SPECIALIZED Fuse Pro 6Fattie – Zwischenstand: von Grannygear.

Obwohl der Test des Specialized Fuse Pro 6Fattie  eher langfristig angelegt ist, wollte ich euch dennoch ein kurze Update zu dem geben, was ich bisher damit gelernt habe – zwei Punkte im Speziellen, die sich sowohl mit dem Bike, wie auch mit der Flut der 27,5+ Bikes für 2016 beschäftigen.

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Das SPECIALIZED Fus Pro 6Fattie auf Abwegen – auch Bikepacking gehört zu seinem Repertoire.

Wer sich noch mal die Spezifikationen, Ausstattungsdetails usw. zu Gemüte führen mag, kann das hier im Intro tun. Die ersten Praxiseindrücke gibt es hier. Seither habe ich mich insbesondere mit einem direkten Vergleich zu einem 29er Fully beschäftigt und dann habe ich noch ein paar abenteuerliche Bikepacking Touren mit dem Fuse Pro 6Fattie unternommen. (zur Erinnerung: Diese Version ist nicht in D erhältlich, sehr wohl aber die beiden Modelle darunter)

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Fangen wir einfach mal mit dem Vergleich zu einem 29er Fully an. Das Vergleichsobjekt hierzu war mein bestens bekanntes SEPCIALIZED Camber mit 120 mm vorne und 115 mm am Heck, dazu die AMERICAN CLASSIC Carbonator Carbonlaufräder und ein Satz SCHWALBE Nobby Nic Trail-Reifen. Nachdem beide Bikes in etwa das selbe wiegen war es diesbezüglich sogar ein recht fairer Vergleich.

Die große Frage hierbei war: Kann ein Plus-Hardtail vom Schlage des Fuse Pro 6Fattie ein 29er Fully überflüssig machen?  Und wenn nicht, wie viel Sinn macht ein 27,5+ Fully?

Nachdem ich in den letzten Wochen fast ausschließlich mit dem Fuse Pro 6Fattie unterwegs gewesen bin, war es spannend sich für den Vergleich wieder auf mein bekanntes Camber zu setzen. Der Vergleich ging über mehrere Ausfahrten, aber die wichtigste Erkenntnis kam von einer zwar kurzen, aber eher technischen Trailrunde. Der Unterschied zwischen den beiden Bikes war sehr wohl bemerkbar, aber ganz anders als erwartet:

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Der Vergleich zum 120 mm 29er-Fully liegt nahe …

Vermutlich weil beide Bikes nahezu das gleiche wiegen, haben sie sich auf dem ersten Abschnitt auf der Strasse in etwa gleich schnell angefühlt. Sobald es auf eine klassisch sandige Forststrasse ging war auch der geringe Unterschied komplett weg. Erwartungsgemäß waren Stellen mit tiefem Sand mit dem 29er etwas wackeliger, während das Plus-Bike hier einfach drüberrollte. Wenn ich mal kurz in den Wiegetritt ging, fühlten sich beide Bikes sehr ähnlich an. Insgesamt hat sich das Camber hier bergauf etwas schneller angefühlt, aber wenn ich die Zeiten für den Aufstieg verglichen habe, waren sie in etwa gleich. Klar, wäre man mit einem richtig leichten 29er hier schneller, aber damit würde man den gesamten Vergleich verfälschen, denn ein Fuse 6Fattie wird wohl nie in direkter Konkurrenz zu etwas wie einem Epic gesehen werden.

Auf einem leicht ansteigenden eher ebenen Singletrail ist mir dann aufgefallen, wie sich das Camber im Vergleich agiler lenkt. Mit dem Camber war es viel einfacher die Richtung zu wechseln und feine Korrekturen gingen fast wie von selber, während sie mit dem Fuse schon ein wenig Kraft und Aufmerksamkeit brauchten. Beim Wechsel vom Fuse auf’s Camber kam das 29er mir zu agil vor und umgekehrt fühlte sich das Fuse dann fast schon träge an. Hatte ich mich aber nach ein paar Minuten daran gewöhnt, haben beide Bikes richtig viel Spaß gemacht.

Auf dem anschließenden schnellen und zum Teil losen Downhill mit eine paar eingestreuten Steilkurven hat sich das 29er Fully sowohl präziser, wie auch agiler angefühlt, hat aber nie diese absolute Gelassenheit und subjektive Sicherheit des Fuse vermittelt. Das Camber fühlte sich einfach direkter und agiler an und man spürte trotz Vollfederung mehr vom Trail, aber es hatte auch deutlich weniger Traktion und war schneller im Grenzbereich angelangt.

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Die 29er Laufräder sorgen beim Camber für ein direkteres und agileres Fahrverhalten.

Mit kam es so vor als würden sich die 29er Laufräder einfach deswegen „präziser“ fahren, weil sie einfach weniger unter einem arbeiten und eben gar kein Self-Steering hatten. Auf der Runde hat sich das Plus-Bike mit seinen Reifen zwar auch nie aufgeschaukelt, aber man spürte doch, dass die Reifen ihr Eigenleben haben, mehr unter einem arbeiten, mehr abdämpfen. Den Effekt kann man allerdings auch über den Reifendruck und die Felgenbreite beeinflussen. Auch wenn das Fahrgefühl beim Fully direkter war, war es dennoch ein Fully und man konnte es schneller in heftigerem Gelände fahren, wo das Fuse als Hardtail – Plus-Reifen hin oder her – einfach nicht mehr so sicher war. Ergo, auch mit dicken Reifen bleibt ein Plus-Hardtail ein Hardtail.

In Summe kam ich nach dem Vergleich zu dem Schluss, dass beide Bikes zwar über weite Bereiche ein ähnliches Einsatzspektrum abdecken können, sich dabei aber doch unterschiedlich anfühlen. Für mich ist der Unterschied groß genau dass ich sehr wohl sehe, wie Plus-Hardtails und 29er Trailfullies problemlos parallel zueinander existieren … und ich mir je nach Laune und Trail mal das eine oder mal das andere schnappen würde. Andererseits liegen die Eigenschaften auch wieder nahe genug beieinander, dass ich einen Fahrer genauso verstehen kann, der sagt, für ihn wäre ein Bike mit einem solchen Einsatzbereich sehr wohl ausreicht – letztlich eine rein subjektive und finanzielle Entscheidung.

Bezieht man nun noch den Anschaffungspreis in die Diskussion mit ein, so hat es das Fully doch in der Tat schwer, denn da wird das Hardtail immer besser abschneiden. Allerdings hat mich der Test in der Tat überlegen lassen, wie sich das Plus-Format wohl an einem echten Trail oder sogar All-Mountain-Fully fahren würde (etwas, das c_g ja bereits mit dem SCOTT Genius Plus Tuned hat erleben dürfen und derzeit in aller Tiefe am SCOTT Genius LT Plus tuned ergründet.)

Ich denke ein 120-140 mm 29er Fully, das sowohl 29er wie auch 27,5+ Reifen/Laufräder fasst, wäre einfach genial, obwohl die Tretlagerhöhe und evtl. auch das Federungs-Setup hierbei schon eine Herausforderung darstellen könnten. Doch hierzu werden uns zukünftige Tests sicher noch detailliert Aufschluss geben.

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Bikepacking: „Schatz, ich fahr dann mal mit dem Bike zum Campen ins Gebirge …“

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Bikepacking für alle, die auch Abenteuer direkt vor der eigenen Haustüre suchen.

Als ich das ROCKY MOUNTAIN Sherpa zum ersten mal gesehen habe, dachte ich dass es einfach genial für einen Bike-Abenteuertrip wäre. Ich erinnere mich wie ich mich schon damals mit den Jungs von SALSA unterhalten habe und sagte, wie geil es doch wäre, wenn man auch an einen El Mariachi oder auch ein Spearfish sowohl 29er, wie auch 27,5+ Laufräder schrauben könnte. Maximale Vielseitigkeit in nur einem Bike.
Als das Fuse Pro 6Fattie also hier ankam, war ich natürlich neugierig, wie es sich wohl als Bikepacking-Bike schlagen würde. Sofort wurden Pläne für ein paar Wochenendetrips geschmiedet um zu sehen, wie sich das Reifenformat, die 120 mm Federgabel und auch die doch eher traillastige Geometrie in diesem Einsatzbereich schlagen würden. Nach mehreren solcher Trips hier in den Bergen von Südkaliforniern, kann ich es in einem Wort zusammenfassen – FANTASTISCH!

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Nach einer ziemlich kalten Nacht – angeblich -5° C bei Sonnenaufgang.

Mit ein paar guter Rahmentaschen ausgestattet und zusammen mit einem Freund der hierbei mit seinem Epic unterwegs war, ging es auf die erste 2-Tagestour. Die Runde war eine schöne Mischung aus unterschiedlich guten Forststrassen, wenig Asphalt und ein paar gemäßigter, aber landschaftlich reizvoller Singletrails. Für diese Tour wäre ein Fat-Bike einfach zu viel gewesen, aber die oft sandigen Abschnitte haben es meinem Freund und seinem 29er oft sehr schwer gemacht, während ich mit dem Fuse Pro 6Fattie und seine 27+ Reifen auf der Route genau richtig ausgerüstet war.Mit den Plus-Reifen war ich nicht nur in der Lage absolut alles zu fahren, sie haben mich auch auf den Straßenabschnitten nicht unnötig viel Kraft gekostet. Nur wenn mein Freund und ich auf leicht abschüssiger Strecke die beiden Bikes einfach haben rollen lassen, war sein Epic 29er doch ein wenig schneller.

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Das Gesamtpaket des Fuse aus der Trailgeometrie und der 120 mm Federgabel habe sich auch positiv auf die Fahrstabilität des Bikes mit all der Ausrüstung ausgewirkt. Selbst mit ca. 7 kg Zusatzgewicht am Rahmen hat sich das Handling nicht besonders verschlechtert. Querrillen und felsigere Abschnitte waren absolut problemlos zu fahren und hat die Geometrie zusätzlich zu dem entspannten Fahrverhalten beigetragen. Mit einem echten Fatbike wäre man wahrscheinlich mindestens genauso sicher und gelassen durchgekommen, aber für das Gelände und die Bedingungen in denen ich mich normalerweise bewege, ist ein Plus-Bike klar die universellere und vor allem schnellere Option. Für mich derzeit der optimale Kompromiss aus Trail- und Adventure-Bike.

Mit so viel Lob … warum ist das Fuse Pro 6Fattie dann trotzdem nicht das perfekte Adventure-Bike? Nun, zum einen wegen der 1×11 SRAM Schaltung, der es mit dem einen Kettenblatt einfach doch an ein oder zwei richtig niedrigen Berggängen mindestens eine schnellen Speedgänge fehlt. Wie c_g in seinem Test der 2×11 SHIMANO XTR gezeigt hat, sind es zwar nicht viele zusätzlichen Gänge die man mit einer 2×11 Kombi erhält, aber eben doch genau die in solchen Fällen kritischen Gänge. Wenn ich das Fuse 6Fattie wirklich häufiger als Adventure-Bike nutzen wollte, würde ich entweder ein deutlc kleineres Kettenblatt (28 oder 26er) montieren. Ein Umbau des Fuse auf 2-fach Kurbel ist ja aufgrund der speziellen Konstruktion nicht vorgesehen und vermutlich nur schwer, wenn überhaupt. möglich. Auch die Dropper-Stütze, eine der besten Sachen auf technischen Trails, ist wegen der beim Bikepacking normalerweise montierten Satteltasche kaum nutzbar. Hier heißt es also entweder auf eine starre Stütze umbauen, oder einfach vergessen, was die Stütze kann und das Extragewicht in Kauf nehmen. Auf Bikepacking Trips habe ich gerne alles am Bike und möglichst wenig im Rucksack. Dafür wäre hier ein dritter Flaschenhalter am Fuse auch sehr nützlich.

24 SPECI FuseWie ihr seht sind diese Punkte wirklich nur Details, die man dem Bike wirklich nur am Rande zu Lasten werfen darf, denn das Fuse 6Fattie ist nun mal in erster Linie als Trail-Hardtail entwickelt worden. Ein Bike um damit möglichst viel Spaß auf den Trails dieser Welt zu haben. Dennoch macht sich das Fuse auch als Bikepacking- und Adventure-Bike viel besser als ich es nach seiner doch anderen Zielsetzung vermutet hätte. Ich jedenfalls bin schon in der Planung für einen längeren Abenteuertrip in die Wüste, zusammen mit unserem Tester JeffJ, der sein TREK Stache 9 dorthin mitnehmen will. Vielleicht klappt es sogar damit im kommenden Jahr den Kokopelli Trail zu fahren.

Außerdem, kaum zuhause vom der 2-Tagetaour, dauerte es nur 15 Minuten ehe ich aus dem vorher voll beladenen Adventure-Bike auch schon wieder ein erstklassiges Trailbike gemacht hatte. Auch nicht schlecht.

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Was demnächst kommt?  Nun, ich werde noch ein paar Feinheiten beim Cockpit einstellen und werde wohl noch einen anderen, etwas aggressiveren Vorderreifen montieren. Auf alle Fälle möchte ich an der Stelle noch mal etwas loswerden … auch wenn es für manchen schon zu viele Fromate und Standards gibt, so ist es doch ein Privileg, dass wir als Mountainbiker derzeit eine derartige Auswahl an sinnvollen Optionen haben dürfen. Aktuell kann wirklich fast jeder das perfekte Bike für seinen speziellen Verwendungszweck finden.
Zusammenfassend kann ich dem SPECIALIZED Fuse Pro 6Fattie attestieren, dass es ein wirklich stimmiges und vielseitiges Bike ist, das in der noch jungen Riege der Plus-Bike ganz sicher seinen Platz hat. Ein Bike das mir richtig Spaß macht es zu fahren und das ich noch länger fahren werde.

Grannygear