MAGURA eLECT – Fahreindrücke: von c_g

Erst letzte Woche hatten wir von der spannenden Neuheit der elektronischen MAGURA eLECT Dämpfung berichtet (hier) und kurz vor unserer Abreise von dem Presscamp in Sedona, hatte ich die Gelegenheit ein auf eLECT umgerüstetets Bike auf einem bekannten Trail zu fahren … daher noch vor den anderen Neuheiten von MAGURA, hier schon die allerersten Fahreindrücke von eLECT.

Der Umbau selbst ist denkbar einfach: Die bisherige Druckstufenkartusche wird einfach mit dem passenden Werkzeug herausgeschraubt und gegen die eLECT-Einheit ausgetauscht. Nachdem sich alle Bestandteile (Akku, Sensorik/Steuerung und Servomotor) in der kleinen Kartusche befinden ist das eine Sache von wenigen Minuten. Die Umrüstung ist übrigens auch rückwirkend für frühere Federgabel-Modelle von MAGURA möglich.
Natürlich haben wir noch die manuelle Fernbedienung am Lenker montiert – die sich über ANT+ ganz einfach mit der Automatik verbinden lässt … doch dazu später mehr.

Die Kalibrierung des Systems ist ebenfalls denkbar einfach – als Standard stellt man das Bike etwa horizontal und drückt den eLECT-Knopf für 4 sec. Danach stellt sich das System ein und kann der Neigung entsprechend reagieren. Nochmal zur Erinnerung: Das eLECT System arbeitet mit 3D-Neigungsmessung und blockiert beim Bergauffahren die Gabel und gibt sie nach unten wieder frei … vollkommen unabhängig von irgendwelchen anderen Faktoren oder Kräften wie etwa Schlägen oder Auf- und Ab-Bewegung des Fahrers.

Was aber wenn man beim Bergauffahren über Hindernisse rollt? Wie schnell reagiert das System wenn man über eine Kuppe fährt und sofort auf rauhen Untergrund trifft. Irgendwie wollte mir die dem eLECT System zugrundeliegende Philosophie nicht so ganz einleuchten – daher die kurze Probefahrt.

Als Testrunde bot sich der Slim-Shady Trail in Sedona an, der aus einer Reihe von sehr schnellen Auf- und Ab-Wechseln besteht und vor allem die schnelle Reaktion der Gabel testet. Das umgerüstete Bike war ein Carbon-Hardtail eines MAGURA-Technikers mit 100 mm Federweg – genau dem beabsichtigten Einsatzbereich des Systems entsprechend.

     

Anfangs bin ich die Gabel nur im Automatik-Modus gefahren, d. h. die Gabelsensorik entscheidet selbst wann sie schließt oder offen bleibt. Erste Auffälligkeit des Systems: Es fällt, kaum auf. Bei dem kurzen Federweg und der direkten Charakteristik der Gabel waren die Übergänge von offen und geschlossen kaum zu spüren und das ist schon mal eine gute Sache. Wenn man aber aus dem Sattel geht und wirklich auf dem Bike zu arbeiten beginnt, merkt man wie effektiv das System sich auf die Gegebenheiten einstellt. Wiegetrittpassagen werden damit ungeahnt direkt und effektiv und dank der Automatik, bleibt die Gabel für jede noch so kurzen Downhillpassage voll aktiv und zwar anders als z.B. bei dem Terralogic von FOX ganz ohne initialen Schlag um die Dämpfung zu öffnen. Nur bei den zahlreichen Felsstufen in den Uphills zeigte sich dann doch eine spürbare Schwachstelle der Systematik – hier könnte evtl. ein etwas niedrigeres Losbechmoment des Lockouts die gröbsten Schläge abdämpfen.

Überhaupt wirkte es so als wäre die Servoautomatik beim Blockieren etwas langsamer oder zeitlich verzögert – d. h. das Umschalten von Geschlossen zu Offen erfolgt wirklich unmittelbar (Magura gibt 0,2 sec. Reaktionszeit an), während der Wechseln von offen zu geschlossen an meinem Muster immer 1-2 sec gebraucht hat – gerade genug um die Schläge der Bachdurchquerungen und Kompressionen noch abzufedern und dann für den Wiegetritt-Uphill vollkommen ruhig nach oben zu ziehen. Leider konnte ich nicht mehr abklären, ob diese Verzögerung gewollt oder unbeabsichtigt war (während der Einführung wurde sie jedenfalls nie erwähnt) – in der Praxis war sie jedenfalls durchaus positiv.

Den über ANT+ zuschaltbaren Lenkerknopf habe ich ebenfalls benutzt – sobald man ihn drückt, schaltet sich die Einheit ein, koppelt sich mit der eLECT-Steuerung und schaltet diese quasi aus. Von da ab folgt die Gabel strikt den Befehlen de Fahrers – einmal Drücken und die Gabel ist blockiert, noch mal drücken und sie ist offen. Ähnlich anderen manuellen Blockierungen, nur ganz ohne Kabel oder Zügen wie sie alle anderen Systeme noch brauchen. Und obwohl die Kombination sehr sauber und effektiv gearbeitet hat, liegt nach meinem Empfinden die wahre Schönheit des Systems in der Automatik. Daher plant MAGURA die eLECT Dämpfung zuerst auch ohne Fernbedienung auszuliefern, die man dann aber als Zubehör dazu kaufen kann.

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Nach dem ersten Eindruck sticht das eLECT System vor allem durch seine Nutzerfreundlichkeit hervor. Die rückwärtige Kompatibilität, einfacher Einbau und unabhängige Funktion des Systems stechen unter den Konkurrenten wirklich hervor.

Für echte Racer und sicher auch für Singelspeeder dürfte eLECT bereits jetzt eine heiße Option sein. Ich selber bin zwar kein echter Fan von kompletten Lockouts, könnte ich mir aber sehr wohl vorstellen, dass das System mit einem leicht modifizierten Setup (etwa mit einer straffen Plattform anstatt der Blockierung) auch für Trailpiloten und auch langhubige Gabeln sehr wohl interessant sein könnte. Leider bot sich nicht mehr die Gelegenheit die eLECT Kartusche auch in einer MAGURA TS8R mit 120 (oder 140 mm die es auch bald geben wird) einzubauen, denn dort würde das System vor ganz andere Herausforderungen gestellt werden als bei einem 100 mm Hardtail.
Aus meiner Sicht steckt in dem eLECT System ungemein viel Potential, auch wenn diese im bisherigen System nur in Form eines lagegesteuerten An/Aus für kurzhubige Gabeln umgesetzt ist. Man darf also weiterhin gespannt sein, denn die Möglichkeiten sind sehr vielfältig ;-).

RIDE ON,
c_g