Letztes Jahr habe ich mir ein paar Gedanken zu dem Thema gemacht wie wohl ein Hardtail für alles aussehen würde … und daraus ist das Projekt LTHT auf Basis des SINGULAR Buzzard entstanden. Ich habe zwar ein paar Komponenten im Laufe der Zeit ausgetauscht – z.B. die Gabel, aber jetzt ist das Bike ausgereift und erfüllt genau das was ich mir erhofft hatte.
Die Ziele: Mein Hauptziel war es heraus zu finden, wie sehr sich ein langhubiges 29er Hardtail mit einem kurzen Hinterbau als Allroundbike eignen würde – als Bike, das man von meiner Heimat im Mittleren Weste, bis hin zu den Rocky Mountains es, einfach überall fahren könnte. Es sollte sitzend wie stehend gut klettern, sollte sich auf gewundenen Singletracks genauso wie schnellen Downhills wohl fühlen und auch von technischen Trails nicht aus der Ruhe zu bringen sein.
Nachdem es sich bei einem solchen Bike aber immer um die Summe der Teile handelt, gliedere ich mein Testfazit etwas auf.
Komponenten: Dieses Projekt wäre nur halb so gut geworden ohne zuverlässige Komponenten. Daher habe ich mich bei Schaltung und Bremsen auf eine SHIMANO SLX Gruppe verlassen und wurde in keinster Weise enttäuscht. Dir Gruppe ist einfach klasse. Ich habe sie Ende letzten Jahres eingebaut und außer dem regelmäßigen Schmieren der Kette war bisher noch keinerlei Service oder Reparatur notwendig gewesen. Insgesamt eine Gruppe (Schaltung und Bremsen), die einfach nur zuverlässig ihre Dienste verrichtet hat.
Ein besonderes Bauteil waren die VELOCITY Laufräder mit den sehr breiten Dually Felgen. Die Felgen waren einfach super, sehr leicht auf Schlauchlos umzurüsten, sind robust und erlauben mir die breiten ON-ONE Reifen mit sehr geringen Drücken zu fahren. Überhaupt bin ich danke der Kombi mittlerweile ein starker Befürworter von superbreiten Felgen – nicht nur für 29+ und dergleichen, sondern eben auch für „normale“ 29er Trailbikes. Die VELOCITY Naben waren dagegen nicht immer problemfrei und bei manchen schweren Anstiegen haben sie bedenklich geknarzt und geknirscht. Sie sind zwar nie durchgerutscht oder haben echte Ausfälle gehabt, aber ganz vorbehaltlos empfehlen kann ich die Naben nicht.
Die MRP Stage Federgabel mit 140 mm Federweg ist ja noch weiter im Test, weil erst jüngst hinzugekommen, daher werde ich mich erst spätrer abschließend dazu äußern, aber ich kann schon jetzt bestätigen, dass auch sie sehr wohl dazu beigetragen hat die Fahrten mit dem Bike so positiv zu gestalten.
Außerdem: Die ERGON GE1 Griffe sind und bleiben weiterhin meine Lieblingsgriffe. Die SPECIALIZED Command Post Dropperstütze ist bei Weitem nicht so gut wie eine ROCK SHOX Reverb und wird wohl nicht mehr lange an dem Bike bleiben. Dafür ist mir der WTB Pure V Sattel richtig ans Herz (oder besser an den hintern gewachsen. Sättel sind etwas sehr persönliches, daher muss das nicht auf jeden zutreffen, ich aber finde ihn super.
Handling & Geometrie: Das Projekt LTHT steht und fällt mit der Geometrie und dem Handling des Bikes. Glücklicherweise hat sich das für mich in den Monaten aber als sehr gut herausgestellt. Das SINGULAR Buzzard, zusammen mit der MRP Gabel war wie zuhause auf verwinkelten und engen Singletrails. Spitzkehren, egal ob bergab oder bergauf, waren damit sehr gut zu fahren. Ich musste zwar in steilen Anstiegen das Gewicht ein wenig nach Vorne verlagern, aber abgesehen davon hatte ich nie den Eindruck, dass der flache Lenkwinkel in Kombination mit dem kurzen Heck in irgendeinem Gelände je problematisch gewesen wäre. Allerdings braucht es ein wenig Umgewöhnung meines Fahrstils um das so zu empfinden. Als zusätzlichen Bonus ist das Bike so extrem manövrierfähig und agil zu fahren … und sorgt auf jeder Ausfahrt für ein breites Grinsen auf den Trails :-).
Insgesamt saß ich auf dem Buzzard mit meinen Cockpit-Komponenten eher aufrecht und die Lenkung war tendenziell eher ruhig (aber nicht träge ;-)). Damit war es definitiv nicht so flink wie etwa ein XC-Hardtail, auch nicht so leicht und schnell zu beschleunigen aber das hat mich eigentlich nie wirklich gestört. Dafür kann man mit einem kräftigen Pedaltritt, ganz leicht die Front anheben und das Bike wie einen Dragster-Racer lossprinten lassen … was auch wirklich Laune macht. Eine Eigenschaft, die mir an dem Bike im Laufe der Monate immer besser gefallen hat, war, dass es mir irgendwie den Druck genommen hat schnell und effizient sein zu müssen, sondern statt dessen die Freude am einfachen Trailbiken, am Erkunden und einfach nur in der Natur zu Biken zurückgegeben hat. Beim Projekt LTHT geht es um Spaß am Biken.
Letztlich aber kann ich bestätigen, dass ich mein Zeile, was das Handling angeht zu 100% erreicht hatte – ein Bikes, das in jedem Gelände richtig Laune macht und alles gut kann.
Gesamteindruck: Das Projekt hat meine Erwartungen in fast jedem Bezug übertroffen, aber es gab natürlich auch ein paar Aspekte, die man besser machen hätte können:
- Gewicht: Logisch, dass ein erschwingliches Allroundbike nie allzu leicht sein wird, aber mit etwas über 13,5 kg, war das Gewicht bergauf schon manchmal deutlicher zu spüren, als ich es mir dann gewünscht hätte. Meistens war mir das ziemmlich egal, aber wenn man im direkten Vergleich dazu Bikes wie das BORLEALIS Echo, fährt, kommt man schon hin und wieder ins Grübeln.
- Rahmendetails: Am SINGULAR Buzzard Rahmen selber hätte ich mir wenigstens die Option einer internen Dropper-Post Anlenkung gewünscht. Toll wäre es auch gewesen, wenn man das Bike auf Singelspeed hätte umrüsten können. Auch die generelle Zugverlegung war wenig zufriedenstellend, auch wenn das nach Aussagen von Sam (SINGULAR Cylces) bei der nächsten Produktion bereits bereinigt wäre.
- Dropper Stütze: Eine Dropper Sattelstütze ist unabdingbar bei einem solchen Bike und auch wenn mir die SPECIALIZED Command Post nicht wirklich zugesagt hat, war sie um Welten besser als mit einer starren Sattelstütze zu fahren.
ZUSAMMENFASSUNG: Also – war das Projekt LTHT ein Erfolg? JA … definitiv. Ob das Bike in der Konfiguration wirklich das Zeug dazu hat alles von ambitioniertem XC bis All-Mountain zu bewerkstelligen? Mit Einschränkungen – Ja.
Mir jedenfalls hat das Bike vieles wieder vor Augen geführt und grandios viel Spaß gebracht. Ob ich es gegen ein genauso gutes, aber leichteres Bike austauschen würde. Logisch! Was spricht dagegen die gleichen Fahrqualitäten mit weniger Gewicht haben zu wollen, vor allem wenn man die Antriebsenergie noch komplett selber generiert?
Letztlich wird es immer Raum geben um etwas noch besser, noch leichter und noch besser zu machen, aber es ist in meinen Augen ein Versäumnis der Hersteller, dass sie sich so stiefmütterlich um die Gattung der langhubigen Hardtail kümmern, denn bei keinem anderen Genre kommen die Vorteile der 29er Laufräder so gut zur Geltung wie hier. Hoffentlich bringt die kommende Saison hierzu noch viel Neues.
Die Zukunft: Was ich mir sehr gut vorstellen könnte, wäre eine Kombination aus dem kürzlich getesteten BOREALIS Echo und dem SINGULAR CYCLES Buzzard also ein leichtes und potentes Hardtail mit viel Hub an der Front (120 bis 130 mm). Dazu ein Satz 29+ oder B+ Laufräder und fertig wäre mein zukünftiges Traumbike. Wie cool wäre das denn!!
Guitar Ted