SPECIALIZED Enduro 29er S-Works´14 – Kurztest: von c_g
Bei seiner Vorstellung dieses Frühjahr (hier) kokkettierte man mit seiner Seltenheit … und bis jetzt war es uns nicht möglich gewesen ein Exemplar für einen Test zu bekommen. Dementsprechend haben wir uns riesig gefreut als wir vor kurzem die Möglichkeit bekamen ein Enduro 29er für einen Kurztest zu fahren.
Das SPECIALIZED Enduro 29er hat nicht nur als erstes gezeigt, dass bei 29ern nicht unbedingt bei 140 mm Federweg Schluss sein muss, sondern hat dies auch noch durch allerlei technischer Kniffe in einer extrem kompakten Geometrie geschafft. Mit 430 mm Kettenstrebenlänge führt es weiterhin die Spitze des kompaktesten Hinterbaus bei solchem Federweg an. Nur das BMC Trailfox TF29, das ich kurz am Eurobike Demoday gefahren bin (hier) ist hinten genauso kurz.
Doch nicht genug damit, dass wir das SPECIALIZED Enduro29er in seiner S-WORKS Top-Version bekommen haben (also mit ROVAL Traverse SL 29er Carbon-Laufrädern, IR Command Post, SRAM´s XX1 Gruppe und AVID Trail Vierkolbenbremsen) noch dazu kam es zu uns im kompletten 2014er Trimm – also mit ROCKS SHOX Pike 29er Federgabel (mit Dual Air Position und 160 mm Federweg – hier bereits vorgestellt) und dem vielgepriesenen CANE CREEK Double Barrel Air CS Dämpfer!!
Satte 160 mm vorne und 155 mm hinten mit diesen hochkarätigen Federelementen – das verspricht spannend zu werden.
Entgegen der ersten Ankündigung schaffte es das Enduro S-Works nicht ganz in die angekündigten Leichtbauregionen, bringt es aber auf mehr als beachtliche 12,9 kg ohne Pedale.
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Zeitsprung um 1 ½ Wochen nach vorne … und ich kann sagen: Dieses Bike begeistert! Es gibt fast nichts, was das Enduro 29er nicht wenigstens gut kann.
Die allererste Überraschung bot die Sitzposition und das Bergaufverhalten.
Nicht nur, dass sich das Enduro 29er sehr gut beschleunigen lässt und jedes Watt Tretenergie unmittelbar in Vortrieb umsetzt, auch die Geometrie setzt dem munteren Höhenmetersammeln weit weniger Grenzen als von mir angesichts des revolutionär kurzenen Hecks erwartet. Entgegen meiner Erwartungen bäumt sich das Enduro 29er erst spät auf. Mit der absenkbaren Gabel und etwas Gewichtsverlagerung bin ich damit jeden auch noch so steilen Anstieg gut hochgekommen.
Ein beachtlichen Anteil an dem guten Uphilleigenschaften im Groben hat die zuschaltbare CS („Climb Switch“) des DB Air Dämpfers die dem Heck eine extrem gute Traktion verleiht. Die Climb-Switch-Technologie erreicht das indem nicht nur die Druckstufe, sondern auch die Zugstufe spürbar verstärkt wird. Selbst gröbste Wurzelteppiche überfährt man im Uphill mit ungeahnter Gelassenheit.
Für meinen Geschmack bleibt nur ein Kritikpunkt bestehen: In sehr steilen Anstiegen sinkt das Heck dann ziemlich in seinen Federweg ein – hier wäre eine noch straffere Plattform oder gar ein Lockout noch das I-Tüpfelchen.
Somit hat das Enduro 29er schon mal meinen größten potentiellen Kritikpunkt im Ansatz verpuffen lassen – die Uphilleigenschaften.
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Kommen wir zu dem Bereich in dem das SPECIALIZED Enduro 29er sowieso seine Stärken haben soll – der Downhill.
Zuerst mal zum Handling. Es gibt in meiner Umgebung ein paar Abfahrten mit größeren Sprüngen bei denen ich die Testbikes immer erst sehr gut kennen muss, ehe ich sie fahre … beim Enduro 29er war das Kennenlernen bereits nach gut ½ h abgeschlossen und ich bin sofort die ersten Doubles gesprungen. Ja, das Enduro ist eines von den Bikes, auf denen man sich nicht nur sehr schnell sehr wohl fühlt, sondern auch eines, bei dem man sehr bald nach neuen Herausforderungen sucht. Mir jedenfalls ging es so. Im Grunde bin ich ganz froh, dass ich das Bike nur kurz zum Test hatte, sonst wäre ich damit glatt in einen Bikepark gefahren … und hätte dort wahrscheinlich früher meine als die Grenzen des Enduro 29ers gefunden :-).
Einen großen Teil des grandiosen Trailverhaltens spielt ganz sicher die super Geometrie, denn obwohl der L Rahmen eigentlich an der oberen Grenze meines Spektrums liegt (617 mm eff. Oberrohr), war das Bike stets handlich und agil. Es wäre nicht ganz richtig zu sagen, dass das Enduro 29er verspielt sei, aber es ist sicher alles andere als träge. Die Kombination aus langem Hauptrahmen und sehr kurzem Heck lassen ebenso eine aktive Fahrweise zu, wie sie auch genug Stabilität für High-Speed Ritte bietet.
Auch hier darf ich dem CANE CREEK Double Barrel Air CS Dämpfer wieder ein großes Lob aussprechen – denn so satt auf dem Trail und dennoch so sensibel habe ich noch keine Heckfederung erlebt, die sowohl mit großen Schlägen (wie nach einem Sprung ins Flache) als auch echten Rüttelpisten zurecht kommt. Allerdings bin ich dabei vom vorgeschlagenen (und voreingestellten) Base-Tune des Dämpfers etwas abgewichen und habe vor allem die Low-Speed Dämpfung ein paar Clicks weiter aufgemacht.
Zur ROCK SHOX PIKE Gabel mit 160 mm Federweg die wir parallel ja auch am CUBE Tester fahren (hier das Intro dazu), werde ich mich schon bald in Form der ersten Praxiseindrücke äußern, daher halte ich mich erstmal mit Kommentaren zurück. Nur soviel: Sie hat das Bike keineswegs in seiner Performance beeinträchtigt :-).
Was die übrige Ausstattung angeht gab es kaum Beanstandungen: Die AVID Trail World Cup Bremsen (200mm Scheibe vorne und 180mm hinten) waren gleichermaßen kräftig wie dosierbar, die Traverse SL Carbon-Laufräder sehr steif und die SRAM XX1 Schaltung mit ihrem 30er Kettenblatt war auf den heimischen Trails genau richtig abgestimmt. Auch die Command Post mit internen Kabelführung war ein Muster an Funktionalität. Nur die Reifenkombination aus Butcher Control 2.3 vorne und Purgatory Control 2.3 hinten war bei diesem Bike schnell überfordert, wenn die Trails etwas feuchter wurden. Ein Reifen vom Schlage eines SCHWALBE Magic Mary oder die kürzlich getesteten MAXXIS Combo aus Minion DHR und High Roller II wäre hier sicher nicht fehl am Platze.
KURZTEST-FAZIT: Alles in allem ist das SPECIALIZED Enduro 29er eines der Bikes, die neue Dimensionen für 29er erschließen. Es ist erstaunlich gut im Uphill und bringt die 29er Downhillperformance aber auf ein Niveau, das wir bis zu diesem Test noch nicht kannten. Es ist angesichts der Performance ausgesprochen leicht aber in der S-Works Version auch exorbitant teuer. Ein Bike zum Träumen, das es Gott sei Dank auch noch in günstigeren Versionen gibt.
RIDE ON,
c_g