LAUF Trailracer 29er Gabel – Testfazit: von c_g
(Dazu erschienene Artikel: LAUF Trailracer Kurztest, LAUF Carbonara Fatbike-Gabel und LAUF Trailracer – Testintro, & Zwischenstand )
Bei manchen Tests hat man es gar nicht so eilig zu einem Fazit zu kommen … auch wenn es nichts mehr zu erkunden gibt. So auch bei der LAUF Trailracer 29er Gabel, die am PIVOT LeSS einfach eine super Performance an den Tag gelegt hat. Leider nur muss der Rahmen wieder zurück zu Shock Therapy und dementsprechend musste ich den Test zum Abschluss bringen. In den vergangenen Wochen habe ich mit der Gabel alles erdenkliche gemacht, von ausgedehnten Trainingsfahrten zum Kilometersammeln bis hin zu aggressiven Trailrides.
Dabei wurde dann auch immer deutlicher, dass meine Arbeitsthese aus dem Zwischenstand durchaus stimmt: Die LAUF Trailracer ist wirklich die komfortabelste Starrgabel der Welt. Hört sich paradox an? Ist es irgendwie auch, aber die Trailracer ist eine Gabel voller Widersprüche und dennoch im richtigen Gelände extrem geil zu fahren.
1, Losbrechmoment? Ein solches kennt die LAUF Trailracer nicht: Jedes Mal wenn ich von meinen anderen Bikes mit normaler Federgabel auf das LeSS umgestiegen bin, kam mir beim Aufsitzen der Gedanken: „Habe ich einen Platten?“ Der Grund liegt darin, dass die Trailracer schon auf die kleinste Belastung reagiert und alles was an kleinen Schlägen und Vibrationen von unten kommen einfach wegsaugt. Ein unglaublich es Gefühl, das einem eben sofort die Assoziation nach seeeehr wenig Luft im Vorderreifen suggeriert.
2, Langstreckenkomfort? Wie schon gesagt, das feheldne Losbrechmonent, die fast massefreie Federung und auch die fehlende Reibung in der Gabel sorgen für eine Sensibilitöt und ein Ansprechverhalten, wie man es bisher einfach noch nicht kannte. Geht es darum kleinere und mittlere Schläge zu verarbeiten, wie sie typischerweise auf Fors- und Schotterstrassen aber auch schnellen Trails vorkommen, spielt die Trailracer in einer eigenen Liga.
Der nächstbeste Vergleich hierzu ist ein 29+ Reifen mit niedrigem Luftdruck, nur ohne die Trägheit der großen Reifen.
3, Trailtauglichkeit? Wird der Untergrund allerdings gröber und die Hindernisse größer, kommt die „Minimalfederung“ der Trailracer eher früh an ihre Grenzen. Allerdings nur solange man sie als Federgabel versteht. Dann wirkt sie schnell bockig oder neigt zum Springen. Passt man aber die Geschwindigkeit an und legt eine aktive Fahrweise an den Tag – eben wie mit einer Starrgabel – dann kann man es damit auch richtig krachen lassen. Dennoch liegt die Stärke der Trailracher sich nicht in ihren zähmenden Qualitäten über ruppige Trails, sondern in dem Ansprechverhalten über mäßig schwierigem Gelände.
4, Lenkpräzision? Bei diesem Thema ist die LAUF Trailracer in der Tat etwas kontrovers. Klemmt man das Vorderrad zwischen die Beine und zieht am Lenker, ist man regelrecht schockiert, wie flexibel die LAUF das Vorderrad führt. Im Gelände ist mir das allerdings fast kaum negativ aufgefallen – weder im Wiegetritt noch bei schnellen Abfahrten. Nur in engen Spitzkehren, wenn man hart anbremst um das Hinterrad zu versetzen, konnte ich die Fexibilität wirklich in der Praxis spüren.
Letztlich bleibt es aber dabei, dass die LAUF Trailracer eine Gabel mit sehr geringer Torsionssteifigkeit ist, und es wird sicher Fahrer geben, die daran Anstoß nehmen. Normalerweise bin ich auch einer von den Fahrern die sich hier kritisch äußern würden, aber die Praxiserfahrungen mit der LAUF Gabel haben mich eines Besseren belehrt, denn die fehlende Steifigkeit ist mir so gut wie nie wirklich aufgefallen. Ich kann es nicht erklären warum, aber so ist meine ehrliche Meinung.
5, Nur 2 Federhärten? Wie schon im Zwischenstand angemerkt, deckt die LAUF mit ihrer natürlichen Progression ein wirklich bemerkenswert großes Spektrum an Fahrergewichten ab ganz ohne zusätzliche Einstellarbeit oder Technik. Auch mit meinen 90 kg (mit Rucksack) kam sie mir die ab 65 kg geeignete Gabel nie zu weich vor. Den vorhanden Anschlagschutz brauchte die Gabel wirklich nur bei böswilliger Fahrmanövern, z.B. bei absichtlich harten Landungen. Die Tatsache, dass es die Gabel nur in 2 Federhärten gibt, ist also weit weniger relevant, als man denken möchte.
6, Wippen? In der letzen Testphase habe ich dann auch wirklich eine Situation provozieren können in der mir die nicht vorhandene Dämpfung der Gabel wirklich gefehlt hat – und zwar bei Sprints mit maximaler Kurbel-Drehzahl! Da ich außer beim Zweikampf auf dem Singlespeeder oder bestenfalls beim Zielsprint im XC-Race aber nie solche Kadenzen je fahre bleibt das Urteil: In 99,9% aller Fahrsituationen ist die LAUF Trailracer bei aller Sensibilität maximal unauffällig.
7, OPTIK, usw…. Ja, mit der LAUF Trailracer fällt man auf, ob man es will oder nicht. Ich selber fand sie Anfang wirklich hässlich und kann mich bis jetzt nicht so ganz mit ihrer außergewöhnlichen Optik anfreunden, aber angesichts der Funktion und diversen Farboptionen, kann ich darüber hinweg sehen.
Das Einzige, was ich mir an der Trail noch wünschen würde, wäre noch mehr Reifenfreiheit um damit auch 29+ Reifen fahren zu können, aber evtl. kommt so was ja noch. Die Kombination aus den großen Reifen und der LAUF stelle ich mir jedenfalls grandios gut vor.
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TESTFAZIT
Nach nun gut 1 ½ Monaten auf der LAUF Trailracer 29 hat sich die Gabel als eines der diesjährigen Testhighlights herausgestellt. Damals im Kurztest fand ich sie spannend, aber erst jetzt mit dem ausführlichen Blick auf alle ihre Eigenschaften hat sie mich nachhaltig beeindruckt.
Summa summarum füllt die LAUF Trailracer genau die Nische zwischen einer Starr- und Federgabel. Aber anstatt ein Kompromiss aus beiden zu sein ist sie auch noch 100% wartungsfrei, ausgesprochen leicht und vielseitig. Wenn ich mir eine Gabel für ein Langstreckenabenteuer á la Tour Divide oder ähnlichem mit hohem Anteil an unbefestigen Strassen und Wegen aussuchen dürfte, wäre es die LAUF Trailracer. Eine wahrlich einzigartige MTB-Gabel „designed in Island“.
RIDE ON,
c_g