GIANT XTC Composite 1 29er – Testfazit: von Thomas Hebestreit

Knapp zwei Monate bewegen wir das Giant XTC Composite 29er 1 mittlerweile auf den dank des jüngsten Wintereinbruchs „hochalpin anmutenden“ Berliner Trails. Nach vielen Testfahrten bei ganz unterschiedlichen Bedingungen  – von Matsch bis tiefgefrorenem Untergrund, von 30 cm Pulverschnee bis Schneematsch – können wir am Bike klare Stärken, aber auch einige Schwächen ausmachen. Hier also der zusammenfassende Abschlusseindruck:

Aus unserer Sicht lässt sich das Gesamtpaket GIANT XTC Composite 1 29er (Testintro mit allen Details hier) am ehesten in zwei Teilen betrachten. Unsere Kritikpunkte betreffen beinahe ausnahmslos die Laufräder. Über das hohe Gewicht des Hinterrades schrieben wir bereits im Zwischenbericht (hier) und daran hat sich wenig geändert – ihr hohes Gewicht beeinträchtigen einmal die Beschleunigung und dann auch noch das Lenkverhalten bei höheren Geschwindigkeiten – hier verliert es spürbar an Agilität und neigt zum stoischen Geradeauslauf.

Dazu kommt eine spürbar nachlassende Speichenspannung bereits nach den ersten Fahrten. Es ist nicht ungewöhnlich, dass neue Laufräder nach den ersten Fahrten nochmals zentriert werden müssen, um die Speichenspannung wieder auf gewünschtes Niveau zu bringen; vor allem bei maschinell gefertigten Modellen der Fall, die nicht mehrmals vom versierten Laufradbauer per Hand abgedrückt worden sind. Am XTC-Hinterrad ließ die Speichenspannung definitiv  zu schnell zu gesehr nach – und das bei einem Testfahrer von maximal 76 Kilogramm. Beim Nachzentrieren warfen wir auch einen Blick auf die Naben und deren Lagerungen. Der beteiligte Mechaniker wußte von schnell verschlissenen Lagern an preiswerteren Giant-Systemlaufrädern zu berichten – an unserem Testmodell funktionierte jedoch alles tadellos und zeigte auch beim Testabschluss keine erkennbaren Defizite. Am Vorderrad fiel das Nachlassen der Speichenspannung deutlich geringer.

–> Unser Urteil zu den Laufrädern lautet also: Für Gelegenheitsfahrer ist der Laufradsatz okay, Fahrer mit Ambitionen sollten aber zumindest für den Renneinsatz umrüsten. Schade eigentlich, sollte doch das XTC Composite 1 das Top-Modell der Reihe sein – hier hilft also nur ein frühes Nachzentrieren und für ambitionierte Fahrer am besten gleich ein Laufradupgrade.

Mit dem oben gesagten ist klar, warum die Laufräder einfach nicht so recht zum Rest des Bikes passen wollen.

Der hochwertige Rahmen zeigte sich nämlich von einer sehr guten Seite – steif, vortriebsstark und leicht.

Die Geometrie  ist schön ausgewogen und vermittelt von Trailheizereien über Langstreckentouren bis hin zu Marathons viel Spaß und Sicherheit – die Sitzposition und Effizienz ließen keinen Raum für Kritik. In der letzten Testphase drehten wir den werkseitig positiv montierten Vorbau um. Das gibt dem Bike gefühlt einen rennmäßigeren Charakter und schreckt so auch ein XC-Rennen mit Hobbyfahrer-Ambitionen nicht.

Ein Supersportler wird dennoch nicht daraus, auch wenn das Bike in Agilität und Wendigkeit durchaus mit anderen doppelt so teuren Bikes mithalten könnte. Dazu sind die Laufräder definitiv zu schwer, außerdem fehlt mir hierzu der Lock-out an der Federgabel. Als großer Fan von schnell blockierbaren Federungen, vermisste ich den allerdings nicht so oft wie erwarte – primär weil die Zielsprints in den verschneiten Winterwäldern ausfallen mussten. Die Gabel arbeitet aktiv aber nicht übersensibel, genau passend zum Charakter des Hardtails. Richtig abgestimmt kommt sie auch an ambitioniert gefahrenen Anstiegen (Wiegetritt) selbst im offenen Zustand nicht zu sehr aus der Ruhe, falls doch, wartet die zuschaltbare Plattformdämpfung auf ihren Einsatz.

      

Der XT-Antrieb arbeitete die gesamte Testphase hinüber einwandfrei – hier keinerlei Kritikpunkte (außer evtl. dem Gewicht, das für einen Racer natürlich immer noch niedriger sein soll 😉 .. aber mal ernsthaft – für den VK von € 2399.- ging die Ausstattung angesichts des tollen Rahmens schon in Ordnung). In den gesamten 2 Monaten und durch wirklich miese Verhältnisse hindurch war keine Justage der Schaltung nötig. Außerdem bewiesen die SHIMANO SLX Bremsen wieder einmal ihre beeindruckende Bremskraft und ausgezeichnete Dosierbarkeit. Die 180er Bremsscheibe am Vorderrad sorgt zusätzlich für viel Verzögerungsleistung (für mich mehr als nötig, aber das kann man wahrlich nicht als Kritik anführen). Die Sattel- und Sattelstützklemmung blieben trotz Dauerbeschuss mit nassem Bodenmaterial durchweg geräuschfrei. Lenker und Vorbau zeigten sich steif, selbst bei hartnäckigem Ziehen an Anstiegen behielten beide weitestgehend die Form. Die Übersetzung passt ebenfalls gut.

Noch ein Wort zur Overdrive2-Technologie die man exklusiv an Giant Bikes findet. Das konische Steuerrohr mit  1 ½ Zoll unten und 1 1/4 Zoll oben  kam erstmals 2006 an Giants Modell „Glory“ zum Einsatz und ist inzwischen in der zweiten Generation. Die Taiwanesen versprechen mit dem Schritt 30% mehr Steifigkeit im Lenkkopfbereich … sowas kann natürlich nicht schaden, ob das Bike aber wirklich vorne steifer ist, als andere Bikes mit einem tapered Steuerrohr konnte ich jedenfalls nicht feststellen – dafür bräuchte es wohl stärkere und schwerere Fahrer.


FAZIT
: Das Giant XTC Composite 29er 1 ist ein sportliches Bike mit Top-Carbonrahmen, das einen breiten Einsatzbereich abdeckt – ein Bike mit Renngenen, dies nur wegen der sehr schweren Laufräder nicht ganz ausleben kann.

Wer preislich nicht so hoch einsteigen will, findet mit diesem Bike einen guten Einstieg – Aufrüsten mit leichteren Komponenten und Laufrädern lohnt sich bei diesem Top-Rahmen allemal. Mit einem leichteren Laufradsatz kann man Einsatzbereich noch deutlich Richtung Marathon/CC optimiert werden. Im Serientrimm zeigt das Giant XTC Composite 1 seine Stärken auf langen Touren und als wendige Trailmaschine.

Nächste Woche dann schon das Intro des nächsten Race 29er Hardtails bei mir im Test.

Thomas Hebestreit