BANSHEE Phantom 29er – Erste Eindrücke: von c_g
„Irren ist menschlich“ – diese Erkenntnis kommt mir in den Sinn, wenn ich über meinen bisherigen Weg mit dem BANSHEE Phantom 29er Fully nachdenke. Seit dem Intro und der unmittelbar folgenden ersten Runde mit dem Bike hat sich mein Eindruck komplett gewandelt. Wie schon geschrieben ist das Phantom ein extremes Beispiel der Kategorie „Short Travel Trailbike“ oder auf deutsch ein aggressives Trailbike mit wenig Federweg.
So schön es ist als Tester schreiben zu können, dass man sich auf eine Bike gesetzt hat und sich sofort darauf wohlgefühlt hat, so wenig kann ich das vom Phantom sagen. Mit seiner extern niedrigen Front, dem Stummelvorbau und dem 800 mm breiten Lenker, kam ich mir zuerst mal vor wie in einem anderen Film. Die Sitzposition wie bei einem XC-Racebike, die Lenkung wie bei einem Enduro und dazu spartanische 105 mm hinten und auch nicht allzu großzügige 120 mm vorne. „Na das kann ja heiter werden.“ So meine ersten Gedanken. Dass der CANE CREEK Inline Dämpfer dann im offenen Zustand auch noch mit jedem Pedaltritt spürbar arbeitete, hat dem ganzen auch nicht wirklich geholfen. Wie gesagt, das war der erste Kontakt mit dem BANSHEE Phantom.
Mit der zweiten Ausfahrt und einem neu und besser abgestimmten Dämpfer (kein echtes Problem, dank der detailierten Anleitung auf der BANSHEE Seite zu jedem Bike) wurde aus der Skepsis eine begründete Neugier und nach dem dritten Trailride hatte ich mich in das Bike schlichtweg verliebt.
****************************************
… doch besser der Reihe nach:
Die Sitzposition ist wie in dem Bild oben unschwer zu erkennen sehr frontlastig und sportlich dynamisch – eben so wie man es eher von einem racebike, als einem Trailbike erwarten würde. Ganz sicher nicht jedermann’s Sache, aber für jeden, der gern mit viel Druck auf dem Forderrad fährt eine durchaus willkommene Sache. Das breite und kurze Cockpit ist dafür der passende Gegenpol indem er einfach massive Kontrolle auf dem Trail bietet. Wie auch schon beim test des SYNTACE Flatforce angemerkt, ist die tiefe Front keineswegs ein Problem, solange man sich die notwendige Bewegungsfreiheit in Form der Dropper-Stütze erhalten kann.
Nimmt man auf dem Bike Platz, schnellt es förmlich nach vorne und schreit nach viel Druck auf den Pedalen. Hier kommt dann auch eine weiter Eigenehit des Phantom zum Tragen, die KS-Link Kinematik. Wer sagt, das System wäre antriebsneutral, lügt schlicht und ergreifend. Ganz im Gegenteil, es strafft sich deutlich unter Pedalzug und hat so eine eingebaute Pedalplattform, die sich im Trail in Kombination mit dem Dämpfer einfach grandios gut fährt. Ohne oder nur mit geringem Pedalzug, also beim einfachen Trailsurfen oder im Downhill, ist das Heck ein Muster an Sensibilität und effektiver Federung, die mich mehr als einmal die 105 mm in Frage hat stellen lassen. Gefühlt sind es dann locker 130 mm. Sobald man aber richtig Druck auf die Pedale bringt beruhigt sich das System, wird sehr effizient und lässt einen selbst steilste Trails fast wippfrei und mit maximaler Traktion bergauf ziehen.
Hinzu kommt, dass man über den „Climb Modus“ am CANE CREEK Inline Dämpfer stufenlos eine zusätzliche Beruhigung des Hecks einstellen kann. An diesem Bike, mit der spezielen Kinematik und dem ohnehin kurzen Federweg ist es schwer die einzelnen Aspekte klar zu trennen, aber durch die simultan erhöhte Druck-und Zugstufe des Dämpfers schient sich der ohnehin grandiose Traktion nochmals zu erhöhen – eine Eigenart, die mir damals schon am SPECIALIZED Enduro 29er mit dem gleichen Dämpfer aufgefallen war. Hinzu kommt, dass der große goldene Hebel des Climb Switch sehr gut zugänglich ist und sich zudem stufenlos einstellen lässt – eine Option, die ich je nach Trailbeschaffenheit und fahrweise sehr oft nutze.
Dadurch dass der Hinterbau auch bergauf kaum einsinkt, steht das Phantom hoch im Federweg und braucht trotz sehr kompakter Hinterbaulänge nur bemerkenswert wenig Gewichtsverlagerung um auch wirklich steile Rampen locker zu nehmen. Einfach klasse!
Wohlgemerkt, normalerweise bin ich auch ein Befürworter eher antriebsneutraler Federungssysteme, aber hier passt die Kombination aus Dämpfersetup, Federweg und Kinematik einfach so grandios gut zusammen, dass sich das Bike bergab ungemein potent gibt und dennoch bergauf extrem effizient fährt.
Wie oben angedeutet, ist die Geometrie des Phantom klar traillastig und so generiert es eine Fahrsicherheit und Spaß auf dem Trail der in dieser Federwegsklasse wohl einzigartig sein dürfte. Selbstverständlich kommt man damit etwas schneller an Grenzen, die mehr Federweg besser kaschieren könnte, aber das genau will das Phantom ja eben nicht. Wer dieses Bike fährt sucht das Feedback des Untergrunds ja gerade und liebt es den geringen Federweg durch eine aktive Fahrweise auszugleichen.
Zur Ausstattung gibt es bisher wenig zu sagen. Alles verrichtet seinen Dienst so wie es soll. Herausragende Bauteile sind die auf 120 mm getravelte Pike, die sich mustergültig fährt und der bereits mehrfach angesprochene CANE CREEK Inline Dämpfer der zu den besten seiner Gattung gehört. Nur mit dem Laufrädern bin ich nicht 100% glücklich weil sie mir mitunter doch ein wenig zu flexibel erscheinen. Außerdem denke ich, dass ein Bike diesen Kalibers und mit 2,3er Reifen wohl auch etwas breitere Felgen als nur 21 mm Innenweite verdient hätte.
Als Ausblick für den nächsten Testabschnitt, werde ich mich noch an der Geometrieverstellung via der Ausfallenden versuchen und evtl. noch einen anderen Laufradsatz darauf montieren.
**************************************************
Zusammenfassung: Was soll ich sagen ohne mich zu wiederholen? Der Mathematiker würde sagen „Minus mal Minus gibt Plus“. Das BANSHEE Phantom ist ein echtes Charakterbike mit Zutaten, die für sich allein erstmal einen Widerspruch ergeben. In Summe kommt dabei aber ungemein fähiges Bike heraus.
Wer es gerne aggressiv mag, lieber aktiv auf dem Rad sitzt, als über den Trail zu rollen und auch eine gute Portion Fahrtechnik mitbringt, der dürfte das Phantom aber genauso lieben lernen wie ich. Verzeiht mir das große Lob, aber was Handling und Fahrverhalten angeht ist es einfach einmalig. Gerade in der extravaganten Kombination aus vortriebsorientierter Sitzposition, effizienter und doch dennoch schluckfreudiger Federungskinematik schafft das BANSHEE Pahantom für mich den gewagten Spagat aus echtem Trailbike und doch hoher Tourentauglichkeit, der ich im weiteren noch auf den Zahn fühlen möchte.
RIDE ON,
c_g
Vor einiger Zeit hattet ihr das Speci Camber im Test, könnt ihr hierzu einen Vergleich ziehen?
@ Sven: Das Camber ist klar ein klassischer und neutraler Allrounder mit einer viel „massentauglicheren“ Geometrie und Handling – das BANSHEE Phantom ist wie oben beschrieben ein Charakterbike, mit einer sehr aggressiven Sitzposition und einem traillastigen Handling. Zwei aus unserer Sicht sehr unterschiedliche Bikes.
Hi C_g,
ich liebäugle schon lange mit dem Phantom. Nun kommt dein Testbericht für mich genau zur rechten Zeit, denn ich will eigentlich jetzt bestellen.
Ich schwanke zwischen dem Phantom und einer 120er 32er Fox Float oder dem Prime mit 140er 34er Float. Beide mit DB Inline. Eine Pike oder F36 sind mir derzeit noch zu teuer.
Mal plump raus gefragt: Welches würdest du bestellen?
Das bike soll Ersatz werden für ein 26er 120mm Fully und im AM Einsatz laufen. Das heisst Trails Trails Trails, gerne auch mal mit vielen KM und lang. Viel Flow aber gerne auch mal technisch bis S3. Daneben steht noch ein 29er XC Hardtail fürs Training und leichtere Sachen. Das Phantom ließt sich toll und wäre glaube ich perfekt für mich. Nur bei ganz steilen/harten Abfahrten bin ich mir unsicher. Hier wäre evtl. das Prime (oder vergleichbares in der Klasse) besser geeignet, für den Rest aber oversized. Was meinst du?
Danke & Gruß
Jens
Ich fahre selbst ein Phantom – allerdings mit einem RS Monarch RT3 Dämpfer und etwas längerem Vorbau. Lustigerweise habe ich mich auf dem Bike sofort wohlgefühlt, obwohl es mein 1. 29er ist. Ich bin nach wie vor schwer beeindruckt von dem Teil, es macht sowohl bei langen XC Touren als auch bei traillastigen Downhills einfach nur Spaß. Und trotz des geringen Federwegs ist das Phantom bergab ein Traum – man kann damit durchaus Enduros mit mehr Federweg jagen. 🙂
Hi,
noch eine Frage – bevor das Fazit kommt.
Wie sieht es mit der B+ Eignung aus?
Eine Frage, die man zwar zur Zeit immer stellen kann, die sich aber bei diesem Rad besonders anbietet.
Gruß.
@ Jens: Schwere Frage – nachdem ich das Prime selber nicht kenne, kann ich dazu wenig sagen, aber wie schon in den bisherigen berichten angeklungen: Das Phantom kann mehr als man ihm rein des Federwegs wegen zutraut.
Frag doch einfach mal beim deutschen Vertrieb nach, die können dir bestimmt helfen.
(… abgesehen davon sagst du doch selber, dass du denkst das Phantom wäre perfekt. Gibt es dazu noch eine Steigerung? ;-))
@ Qoob: Das getestete Phantom ist ein normaler 29er – definitiv nicht genug Platz für einen B+ Reifen. Ich kann aber nichts dazu sagen, wie es sich mit den zukünftigen Modellen verhält. Evtl. gibt es ja für 2016 irgendwelche News hierzu.
Danke c_g! es wird ein Phantom, aber mit F34.
@Qoob: Im Netz kursieren sogar Bilder eines 29+ phantoms. Die Reifenfreiheit scheint sehr groß zu sein und es gibt von banshee sogar 650b dropouts die laut Keith von banshee mehr Reifenfreiheit bieten sollen. Schau mal hier:
http://www.mtb-news.de/forum/t/banshee-phantom-fully-mit-dicken-reifen.745637/
Also ein 584×2.8 WTB trailblazer auf einer 40mm breiten (innen) Felge passt ohne Probleme – fahre das im Wechsel mit einem „normalen“ 29er LRS.
Mit dem 29er LRS und Fox 36 komme ich auf 11,7kg bei Größe L, wo kommt bei dem Testaufbau das ganze Mehrgewicht her?
Ich kann das Rad ebenfalls nur in den höchsten Tönen loben, macht sehr schnell sehr viel Spaß. Egal ob Flowtrail, möchtegern DH- Strecken und auch wenn es mal etwas weiter geht. Daumen hoch
@ Jens & Philipp: Danke für die Infos, hätte ich beim Anblick meiner Reifen nie gedacht, dass das klappt, aber ihr beweist, dass doch. Danke.
Schade, das wir das im Rahmen dieses tests nicht mehr ausprobieren werden können.
„Philipp says:
August 9, 2015 at 20:49
….Mit dem 29er LRS und Fox 36 komme ich auf 11,7kg bei Größe L, wo kommt bei dem Testaufbau das ganze Mehrgewicht her?….“
Hi Philipp,
kannst du hier die Eckdaten deiner Ausstattung verraten? Ich ziehe seit einiger Zeit enge Kreise um das Prime in XL. Was wiegt dein Rahmen in L?
ein anderer Philipp
Fehler…ich ziehe die Kreise um das hier getestete Phantom, nicht das Prime.
ein anderer Philipp
Hallo anderer Philipp,
klar, kann ich:
– DB inline
– Syntace Lenker (Plastik) + Vorbau (40mm)
– Tune K/K mit Ryde Trace Enduro 29
– 2.35er NN von Schwalbe
– Fox 36
– XX1
– Avid X.0 Trail
– Reverb
– Canfield Pedale
(Bilder: http://fotos.mtb-news.de/u/182923)
Das das Rad weniger wiegt ist schon ok (hab auch genug bezahlt^^), aber 2 kg scheint mir doch zu krass. Immerhin „spart“ man ja nur im marginalen Bereich von 50-100 gr pro Bauteil, wenn überhaupt!
Ansonsten habe ich sowohl meiner Freundin als auch einem Kumpel jeweils ein Phantom aufgebaut. Was soll ich sagen: 3x das perfekte Rad für die mitteldeutschen Hügel (traue mich nicht Berge zu sagen… 😉