DRÖSSIGER (2015) XEA 29.2 – Zwischenstand: von c_g
„Achtung Vollvisierhelm-Pflicht!“ so ähnlich könnte mein aktuelles Zwischenfazit zum DRÖSSIGER XEA Enduro 29er lauten, denn wie kein anderes 29er ist es auf maximale Downhill-Performance getrimmt. Auf den Punkt zwei Wochen, Halbzeit im Test und damit höchste Zeit für einen ersten Zwischenstand.
Wie bereits im Testintro gesagt, das XEA ist ein 29er Enduro-Fully mit vollen 160 mm Federweg vorne wie hinten. Die einzigen beiden Bikes, dieser Federwegsklasse, die wir bisher im Test hatten, waren das SPECIALIZED Enduro 29er (155 mm am Heck) und das BMC Trailfox (mit 150 mm hinten). Beide Bikes hatten wir damals nur für ein paar Tage, doch das DRÖSSIGER gehört mir für eine kompletten TNI-Test von 4-5 Wochen.
Mit einer ROCK SHOX Pike vorne und einem Monarch Plus bestückt gestaltete sich die Abstimmung des Bikes für die erste Testrunde schon mal sehr einfach. Mit den aufgelaserten Sag-Indikatoren geht das fast wie von selber. Für die erste Testphase lassen wir traditionell ja immer alles im Serientrimm und so ging es schon sehr schnell auf die Trails mit dem XEA 29er. DRÖSSIGER selbst gibt für das XEA eine Kinematik an, die so ausgelegt ist, dass man den Dämpfer gut und gerne mit 30-35% Sag fahren könnte, was ich dann auch als Grund-Setup für die erste Phase gefahren bin.
So eingestellt ist das allererste was einem an dem Bike auffällt, die hecklastige Sitzposition. Selbst mit komplett nach vorne geschobenem Sattel lasten in der Ebene und im Sitzen bestimmt 65-70% des Fahrergewichts auf dem Hinterrad. Der Grund hierfür dürfte (neben dem Sag) auch in dem großen Sattelauszug liegen, der durch das stark geknickte Sitzrohr eben einen flacheren effektiven Sitzwinkel als die angegeben 74,5° generiert. Was die Oberrohrlänge angeht, wäre das Bike zwar passend, aber die Stack- und Reach-Werte zeigen schon, dass die Front eher hoch und die Rahmenlänge eher kompakt sind – Geometriedaten siehe hier. Mal sehen wie sich das Bike im Trail und ganz besonders bergauf verhält.
Die zweite Auffälligkeit ist die sehr ruhige, fast schon abkippende Lenkung, die mich schon fast an Gravity-Bikes der 180 mm Federwegsklasse erinnert. Die unmittelbare Auswirkung: Das DRÖSSIGER XEA ist das erste 29er, das ich nicht sicher freihändig zu fahren kann.
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BERGAB: Nach der kurzen Anfahrt, über die Strasse, kippte der erste Testtrail sofort steil durch einen engen Fichtenwald bergab und das XEA wandelt sich augenblicklich zur DH-Waffe. Die vorher zu ruhige Lenkung, kombiniert mit den sehr schluckfreudigen Federelementen verleiht dem XEA auf schnellen und holprigen Kursen eine Sicherheit und High-Speed-Souveränität, wie ich sie bisher noch nie bei einem 29er erfahren habe.
Die sitzend hecklastige Gewichtsverteilung ist stehend und mit abgesenkter Sattelstütze selbstverständlich auch weg. Stattdessen nimmt der Fahrer fast automatisch eine sehr zentral-mittige Position ein die bergab einfach perfekt passt. Auch die kompakte Bauweise verhilft dem Bike hier zu einer sehr guten Handlichkeit.
Die sportlich-dynamische Haltung mit gebeugtem Oberkörper kommt bei diesem Bike fast von selber und vermittelt durch die gigantische Schrittfreiheit extrem viel Bewegungsfreiheit auf dem Bike. Das DRÖSSIGER XEA 29er ist so gefahren auch das erste Bike, bei dem ich den Eindruck hatte, dass die 125 mm Absenkung der Stütze fast schon zu wenig sind. Dafür passen alle anderen Ausstattungselemente – extrem kräftige XT-Disc (200 mm vorne und 180 hinten), dazu ein sehr breiter Lenker für viel Kontrolle und die superrobusten DT-SWISS SPLINE 1 EX Laufräder mit SCHWALBE Hans Dampf in Trailstar-Ausführung. Ach ja, den FIZI:K Nisene Sattel mag mein Popo so gar nicht leiden, aber das nur am Rande :-).
Die verbaute ROCK SHOX Pike (160 mm, hier bereits ausführlich getestet) bleibt eine der potentesten und komfortabelsten 160 mm 29er Federgabeln, leidet aber im direkten Vergleich zur FOX F36 (hier vor kurzem getestet) unter einem etwas zu starken Eintauchen beim harten Anbremsen und in engen Kurven wenn offen gefahren. Der ROCK SHOX Monarch Plus ist zweifelsohne ein potenter Dämpfer und harmoniert bei dem Sag von 30% Sag in Sensibilität und Traktion gut mit der Pike aber angesichts der Gravity Tendenzen des Bikes wäre es spannend zu sehen was ein CANE CREEK Double Barrel CS Dämpfer aus dem Hinterbau noch machen könnte.
Kurzum – im Downhill ist das DRÖSSIGER XEA eine Wucht und bei aktiver Fahrweise und dementsprechenden Geschwindigkeiten zaubert es jedem Enduro-Racer ein breites Grinsen ins Gesicht. Das XEA ein klasse Bike mit riesigem DH-Potential. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass meine heimischen Trails, egal welche Drops oder Sprünge ich gefahren bin, nicht in der Lage sind das Bike ans Limit zu bringen – das XEA wirkt so, als könnte man locker noch eine Stufe härter gehen. Schade, dass die Bikeparks um dieses Jahreszeit bereits geschlossen haben, denn mit dem DRÖSSIGER XEA wären sie sicher eine spannendes Testfeld. Fest steht: Dieses Bike hat durchaus Bikepark- und Enduro-Race-Potential.
Daher: Wer hier die Grenzen ausloten will, sollte seinen Fullface-Helm und Protektoren nicht vergessen!
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BERGAUF: Aufgrund der immensen Fähigkeiten bergab lässt es sich leichter verschmerzen, dass das DRÖSSIGER XEA bergauf nicht ganz so potent ist. Dabei zeigt sich die Kinematik überraschend antriebsneutral und mit dem 24er Kettenblatt ließe sich recht effizient auch lange Anstiege hochkurbeln. Es sind die hecklastige Gewichtsverteilung, der hohe Sag des Dämpfers (mit im Mittelbereich linearer Kennlinie) und das sehr kurze Heck die bergauf Grenzen setzen. Um steile Rampen hoch zu kommen braucht man schon sehr viel Gewichtsverlagerung damit die Front nicht steigt. Für meinen Geschmack zu viel um damit noch lange und effizient zu klettern. Doch die Abhilfe ist bereits gesorgt, denn das XEA kommt serienmäßig mit einer auf 130 mm absenkbaren Gabel und einem gut zugänglichen effektiven Lockout-Hebel am Dämpfer. Nach einigem Probieren, wurde es mir beim XEA zur guten Gewohnheit vor jedem Anstieg kurzerhand die Gabel abzusenken und den Dämpfer zu blockieren und dann gelassen hoch treten. Klar bleibt aber, dass der Aufstieg mit dem XEA lediglich das Vorspiel für die Abfahrtsfreuden sein kann. Für mich steht auch jetzt schon fest – das DRÖSSIGER XEA 29.2 ist kein Bike für eine klassische Alpentour, wohl aber für eine technische Enduro-Tour (evtl. mit Liftunterstützung) wie am Lago oder in den Bikermekkas der Alpen.
Noch ein Satz zum Alu-Rahmen selbst: Er selbst gehört zu der steiferen Sorte – ich kann ihm auch willentlich kaum eine spürbare Verwindung abverlangen. In Kombination mit der steifen Gabel und den ebenfalls sehr steifen Laufrädern ergibt das ein ausgesprochen präzises Handling. Auch die grellgelb-blaue Lackierung des Testmusters ist ein fröhlich-farbiger Aufschrei im heutigen schwarzen Einheitsbrei anderer Hersteller. Genau das richtige für viel Trailspaß in den trüben Herbsttagen :-).
Soweit zum ersten Eindruck bzw. Zwischenstand des 2015er DRÖSSIGER XEA 29.2, ein Bike, dessen Einsatzspektrum deutlich stärker auf Bergabfahren ausgelegt ist, wie jedes andere 29er, das wir bisher im test hatten. Als nächstes werden wir noch ein wenig mit den Dämpfereinstellungen spielen und probieren ob sich die Lenkung durch kleine Änderungen am Cockpit nicht auch noch ein wenig optimieren lassen.
RIDE ON,
c_g
Hi c_g,
man würde glauben, dass Du ein Devinci Atlas getestet hast. Gleiches Verhalten im D+ sowie im D-
Grüsse aus Elsass
david
@ David: Interessant, das DEVINCI Atlas kennen wir bisher überhaupt noch nicht. Wenn auch die Federwegsklasse nicht überein stimmt (das DEVINCI Atlas wird mit 110 mm am Heck angegeben) und die Geometruiewerte sich recht unterschiedlich lesen, schient es im handling demnach doch Parallelen zu geben. Die herausragende Gemeinsamkeit der beiden Bikes ist aber sicher das besonders kurze Heck.
Danke für die Anmerkung.
ja, kurzes Heck und Sitzposition sozusagen über der Hinteraxe. Ich habe das DW Atlas ein Paar Monate gefahren, deswegen sind mir deine Kommentare sehr bekannt aufgefallen.