NINER RDO Vollcarbon-Starrgabel – Zwischenbericht: von Oli
Kaum zu glauben, aber wahr – seit unserem Intro der NINER RDO Starrgabel (hier) sind bereits wieder über 3 Wochen vergangen. In der Zeit bin ich die Gabel sehr viel über die heimatlichen Trails hier im Großraum München gefahren. Ich muss offen gestehen, dass ich anfangs skeptisch war bei der Aussicht wieder mal eine Starrgabel an einem MTB zu fahren … „Die Zeiten“ dachte ich mir insgeheim „sind Gott sei Dank schon lange vorbei.“
Wie im Intro bereits erwähnt, suggeriert die NINER Carbongabel mit ihrer dynamischen Optik und dreieckigen Gabelholmen eine sehr hohe subjektive Steifigkeit, ja Unnachgiebigkeit, die wenig Komfort verspricht. Jetzt, drei Wochen später ist die anfängliche Skepsis echter Begeisterung gewichen. Doch der Reihe nach:
Blind unterwegs mit einem Leichtgewicht: Ich habe die Gabel bei mehreren Touren ausgiebig getestet, doch letztens hat sie mir bei einer Nachtausfahrt gezeigt, welches Potential in ihr steckt. Ich kam mir jedenfalls vor, wie bei einem Blindtest, denn auch wenn ich natürlich wusste, was ich da fahre, hat mich die Optik dank der Dunkelheit nicht ständig daran erinnert, dass ich mit einer Starrgabel unterwegs war. Vielmehr hat mich das Bike durch seine die tiefe, sportliche Sitzposition und dem sehr geringen Gesamtgewicht immer wieder dazu herausgefordert, mir mit meinen Bikekumpels kurze Rennen zu liefern. Daraus wurde dann förmlich ein Speedrausch und es machte einfach nur Spaß, zu heizen. Dabei habe ich vollkommen vergessen in Wurzelnteppichen langsamer zu tun und bin darüber fast so sicher hinweggeschossen wie mit einer sportlich straff abgestimmten 80 mm Gabel.
Interessanterweise musste ich bei den kräftigen Sprints oft aufpassen, dass das Vorderrad nicht abhebt. Hier ist es nötig, dass man etwas mehr Gewicht auf das Vorderrad bringt, denn die Gabel bringt ja mit ihren 578 g mindestens ein Kilo weniger auf die Wage, als eine gute Race-Federgabel. Durch ihr geringes Gewicht verschiebt sich jedoch der Scherpunkt des Rades minimal nach hinten, was wieder ausgeglichen werden muss – entweder durch einen etwas längeren Vorbau oder durch leichtes Verlagern des eigenen Gewichts nach vorne.
Der limitierende Faktor bei meinen Sprints war dann nicht die Gabel sondern die Übersetzung. Die XX1 ist mit 30 Zähnen vorne mehr auf Berg getrimmt gewesen und in der Ebene dann hatte ich deshalb das Nachsehen.
Starr statt gefedert? Was mir von Anfang an auffiel, war, dass sie sich erstaunlich komfortabel fährt und das hat sich bei der Gelegenheit nochmal besonders deutlich herauskristallisiert. Ich hatte eine bocksteife Gabel erwartet, die mich jeden Schlag von unten spüren lässt. Mitnichten! Wenn man die montierte Gabel mit gezogener Vorderbremse probiert wirkt sie maximal steif und direkt – wie ein Starrgabel eben. Im Stand ist keinerlei Flex zu spüren. Auf dem Trail fühlt sich die NONER RDO Carbongabel aber keineswegs als harsch sondern eher angenehm dämpfend an. Ich hatte das zuerst allein auf den CARBONICE-Lenker geschoben, aber nach dem Umbau auf einen Syntace Vector Carbon war der Eindruck auch weiterhin vorhanden.
Nur um es nochmal klarzustellen: Natürlich ist die NINER RDO Gabel keine Federgabel, die einen über Wurzelteppiche gleiten lässt, aber bei Vibratione und kleineren Schlägen dämpft sie doch schone ein menge weg und nimmt auch größeren Schlägen die Stoßspitzen.
Mittlerweile habe ich meine Furcht vor schwererem Gelände oder Wurzelteppichen mit der RDO Carbongabel weitgehend verloren und hätte große Lust, sie auch mal bei einem Marathon einzusetzen. Vielleicht kommt ja dieses Frühjahr noch die Gelegenheit. Wichtig ist dabei auch das Zusammenspiel zwischen Laufrad und Gabel. Hier zeigt sich die Stärke der neuen Version mit der Steckachse.
Trotzdem steif? Viele von Euch kennen das: Man fährt im Wiegetritt und die Bremse zeigt bei jedem Neigen des Rades, mit leichten Geräuschen an, dass die Scheibe am Belag schleift. Automatisch nimmt man das Bike wieder aus der Schräglage heraus, um nicht ungewollt Schleifgeräusche zu erzeugen. Das ist hier nicht nötig. Hier bewegt sich nichts – hier hört man nichts.
Allerdings hatte ich manchmal das Gefühl, dass die RDO Gabel– auch wenn sie sich pauschal komfortabel anfühlt – in schnellen Kurven auf Schotter immer wieder zum Springen neigt. Hier bedarf es einer ruhigen Hand, um das Bike bei rauherem Gelände zu führen.
Ich vermute, das liegt an einer enorm hohen Seitensteifigkeit der Gabel, der Steckachse in Verbindung mit den derzeit montierten American Classic Race Laufrädern. Zusammen sind sie evtl etwas zuviel Steifigkeit. Ich werde für die nächsten Testwochen auch mal auf ein anderes Vorderrad umbauen.
Cleane Optik … aber hier ohne Schutzbleche: Fahrer dieser Gabel im Winter oder bei Matsch werden – zumindest vorne – dreckig. Bedingt durch die Tatsache, dass es eine Vollcarbon-Moncoquegabel ohne Montagepunkte an der Krone ist, gibt es keine Möglichkeit ein Steckblech zu montieren – zumindest habe ich noch keine gefunden.
Aber wer braucht bei so einer Gabel schon ein Steckblech – Ferraris habe ja auch keine Anhängerkupplung ;-).
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Zwischenfazit: Die NINER RDO Carbon-Starrgabel ist eine steife und unglaublich leichte Gabel und bietet dennoch durch Ihre smarte Bauweise erstaunlich viel Komfort. Hatte ich bislang immer gedacht, dass sich voluminöse Carbongabeln zwangsläufig bockhart anfühlen müssen, so bin ich hier von NINER vorerst eines Bessern belehrt worden – und freu emich auf weitere Vollgas-Sessions mit ihr.
Oli
Hi Oli,
ich spiele schon lange mit dem Gedanken an einer Starrgabel im Twentyniner und dabei natürlich auch mit der Niner. Was mich bisher abgehalten hat, ist das einem niemand genau sagen kann, wo das Limit dieser Gabeln liegt. Gerade mit Carbonschaft. Wo sollte deren Einsatzgebiet enden?
Klar, mit einer solchen Gabel fährt man keinen Downhill. Was aber ist mit gröberen Schlägen z.b. durch heftigere Wurzelfelder oder vor allem mit kleineren Drops und Sprüngen? Kann man ihr das zumuten? Meine XC-Hausstrecken sind größtenteils flacher Kindergeburtstag, aber es gibt halt auch solche Stellen. Beispiel: Auf einem meiner Trails z.b. „lautert“ eine kleine Querstufe, über die man dann bei voller fahrt springt. Nix wildes, aber halt 50cm Luftstand bei voller fahrt mit 1,5m Flugphase und Landung eher flach. Falsch machen kann man da nix, landen tut man fast zwangsläufig sauber. Kindergeburtstag mit jeder Federgabel. Zu viel für Starrgabeln ala Niner?
Danke & Gruß
Jens
Hallo Jens,
keine Sorge – sowas kann die Gabel locker ab. Ehe die Gabel bei „normalen Sprüchen an ihre Grenzen kommt, schmerzt dir das Handgelenk.
Bin schon allerlei 29er Starrgabeln gefahren und solange die Fahrtechnik ausreicht, kann man auch mit einer Starrgabel recht grobes Zeug fahren.
c_g
Genau. Ich wollte auch mit einem Video antworten:
http://www.youtube.com/watch?v=5z1fSpZNXhU
Es hängt sehr viel von Fahrtechnik ab:-)
Hallo Oli und C_g,
hatte gerade im Testintro der Gabel eine Frage gestellt. Den Zwischenbericht habe ich irgendwie übersehen.
Meine Fragen dort sind mit dem Bericht hier aber beantwortet.
Vielen Dank für eure Praxistests und Berichte. Macht immer wieder Spaß zu lesen.
Eins noch, ist der Einbau des Laufrades aufwendiger als bei der Schnellspannversion (Stichwort: … bauen die Gabelscheiden an den Ausfallenden etwas zu breit)?
Im Voraus Danke für eure Antwort.
Viele Grüße
Jens
Hallo Jens,
der Einbau von Steckachsen ist in meinen Augen auch nicht komplizierter als mit einen Schellspanner – nur anders. Das sollte aber auch kein Kriterium für oder wider den Kauf der Gabel sein.
Den direkten Vergleich zur Schnellspannversion können wir Dir derzeit leider nicht liefern, da wir nur die RDO-Version im Test haben.
Viele Grüße
Oli
Lustig! Hier gibt es ka zwei „Jense“! 🙂
Von mir stammt nur die erste Frage zur Starrgabel.
Für eure Antwort vielen Dank. Mir ist klar das die richtige Technik viel rausholen kann. Meine Frage zielte aber eher darauf ab, welche Reserven sowas bietet, wenn die Technik eben nur durchschnittlich ist und man ggf. mal nicht so gut „landet“. Ich verstehe eure Antwort aber so, das die Teile im großen und ganzen recht stabil sind und man sie schon grob fahrlässig rannehmen muss um sie klein zu kriegen. Richtig?
Danke
Jens
Stimmt, und hier ist der „zweite“ Jens.
Ich habe mich durch euren Praxistest und -bericht jetzt für die NINER RDO Gabel entschieden. Dauert zwar noch bis das Rad fertig ist aber ich bin schon gespannt auf die erste Ausfahrt.
Noch eine Frage, gibt es eigentlich eine Carbon Starrgabel, die für 200 mm Scheiben freigegeben ist?
Viele Grüße und Danke für eure Antwort.
Jens
Eine Frage zur Geometrie fällt mir noch ein.
Das RADON Black Sin 10.0 ist ja für Federgabeln ausgelegt, d.h. für Gabeln mit einer Einbauhöhe von ca. 500mm. Die Niner hat ja „nur“ 470mm Einbauhöhe. Hat sich das in irgend einer Art ausgewirkt?
Danke für Euer Feedback.
Gruß Jens
Hallo,
Folgende Frage: Fahre ein Bike in 26″. Meine Rock Schox Reba hat eine Einbauhöhe von 475mm.
Die Geometrie ändert sich kaum, dennoch sind die 26″ Laufräder deutlich kleiner als die 29″.
Die Niner Gabel sieht wirklich toll aus, aber würde diese optisch zu meinem Bike passen?
Habe Sorge vor einem zu großen Spalt zwischen Reifen und Gabelkonus, nicht das es die Optik versaut oder liege ich falsch?
Mfg
Miron
@Miro: Was die Einschätzung der Optik angeht, musst du selber entscheiden, was du noch vertretbar findest. Mich persönlich würde das 26-Zoll Laufrad in der Gabel nicht stören …
Viel wichtiger ist die potentielle Geometrieveränderung bzw. der Einfluss aufs Handling. Neben der reinen Einbauhöhe zählt hier auch der Offsets der Gabeln.
Wenn du vorher eine Federgabel mit 26″ gefahren bist, wir die Lenkung aufgrund der leichteren Starrgabel und deren größeren Offsets vermutlich spürbar agiler und lebendiger wirken. Wenn dich das nicht abschreckt, sollte es durchaus funktionieren.