VREDESTEIN Bobcat 29×2,35 – Testintro & Eindrücke: von MiMü

Die wenigsten unter uns werden an VREDESTEIN denken, wenn es darum geht sich einen neuen Mountainbike-Reifen zuzulegen. Nachdem c_g bereits mehrere Modelle mit gutem bis sehr gutem Erfolg getestete hatte, war meine Neugier natürlich sofort geweckt, als man uns den derzeit aggressivsten VREDESTEIN MTB Reifens, den Bobcat zum Test anbot.

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Ein „Allround-Allmountain-Reifen, hervorragend geeignet für steiniges Gelände und anspruchsvolle Single-Trails“, so definiert VREDESTEIN den Bobcat. Ein ernstzunehmender Konkurrent für Hans Dampf und Trail King und Konsorten? Man darf gespannt sein und ich war es ganz sicher auch.

Der erste Eindruck beim Öffnen des Kartons – „Mann, sind die massiv!“ Mit seinen großen, fast schon riesigen Stollen wirkt der Bobcat bereits im unmontierten Zustand so, als würde er sich schom im Stand in der Beute, sprich dem Untergrund, verbeißen wollen – wie es Raubkatzen halt machen (Bobcat iste englisch für den LUCHS, der auch plakativ auf dem Reifen aufgedruckt ist). Der Reifen hinterlässt optisch einen sehr hochwertigen Eindruck, die Haptik des Materials geht voll und ganz in Ordnung. Durch seine massiven Stollen und die robuste, aber nicht unflexible Seitenflanken weckt er sofort Vertrauen. Als, wäre das eigenständige Profil noch nicht genug an Alleinstellungsmerkmal verpasste VREDESTEIN dem Bobcat auch noch ein auffälliges Zacken-Flankenmuster, so wie Conti den Protection-Modellen das bekannte Checkered-Flag-Muster.

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Das Gewicht laut Hersteller liegt bei 850g – unsere beiden Muster brachten es auf vertretbare 855g bzw. 870g. Soweit so gut. Es gibt zwei Varianten des Reifens, einmal unsere mit tubeless-Ready Eigenschaften und dann noch eine klassische „Tube Type“ – beide mit einer 120TPI Karkasse.

Profil im NeuzustandAber zurück zum Profil des Bobcat. Ich hab mir den Spaß erlaubt und die Stollen mit der Schieblehre ausgemessen: die Mittelstollen zur Übertragung von Traktions- und Bremskräften sind beinahe 2x1cm groß und dazu 7mm hoch, die anderen zwei Stollenreihen haben immerhin noch beachtliche Ausmaße von rund 1,3x1cm bei einer Höhe von vertrauenerweckenden 8mm. Sämtliche Stollen sind ausfächernd angeordnet, was laut VREDESETIN-Homepage zu extrem gutem Grip und Steuerfestigkeit beitragen soll. Auf meiner 21mm breiten Felge (Innenmaß) baut der Reifen stattliche 57mm breit, Karkasse und Seitenstollen gleichermaßen. Die Reifenhöhe beträgt 59mm, der Reifen wirkt durch dieses Verhältnis Breite:Höhe äußerst voluminös … und Volumen ist ja bekanntlich oft gleichbedeutend mit Komfort und sehr guten Dämpfungseigenschaften im schroffen Gelände.

Der UVP unserer getesteten Top-Version liebt bei 49,90.- Euro im Netz ist er aber bereits um € 39.- erhältlich.

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Erste Praxiseindrücke:

Die erste Ausfahrt zum Kennenlernen – mein Arbeitsweg. 14Km auf Schotter und knapp 6km auf Asphalt. Keine Steigungen, Singletrail nur ansatzweise. Der Bobcat sollte sich hier eher langweilen.
Trotz des massiven Profils rollt er unerwartet ordentlich auf Asphalt – bei 1,8 Bar Luftdruck (Achtung: die Minimalempfehlung des Herstellers liegt bei 2 Bar). Er lässt sich überraschend gut beschleunigen und in den Kurven sind keine Walkbewegungen feststellbar – die 120TPI Karkasse scheint also trotz aller Flexibilität noch ausreichend stabil zu sein.
Auf Schotter fällt auf, dass der VREDESTEIN Bobcat losen Kiesel auf hartem Untergrund mit leichtem Aufschwimmen quittiert. Er kündigt dieses Verhalten durch Vibrieren in der Lenkung an, und verliert dann relativ schnell die Linie. Er lässt sich aber auch wieder recht leicht durch Temporeduktion „wieder einfangen“, ähnlich einem untersteuernden Auto. Eine Luftdruckerhöhung auf 2,0 bzw. versuchsweise 2,2 Bar änderte nichts am beschriebenen Fahrverhalten. VREDESTEIN gibt dem Reifen in der Kategorie „trocken, mit loser Oberschicht“ aber auch nur einen von sechs möglichen Punkten – eine absolut richtige Einschätzung.
–> Alles in allem war die erste Ausfahrt aber stressfrei – einfach, weil keine Herausforderungen für den Reifen vorhanden waren.

Die sollten aber an einem Trailwochenende in Saalbach-Hinterglemm folgen. Einen Tag lang Singletrails vom Feinsten – Schotter, Waldboden, Wurzeln, Felsen – für jeden Geschmack das Passende dabei. Hier sollte es problemlos gehen den Reifen aus der Reserve zu locken oder gar an seine Grenzen bringen.P1050154

Zu Beginn nahmen wir die Blue-Line am Reiterkogel unter die Stollen. Ein künstlich angelegter Singletrail mit einfachen Steilkurven, kleinen Sprüngen, einigen Northshore-Elementen und jede Menge Flow. Für den Bobcat keine große Sache, in die erdigen Passagen hat er sich ebenso verbissen wie in die Holzkonstruktionen oder die leicht verblockten Teile der Strecke. Der Schräglagengrip ist enorm. Die massiven Seitenstollen erlauben ein richtig berauschendes Kurventempo.

Ebenfalls am Reiterkogel befindet sich der Wetterkreuztrail, ein 1,3km kurzer Pfad, anfangs auf Schotter, später im Wald bespickt mit unzähligen, zum Teil Oberschenkel dicken Wurzeln. Da der Schotter gefestigt war hatte der Bobcat hier keine Probleme. Auf den Wurzeln spielte er aber dann erstmals sein volles Potential aus. Das Profil verzahnte sich regelrecht im Holz, die weichen Seitenstollen sorgten für eine präzise Linie, während sich die Mittelstollen um außergewöhnlich sicheren Grip kümmern. Laut VREDESTEIN zählt trockener, harter Waldboden nicht zu den Stärken des Bobcat – diese Einschätzung kann ich nicht teilen, denn dort ist er absolut souverän und glichauf mit vielen seiner hohgelobten Mitbewerbern.

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Nächster Teil des Testtages: Panorama-Trail und Milka-Line am Kohlmais. Beides äußerst spaßige Trails mit einem Mix aus Schotter, Northshore-Elementen, kurzen Felspassagen, kleineren Tables und Sprüngen. Ein gutes Testrevier, weil viele Bodenbedingungen auf kleinem Raum jede facette eines Reifens aufzeigen.

Die steilen Felspassagen liebt der Bobcat, da bietet er Grip ohne Ende und generiert das subjektives Sicherheitsgefühl eines Freeridereifens. Die breiten Mittelstollen bringen immens viel Bremskraft auf den Boden, der Bremspunkt wandert immer weiter Richtung Kurve und mein Vertrauen ins Reifenmaterial stieg mit jedem Trail-Meter.
Durch Matsch und nasse Wurzeln bzw. Steine lässt er sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Der Stollenabstand ist groß genug gewählt um eine schnelle, effektive Selbstreinigung zu ermöglichen, das Profil ist genau so angeordnet, dass immer entweder einer der Seitenstollen oder ein benachbarter Mittelstollen Halt findet. Lediglich ein Mal ist mir das Vorderrad beim Anbremsen einer matschigen Kurve weggerutscht – dieses Malheur geht aber auf meine Kappe: in Schräglage soll man(n) halt keine Nasse-Wurzeln-mit-Drop-Kurven anbremsen.

Auf den kurzen Zwischenstrecken auf Schotterpisten zeigte sich wieder: Loser Schotter scheint das einzige echte Manko des VREDESETIN Bobcats. Vermutlich wegen der großflächigen „Stollenplatten“ schwimmt er früh auf und gibt sich in diesem Metier weniger souverän gut wie die Konkurrenten.

Und weil wir noch nicht genug hatten vom Trail-Surfen ging’s noch mal retour zum Reiterkogel, dieses Mal aber zur Pro-Line. Eine Freeride-Strecke feinster Güte, mit Felsen, Drops, Anliegern – Herz, was willst du mehr?!? Mitten drinnen der Bobcat auf meinem 120mm 29er-Fully einem SALSA Horsethief.

DSCF0845Hier in dem felsigen Gelände mit Wurzelpassagen, fühlte er sich am allerwohlsten. Mit den Kanten und Graten der Felsformationen scheint der VREDESTEIN auf Du und Du zu sein, lässt sich nicht aus der Ruhe bzw. von der Ideallinie bringen. Die Stollen schmiegen sich sprichwörtlich an jede Windung, die weiche Gummimischung verbeißt sich ins trockene Gestein ebenso wie in Matsch oder über Wurzeln. Der Bobcat gibt sich hier ungemein gutmütig und fehlerverzeihend … und dennoch: Wenn es aber ans Eingemachte geht, dann ist er hellwach da und lässt einen auch im Grenzbereich nicht im Stich.

Die Basic Protection Karkasse hat VREDESTEIN hat mich wirklich beeindruckt. Sie ist gleichermaßen robust und gleichzeitig flexibel, dass selbst unsaubere Landungen keine Konsequenzen hatten – Snakebite oder Plattfuß Fehlanzeige.

Zusammenfassung: Trotz der kurzen Testphase, die ledicglich ein erster Eindruck ist, hat sich der VREDESTEIN Bobcat als weiterer Underdocg-Reifen bereits eine Gunst „erschlichen“. Der definierte Einsatzbereich als Trail-/ All-Mountain-Reifen trifft voll und ganz zu. Je technischer der Trail, desto wohler fühlt er sich. Wurzeln, Felsen, Drops, Waldboden – Profil und Gummimischung sind sehr gut auf den Einsatzbereich abgestimmt und machen richtig Spaß. Hier merkt man die jahrzehntelange Erfahrung VREDESTEINs im Reifenbau.
Sein einziges Manko ist das Fahrverhalten auf losem Schotter, das können direkte Konkurrenten mit Schwalbe Hans Dampf oder Continental Trail King besser.

MiMü

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Ps: Alle Trails in und um das Trailparadies Saalbach-Hinterglemm gibt’s hier.