestört, bei dem aus meiner Sicht viel Energie beim Einfahren in einen Berg verpuffte. Deswegen machte der „Automatikmode“ aus meiner Perspekive als Racer nur in Kombination mit dem manuellen Lockout wirklich Sinn – für sich alleine ist er einfach zu simpel in seiner bergauf=gelocked/bergab=offen Logik.

Nun kommt aber der zusätzliche Kniff hinzu, dass man die Automatik ganz individuell kalibrieren kann – den Umschaltpunkt zwischen offen und gelockt also nach Vorlieben „trimmen“ kann. Angesichts der sicher unterschiedlichen Vorlieben der Käuferschaft eine sehr sinnige und willkommne Funktion des eLECT Systems. In meinem Fall bedeutete dies eine straffere Gabel, also einen früheren Lockout. Das geht ganz einfach indem man die Kalibrieren mit leicht erhöhtem Hinterrad durchführt. 40 MAGURA eLECTMit dem Hinterrad auf einer Erhöhung z.B. einen Holzbalken gestellt, wird das System durch Knopfdruck auf den Gabelholm so ganz einfach neu kalibriert. Hier kann jeder frei mit unterschiedlichen Höhen experimentieren um sein persönlich optimales Setup zu finden. Klingt genau so einfach wie es tatsächlich ist: Wer einen späteren Lockout also eine länger aktive Gabel bevorzugt, der hebt beim Kalibrieren einfach das Vorderrad an. Diese Neukalibrierung veränderte das Fahrgefühl der Gabel und auch des Bikes komplett. Bei der identischen Testrunde wie im Zwischenstand beschrieben war nun die Gabel auf dem leicht abfallenden Radweg zum Berg schon blockiert und ich konnte auch mit der gelockten Gabel den ganzen Schwung im Wiegetritt mit in den Berg mitnehmen. In solchen Situation arbeitet nun das System genau nach meiner Vorstellung – Effizienz pur.

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Im Umkehrschluss bedeutete das aber auch, dass ich nun auch auf dem ebenen Forstwegen mit einer gelockten Gabel unterwegs war. Sind diese mal etwas ruppiger, werden die Stöße natürlich ungefiltert weitergegeben– eine gelockte Gabel eben ;-). Man kommt also auch mit einer individuellen Kalibrierung nicht drum herum, den Automatikmode hin und wieder über die manuelle Ansteuerung des Remotes zu überstimmen, aber genau dafür ist der super praktische kabellose Remote am Lenker ja auch da. Insgesamt kann ich sagen, dass sich der „Automatikmode“ in der sportlich-aggressiveren Kalibrierung nun wieder deutlich mehr Einsatzzeiten erschlichen hat. Schade nur, dass man um vom Manuellen“ in den Automatikmodus zu kommen , immer den Knopf am Gabelholm drücken muss – eine Umschaltung direkt vom Remote aus wäre hier noch deutlich funktionaler.
Die nun spätere Freigabe des Federwegs hatte aber auch zur Folge, dass ich teilweise mit gelockter Gabel in technische Passagen eingefahren bin. Gerade auf schmalen Trails, mit nassem Laub, nassen Wurzeln oder Steinen ist das natürlich nicht immer optimal. Deswegen habe ich vor technischem Gelände fortan grundsätzlich den Federweg via Remote auf manuell geschaltet und so manuell freizugeben. Gerade in kuppiertem Wurzeltrails war das oft die deutlich bessere Variante als alles der einfachen Logik des Automatikmodus’ zu überlassen. Dabei wurde eine weitere Problematik im Zusammenspiel aus Automatik und manueller Steuerung deutlich: So öffnete der Automatikmode mehrfach just in diesem Moment den Federweg, als ich den Remote betätigt habe und weil die Gabel dann durch das Drücken des „Manual Override“ in die eben andere Position schaltet, habe ich die Gabel damit wieder gelockt. Hier wäre eine optische Anzeige sehr praktisch, welche den aktuellen Status der Gabel anzeigt von sehr großem Nutzen. Nach nunmehr sehr vielen Testkilometer mit der MAGURA eLECT Automatik halte ich diese Option aber ebenfalls für nur teilweise erfolgversprechend – eine intuitive Bedienung wäre hier eventuell der bessere Ansatz. Dies könnte z.B. über zwei differenzierte Tasten für „offen“ und „gelocked“ am Remote geschehen und zwar unabhängig vom Status des „Automatikmodus“.45 MAGURA eLECT

Kommen wir nun zum von vielen Bikern sicher argwöhnisch beäugten Akkulaufzeit – denn wie es nun mal bei elektronischen Bauteilen so ist, sie verrichten ihren Dienste nur wenn die Stromversorgung gewährleistet ist. Es sei gesagt, dass ich die Gabel von Anfang des Tests permanent im Stand-By hatte und das Rad während des Tests natürlich auch viel bei niedrigen Temperaturen bewegt wurde. Trotz regelmäßiger Einsatzzeiten hat der Akku in den mittlerweile fast 2 ½ Monaten keinerlei Anzeichen von schwindenden Energiereserven gezeigt. Ich fahre immer noch mit dem Strom aus der ersten Ladung von Ende November! Niedrige Temperaturen scheinen dem Akku genauso wenig zu beeinflussen, wie die eigentliche Federungsperformance der Gabel. MAGURA nennt eine Mindestlaufzeit von 60 h im Automatikmodus und durch die häufige Nutzung der manuellen Funktion in der Praxis ist die wirklich relevante Nutzungsdauer für einen Racer wie mich noch mal deutlich höher. Was die Akkulaufzeit angeht kann ich also vole Entwarnung geben – die ist erstklassig und vollkommen unproblematisch.
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Für Sportstourer und schwerere Rennfahrer sind der verbauten PM7 Disc-Sockel genau richtig, bedeuten sie doch, das man eine 180 mm Scheibe ganz ohne Adapter verbauen kann – reinrassige Racer und leichtgewichtige Fahrerinnen könnten allerdings die Option auch vorne eine 160 mm Scheibe fahren zu können vermissen.

50 MAGURA eLECTEin winziger Kritikpunkt noch zum Schluss: Das integrierte Torx Tool zum Öffnen der Steckachse zeigt durch den Öfteren Ein- und Ausbau des Vorderrades schon deutliche Verschleißspuren. Da es aber jederzeit nachzubestellen ist und die Steckachse ohnehin durch jeden handelsüblichen TX25 Schlüssel zu bedienen ist, eine lediglich kleines Manko.

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FAZIT zur MAGURA TS8 eLECT Federgabel:

Die Gabel selbst, lieferte während des Tests eine sehr solide Performance ab. Sie punktet durch ihre wertige Verarbeitung, sehr gute subjektive Steifigkeit und eine tadellos sportlich-straffe Federungsperformance. Für Gewichtsfetischisten ist sie angesichts des Einsatzbereichs mit 100 mm Federwegs ein wenig schwer – das Mehrgewicht kann die Gabel aber teilweise wieder durch den Wegfall von Kabeln und Außenhüllen beim Remote wegmachen. Noch positiver fällt die Beurteilung in Kombination mit einem leichten „Elect“ Dämpfer beim Einsatz am Racefully aus – durch das Wegfallen eines zweiten Hebels und der dazugehörigen Zugführung würde das hohe Gewicht wohl komplett negiert.49 MAGURA eLECT

Was das „Elect“ System und den Automatikmode betrifft bin ich bis zum Testende geteilter Meinung. Einerseits funktioniert das System genau wie von MAGURA beschrieben absolut einwandfrei und mit exakt den Funktionen die angekündigt werden, andererseits, stellte sich bei dem test auch heraus, dass die dem System zugrunde liegende „einfache“ Logik in der Praxis doch mit Kompromissen hat. Einfach nur zu sagen, alles was über Neigung XY geht, soll im Lockout gefahren werden und alles darunter mit komplett offener Gabel deckt zwar einen großen Teil der Situationen ab, aber eben auch nicht alle die man als Racer im Kampf um Sekunden erlebt. Erst in Kombination mit dem manuellen Modus wird das System für mich wirklich schlüssig und vollwertig für den Race- und auch für den Toureneinsatz. Der manuelle Modus bzw. der kabellose Remote an sich funktionieren einwandfrei, eine LED oder sonstige Informationsquelle für den Fahrer, die angibt ob die Gabel gerade gelockt oder offen ist wäre aber aus meiner Sicht noch praxisgerechter. Sehr angenehm ist, dass das System allein die Druckstufendämpfung steuert und praktisch unbeeinflusst ist von den sonstigen Federungseinstellungen wie Luftdruck oder Rebound-Dämpfung.

Auch die Standfestigkeit der Stromversorgung hat sich als extrem zuverlässig und sorglos ergeben – 2 ½ Monate im regelmäßigen Einsatz ohne einmal Nachladen sprechen hier klare Worte.

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Einschränkend für einen häufigen Wechsel zwischen manuellem Modus und der Automatik ist aber anzumerken, dass das eLECT System durch seine zweigeteilte Ansteuerung nicht dafür konzipiert ist: Mit dem Remote deaktiviert man lediglich den Automatik Modus und schaltet dann nur noch zwischen Open und Lockout hin und her. Um wieder in den Automatikmodus zurückzukehren, muss man den Knopf am rechten Gabelholm drücken. Für mich gehören die Hände an den Lenker und von dort aus sollte auch alles gesteuert werden können. Vom elektrischen Remote selbst, dessen Ergonomie und seiner universellen Befestigung bin ich nach wie vor begeistert. Ich will eigentlich keinen anderen Hebel mehr am Cockpit haben.

Nach wie vor spukt der Gedanke an ein komplettes Fahrwerk im Racefully durch meinen Kopf. Die steife Gabel an der Front, mit einem leichten Elect Dämpfer im Heck, welcher synchron zur Gabel arbeitet, oder durch den „sexiest“ Remote angesteuert wird. Hierzu noch einen halboffenen Modus mit halben Federweg, mit dem man technische Anstiege oder die Waldautobahnen bewältigen kann, dass wäre für mich als Racer das „I-Tüpfelchen“.

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Ich denke MAGURA hat mit der TS8 Federgabel eine tolle Race- und Sport-Federgabel geschaffen, die durch eELCT bereits in die Zukunft der modernen Fahrwerke weist. Ich sehe aber durchaus noch Raum für Verbesserungen welche die umfassende Nutzung des Systems noch intuitiver und benutzerfreundlicher machen könnten. Man darf gespannt sein was eLECT V2 an Optimierungen bieten wird – ein solider Grundstein ist mit dem modularen System zweifelsohne bereits jetzt gelegt.

Fomeracer