KUBIS  Bikdig 29+Bikes – Testwechsel und Fazit: von Oli & c_g

Vorwort: Für diesen Test haben wir unser gängiges Testprozedere etwas geändert und statt einen Fahrer 4 Wochen auf ein Bike zu setzen, haben Oli und c_g etwa zur Halbzeit die 29+ Bikes getauscht. Hier unsere Erfahrungen – viel Vergnügen bei dieser zugegeben etwas längeren Lektüre.
Den Anfang macht Oli mit dem KUBIS Bikdig Pinion All-Mountain:

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KUBIS Bikdig Pinion All-Mountain

Nach meiner Zeit mit dem BIKDIG Race 9.5 hatte ich die Chance, das Pendant mit komplett anderer Ausstattung zu testen. Der Geometrie nach ähnlich, unterscheiden sich die beiden 29+ Bikes doch dramatisch, wie auch schon die Beschreibungen des Herstellers (siehe Testintro) bezeugen. Dort werden den beiden Brüdern grundlegend unterschiedliche Anwendungsgebiete zugeschrieben. Meine Fahreindrücke möchte  ich nach den einzelnen Komponenten die das KUBIS Bikdig  Pinion All-Mountain so sehr vom anderen Bikdig Race unterscheiden, gliedern:

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… das PINION P1.12 Getriebe im Bikdig.

PINION P1.12: Zugegeben, das waren meine ersten „Schritte“ mit einem im Rahmen integrierten Getriebe von PINION. Zum ersten Mal gesehen hatte ich es vor drei Jahren auf einem Prototypen und schon damals  hat mich die cleane Optik begeistert. Umso mehr war ich auf diesen Kurztest mit dem KUBIS Bikdig Pinion All-Mountain mit PINION P 1.12 und dem Gates Riemenantrieb gespannt.
Nachdem ich ja zuvor mit dem anderen BIKDIG mit SRAM XX1 11-fach Kettenschaltung unterwegs gewesen war, schienen sich plötzlich mit der P1.12 genau die Bereiche aufzutun, die mir bei 30 x 10-42 gefehlt hatten.
Bergauf hatte ich gefühlt mindestens „einen Gang mehr“ um steile Rampen (noch recht entspannt) hochzutreten und auch bergab war mehr Speed drin. Super! Als Freund von Drehgriffschaltungen kam ich mit der PINION sofort zurecht. Ein wenig Eingewöhnung hat das notwendige Entlasten des Antriebs zum Schalten gebraucht, aber sonst war das Getriebe bis auf kleinere Eigenheiten ein Muster von Schaltperformance. Ein wenig irritieret hat mich das Gefühl dass, wenn man kräftig lostritt, etwas wie ein kleiner Pedalrückschlag und erhöhter Widerstand zu spüren sind – als würde das Getriebe erst mal fassen müssen. Ungewohnt ist auch die Tatsache, dass der Freilauf vorne sitz – beim Rückwärtstreten wird der Gates-Riemenantrieb nicht bewegt. Alles in allem hat die P 1.12 mir aber richtig Spaß gemacht und mich als Ganzjahres-Sorglos-Antrieb voll überzeugt.
Ein interessantes Erlebnis hatte ich noch: Durch die Verlagerung des Schwerpunkts in die Mitte des Rades klappt interessanterweise der Bunny Hop besser.

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SURLY Rabbit Hole Felge und das Vorderrad mit SRAM Predictive Steering Nabe.

Laufräder/Reifen: Die Kombination des SURLY Knard mit der Rabbit Hole Felge fühlt sich für mich steifer an als mit der Carbonfelge des BIKDIG Race. Wohl ein Effekt der besseren Abstützung der 3“ Reifen durch die 50 mm Felge. Das Wegschwimmen in Kurven konnte ich hier nicht mehr so feststellen. Auch in schellen Kurven damit habe ich mich wirklich wohl gefühlt. Allerdings bin ich auch hier mit etwas mehr Luft im Reifen gefahren – unter 1,2 bar würde Ich die Reifen aber auch hier auf Dauer nicht fahren.

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Eine der wenige Optionen eine Federgabel mit 29+ zu fahren – die ROCK SHOX RS-1.

Gabel: Auch die ROCK SHOX RS-1 Upside-Down Gabel (hier bei TH im Test) war für mich eine komplett neue Erfahrung. Eine durchweg positive, denn in der straffen Abstimmung, wie c_g sie mir übergeben hatte, hat sie hervorragend mit den 29+ Reifen harmoniert. Ich war anfangs etwas skeptisch bezüglich ihrer Verdrehsteifigkeit. Grundlos, wie sich herausstellte. Allerdings war ich witterungsbedingt mit dem Bike auch nicht in extremem Gelände sondern bin damit nur über meine gemäßigten Münchner Hometrails geheizt. Dort jedenfalls hat mir die Gabel deutlich mehr Spaß bereitet als das starre Bikdig Race. Gerade in Kombi mit den höheren Reifendrücken hat der Komfort- und Kontrollgewinn der RS1-Federung mir deutlich mehr Sicherheit auf den Trails gegeben.

Rahmen/Sitzposition: Mir ist noch unklar, warum, aber ich habe mich auf dem Bikdig All-Mountain von Anfang an wohler gefühlt als vorher auf dem BIKDIG Race 9.5. Auch wenn hier die Kettenstreben mit 465 mm fast ebenso lang sind und ich bergauf im Wiegetritt auch hin und wieder leicht durchdrehende Reifen erlebt habe, so fühlte ich mich doch besser und zentraler im Rad platziert. Eigentlich geht es dabei nur um wenige Millimeter, die der Rahmen im Vergleich zum anderen kürzer, und ca. 1° das der Lenkwinkel flacher ist, aber für mich war der Unterschied deutlich spürbar. Ein Grund mag natürlich auch darin liegen, dass c_g bereits in seinem Test dieses Bikes (hier) einen kürzeren und tieferen Vorbau montiert hatte und so die Sitzposition auch für meinen Geschmack optimiert hatte …

Überhaupt wirkt der Rahmen auch hier stimmig und durchdacht. Angenehm aufgefallen ist mir, die leichte S-Bend Form der Sitz- und Kettenstreben im Hinterbau, die optisch wie auch funktionell besser gelöst sind als beim Race.

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Die Kabelführung der Stealth-Stütze läuft übrigens komplett im Rahmen – von dem (ungedichteten) Einlass im Steuerrohr bis zur Stütze. Die beiden Züge des PINION Getriebes laufen dagegen komplett  außen am Rahmen – links am Unterrohr

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Zeitgleich zu Oli ist ja c_g mit dem KUBIS Race 9.5 unterwegs gewesen – hier seine Anmerkungen: 

Nach meinen Erfahunrgen mit dem sehr tourenlastig ausgelegten Bikdig PINION All-Mountain, war auch ich sehr gespannt auf das starre und superleichte Race 9.5. Schon nach den ersten Kurbelumdrehungen wurde mir klar – dieses Bike liebt es beschleuningt zu werden. Es liebt uphills und macht gerade dort richtig Laune wo ander Bikes eher Mühe bereiten.

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Allerdings ist es dadurch auch mehr Spezialist als Allrounder. Grobe Trails, verwinkelte Pfade und technisches Geläde sind nicht das bevorzugte Terrain des KUBIS Bikdig Race. Das alles kann das Bike zwar ganz gut – eine gute Fahrrtechnik und Bikebeherrschng vorausgesetzt – aber als Starrbike erfordert es hier schon eine eher zurückhaltende Fahrweise. Für mich wirkt das Race genau wie sein Name sagt: Ein echtes Racebike, etwas kapriziös auf Singletrails aber unsäglich schnell.

22 KUBIS RaceUm der etwas zu frontlastigen und für meinen Geschmack auch zu gestreckten Sitzpositition Einhalt zu gebieten, habe ich auch hier einen kürzeren Vorbau montiert, allerdings nur einen 70 mm (anstatt des originals mit 90 mm). Die zusätzliche Agilität habe ich dafür eher in Kauf genommen als gesucht.
Ein weiterer Faktor der auf goben Trails zum Tragen kommt: Stärker noch als ein herkömmliches 29er neigt das starre 29+ über Wurzeln und Stufen zum Springen. Der Vergleich zu einem Fully ist hier aber definitiv Fehl am Platze :-).

Dafür ist das KUBIS Bikdig Race eine Rakete und absoluter Spaßgarant auf schnellen, marathonartigen Kursen und klassischen Alpentouren, bei denen man die meiste Zeit auf Schotterpisten und Forststraßen verbringt. Eine Tour wie etwas die gute alte Karwendelrunde, würde damit garantiert gleich doppelt so viel Spaß machen.

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Um dies zu überprüfen, bin ich mit dem Bikdig Race eine meiner früheren Standardtouren gefahren: Fünf Stunden an einem Fluss über flowige Trails mit einem hohen Anteil an gekiesten und geschotterten Wegen, bzw. in kleineren Abschnitten sogar direkt über Kiesbänke. Der Grund warum ich diese Tour in den letzten Jahren seltener gefahren bin, ist die simple Tatsache, dass – egal wie gut die Bikefederung funktioniert hat – die ständigen Vibrationen nach ca. 2 h für taube Hände und nach 3-4 für schmerzende Arme und Schultern gesorgt haben.

24 KUBIS RaceMit der 29+ Bereifung machten sich die kleinen Schläge aber weit weniger bemerkbar. Das BIke ist grandios gut über die Schottertrails gelaufen, hat weniger Kraft gebraucht um das Tempo zu halten und war einfach besser als jedes andere Bike, das ich je über diese Trails gefahren bin. Zugegeben, am Ende hatte ich auch weiterhin leicht taube Finger, aber alle anderen unangenehmen Nebenwirkungen und Verspannungen sind mir erspart geblieben.

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An der Stelle möchte ich aber auch dem CARBONICE 10° Flatbar noch ein großes Kompliment aussprechen, denn auch dieses Bauteil hat maßgeblich dazu beigetragen die ermüdenden Vibrationen abzudämpfen und Schlägen die Spitzen zu nehmen.

Das geringe Gesamtgewicht, die schnellen Laufräder und die dynamisch-tiefe Sitzposition haben hier einfach nur Spaß gemacht. Beim Attackieren im Wiegetritt, bei Bergaufpassagen oder einfach nur schnell über die Trails zu jagen – genial. Für sowas ist das KUBIS Bikdig Race gemacht! Bei den kurzen Ausflügen auf technischere Singletrails hat es mich dann aber schnell auch wieder daran erinnert, was es eben nicht ist. Dennoch – wer die dezente Raserei und Kilometersammlen mit viel Komfort und großer Traktion liebt, der geht beim Bikdig Race auch als Starrbike nicht fehl.

Anders als Oli bin ich auf den Trails meist sehr gut mit 0.85 – 0.95 bar zurecht gekommen. Denn: Ehe mir die Reifen ins Walken gekommen sind, hat bei mir das wenig griffige Profil der Knard Reifen nachgegeben. Nur auf der Straße waren Reifendruck und Felgenbreite als Thema präsent – hier wären Olis angesprochene 1,2 bar wirklich deutlich stabiler.

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In den Etappen durch die groben Kiesbette, wo jedes andere Bike davor (mit Ausnahme von Fatbikes) wirklich zu kämpfen hat, lief das 29+ Bike komplett unbeirrt und maximal kontrolliert einfach durch oder besser gesagt „einfach drüber“.
Was bleibt ist der Eindruck, dass das KUBIS Bikdig Race weniger Singletrail-Racer und Trailbike als vielmehr Marathon-Langstreckenbike ist … und dort macht es einfach unglaublich viel Spaß und macht absolut Sinn.

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Unser gemeinsames Fazit nach unserem Doppeltest der beiden KUBIS Bikdig 29er lautet also folgendermaßen (zusammengefasst von c_g):

Oli und ich sind unterschiedliche Fahrertypen mit eigenen Vorlieben – während mir persönlich die Race-Version in ihrem speziellen Anwendungsbereich mehr Spaß gemacht hat, ist Oli mit dem Bikdig PINION All-Mountain besser zurecht gekommen. Jedem das Seine.

1, KUBIS Bikdig Race 9.5

   21 KUBIS Race   36 KUBIS Race Oli

Die im Intro gesetzte Ankündigung zum Bikdig Race von wegen, „… Ersatz für ein Cross-County Fully. … Ideal für technische Wurzeltrails und kniffelige Gelände Uphills.“ würden keiner von uns unkommentiert stehen lassen. Es ist und bleibt ein Starrbike. Über grobe Wurzeltrails und technischem Gelände ist das Race 9.5 nicht in seinem Element und erfordert eine gute Portion Fahrkönnen und Nehmerqualitäten, … aber auf schnellen gemäßigten Kursen und Trails, bei denen die zahllosen Vibrationen Hauptursache für Ermüdung sind, wo das Vergnügen aus der Geschwindigkeit und dem Flow aus eigener Kraft heraus entstehen, dort ist das 29+ Format in der superleichten Ausführung wie dem KUBIS Bikdig Race jedem Cross Country Fully nicht nur ebenbürtig, sondern schlichtweg überlegen.

1, KUBIS Bikdig Pinion All-Mountain

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Auch gegen die All-Mountain / Pinionversion des KUBIS Bikdig mit der RS1 würde ich mein Fully nicht eintauschen – es weicht aber die Grenze zwischen Fully und Hardtail spürbar auf. Während ich selber das Bike witterungsbedingt nicht ganz nach dessen Potential nutzen konnte und ihm seine Spurtreue erstmal durch einen flacheren und kürzeren Vorbau habe abgewöhnen müssen, hat das Bike Oli von der ersten Minute an richtig Spaß gemacht. Er hätte es nach seinem Test am liebsten  noch länger gefahren. Besonders die Kombination mit der RS1 und der PINION P 1.12 (mit GATES Riemenantrieb) hatte es ihm angetan. Etwas schwer und viel ruhiger im Handling, aber ein Allwetter-Sorglosbike-Tourenhardtail par Excellence mit ungewohnt hoher Traktion und gutem Komfort auf rauhen Wegen.

Das Thema 29+ bleibt für TNI spannend und wenn alles gut geht kommt schon bald ein weiteres 29+ Bike zum Test und ein paar neue 29+ Reifen wurden uns auch zum Test zugesagt …

RIDE ON,
Oli & c_g