SURLY Krampus – Zwischenstand: von c_g 

So, das SURLY Krampus, das erste Bike auf Basis der 29+ Plattform hat nun so manchen Trailkilometer hinter sich  und wir haben genug mit dem experimentiert um zu wissen was wie wo funktioniert.

Zur Vorstellung des Bikes mit alle seinen Spezifikationen und einigen Gewichten findet ihr hier. Guitar Teds Eindrücke vom Demo Day auf der Interbike findet ihr hier.

Gegenüber der bereits beschriebenen Ausstattung wurden die Sattelstütze und mit ihr der Sattel gleich am Anfang getauscht (die 350 mm Serien-Stütze war einfach nicht lang genug) und die vordere Scheibe auf 180 mm umgerüstet (hier hat uns die 160er einfach nicht genug Bremskraft geboten).

Zuerst einmal ein paar spezielle Beobachtungen zum Krampus:

  • Die offiziell in den Unterlagen kommunizierte Kettenstrebenlänge von 446 ist mit ganz nach vorne gerutschter Nabe zwar realisierbar, ist in der Kombination aus Knard 3,0“ Reifen und Rabbit Hole Felge aber nicht schleiffrei fahrbar. Unser Testbike brauchte mindestens 453 mm damit die Reifen stets frei laufen, dank der horizontalen Ausfallenden und des Spanner auf beiden Seiten kein Thema, aber wichtig zu wissen.
  • Wie nicht anders zu erwarten brauchte es etwas herumprobieren ehe wir den Luftdruck der Knards eingestellt hatten. Als ungedämpfte „Federung“ sind die Reifen recht sensibel gegenüber Luftdruckänderungen – bei zu hohen Drücken leidet die Dämpfung und das Bike neigt zum Springen, bei zu niedrigen reagiert das Bike träge und leidet unter ständigen Durchschlägen. Für unsere 85-90 kg (mit Kleidung und Gepäck) fanden wir je nach Gelände 0,75 bis 0,85 bar als den Idealbereich.

Echte Fahreindrücke:
Die erste Runde mit dem Krampus führte uns über eine paar Kilometer Asphaltzufahrt und man merkt zwar, dass man sich auf einem großen Bike befindet,  ein träges oder gar langweiliges Handling war jedoch nie präsent. An sich fuhr sich das Krampus wie ein etwas schwer geratenes 29er-Starrbike, nicht viel mehr oder weniger. Liest sich lapidar, war für uns aber eine echte Überraschung.

Die Sache mit dem Großen Bike hat sich aber sehr schnell gelegt, als wir die Armaturen am 780 mm breite SALSA Whammy Lenker etwas nach innen verlegt hatten (resultierende Lenkerbreite etwa 720 mm) – plötzlich war das Krampus handliche wie viele andere gute 29er Bikes.
Erst auf dem Trail kommt der große AHA-Effekt der großen Reifen und wie sie kleinere Vibrationen und Unebenheiten förmlich verschlucken (den passenden Luftdruck vorausgesetzt J). Man scheint förmlich zu schweben und fragt, warum sich nicht jedes Bike so sanft fährt – eine Gefühl ähnlich dem das wir alle kennen, wenn wir uns an den Unstieg von 26“ auf den 29er erinnern.

Erst die ersten größeren Wurzeln holten mich schnell in die Realität zurück und zeigen deutlich, dass das Krampus doch ein Starrbike ist, aber eben eines mit viel „Float“. Bis zu einer gewissen Stoß-Amplitude federn/dämpfen die Reifen genial, jenseits davon braucht man eine starrbike-typisch aktive Fahrweise um das Bike auch bei Speed noch sauber zu kontrollieren. Mit einem Hardtail oder gar Shortravel-Fully darf man das Fahrgefühl nicht vergleichen – beide sind dem Krampus im groben Gelände überlegen.
Hat man sich aber erstmal das Fahren mit dem Krampus verinnerlicht – was ein wenig Umgewöhnung erfordern kann – dann gibt sich das Krampus als Spaßgarant in fast allen Lagen.  Unser Tester martinoo, der überwiegend starr unterwegs ist, fand sich auf dem Krampus sofort zuhause und ist mit dem Bike die Trails gerockt, als wäre Federung wirklich nur was für „Weicheier“.

Das Handling des SURLY Krampus ist unauffällig wie wir es von einem so „andersartigen“ Bike nicht erwartet hätten – bei einem „Blind-Test“ würden wir sein Handling kaum von einem klassischen 29er unterschieden können. Lediglich die stärker stabilisierenden Laufräder (weil größer und schwerer) geben dem Bike bei Highspeed eine etwas höhere Laufruhe als gewohnt.

Der Rahmen ist stahl-typisch nicht der steifste, aber im Fahrbetrieb alles andere als weich – der Hinterbau ist sehr direkt ohne harsch zu wirken und der leichte Flex im Steuerkopf macht sich beim Fahren nicht negativ bemerkbar. Soweit das bei dem Dämpfungsverhalten der Reifen zu separieren ist, würden wir sagen ein klassischer, guter Stahlrahmen ohne besondere Eigenheiten.

Von dem sehr leichten FELT Edict Nine (Abschlussbericht hier) kommend und in letzter Zeit meist mit leichteren 29er Laufrädern unterwegs, fand ich anfangs das Gewicht und die Beschleunigung des Krampus als ungewohnt, habe mich aber recht schnell damit arrangiert. Als  performanceorientierte Racefeile sollte man das Krampus nicht verstehen ;-).

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Kommen wir zum zweiten Herzstück des Krampus – den Laufrädern. Die überdimensionalen Knard 3,0“ Reifen und Rabbit Hole Felgen mögen zwar schwer sein (1150 g in der 27 TPI-Version, plus 400 g für den Schlauch, keine separaten Felgengewichte) und dementsprechend träge zu beschleunigen sein, aber wenn man darüber hinweg sieht, geben sie eine sehr gute Figur ab.
Die Reifen rollen ungemein sanft (ich sehe den Knard immer als übergroßen Racing Ralph), bieten aufgrund der großen Kontaktfläche eine sagenhafte Traktion und sehen darüber hinaus auch noch richtig cool aus. Bisher war es überwiegend trocken und die Nassperformance der Knards ist noch offen, aber es zeichnet sich schon ab, dass sich mit dem 3″ ganz neue Dimensionen der Gelassenheit auch in kniffligen Passagen eröffnen.

Anstiege, die sonst an der Grenze der Fahrbarkeit lagen, wurden lediglich wegen der 1×10 Übersetzung zur Herausforderung. Die lange Geometrie und das hohe Gewicht tun ihr weiteres, damit das Bike in Steilanstiegen förmlich am Boden klebt. Auch im Downhill hatten wir stets eine super Kontrolle und Bremstraktion – solange die Geschwindigkeit angepasst blieb, denn sonst kann einen die „ungedämpfte Federung“ auch schnell mal aus der Bahn katapultieren. Lediglich bei tiefen, schmierigen Böden neigt der Knard zum seitlichen Wegschmieren – angesichts des niedrigen Profils aber bemerkenswert spät.

ZWISCHENFAZIT:
Bisher hat uns das SURLY Krampus sehr positiv überrascht. Es präsentiert sich uns als ein Starrbike mit einem ausgewogenen und gutmütigen Handling: Genau wie angekündigt verstehen wir das SURLY Karmpus weniger als Fatbike mit im 29er Format, sondern als 29er mit besonders breiten Reifen.

Die voluminösen Reifen erzeugen eine sagenhafte Traktion, tollen Komfort bei kleineren und mittleren Unebenheiten und eine pauschale Gutmütigkeit, die man erlebt haben muss um sie zu begreifen. Wir haben noch etwas Zeit auf dem Bike und werden das Krampus auch aus anderen „Blickwinkeln“ anschauen. Bald mehr darüber.

RIDE ON,
c_g