LAST Glen 29er – Stahlfeder-Test und Fazit: von c_g
(dazu veröffentlichte Artikel: Vorstellung des LAST Glen – Pressemitteilung, Testintro & erste Praxiserfahrungen), Zwischenstand)

Kaum zu glauben, aber seit dem Zwischenstand zum LAST Glen sind schon wieder drei Wochen vergangen. Und weil uns das  LAST Glen schon davor so viel Spaß gemacht hat, ist es in diesem letzen Testabschnitt noch sehr viel und intensiv bewegt worden … auch wenn das Wetter und die Trails nicht immer allzu einladend gewesen waren.

Das LAST Glen hat sich schon im ersten Teil des Tests als sehr gelungen erwiesen und durfte im abschließenden Teil auch noch zeigen, wie es sich mit Stahlfederdämpfer fährt.

Im Zwischenstand hat sich das Glen ja bereits als erstklassiges All-Mountain-Fully mit einer sehr gelungenen Mischung aus Laufruhe und agiler Lenkung bei zugleich exzellenten Uphill-Eigenschaften erwiesen. In dieser Testphase war es nun an der Zeit, das Bike auch mit dem mittlerweile nachgelieferten Stahlfederdämpfer zu fahren, mit dem das Glen Race ja normalerweise ausgeliefert wird. Ich kann offen gestehen, dass ich darauf ziemlich neugierig war, zumal ich ja den vorher gefahrenen Luftfederdämpfer noch progressiver gemacht habe, um ihn  für meine Fahrweise als optimal zu erleben.

   

Vorher aber noch ein Wort zum Gewichtsunterschied zwischen den beiden Dämpfertypen: Angesichts von 460 g für den ROCK SHOX Super Deluxe Luftdämpfer und dessen vielfältiger Einstellbarkeit, legt das Glen mit dem ROCK SHOX Super Deluxe Coil RC Stahlfederdämpfer (immerhin 890 g mit der 550er Feder) doch noch mal ordentlich an Gewicht zu, ein Mehrgewicht, das sich in der Performance erst mal rechtfertigen muss.

 

Gesagt, getan, mit der für mein Gewicht empfohlenen 550 lbs Stahlfeder kam ich auf Anhieb auf eine korrekten SAG von knapp unter 30 %. Schon bei der Anfahrt zum Trail wurde klar, dass ich es hier mit einem anderen Fahrgefühl zu tun hatte. Viel sensibler am Hinterbau, aber eben auch etwas wippanfälliger. Das Heck bleibt zwar weiterhin effizient und vortriebsstark, reagiert aber deutlich mehr auf jede Auf- und Ab-Bewegung von Seiten des Fahrers. In Konsequenz habe ich die Low-Speed Zugstufendämpfung beim stahlgefederten Glen noch ein wenig weiter zugedreht, als vorher beim ansonsten gleich abgestimmten Luftdämpfer.

Die spürbar nähere Sensibilität mit Stahlfeder sorgt auch im Uphill für eine schier endlose Traktion. Hervorragende Klettereigenschaften und Traktion-Satt – da bleiben bergauf keine Wünsche offen!

Über die darauf folgenden Wurzeltrails sorgte die weiterhin spürbar höhere Sensibilität für einen sehr hohen Komfort und eine schier endlose Traktion am Hinterrad. Bergauf über einen sehr technischen Wurzeltrail musste ich schon bewusst eine unsaubere Linie fahren um das Traktionslimit zu erreichen – wohlgemerkt bei gleichen Reifen wie vorher. Aufgrund dieser Sensibilität war ich bergauf aber doch dankbar für die Möglichkeit den Dämpfer durch Umlegen des Druckstufen-Hebels noch etwas mehr zu beruhigen und damit das Bike letztlich noch ein wenig höher im Federweg stehen zu lassen.

Die höhere Sensibilität des Hinterbaus bringt Traktion ,und Traktion bringt Sicherheit … da gerät man auch auf rutschigen Trails schnell mal in Spiellaune!

Die gleiche Wurzelstrecke runter war dafür eine wahre Freude mit endloser Traktion, grandiosem Komfort und doch noch ordentlichem Feedback. Insgesamt hat der Stahlfederdämpfer das Gravity-Potential des Glen aus meiner Sicht noch mal erweitert – Point’n Shoot und geradewegs drüber waren so einfacher und natürlicher, als vorher mit dem ebenfalls sehr guten Luftdämpfer, mit dem das Bike doch eine aktive Fahrweise und saubere Linienwahl bevorzugt hat. In machen Situationen (z.B. gefrorene Traktorspuren im Wald) wurde es sehr offensichtlich, wie viel aktiver das Heck nun im Vergleich zur PIKE an der Front war.

Egal, was ich dem LAST Glen vorgeben habe, es hat sich stets super geschlagen – hier beim Drop in einen Hohlweg.

Ich bin schon ein paar Male vergleichbare Stahl- und Luftdämpfer an einem Bike gefahren, aber hier ist mir der Unterschied zwischen den beiden Systemen doch stärker als erwartet aufgefallen. Warum genau, kann ich mir nur zum Teil erklären. Ein Punkt dabei ist sicherlich der Faktor Reibung, der beim Luftfederdämpfer aufgrund zusätzlicher Dichtungen immer ein wenig höher ist. Ein weiterer sind die niedrigen Temperaturen um den Gefrierpunkt die sicher auf beiden Dämpfer eine etwas hemmende Wirkung haben, und möglicherweise den Reibungsnachteil beim Luftdämpfer noch verstärken. Obwohl ich mit dem Stahfderdämpfer oft den gesamten Federweg ausgenutzt habe,  gab es paradoxerweise auch mit Stahlfederdämpfer keine harten Durchschlag zu beklagen. Ich kann es mir auch nicht so genau erklären, aber auf Rückfrage hat ROCK SHOX mir bestätigt, dass dies durchaus ein Effekt des neuen, verstärken Endanschlags des Stahlfederdämpfers sein kann. Ich für meinen Geschmack und meinen Fahrstil würde das Glen wohl lieber mit Luftdämpfer fahren, finde die Stahlfeder-Option aber für besonders Anwendungen, wie den Park-Einsatz oder Shuttle-Tage auch durchaus verlockend.

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Das Experiment mit einer längeren Gabel

Das bringt mich zur letzen Modifikation, die ich am LAST Glen vorgenommen habe. Eigentlich mehr um die (durch den Stahlfederdämpfer) gesteigerten Downhill-Eigenschaften noch weiter auszutesten, aber auch um zu sehen wie sich das auf das übrigen Handling auswirkt, habe ich auch kurz eine Federgabel mit noch mehr Federweg montiert – das Glen ist ja bis 160 mm zugelassen. Aber weil ich keine 160 mm Gabel da hatte, habe ich eben eine FOX 36 mit 170 mm verbaut.

Selbst mit der versuchsweise verbauten zu langen Gabel (170 mm) blieben sowohl das Handling , wie auch die Uphilleigenschaften noch sehr gut – mit einer 160 mm Gabel, für die das Glen freigegeben ist und die man als Upgrade-Option ab Werk erhalten kann, macht man demnach ziemlich sicher nichts falsch.

Durch den unmittelbar folgenden Wintereinbruch konnte ich die Fähigkeiten dieser Kombi zwar nicht mehr komplett ausfahren und erkunden, konnte aber doch feststellen, dass dieses „Over-Forking“ dem Bike nicht wirklich geschadet hat. Bergab war der Hinterbau immer noch der Herausforderung gewachsen und selbst bergauf blieb das Glen immer noch ein überraschend gutmütiges und kletterfreudiges Bike. Angesichts dieser Erfahrungen bin ich mir ziemlich sicher, dass sich das Glen mit einer 160 mm Gabel ganz sicher sehr gut fahren würde und es auch mit der langen Gabel in den Allroundeigenschaften kaum Kompromisse gibt. (Anmerkung: Mittlerweile hat LAST und mitgeteilt, dass es das hier getestete Glen Race zukünftig auch serienmäßig mit einer 160 mm ROCK SHOX Lyrik geben wird – ein Upgrade, das ich nach meinen Erfahrungen gerade für aggressive und gravity-lastige Fahrer durchaus empfehlen würde.)

Mit dem LAST Glen hat mir jede Minute draußen auf den schmierigen Trails Spaß gemacht.

In seiner Ausstattung gab es an unserem Testbike absolut nichts auszusetzen. Warum auch, denn der SRAM X01/X1/GX Eagle Antrieb, die SRAM CODE RSC Bremsen, dazu die DT-SWISS Laufräder und die BIKE YOKE Revive 185 Dropper-Stütze gehören zum derzeit Besten, was der Markt zu bieten hat. Über die Dämpfer habe ich ja bereite genug geschrieben, aber auch die ROCK SHOX Pike RCT3 hat sich mit ihren 150 mm sehr gut geschlagen. Sie mag im wirklich Groben vielleicht nicht ganz die Dämpfungs-Performance der Lyrik erreichen, wiegt dafür aber auch knapp 250 g weniger, bei vollkommen ausreichender Steifigkeit. Zusammengefasst hat sich das LAST Glen auch ausstattungstechnisch nur Lob verdient, wobei die Preisgestaltung auch gut gelungen ist. Ein zusätzlicher Bonus bei LAST ist natürlich die Option auch individuelle Änderungswünsche in der Ausstattung schon ab Werk zu verwirklichen.

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Testfazit:

Das Glen ist das erste 29er Fully von LAST und auf Anhieb richtig, richtig gut gelungen. Vom schnörkellosen, aber sehr durchdachten und steifen Alurahmen (mit viel Reifenfreiheit), über die sehr moderne Geometrie, bis hin zur Top-Kinematik ist das Bike eine hervorragende Plattform für alles von aggressivem Trail- bis Enduro-Einsatz. Durch smarte Detaillösungen wie die größenabhängige Hinterbaulänge und das kurze Sitzrohr mit großer Einstecktiefe, hat der Kunde in den meisten Fällen die Auswahl aus mindestens zwei Rahmengröße und kann so selbst bestimmen, ob er eher die Verspieltheit (kleinerer Rahmen) oder die Laufruhe (größerer Rahmen) betonen will.

Das LAST Glen mag vielleicht das erste 29er Fully von LAST sein, aber es gehört auf Anhieb zu einem der besten seiner Klasse.

Alle, denen die Geometrie auf dem Papier etwas zu gravity-orientiert wirkt, seien an der Stelle ermutigt Last zu kontaktieren und das Glen mal auf einem der regionalen Testaments   selber zu erleben. Meinen Erfahrungen nach lassen sich mit dem Glen auch problemlos längere Touren fahren. Andererseits macht sich das Fully auch bei einer härteren Gangart sehr gut. Wie der Test gezeigt hat, wirken die 140 mm am Heck nur auf dem Papier als limitierender Faktor. Richtig abgestimmt und unter einem guten Fahrer, lassen sie auch eine richtig aggressiv eFahrweise zu. Durch die Wahl des Dämpfers (Luft oder Stahlfeder), wie auch des Gabel-Federwegs (150 oder 160 mm) kann man das Glen vielfältig aufbauen und im Charakter trimmen. Bergauf gehört das LAST Glen durch die vortriebsstarke Kinematik und die optimale Gewichtsverteilung (durch den steilen Sitzwinkel) zu einem der fähigsten Bikes, die ich kenne. Mit einer so genialen Performance ist das Glen trotz Kleinserien-Flair ein ziemliches Schnäppchen – die  1799.- für den Rahmen (ohne Dämpfer) und sehr sinnvoll ausgestattete Komplettbikes zwischen 3500 und 5500.- Euro (und einer Custom-Option) lassen nur wenige Wünsche offen. Großes Kompliment für dieses tolle Bike!

RIDE ON,
c_g