CUBE Stereo Hybrid 120 SL 29– Erster Eindruck (Teil 1): von c_g
(bisher erschienene Artikel dazu: CUBE Stereo Hybrid Testintro)

Nach nunmehr gut 2 Wochen auf dem CUBE Stereo Pedelec-Fully, in denen ich es im Wechsel zum PIVOT LeSS fahre, ist es Zeit für ein paar erste Kommentare.Weil es sich bei dem Stereo Hybrid Pedelec-MTB aber um etwas für mich (und wohl auch viele Leser) noch sehr Neues und Fremdes handelt, musste ich mich zuerst einmal gedanklich wie auch fahrtechnisch an das Thema MTB Pedelec heran arbeiten.

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Das CUBE Stereo Hybrid am Anfang des Tests.

Deswegen habe ich mich auch entschieden für diese Testreihe den normalen Rhythmus zu durchbrechen und schon die ersten Eindrücke in ein paar Teile zu splitten. Im ersten möchte ich nur auf den allgemeinen Fahreindruck und auf die Themen Handling und Gewicht eingehen. Später dann werde ich mich speziell mit dem Motor, dessen Unterstützungsstufen, der Motorsteuerung weiteren Themen wie der Sinnhaftigkeit von MTB-Pedelecs beschäftigen.

Die grundsätzlichste Beobachtung, die sich immer mehr bestätigt je länger ich das CUBE Stereo Hybrid fahre:

Pedelec-Mountainbiken ist etwas anderes als klassisches Mountainbiken!

So, die Hardcore-Kritiker von Pedelecs könne sich jetzt bestätigt fühlen. Sie hören aber am besten an der Stelle auf zu lesen, denn … Pedelec-Mountainbiken ist anders, aber es macht auf seine ganz eigene Art auch richtig Spaß!

Die prägendste Assoziation, die ich im ersten Anstieg hatte, war das irre tolle Gefühl aus meiner Kindheit wenn ich auf Touren (damals noch auf der Strasse) das große Glück hatte richtig starken Rückenwind zu erleben. Ich meine dieses unwirkliche, zum Grinsen verleitende Gefühl wenn man mit richtig Speed mit dem Wind einfach so dahinfährt … mühelos dahin gleiten. Genau so fühlt es ich an, wenn man mit deutlich weniger Anstrengung viel zu schnell die Trails bergauf fährt.
Selbst wenn man sich gedanklich darauf vorbereitet hat einen Zusatzantrieb am Bike zu haben, wenn man die Daten und Fakten kennt – das Erleben selbst scheint die für die Glückshormone zuständigen Hirnareale zu überlisten. Egal wie abgeklärt man ist und obgleich man genau weiß dass das nicht die eigenen Beine alleine sind die für den Schub sorgen … irgendwie fühlt man sich bergauf wie der Held im eigenen Film ;-). Manchmal ist es doch gut, dass unser Hirn noch nicht ganz in der Neuzeit angekommen ist, denn allein schon die Illusion ist es wert, das ganze mal mit kindlicher Neugier auszuprobieren.

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Apropos kindlich …. seit ich das Stereo Hybrid zum Test fahre, lieben meine Kinder es mit mir auf Radtour zu sein … weil sie jetzt wissen, dass ich sie bereitwillig die Berge hoch schiebe und das zudem noch mal deutlich schneller als sonst üblich.
Es gibt schon zu denken, wenn man selbst mit Zusatzlast noch mal deutlich schneller ist wie aus eigenem Antrieb und alleine ;-). Durch die unterschiedlichen, wählbaren Unterstützungsstufen kann man übrigens selber wählen wie sehr man sich dabei selber anstrengen will.

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Die Masse macht’s!

Neben dem Zusatzschub durch den E-Antrieb, der bis auf wenige Ausnahmen durchaus willkommen ist, sind es vor allem die beiden Faktoren Gewicht und Geometrie, die das Fahrverhalten eines Pedelecs prägen. Wie genau möchte ich i Folgenden besprechen.

Das Gewicht von über 20 kg – immerhin ca. 8-9 kg schwerer als ein vergleichbares Fully ohne BOSCH Antrieb – ist etwas das man spürt. Alles andere wäre gelogen. Allerdings anders als erwartet und auch in Situationen, in denen ich nicht damit gerechnet habe:

  • Bergauf zum Beispiel sorgt der Motor dafür, dass das Gewicht kaum relevant ist. Selbst in der geringsten Stufe werden das Gewicht und die Reibung bereits überkompensiert und man fährt lockerer als sonst bergauf. Nicht sehr viel , aber dennoch spürbar.
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Gerade in der Anfangsphase waren die Trails noch sehr nass … Schlamm satt! für Antrieb und Bike

  • Hier, aber auch auf eher ebenen Trails bringt die Masse des Bikes zusammen mit der sensiblen Federung an Front und Heck zusätzlich eine richtig „satte Bodenlage“.
  • Die Massenträgheit sorgt auch dafür, dass der Fahrer weniger Vibrationen mitbekommt. Aber wie immer gibt es keinen Vorteil ohne Nachteil.

Doch die Physik lässt sich nicht betrügen. Die Kehrseite der Medaille ist, dass die Federelemente bei ruppigen Trails und einer aggressiven Fahrweise eben auch schneller an ihre Grenzen stoßen. Auf schnell gefahrenen Wurzeltrails und bereits nach kleinen Drops und Sprüngen habe ich die Federelemente schon öfter zum Durchschlagen gebracht … etwas, das mir sonst bei normal eingestellter Federung nur sehr selten passiert.
Mit etwas mehr Druck in Gabel und Dämpfer und dementsprechend einem Sag von nur 10% ist das zwar spürbar besser, aber noch nicht ganz behoben. Wider Erwarten leidet aber die Sensibilität der Federelemente darunter nur wenig. Hierzu werde noch ein wenig experimentieren. Schon jetzt aber wird deutlich, dass die größere Masse des Bikes andere Anforderungen ans Set-Up stellt, als eben bei leichteren Bikes.

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Geometrie: Bis auf den langen Hinterbau von immerhin 504 mm (50 mm länger als das 29er Pendant ohne Motor) entspricht die Geometrie weitgehend der des Stereo 120 29ers. Die langen Kettenstreben sind übrigens eine geometrische Notwendigkeit um die BOSCH Antriebseinheit in dem Fully-Rahmen unterzubringen. Eine „normalen“ 29er Geometrie hinzubekommen ist mit den aktuellen Mittelmotor-Antrieben einfach nicht möglich.

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Bis auf den Hinterbau entspricht die Geometrie des Stereo Hybrid 29ers der des Stereo 120 „Normalbikes“.

Dadurch, dass die hohe Laufruhe nach meinem aktuellen Empfinden weniger in der Geometrie begründet ist, äußert sie sich auch anders als bei einem von sich aus träge zu steuernden Bike. Auf normalen Trails in mäßig schwierigem Gelände und bei einer „normalen Fahrweise“ fährt sich das Stereo Hybrid dem beinkraft-angetriebenen Gegenstück nämlich recht ähnlich.
Eines mag das Stereo Hybrid aber nicht wirklich – eine „aktive Fahrweise“. Es mag an meiner hierzu mangelnden Fahrtechnik liegen, aber ein Wheelie, Manual, Hinterradversetzen oder ähnliche Manöver sind schon mehr Gewaltakt als stilsichere Fahrtechnikübung. Hier wirkt das Bike als würde es fast am Boden kleben und braucht – wie alle Pedelecs die ich bisher gefahren bin – viel Nachdruck und Kraft. Aber wie gesagt, selbst auf meinen sehr vielseitigen und oft technischen Singletrails braucht man eine solche Fahrweise nur in speziellen Situationen, vielleicht 5 % der Zeit auf dem Trail.  In 95 % der Fälle fährt es sich überraschend nahe an dem was man von einem guten, wenn auch betont laufruhigen 29er gewohnt ist.
–> Fahrer mit einem BMX-Hintergrund oder solche, die es gewohnt sind ihr Bike sehr aktiv zu steuern lassen aber lieber die Finger vom Pedelec-Biken … oder gewöhnen sich dafür einen anderen Fahrstil an.

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Andererseits sorgt der lange Hinterbau, kombiniert mit der Masse und dem tiefen Schwerpunkt, für ein Bergauffverhalten, das Tourenbiker einfach nur lieben werden. „Aufbäumen“ kann man getrost aus dem Vokabular streichen. Mit dem Stereo Hybrid kann man jede noch so steile Rampe gelassen sitzend bergauf fahren. Eine aktive Gewichtsverlagerung ist erst dann notwendig, wenn man bei anderen Bikes schon lange den Lenker küssen könnte.

Somit kann ich eine der damals gestellten Grundsatzfragen schon beantworten: Wie wirken sich das unvermeidliche Zusatzgewicht und die spezielle Geometrie auf das Fahrverhalten im Trail aus? Wie sieht es ganz allgemein mit der Fahrdynamik aus?
–> Ein Pedelec-MTB mit seinem Zusatzgewicht und dem längeren Radstand wird sich nie ganz identisch zu einem leichteren „normalen MTB“ fahren. Im direkten Vergleich wird es sich immer laufruhiger fahren. Dennoch fand ich, dass man damit nach  einer ersten Eingewöhnung sehr wohl sehr viel Spaß auf den Trails haben kann. Man muss sein Fahrweise etwas dem angleichen, was das Gewicht und das lange Hack fordern, aber sonst ist das Handling nahe genug an dem wie sich auch das normale Stereo fährt.

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Baumstamm-Querungen, die bisher unspektaktulär waren, sind mit dem früh aufsetzenden BOSCH Motor eine Herausforderung.

Die Bodenfreiheit und effektive Tretlagerhöhe sind  gegenüber einer normane Kurbelgarnitur nur geringfügig anders. Weil man aber anstatt wie gewohnt zuerst mit dem Kettenblatt aufzusitzen mit dem man sich dann nach vorne weiter schieben kann,  einfach nur mit dem unbewegten Motorblock aufsetzt … und man bei sonst simplen Baumstamm-Querungen einfach stehen.
Das sei zwar technisch absolut unproblematisch – das Motorgehäuse sei extrem robust konstruiert – macht aber die üblichen Baumstammhopser zur echten Herausforderung.

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Zusammenfassung (Teil 1): Mit dem Pedelec auf Trails zu fahren ist etwas Besonderes. Das Gefühl mit bis zu 250 Watt Zusatzleistung Anstiege hoch zu heizen, garantiert ein breites Grinsen im Gesicht eines jeden Fahrers. Vor allem Bergauf werden kindlichen Instinkte geweckt und befriedigt, die man sonst kaum zulässt. Epo für die Seele.

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Den Anstieg bin ich vorher nie so locker, mit einer Hand am Lenker und sogar einem Lächeln im Gesicht hochgekommen.

Doch die Leistung bezahlt man auch mit einem deutlich höheren Gewicht und einer etwas speziellen Geometrie, die beide zusammen für viel Laufruhe sorgen. Nach meinem bisherigen Eindruck ist vor allem das Gewicht einer der prägenden Aspekte eines Pedelecs, die eine allzu aktive Fahrweise verhindern. Dennoch finde ich, dass sich das hohe Gewicht und die laufruhige Geometrie das Bike nicht unbedingt schlechter, sondern lediglich tourenlastiger machen. Irgendwie ergänzen sich die genannten Besonderheiten im Falle des Stereo Hybrids zu einem BIke mit denen man selbst steilste Anstiege gelassen im Sitzen hochfährt und nie außer Puste kommt – der Zusatzleistung, dem Zusatzgewicht und der langen Geometrie sei dank.
Dies aber nur als erster Einsteig in meine Praxiserfahrungen mit dem CUBE Stereo Hybrid 120 SL 29, zu dem es noch sehr viel mehr zu sagen gibt – im nächsten Artikel ein wenig zum Antrieb selbst.

RIDE ON,
c_g