SHIMANO SH-XC90 & SH-XC30 Bike-Schuhvergleich: von Guitar Ted (& Grannygear)
Zur Interbike´13 haben wir von SHIMANO je einen Paar der eben erst vorgestellten Top-Schuhe SH-XC90 – den ersten MTB Schuh mit der DYNALAST Technologie (mehr dazu weiter unten) und deren Einsteiger-Schuh SH-XC30 zum Test bekommen. Anstatt sie einzeln zu testen haben wir uns dann entschieden die beiden gegeneinender zu vergleiche – um zu sehen, ob der riesige Preisunterschied von immerhin € 300.- auch aus der Sicht eines ambitionierten Bikers (ohne ernsthafte Raceambitionen) gerechtfertigt ist.
Doch zuerst die Vorstellung der Schuhe:
SH-XC90 (VK 389,95)
- Thermoplastische Custom-Fit Technologie
- Flacher, präzise einstellbarer Ratschenverschluss mit gegenläufigem Cross-X-Strap-Klettverschluss
- Geschmeidiges, dehnresistentes und bequemes Rovenica® Kunstleder
- Das rutschhemmende, mit Metallfasern durchwirkte Futter im Fersenbereich verhindert ein Hochrutschen der Ferse.
- Thermoplastische Innensohlen stützen den Fuß und bieten festen Halt
- Ultra-effizeinte Carbon-Mittelsohle und die rennspezifische Außensohle mit einschraubbaren Frontspikes baut sehr niedrig und optimiert die Kraftübertragung
- In Halben Größe und breitem Leisten verfügbar
****************************************************
SH-XC30 (VK 89,95)
- Robustes, dehnresistentes Kunstleder und atmungsaktives Netzgewebe
- Drei flache, asymmetrische Klettverschlüsse
- Glasfaserverstärkte Polyamid-Zwischensohle
- Breiterer Performance-Leisten
********************************
Passform: Bisher waren uns SHIMANO Schuhe als normal bis weiter geschnitten bekannt, doch bei den beiden Testmuster SH-XC90 und SH-XC30 hatte ich trotz meiner sehr schmalen Füße keine Probleme. Der SH-XC90 hat mir so perfekt gepasst, dass ich anfangs nicht glaube konnte, dass es SHIMANO Schuhe sind. Der SH-XC30 dagegen war etwas breiter, was für meine Füße gerade noch ging. Wohlgemerkt, mit meiner Fußform bin ich eher am schmalen Extrem des Spektrums und dies soll daher nicht wertend, sondern lediglich eine Beobachtung sein – SH-XC90 eher schmal geschnitten, der SH-XC30 dagegen eher normal.
Grannygear, der eher Normalfüße hat, kam mit beiden sehr gut zurecht.
Fahreindrücke: Grannygear und ich waren mit beiden Schuhen im Spätsommer und Herbst viel unterwegs sowohl auf den Trails, wie auch auf langen Gravel- und Straßentouren – bei allen erdenklichen Bedingungen und Temperaturen von sengend heiß bis herbstlich kühl.
Der erste Kontakt zum Shimano SH-XC90 ist eher unspektakulär – er wirkt zwar hochwertig, wo der VK aber wirklich herkommmt, merkt man erst, wenn man ihn anzieht und damit Biken geht.
Als einer der ersten MTB-Schuhe verfügt er über die im Straßenbereich bewährte Dynalast Technologie.
Die Grundidee hinter Dynalast ist, dass der Schuh nicht nur beim Drücken effizient sein soll, sondern eben auch beim Ziehen. Bei der Vorstellung wurde uns gesagt, dass die Effizienz der Bewegung damit im zweistelligen Prozentbereich verbessert würde. Wir haben keine Möglichkeit so eine Zahl zu überprüfen, aber spürbar ist es auf jeden Fall. Mit seiner super steifen Carbonsohle ist der XC90 erwartungsgemäß extrem effizient. Erst im direkten Vergleich merkt, man wie groß der Unterschied in der Kraftübertragung wirklich ist – kein Vergleich zum SH-XC30 (… oder irgendeinem meiner anderen Schuhe). Die aufwendige Fersenkonstruktion mit der in die Sohle integrierten Fersenkappe und einem speziellen Anti-Rutschmaterial als Innenfutter ist in der Zugphase bei sehr wohl positiv spürbar und trägt nicht unwesentlich zur Effizienz bei.
Mit dem sehr weichen ROVENICA-Kunstleder und den zahlreichen Mesh-Einsätzen fühlt sich der XC90 unglaublich weich an und passt sich sehr gut den Konturen des Fußes an. Wenn es ums Gehen geht, hat der SH-XC90 dafür das Nachsehen. Einmal sorgt die extreme harte Mittelsohle dafür, dass man wie auf Brettern geht (keine Spur von Flex in der Sohle), und wenn es um die Außensohle geht, hat es mich mehr als einmal fast auf den hintern gelegt, denn die sehr harte Kunsstoffsohle ist nass sehr rutschig.
Eine absolut geniale Sache ist die anpassbare Innensohle mit ein paar zusätzlichen Keilen um den Mittelfuß optimal zu unterstützen – ein echtes Plus an Tragekomfor auf langen Fahrten (… das man aber auch extra kaufen und in andere Schuhe einsetzen kann :-))
Was die Lüftung angeht, ist der SH-XC90 ebenfalls wie von einer anderen Welt. Er ist derart gut belüftet, dass ich auch nach sehr langen Ausfahrten in der Spätsommerhitze nie schwitzige Füße hatte, aber eben auch so luftig, dass es darin unter 15°C auch schnell zugig-kühl wurde.
(Was ich wegen der sehr guten Passform garnicht erst versucht habe – war die Thermoplastische Custom-Fit Technologie, mit der speziell ausgerüstete Händler den Schuh über ein Wärme/Vakuum.-Verfahren noch präziser auf den Fuß anpassen können.)
è Alles in Allem ist der SHIMANO SH-XC90 ein waschechter Race-Schuh, mit einer uneingeschränkt genialen Passform und Kraftübertragung. Auf dem Bike gehört er damit zu den besten Bikeschuhen, die wir kennen.
Gehend schlägt er sich dafür nicht so gut, aber dafür ist er ja auch nicht gemacht.
*************************************************
Im Vergleich dazu fährt sich der SH-XC30 einfach … „normal“. Auf den Fahrten damit hatte ich null Probleme, weder mit Anpassung über die drei Klettbänder, noch mit der Passform, oder der Außensohle. Eigentlich ist der SH-XC30 ein wirklich guter Schuh, ohne besondere Schwächen – es fehlt ihm einfach an dem AHA-Effekt der extrem effizienten SC-XC90. Dies gilt allerdings nur im direkten Vergleich, denn für jemanden der einfach nur einen guten XC-Schuh sucht, ohne viele Geld dafür ausgeben zu wollen, ist auch der SH-XC30 rundum gut. Was der SH-XC30 dagegen viel besser kann, sind Gehpassagen. In diesen Schuhen konnte ich gut und gerne den ganzen verbringen, ob auf dem Bike oder abseits davon. Ein waschechter Allrounder zu einem echten Kampfpreis eben.
Grannygear, der durch das geniale BOA-Zugsystem an einem anderen Bike-Schuh verwöhnt ist, fand die Weitenverstellung über die drei Klettbänder anfangs etwas grob, aber dafür kostet ein solches Feature auch richtig Geld, das man so einspart und letztlich nicht viel dafür aufgibt. Die Außensohle ist etwas weicher als beim XC90 aber noch nicht sehr griffig. Als Allrounder gibt es hier auch keine Möglichkeit, Stollen im Zehenbereich anzuschrauben. Auch die herausnehmbare Innensohle bietet nur eine geringe Mittelfuß-Unterstützung.
Was die Steifigkeit angeht, ist das XC30 ganz klar nicht so steif wie das Top-Modell, aber dennoch gleich auf mit vielen anderen Schuhen der Einsteigerklasse und auch darüber. Hierin gibt er sich also sicher keine Blöße.
–> Als Racer eingeschränkten finanziellen Mitteln würde ich mir den SHIMANO SH-XC30 ganz sicher genauer anschauen. Er ist kein Schuh der in die Extreme geht, ist aber in allen Bereichen durchaus empfehlenswert. So viel Nutzwert und Performance für so wenig Geld ist auch heute keineswegs selbstverständlich.