SPECIALIZED Stumpjumper Carbon 29 SS – Zwischenbericht: von Grannygear
Mittlerweile habe ich ein paar Meilen und Stunden mit dem SPECIALIZED Stumpjumper Carbon SS hinter mir und es ist an der Zeit für die ersten Eindrücke. Mit gerade mal 10,5 kg (inkl. Pedale) ist es recht leicht … auch wenn der Rahmen weiß Gott nicht der leichteste seines Genres ist. Es kommt definitiv nicht an die Gewichtsklasse eines S-Works (Rahmens, aber der ist halt geschaltet und neben der größeren Steifigkeit zieren ihn vor allem die schönen verschiebbaren Alu-Ausfallenden, die sich ein paar Gramm zusätzlich auf die Waage bringen.
Am Anfang wollte ich das Stumpy in dem identischen Trimm fahren, wie damals das Carve SS Pro – schließlich wollte ich doch die beiden Rahmen gegeneinander vergleichen. Als erstes fällt beim Stumpy SS auf, wie unglaublich weich es sich fährt und dass es klar auf mehr Leistung an den Tag legt. Ohne Zweifel ist es eines der sanftest fahrenden Bikes, und obwohl der Eindruck durch unterschiedliche Laufräder, Gabel und Reifen beeinflusst wird, glaube ich, dass es an dem Punkt voll und ganz mit dem SPOT BRAND Rocker Ti konkurrieren könnte – und das sowohl stehend, wie auch sitzend. Dabei hilft die 27,2 mm Carbonsattelstütze genauso, wie der wunderbar komfortable WTB Volt Sattel. Überhaupt ist es super, dass das Bike mit 27,2 Sattelstützmaß kommt, obwohl man doch beim SS-Fahren ohnehin mehr im Stehen fährt. Und der WTB Volt ist neben meinem Pure V, der bisher beste Sattel, den ich kenne.
Das Cockpit vorne war ebenfalls extrem steif und der 740 mm Lenker hilft dabei auch im grenzwertigen Wiegetritt noch das maximale aus dem Bike herauszuholen. Allerdings war die Kombo auch etwas zu weit für enge Kehren mit großem Lenkereinschlag. Mit dem 100 mm Vorbau und der geraden Sattelstütze ergibt sich eine etwas frontlastige Sitzposition , die aber doch zu der sportlichen Auslegung des Stumpjumpers passt. Es ist nun mal ein Bike, das für den aggressiven Einsatz und den erfahrenen fahrer ausgegelt ist und kein gutmütiger Allrounder … ein Bike, das schnell und im Rennstil gefahren werden will. Mit hat die leicht frontlastige Position gut gefallen. Zudem blieb das Handling dadurch superpräzise und schnell. Dennoch habe ich beim Umbau auf eine andere Gabel noch einen 10 mm Spacer unter den Vorbau gesetzt um zu sehen, wie sich das Bike dadurch verändern würde. Dadurch hat sich meine Position ein wenig aufrechter gestaltet ohne die Lenkung wirklich zu beeinflussen.
OK .. raus auf die Trails. Das allererste, was mir aufgefallen ist, war dass das Stumpy Carbon SS im Wiegetritt gar nicht so spritzig vorangestürmt ist, wie ich erwartet hätte. Ich stellte mir sogar die Frage ob es überhaupt sportlicher wäre, als das Carve SS. Gegenüber dem NINER AIR9 fühlte es sich auf jeden Fall nachgiebiger an. Trotzdem war schnell klar, dass ich mindestens genauso schnell unterwegs war. Wie mit den vorher genannten …. oft sogar noch im Sitzen fahrend, wo ich mit den anderen bereits im Wiegetritt unterwegs war. Offensichtlich war da irgendwas anders. Ob es die ca. 500 g an Gewichtsersparnis waren? . Vielleicht, aber im laufe der zeit kam mir die Erkenntnis, dass es wohl eher die deutlich bessere Eigendämpfung des Carbon SS war, die mir gleichzeitig mehr Speed und das Gefühl von weniger Belastung gab. Aus meiner Sicht sollte die maximale Steifigkeit nicht ganz vorne im Lastenheft stehen (obwohl manche Medien uns das heute glauben machen möchten J). Jeder fordert die maximale Steifigkeit bei geringst möglichem Gewicht – steifer Tretlagerbereich, maximale Lenkpräzision, direktes Heck, und so weiter. Erst vor kurzem feierte die Erkenntnis ihren Einzug, dass eine gute Dämpfung an den richtigen Stellen sehr wohl dafür sorgen könnte schneller und entspannter zu werden. Aber wer kann das noch wirklich im Praxiseinsatz differenzieren? Wenn man mit dem Bike fährt wirken einen Vielzahl von Kräften auf das Bike und den Fahrer ein – und die wirklich qualitativ zu bewerten ist extrem schwer. Daher machen wir bei twentynineinches eben auch keine Steifigkeitsmessungen oder Steifigkeits-zu-Gewichts-Quotienten, sondern verlassen uns auf das wohl senisbelste und differenzierteste Messinstrument überhaupt – unseren Körper, der durch zahllose Tests zusätzlich sensibilisiert ist.
Doch jeder hat seinen Fahrstil, sein Gelände und seinen Vorlieben und da wird´s spannend. Als ich zum Beispiel vor kurzem das NINER AIR9 im Test hatte, fand ich dessen Lenkpräzision und Vortrieb genial, kämpfte aber mit dessen Härte, die im ruppigen Gelände gebändigt werden musste. Mein Co-Tester Jeff J dagegen, ein wirklich großer Mann mit gut 120 kg – fand es das beste Hardtail, das er je gefahren hat. Ich würde das AIR9 nie freiwillig für ein Ausdauerrennen oder 24h Solo nehmen, das Stumpy Carbon SS dagegen wäre (aus meiner Sicht) geradezu ideal für so was. Lange Rede kurzer Sinn: Auch wenn der Carbonrahmen des Stumpy SS sicher nicht zu den steifsten seiner klasse gehört, bietet der Rahmen eine derart tolle Eigendämpfung, dass es sich selbst im ruppigen Gelände lange komfortabel fahren lässt. Nachdem ich keinerlei Flex im Tretlagerbereich feststellen konnte, nehme ich an, dass der Komfort in erster Linie vom Heck kommt – dem Sattelrohr, Sattelstütze und den Sitzstreben. Ich glaube hierin liegt auch das Geheimnis des Bikes – es fühlt sich zwar nicht so an, aber tatsächlich bin ich damit schneller als mit den meisten anderen „steiferen“ Rahmen. Ob Jeff J das gleiche über das Stumpy sagen würde? Wahrscheinlich nicht. Ich glaube für wirklich starke und schwere Jungs gibt es besser geeignete Bikes.
Ok… mit der Vorrede, hat sich das Stumpjumper Carbon SS für mich wirklich bestens bewährt … und wurde sogar noch besser, als ich die Gabel gegen eine 2012er ROCKSHOX SID World Cup Gabel mit 15mm Maxle Lite und Carbon-Kronen/Schafteinheit getauscht habe. Der Motion Control RCT3 Dämpfer den es 2012 noch gab und die Dual Air Luftfeder sind einfach genial. Ich finde es chade, dass ROCK SHOX für 2013 Dual Air gestrichen hat und man nur noch die Positiv-Luftfeder einstellen kann. Dier echte Knüller an der Gabel ist aber die LSC („Low Speed Compression“) Einstellung. Ich kann zwar mit der 3-stufigen Einstellung des RCT3 oder FOX CTD leben, mag aber die Möglichkeiten von 8 Klicks deutlich lieber. Ich fahre die SID zu 90% der Zeit in der mittleren Plattformeinstellung und habe die LSC-Einstellung 2 Klicks geschlossen. Damit bleibt die Gabel komplett ruhig im Wiegetritt, arbeitet aber dennoch effizeint über den gesamten Federweg mit einem straffen Federungsfeeling. Perfekt für das was ich von einem Singlespeed-Bik erwarte. Wenn ich die LSC ganz aufmache fühlt sie sich schön sanftan ohne in Stufen zu weit einzutauchen.
Allgemein sagt man, dass die Carbon Schaft-Krone etwas weniger steif wäre als das Alu-Pendant, aber für mich war das nicht spürbar. Außerdem ist sie beinahe 300 g leichter, als die FOX F29, die sie ersetzt hat.
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Zwischenfazit: Was mag ich bisher an dem SPECIALIZED Stumpyumper Carbon SS? So ziemlich alles!! Ich kann bisher noch keine echten Schwächen ausmachen – die Slider-Ausfallenden funktionieren tadellos, der Fahrkomfort ist genial. Das Handling ist aggressiv und doch sicher und es fährt sich pfeilschnell für einen Mittelgewichtler wie mich. Wenn ich mit einem SS-Bike für ein Ausdauerrennen antreten würde – momentan würde meine Wahl wohl auf dieses Bike fallen.
Mehr zu diesem Bike in Bälde,
Grannygear