EINHORN „Endurance“ 29er – Kurztest: von c_g

„Klein aber fein“ – das will EINHORN mit seinen Bikes sein. Wer sich unter fachkundiger Beratung aktiver Sportler sein bis ins Detail individuelles Bike aufbauen lassen will, ist bei EINHORN (www.einhornbikes.de) an der richtigen Adresse. Die noch sehr junge Marke aus dem bayerischen Voralpenraum ist aus Begeisterung am Bikesport heraus geboren worden. Hier wird keine Stangenware verkauft, sondern jeder Rahmen individuell auf die Anforderungen des zukünftigen Besitzers hin ausgelegt und mit den für den geplanten Einsatzzweck optimalen Komponenten bestückt. – jedes Bike ein Unikat und daher gibt es auch keine Typbezeichnungen sondern nur die fortlaufenden Produktionsnummern. Gefertigt werden die Rahmen bei speziell ausgewählten Rahmenbauern in den drei Geschmacksrichtungen, Stahl, Alu und Titan.

Wir haben den Inhaber Christoph Lindner getroffen, der uns sein privates Bike (ein Alu 29er mit der Nr. 55) zur Verfügung gestellt hat. Das Bike trägt den Beinamen „Endurance“ und deutet damit auf Christophs Liebe zum Adventure-Racing hin auf das das „55“ speziell ausgerichtet ist – ein Team-Extremsport bei dem eine gewisse Distanz (alles von wenigen Kilometern in ein paar Stunden bis hin zu Rennen über 48 h) im Team zurückgelegt werden muss und zwar in verschiedenen Disziplinen zu Land, zu Wasser (und wenn man das Abseilen dazuzählt – auch in der Luft). Das Bike war gerade erst von einem 36 h Einsatz in Slowenien zurückgekehrt.
Hier ein paar Details zum EINHORN 55 „endurance“ 29er:

Der EINHORN Maßrahmen des „55 – Endurance“ ist aus Dedacciai Force Aluminium-Rohren gefertigt(Rohgewicht 1565g), in Signalgrün pulverbeschichtet (der „einhorn“-Schriftzug ist ausgespart und daher Alu-Roh. Der Rohrsatz weist ein auffällig trapezoides Ober- und Unterrohr auf, und wunderschön geschwungene Sitz- und Kettenstreben. Neben dem semi-itegrierten Steuersatz (in 1 1/8“) ist der Rahmen dezent konservativ mit seinem BSA Tretlager, IS Bremssocken und einer Schnellspannachse ausgestattet. Selbst die Züge sind unter dem Oberrohr verlegten.

Dabei hat sich die Mannschaft von Einhorn sehr wohl Gedanken über die Standards und Ausführungen gemacht: Auf BSA setzt man wegen der höheren Servicefreundlichkeit und bewährten Langlebigkeit, Konische Steuerrohre nimmt man nur, wenn es mit dem gewählten Rohrastz auch wirklich Vorteile in der Steifigkeit bietet, PM-Sockel vermeidet man weil die Gewinde im Alu-Rahmen nicht unproblematisch sind, die Schaltzüge werden im Blick den geringstmöglichen Biegungen verlegt (daher am Oberrohr) und da man grundsätzlich gekapselte GORE Ride-On Züge verbaut, eben auch gerne mit unterbrochenen Hüllen. (… usw.) Im Gespräch merkt man, dass sich Einhorn sehr wohl Gedanken um solche Dinge macht, aber bewusst nicht Trends folgt, sondern Technologien hinterfragt und nur dann anwendet, wenn für das geplante Anwendungsprofil wirklich Vorteile daraus entstehen.
An Steifigkeit mangelte es dem Bike auch nicht, eher das Gegenteil und ich hätte mir angesichts des sehr direkten Hinterbaus gelegentlich eine besser dämpfende 27,2er Stütze gewünscht.


Bei den Komponenten stand angesichts des Einsatzzwecks klar die Funktionalität und Haltbarkeit im Vordergrund. Vorne federt eine Manitou Tower Pro (100mm, Schnellspanner), eine komplette Shimano XTR mit Gore Ride-On Kabeln übernimmt den Antrieb, mit unglaublich weichen und schnelle Schaltvorgängen. Gebremst wird mit einer ebenso starken wie leichten Hope Race X2 Evo Bremsanalge und 180 mm Scheiben vorne wie hinten (Christophs Lieblinge). Die Laufräder sind eine interessante Kombination aus den super robusten Hope Pro II Evo Naben, SAPIM Race (2,0 -1,8) Speichen und den leichten FRM 333  29er Felgen (der LRS soll 1665 g wiegen). Abgerundet wird das Paket mit ANSWER & Thomson Elite Anbauteilen, sowie Ergon GX2 Griffen und SM3 Pro Sattel. Interessant war, wie der sehr gerade wirkende ERGON Sattel mich (der ich eher „Bananane-Sättel“ bevorzuge) mit einem guten Langstreckenkomfort verwöhnt hat.

Die sehr schluckfreudige und sensibelarbeitende MANITOU Tower Pro übernimmt die Frontfederung. Sie ist sehr einfach abzustimmen und wie wir aus eigenen Erfahrung wissen ausgesprochen langlebig (der Grund warum Christoph sie einsetzt), passt aber in meinen Augen nicht ganz zur sonst sehr straffen Charaktersitik des Bikes, denn im Wiegetritt taucht sie doch sehr weit ein. Das 55 entspricht genau dem was Christoph für sich wollte, aber nachdem jedes EINHORN ohnehin ein Custom Aufbau ist, kann jeder sein ganz individuelles Bike zusammenstellen und aufbauen lassen.

Das „55“ Komplettbike wiegt in der genannten Ausstattung moderate 10,48 kg und kostet (fast schon vernünftige) € 3900,-.

 Auch wenn es sich bei den „Einhörnern“ um Maßrahmen handelt ist es immer wieder spannend zu erfahren, wie die Zielvorgaben umgesetzt worden sind. Beim EINHORN 55 sind das ja bekanntlich Ultra-Langstrecken- und Adventure-Rennen.

Normalerweise würde die Rahmeneometrie mit einem kurzem Oberrohr (590 mm) und recht langem Steuerrohr für eine kompakt komfortable Sitzposition sorgen, aber durch den sehr langen Vorbau (110 mm) und die gekröpfte THOMSON Sattelstütze entsteht doch wieder ein sportlicher Sattel-/Lenkerabstand. Die moderaten Winkel und der lange Hinterbau 448 mm sorgen für massive Laufruhe im Bike – auf verwinkelten Trails fehlt es dem Bike zwar klar an an Agilität, aber für den beabsichtigten Einsatzzweck wo man nach mehr als 24 h Hochleistung wohl keine Lust mehr hat sich um ein agiles flinkes Handling zu kümmern, passt es wiederum genau. Für mich persönlich war die Kombi aus kurzem OR, langem Vorbau und starkem Offset an der Sattelstütze vor allem in technischem Gelände etwas gewöhnungsbedürftig, aber keineswegs außerhalb der Norm. Chrstoph Lindner gesteht auch offen ein, dass das „55“-Bike nicht „jedermann´s Sache“ ist und dass er vorher einen etwas längeren Rahmen mit kürzerem Cockpit gefahren sei – das „55“ aber speziell für ihn gefertigt wurde und sich auf den Adventure Rennen für ihn besser fahre. … aber wie gesagt, jedes EINHORN ist eine Maßanfertigung und so kann jeder seine Geometriewünsche frei einbringen.

Nach der nur kurzen Zeit auf dem EINHORN 55 Endurance können wir ihm klar das Prädikat „hochwertig und individuell“ geben. Wer Stangeware sucht bekommt anderswo mehr für´s Geld, wer aber ein maßgeschneidertes Bike „Made in Germany“ sucht, auch mal gerne gegen den Strom schwimmt  und seine (Sonder-) Wünsche kompetent umgesetzt haben will, der findet in Einhorn sicher ein offenes Ohr.

Bald noch etwas mehr von einem anderen Einhorn Bike.

RIDE ON,
c_g