SHIMANO XTR – Erster Praxiseindruck: von c_g
Jawohl, schon wieder gut zwei Wochen her seit ich euch unsere neue Testgruppe – der begehrten SHIMANO XTR vorgestellt habe. Wochen in denen ich mit ihr viel unterwegs gewesen bin.
Die Montage der XTR Bauteile am ROCKY Instinct war ein wahrgewordener Schrauber-Traum. Man merkt der Edelgruppe bei jeder Schraube und jeder Verbindung genau an, dass die SHIMANO Ingenieure sich viele Gedanken darüber machen wie die Teile zu montieren sind und wie man sie wartet. Alles passt perfekt zusammen und jede Einstellschraube ist genau so platziert, dass sie optimal zu erreichen ist.
Das einzige, was ich nicht optimal gelöst fand ist, wie der Schalthebel via I-SPEC II in die Lenkerklemmung eingelegt wird und so zusammen mit der extrem schmalen Lenkerklemmung festgezogen wird. Ist alles erst einmal fest am Lenker ist es die wohl galanteste Lösung mit der nachweislich kleinsten Baubreite … aber es braucht etwas Geduld (oder eine dritte Hand) um die Teile erstmal so zu fixieren, dass sie sitzen.
Anmerkung: Weil meine aktuell gefahrenen Laufräder (anfangs noch kurz die TUNE Skyline und danach die AMERICAN CLASSIC Wide Lightning mit SCHWALBE’s Procore) nur eine 6-Loch Aufnahme besitzen und es die SM-RT99 Bremsscheiben mit FREEZA-Technolgie nicht als solche gibt, konnte ich diese auch nicht verbauen, sondern musste auf die bereits aus dem Test der XTR RACE Bremse bestehenden SM-RT86 Scheiben zurückgreifen. Kein Problem.
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Als es dann mit dem Bike und der neuen XTR Komplettgruppe das erste mal auf den Trail ging, war ich dann auch wirklich gespannt wie sie sich wohl fahren würde.
SCHALTEPERFORMANCE: Das erste was mir sofort aufgefallen ist, war das deutlich weichere Schaltgefühl der XTR Trigger Shifter gegenüber der SRAM XO1. Obgleich die neueste Generation der XTR knackiger die Gänge wechselt, wie noch ihre Vorgängerin – bei der die Wortwahl „seidenweich schaltend“ durchaus angebracht war – arbeitet sie nicht so knackig wie ich es von den SRAM Gruppen gewohnt war. Anfangs kam es in den ersten Ausfahrten durchaus vor, dass ich mehr Gänge geschalten habe als ich eigentlich wollte, aber schon nach ein paar Ausfahrten hatte ich mich daran gewöhnt. Auf jeden Fall braucht die XTR geringere Bedienkräfte zum Schalten … wiederum eine positive Sache. mittlerweile habe ich mich vollkommen an das etwas durchaus „andere“ Schaltgefühl gewöhnt und komme damit perfekt zurecht.
Was die Schaltpräzision der Gangwechsel selber angeht, sind die XTR Schalthebel zusammen mit dem Shadow Plus Schaltwerk und der 11-40 Kassette einfach top … über jeden Zweifel erhaben. Es sind keine Welten, aber hier sitzen die Gänge eben doch einen Tick schneller und gerade unter Last kommt das SRAM-typische Mahlen ehe die Kette hochgezogen wird kaum vor. Der bei der XTR (und der neuen XT) einstellbare Shadow Plus Mechanismus zur kettenberuhigenden Schwingungsdämpfung arbeitet absolut souverän und verhindert sehr effektiv exzessives Kettenschlagen – selbst im kleinen Kettenblatt und mit wenig Kettenspannung. Bereits sehr früh zeigte sich aber auch, dass der an sich sehr gut zu greifende Hebel zum An- oder Abschalten der Dämpfung nicht verwindungssteif genug ist und so gestaltete sich das Umlegen manchmal hakeliger als es sein sollte. Kleiner Punktabzug an dieser Stelle, bei sonstiger Top-Bewertung.
SIDE-SWING-UMWERFER: Beim Schalten vorne gibt es wirklich nur positives zu berichten. Schon immer eine Paradedisziplin von SHIMANO, setzt die neue XTR mit dem noch platzsparenden Side-Swing-Umwerfer dem noch die Krone auf. So präzise und schnell habe ich die Gänge vorne noch nie gewechselt! Egal ob runter oder hoch geschalten – der Umwerfer führt bzw. drückt die Kette auch unter Last souverän in die gewünschte Position und ist noch dazu sehr leichtgängig.
Etwas besorgt war ich auch wegen der Leitungsverlegung für den Side-Swing-Umwerfer, doch das hat sich als komplett unbegründet erwiesen. Indem ich eine durchgehende Kabelhülle verlegt und die an einer Flaschenhalteröse fixiert habe, war es sogar kinderleicht. Eleganter geht es natürlich mit einem speziell für Side-Swing vorbereiteten Rahmen, aber das Beispiel zeigt, dass es auch so funktioniert.
Ob die Bedienkräfte wirklich deutlich geringer sind als mit einem anderen Umwerfertyp, könnte ich nur im direkten Vergleich bestimmen, dass sie hier aber sehr niedrig sind, würde ich sofort unterschreiben.
–> Auch wenn ich nicht unbedingt mehr ein Fan von Umwerfern (und zwei Schalthebeln) bin, hier kommt wirklich Freude auf!
ÜBERSETZUNG: Mit den Erfahrungen der SRAM 1×11 Gruppen in den Beinen, war ich natürlich sehr gespannt wie sich die 2×11 der SHIMANO XTR mit ihrer schmäler übersetzten 11-40 Kassette wohl schlagen würde. Rein rechnerisch, wenn man die 24/34 XTR Kombi mit meinem bisheriges SRAM Setup mit einem 30er Kettenblatt und der 10-42 Kassette als Referenz nimmt, erbringt die 2×11 XTR nur drei Gänge, die über das SRAM 1×11 Spektrum hinausgehen – einen Speedgang und zwei Berggänge mehr. Spötter könnten jetzt sagen: „Was, nur drei Gänge?!?“ Ich dagegen würde sagen, dass das genau die drei Gänge sein könnten die ich mir für meine SRAM XO1 immer gewünscht hätte um wirklich alles abzudecken. Hierzu möchte ich mich aber erst nach etwas mehr Zeit und ein paar Alpentouren äußern – der erste Eindruck stimmt mich aber schon mal positiv.
Schaltverhalten und (subjektive) Effizienz: Was mich bisher wirklich überrascht hat, war wie viel mehr Zeit als erwartet ich im großen 34er Kettenblatt fahre. Ganz am Anfang mag das daran gelegen haben, dass ich „Umwerfer-schaltfaul“ geworden bin. Aber mittlerweile hat sich wirklich gezeigt, dass ich entgegen meiner Erwartungen (und auch entgegen aller mathematische errechenbarer Übersetzungsverhältnisse) geschätzte 80% im großen Blatt fahre und das kleine wirklich nur in echten Steilanstiegen nutze. Viele Anstiege bei denen ich vorher gewettet hätte, dass ich aufs 24er gehen würde, fahre ich mit der XTR im großen Kettenblatt. Es ist noch zu früh um hier etwas definitives zu sagen, aber allein diese Tatsache spricht für eine sehr gute Effizienz der Shimano XTR Gruppe. Es kann diverse Gründe dafür geben, die geringe Reibung der Kette im Neuzustand, die sehr steife Kurbelgarnitur, vielleicht auch das Fehlen von Narrow-Wide-Kettenblättern … was auch immer, ich bin wirklich überrascht wie wenig ich ins kleine Kettenblatt schalte und wie wenig ich das 42er Ritzel bisher vermisse.
Andererseits, wenn ich ins „Bergritzel“ gehe, dann empfinde ich selbst steilste Anstiege als „fast schon entspannt“, denn die beiden extra Berggänge sind wirklich eine Wohltat für die Muskulatur. Noch stehen größere Alpentouren damit aus und so ist das lediglich ein erster Eindruck, der aber bestätigt sich mit jeder Ausfahrt auf’s Neue.
Die XTR Trail Bremsen sind für mich bisher etwas zwiespältig. Einerseits sind sie ein Muster an Einstellbarkeit, Ergonomie und Dosierbarkeit, aber was die schiere Bremskraft und das konsistente Bremsgefühl angeht, bin ich mir noch unschlüssig. Während unter Normalbedingungen fast immer genug Bremskraft zur Verfügung steht um die Räder zum Blockieren zu bringen, gab es schon ein paar Situationen die mich ins Grübeln gebracht haben, weil ab einem gewissen Punkt, die Bremskraft auch mit zunehmender Fingerkraft nicht mehr ansteigt.
Anfangs habe ich es noch auf eine lange „Einbremsphase“ geschoben, aber mittlerweile sehe ich das anders. Ob es allerdings wirklich an der effektiven „Bremskraft“ liegt, oder eher einem verunreinigten Belag oder ähnlichem, müssen erst weitere Versuche zeigen – ein erster Belagswechsel hat jedenfalls keine Besserung ergeben. Bisher jedenfalls kann ich festhalten, dass die Bremskraft zwar in 99% der Fälle ausreicht, mir aber nie so grenzenlos vorkommt, wie ich es von anderen Shimano Bremsen gewohnt bin. Auch hier braucht es noch ein wenig Zeit für ein fundierteres Urteil.
Soweit zu den allerersten Eindrücken zur brandneuen SHIMANO XTR Gruppe. Mehr davon wenn es mehr zu berichten gibt.
RIDE ON,
c_g