NINER BIKES ROS 9 – Testfazit: von Grannygear

Dieser Test neigt sich dem Ende – angefangen mit dem Testintro, über den Zwischenbericht ist es nun an der Zeit mit diesem ganz besonderen Stahlbike abzuschließen. Der Grundgedanke dabei war es mal für mich selber (und natürlich für euch ;-)) herauszufinden was es mit der neuen Generation von langhubigen 29er Hardtails mit kompaktem Hinterbau und flachem Lenkwinkel auf sich hat.

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Ich war besonders neugierig herauszufinden wie sich so ein Bike als Allrounder und schnelles Trailbike machen. Klar, dass es kein XC-Bike werden würde, aber ich wollte auch kein Hardcore-All-Mountainbike draus machen. Wie im Zwischenbericht angesprochen hat mich das Bike zuerst nicht so richtig begeistert … aus ein paar Gründen.

  • Da war einmal das GEWICHT. Mein Aufbau war recht budget-bewusst … eine SHIMANO SLX 2×10 Gruppe, eine WHITE BROTHERS Loop Gabel mit 130 mm, ein SYNCROS 100 mm Vorbau, ein 780 mm breiter NINER RDO Lenker, und natürlich die obligatorische ROCKSHOX Reverb Dropper Post.  Mit über 13,5 kg ist es „eine Menge Bike“, tatsächlich das schwerste Hardtail, das ich je gefahren bin.
  • Dann war da noch der Grundcharakter des Bikes, der nicht ganz mit dem generell eher offenen und gemäßigten Gelände harmoniert, in dem ich unterwegs bin – viele Dirt Roads, Double Tracks, oft felsige aber nur selten wirklich technische Trails, lange Anstiege soweit das Auge reicht. Irgendwie war es in meiner Gegend ein wenig deplatziert. Keine Frage, ich komme damit überall hoch und ganz sicher auch wieder runter, aber es war eben nicht gemacht dafür.

Also habe ich mal was anderes probiert, und habe ein paar mehr herausfordernde Trails angesteuert um mir ein Bild von dem Bike dort zu machen, wo sich das ROS9 wohler fühlt. Und auf einmal habe ich viel besser verstanden, was es mit dem Bike auf sich hat und warum viele so begeistert von ihm sind, schließlich ist es ein All-Mountain-Hardtail.

21 NINER-ros-9 Auf diesem letzten Ride hatte ich einfach riesig viel Spaß mit dem ROS9. Der Trail, ging mit einem langen, flachen Anstieg los – ich wurde wieder kurz daran erinnert was das ROD nicht ist. Dann ging es mit engen, steilen Singletrack mit haufenweise Spitzkehren weiter, der sich aus dem Grund des Canyons hinaufzog. Ich bin fast alles im kleinsten Gang gefahren, habe das Bike über zahllose knifflige Felsstufen hochgefahren und habe die technische Herasuforderung einfach nur genossen. Mit einem Schlag war das ROS9 in seinem Element und war einfach ein Traum zu fahren. Bei der niedrigen Geschwindigkeit spielte auf einmal auch das Gewicht kaum mehr eine Rolle, und die großen aggressiven Reifen waren genau, das was das Gelände forderte. Das kurze Heck in Kombination mit der 130 mm Gabel hat mir dort nie Probleme gemacht. Das Vorderrad blieb stets sauber am Boden und stets gut kontrollierbar. Ich bin den speziellen Trail schon mit vielen Bikes gefahren, aber das ROS9 war absolut das Beste in dem Terrain. Hier war das Hardtail genial, denn es hat mir genau gezeigt, wie es um die Traktion bergauf bestellt ist, blieb wunderbar kontrolliert und direkt, ganz ohne ein seine Federung hineinzusinken und ohne jedes Gefühl von Energieverlust.Am Scheitelpunkt der Tour, geht es kurz über eine Forststrasse, die zum wurzelgespickten, aber schnellen und flowigen Downhill führt. Dort ist mir wieder aufgefallen, dass bei einem solchen Bike die Fahrwerksbalance schon recht herausfordernd für den Fahrer sein kann: Vorne bügelt die 130 mm Gabel alles glatt, aber hinten muss man schon recht aktiv fahren um das wieder auszugleichen … obwohl die Laufräder (bestehend aus 2.3er Reifen auf den sehr breiten AC Wide Lightning Felgen bei niedrigem Druck) und auch der Stahl-Rahmen wirklich viel wegdämpfen. Aber, es ist und bleiben eben eine Hardtail.
Was das kurze Heck an Agilität dazugibt, nimmt es dem Bike an Laufruhe und Fahrstabilität bei schnellen Kursen – besonders auf losem Untergrund und beim harten Anbremsen. Ich habe mich immer wieder bei der Frage ertappt, wie es sein kann, dass bei einem 14 kg Bike keine Heckfederung dabei ist.
Der Rest der Abfahrt ging über die identischen Trailpassagen, die ich vorher im kleinsten Gang hochgekurbelt bin, und hier war das ROS9 wieder ganz in seinem Element. Alles passt hier, die Geometrie, das Terrain. Das NINER ROS9 fährt sich hier wie ein übergroßes BMX-Bike, super verspielt und soo viel Spaß auf dem losen, sandigen Trail. Wo sich alle anderen 29er mehr wie ein Walzer-Tänzer geben, ist das ROS 9 hier wie ein schneller Jive.

Würde ich mir wünschen, dass das ROS9 leichter wäre? JA, denn leichtere Bikes sind grundsätzlich besser. Ist es mir auf den technischen Trails aufgefallen, dass ich ein schweres Bike fahre? Nicht wirklich. Wenn man ehrlich ist, ist das ROS9 keineswegs schwerer als andere vergleichbare Bikes, denn es ist ja gebaut um eine wirklich harte Fahrweise wegzustecken. Dabei erhält sich das ROS9 immer noch dieses geliebte „Steel is Real“ und das allein ist schon etwas wert, oder.
22 NINER-ros-9Das Biocentric Eccentric Tretlager der zweiten Generation blieb die ganze Testphase hindurch vollkommen unauffällig – es hat sich nie gelockert, hat nie gequietscht oder geknarzt oder war sonst irgendwie auffällig.
Wenn ich das Bike nochmal aufbauen würde, würde ich es wahrscheinlich als 1-fach Antrieb ausstatten – einfach weil das ROS9 einfach für technische Trails lebt. Die 130 m Gabel passte perfekt für mich, auch wenn ich mir das ROS9 auch sehr gut mit einer 140 mm Gabel vorstellen könnte – „Ride Over Stuff“ eben.

TESTFAZIT: So viel Spaß mir das ROS9 auch gemacht hat und wie sehr ich mittlerweile den Ansatz eines All-Mountain Hardtails … letztlich muss ich einfach eingestehen, dass dieser Typ von Bike einfach nicht zu mir und meinem Gelände passt. Ein ähnliches Handling mit einer 120 mm Gabel und einem leichteren Ti- oder Alu-Rahmen wäre es für mich ideal, so aber war es einfach zu speziell auf aggressive Trails getrimmt. Sicher, das ist eine recht subjektive Aussage, aber nach meiner Zeit auf dem ROS9 bin ich eben zu diesem Schluss gekommen.

Im Vergleich zur derartigen Konkurrenz steht das ROS9 außerdem sehr gut da – mit allen Details und der coolen Optik, bleibt es ein tolles is „No Nonsense“ 29er Stahl-Hardtail für Trails, die normalerweise nicht für Hardtails geeeignet sind.

 Grannygear