SS-LRS – AMERICAN CLASSIC 101 Felgen & SUN RINGLE Dirty Flea: von Grannygear

Auf der letzten Interbike hatte Guitar Ted die Gelegenheit sich mit Bill Shook, dem Präsidenten und Entwickler von AMERICAN CLASSIC über deren 101 MTB-Felgen unterhalten. Dabei handelt es sich um deren erste einzeln verfügbare MTB-Felgen – bisher gab es ja nur Komplettlaufräder von AMERICAN CLASSIC (wie die AC Race 29er Laufräder, die c_g gerade fährt – hier).

Beim Sea Otter´13 hatte ich die Gelegenheit mich noch mal mit Bill zu unterhalten. Hier das Interview:

(Bild von Bill Shook, AMERICAN CLASSIC 2013)

TNI:  Es ist ja eine recht junge Entwicklung bei AC (AMERICAN CLASSIC), dass ihr auch Felgen einzeln anbietet. Warum hab ihr euch dazu entschieden? Ist das evtl. erst der Anfang eines größeren Planes?

AC:  Es waren einfach immer mehr Kunden, die nach Felgen für ihre Custom-Laufräder verlangt haben. Es schient, als würden mehr und mehr Fahrer gerne ihre eigenen Laufräder zusammenstellen und auch bauen wollen. Die Disc 101 ist das erste Modell daraus. Auch sie werden komplett in Eigenregie von AC gefertigt. Aber es ist schon wahr – wir werden das Angebot für 2014 noch erweitern – auf der Eurobike 2013 werden wir neue Felgen, für die Straße und für MTB vorstellen.

TNI:  Ihr glaubt ja schon lange daran, dass Felgen breit und leicht sein sollten. Was sind eure Gründe dafür?

AC:  Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die für breite Felgen sprechen. Breite Felgen bringen bei leichten und schmalen Race-Reifen mehr Luftvolumen, mehr Komfort und einen besseren Grip. Breite Reifen haben zwar von Haus aus ein großes Volumen, sind aber deutlich schwerer und sorgen oft für ein träges Handling. Wenn man einen schmalen, leichten Reifen mit einer breiten Felge „vergrößert“ – erhält man ein Optimum an Performance und Gewicht. Außerdem stabilisieren  breite Felgen den Reifen auch deutlich besser. Mit einer schmalen Felge beginnt ein breiter Reifen schnell zu walken und sich unsicher anzufühlen. Auf einer breiten Felge verbessert man diesen Effekt, verbessert das Handling, die Kontrolle und letztlich auch das Fahrerlebnis. Wenn man das Volumens-Gewichtsverhältnis vergleicht, kommt man mit breiteren Felgen und schmäleren Reifen deutlich günstiger davon als mit schmalen Felgen und breiten Reifen – zugunsten der Beschleunigung und der Geschwindigkeit.

TNI:  Wie schafft ihr es den Kompromiss aus hoher Breite und geringem Gewicht zu optimieren?

AC:  Mein Ansatz ist mathematisch. Ich setzte klar formulierte Ziele, die ich mit meinem Wissen als Ingenieur und modernen Designansätzen umzusetzen versuche. Die Eckpfeiler dabei heißen: Leicht, steif, robust und breit. Und die Disc 101 Felgen sind ein Ergebnis davon.

TNI:  Es fällt auf, dass ihr konsequent auf 32 Loch und 3-fach gekreuzt setzt, sei es bei den Komplettlaufrädern oder auch der 101 Felgen. Wenn man die Mitbewerber anschaut gehen viele bei ihren jüngsten Laufrädern zu 28 oder sogar 24 Loch über. Warum geht ihr diesen scheinbar „konservativen“ Weg?

AC:  3-fach gekreuzte 32 Speichen ergeben eine steifes, leichtes und robustes Laufrad und somit ist das die ideale Kombination mit unseren Felgen. Viele Hersteller reduzieren die Speichenzahl um das Gewicht zu drücken, nehme dabei aber stillschweigend in Kauf, dass sie die Steifigkeit und auch die Haltbarkeit dabei reduzieren. Aus unserer Sicht, muss man diesen Weg nicht gehen, daher bleiben wir bei dem was wir für das Optimum halten.

TNI:  Die Disc 101 Felgen sind schon bemerkenswert leicht … 381 g für die 29er Version … und damit stehen sie im direkten Konkurrenz zur NOTUBE S Crest Felge. Die einzelnen Abmessungen sind ebenfalls vergleichbar, nur dass die 101 mit 18 mm etwas höher baut. Ich selber bin die Crest in verschiedenen Tests schon mehrfach gefahren und fand die Laufräder für meine 85 kg mitunter grenzwertig in der Steifigkeit.  Für wen habt ihr die 101 entwickelt … welchen Fahrertyp, welchen Einsatzbereich, …?

AC:  Die Disc 101 Felgen sind für  Training und Wettkampf im XC- bis Allround-Einsatz gedacht. Ich habe sie für maximale Performance bei einer hohen Haltbarkeit entwickelt, ohne das Gewicht außer Acht zu lassen. Durch ihren speziellen breiten extrudierten Querschnitt ist sie außerdem sehr steif. Die Disc 101 vereint alles was man als XC-Fahrer, Allroundbiker braucht, bringt die komplette Fülle an AC Technologien auf den Tisch und das zu einem sehr guten Preis. Eine Fahrt damit und du weißt wovon ich spreche.

TNI:  In unserem Laufradbau haben wir ja gemeinsam besprochen, was ich möchte und nach meinen Angaben eine gute Kombination für die AC Disc 101 ja mit SS-Naben gefunden. Wie kommt aber ein normaler Kunde zu einer so fundierten Entscheidung? Woher weiß der was auf ihn passt?

AC:  Das ist eine interessante Frage aber leider muss ich die hier unbeantwortet lassen, denn letztlich entschiedet bei jedem Customaufbau der Fahrer und/oder der Laufradbauer welche Naben, Speichen, Nippel und Konstruktion er für die am besten geeignete hält. Wenn der Fahrer/Laufradbauer uns kontaktiert und unsere Disc 101 verbauen will, helfen wir natürlich gerne dabei zu einer ebenso guten Kombination zu kommen. Wir freuen uns etwas von unserer Erfahrung mit den Kunden teilen zu können.

TNI:  zum Thema „Schlauchlos“ oder „tubeless ready“. Was stellt ihr an um eure Felgen auch hier zu Top-Performern zu machen? Ich finde dass aktuell so viele Standards herumschwirren, dass der Kunde es oft wirklich schwer hat eine gute Kombination zu finden .. oft passen die Reifen nicht auf die Felgen … usw.

AC:  Ich habe alle unsere AC-Felgen mit einer speziellen Wulst auf der Innenseite der Felgenschulter versehen. Wenn der Reifen einmal durch den Reifendruck drüber geht, rastet er förmlich auf der Felgenschulter ein. Damit zentriert sich der reifen selber, bildet einen sehr engen und sicheren Kontakt zur Felge aus und lässt sich ohne jede Gefahr von Luftverlusten oder heraustretender Dichtlösung fahren.
Auf der anderen Seite treten gerade bei der Reifenherstellung große Toleranzen auf, die sich auch bei einer guten Qualitätskontrolle nur schwer vermeiden lassen. Eine Felge kann man sehr gut einspannen und vermessen, Reifen dagegen nicht und daher liegt die Schuld nicht nur auf der Seite der Felgenhersteller.
Auf unseren Felgen funktionieren die meisten tubeless ready Reifen sehr gut. UST-Reifen kann ich nicht empfehlen – die sind zu schwer, störrisch und schwer zu montieren.
Außerdem haben wir einen sehr gute Anleitung zur Schlauchlos-Montage auf unserer Hilfe-Seite. Wer den dort angegebenen Hinweisen folgt, sollte keine Probleme bei der Schlauchlos-Montage und Umsetzung haben.

TNI:  Hast du Ideen dazu, wohin sich MTB Laufräder in der Zukunft hin entwickeln werden? Sind wir zum Beispiel nicht schon lange überfällig was zum Beispiel einen neuen, breiteren VR-Nabenstandard angeht .. für noch steifere Laufräder. Wie wird sich Carbon als Werkstoff für Felgen in Zukunft machen. Werden die Kosten hierfür sinken? Wie wird das typische MTB-Laufrad in 5 Jahren aussehen?

AC:  Die VR-Nabe noch breiter zu machen halte ich für nicht sinnvoll. Wenn man die Nabenflansche weiter auseinander setzt – werden die Seitenkräfte auf die Felgen größer, dabei bringen die radialen Kräfte dem Laufrad in Sachen Steifigkeit und Haltbarkeit viel mehr. Das schnellste Laufrad hat die leichtesten Felgen und Reifen, die dem Anwendungsbereich angemessen sind. Wenn ein Laufrad superleicht ist, aber nichts aushält, taugt es nicht viel. Wenn man die Seitenkräfte auf eine Felge durch weiter auseinander stehende Speichen erhöht, muss man die Felge verstärken und das bedeutet mehr Gewicht. Darin sehe ich keinen Vorteil.
Carbon ist nicht das ideale Material wenn es um Schlagresistenz geht. Außerdem sollte man Carbon nicht bis ans Limit ausreizen, da es katastrophal und nicht allmählich versagt. Wenn man eine Carbonfelge so baut, dass sie solche Defekte komplett umgeht, ist sie in etwa genauso schwer, wie eine Alu-Felge. Aluminium kann und darf man viel näher am Belastungslimit bauen weil sie sich zuerst verformen ehe sie brechen. Wo liegt dann also der Sinn darin Unsummern für eine Felge zu zahlen, die keine echten Vorteile gegenüber einer Alu-Felge hat. Vielleicht entwickelt man in Zukunft etwas um dem entegegen zu wirken – etwa eine neue Materialmixtur … Ach ja, der Preis für Carbonbauteile wird sich nur wenig nach unten ändern.
In 5 Jahren könnte ich mir vorstellen, dass man noch breitere Felgen fährt, dafür aber schmälere Reifen. Mit einer 32 mm breiten Felge kann es zum Beispiel wieder richtig Sinn machen 1,65“ oder 1,75“ Reifen zu fahren. Somit hat man ein etwa gleiches Volumen wie jetzt, aber eine deutlich niedrigere rotierende Masse .. und die bestimmt die Performance. Evtl. tut sich auch was bei den Alu-Legierungen. Wer weiß :-).

Meine beiden Testmuster der Disc 101 Felgen wogen  je 380 & 383 g .. genau wie angegeben. Auf den ersten Blick wirken sie als, wäre der zentrale Kanal etwas tiefer wäre, als bei den anderen AC Felgen. Zur Schlauchlos-Montage habe ich gleich das spezielle Abdichttape und Alu-Ventil von AMERICAN CLASSIC genommen. Das Ventil macht einen sehr guten Eindruck, aber das honigfarbene Tape ist etwas eigen. Das besondere ist, dass es ohne Spannung zu verlegen ist. Mir ist es beim ersten Versuch unter Zug gerissen. Am besten legt man es einfach nur sachte auf und drückt es danach flächig an.

Mir ist die AC 101 Disc Felge ein wenig zu zurückhaltend, aber besser zu dezent als zu auffällig, oder?

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Als Naben habe ich mich für die SUN RINGLE Dirty Flea SS entschieden.

Hier die Specs der HR-Nabe:

  • Nabenkörper: 6061 T6 Alu
  • Achse: 7075 T6 Alu
  • Vier Gedichtete Industrielager
  • 10 mm Steckachse (eigene Endkappen für Schnellspanner erhältlich)
  • inkl. Lock Ring
  • 28 oder 32 Loch
  • 335 g (ohne Schrauben, 395 g mit)

  

Die VR-Nabe kommt in der 15 mm Version auf 172 g und die HR-Achse auf  398 g. Die Schrauben sind sehr vertrauenserweckend und bei 29 g je Schraube sollten sie das auch sein.

Ich habe mich Scott Boyd von SUN RINGLE über die überarbeiteten Naben unterhalten.

Die Dirty Flea Single Speed Naben sind komplett neu. Mit dem Wissen, dass der Singlespeed- Fahrer mehr Druck auf die Pedale bringt, sind der Freilauf und die Achse besonders robust ausgeglegt. Hier sind unsere Änderungen:

  • Besonders robuste 6902 Industreilager – 2 in der nabe und 2 im Freilaufkörper.
  • 15 mm Achse für mehr Robustheit und Steifigkeit.
  • Große Schrauben um die Verbindung zum Rahmen zu optimieren. Genauso schwer oder leicht, wie normale Schnellspanner aber viel haltbarer.
  • Der Freilaufkörper ist so ausgeglegt, dass man die Kettenlinie sehr gut einstellen und ihn auch mit einem Riemenantrieb nutzen kann.
  • Großer Flanschabstand für einen nahezu geiche Speichenspannung.
  • Kompatibel für 142×12 Achsen durch Austausch der Endkappen
  • Der Lock-Ring für den Freilauf ist gleich dabei.

Die Naben sind sicher nicht die leichtesten, aber unter den SS-Naben mit Freilaufkörper findet man nicht viele, die mit 142×12 Achsen kompatibel sind.

Im ersten Eindruck ist der Freilauf etwas schwergängig, wobei SUN RINGLE angibt, dass sie eines der am leichtesten laufenden naben auf dem Markt wären. Wir werden sehen. Der Freilauf hat ca. 15° Leerweg, wobei es auch hierzu ein schnelleres Upgrade geben soll. Außerdem sind sie ziemlich leise.

Wir haben DT-SWISS Comp Speichen und Alu-Nippel für den Aufbau gewählt. Unser Tester Jeff J hat die Laufräder gebaut und sagte, dass alles sehr gut ging. Das 15 mm VR kam mit 767 g und das HR mit 997 g raus – zusammen 1764 g.  Kein Suer-Leichtbau, aber mit den leichten Felgen und dem Extra-Gewicht in den Naben sollte es sich sehr gut beschleunigen lassen.

Am welches Bike werden wir die Laufräder montieren?. Nun wir werden schon bald einen spannenden Stahlrahmen bekommen. Bald mehr hierzu.

Grannygear