DT-SWISS F535 One Gabel – Praxiseindrücke von den Eurobike Media Days’18 (& Testintro): von Oli

Nachdem wir euch die brandneue und technologisch spannende  DT-SWISS F535 ONE ja bereits kurz vorgestellt haben, bot sich uns auf den Eurobike Media Days’18 die Gelegenheit sie dort kurz über die Trails von Fiss Ladis zu jagen. Zu diesem Zweck hatte DT-SWISS für die Presse eine kleine Flotte komplett weißer BOLD UnpluggedTestbikes (hier c_g’s Kurzeindrücke zu diesem Bike) mit ihren Komponenten aufgebaut – vorne eine F535 ONE mit 160 mm Federweg und hinten der passende R535 ONE Dämpfer.

  

Für diese Kurzeindrücke haben wir zwei Testrunden mit dem Bike unternommen, eine eher XC-mäßige mit ca. 400 Hm Anstiegen und eine trail-lastige mit Gondelauffahrt hinauf aufs  2400 m ü. NN hoch gelegene Schönjoch mit dem Ziel Murmeltier Trail, der sich über 1000 Tiefenmeter bis hinunter nach Fiss schlängelt, gegen Ende mitten durch den Bikepark Fiss. Ideale Bedingungen um die neue F535 ONE wirklich in all ihren Facetten kennenzulernen – so zumindest meine Annahme, als ich mir am gemeinsamen Stand von BOLD und DT-SWISS das Testbike abgeholt habe. Ein Punkt der mir der Mitarbeiter von DT-SWISS mir beim Set-Up immer wieder verdeutlicht hat, war, dass ich mir anfangs etwas Zeit geben sollte mich an das eventuell ungewohnte Fahrgefühl der neuen Federgabel einzustellen. „Durch die speziellen Technologien, sowohl bei der Federung, wie auch der Dämpfung fährt sich die F535 ONE einfach ein wenig anders als alles, was man bisher kennt.“ so der DT Mitarbeiter. Und er sollte, was meine ganz persönlichen Eindrücke angeht, durchaus Recht behalten.

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Optischer Eindruck und Philosophie

Als hauptberuflicher Architekt und Berufsästhet finde ich die Optik der F535er Gabel einfach umwerfend gelungen. Die Entscheidung das Luftventil, alle Drehknöpfe zur Einstellung und auch die Steckachse unter Abdeckungen verschwinden zu lassen, sogt bei der F535 für eine derart cleane und doch markante Formensprache, wie man sie bisher von Federgabeln noch nicht kannte. Das komplett in matt schwarz gehaltene Design fast ohne farbige Akzente sorgt für eine fast schon martialische Optik, die durch die ebenfalls schwarzen 35 mm Standrohre nur noch weiter unterstrichen wird. Optisch unglaublich gelungen, wie ich finde.

Die Grundidee hinter der DT-SWIS F535 ONE war es eine Federgabel zu entwickeln, die nicht nur für einen Fahrer oder Spezialisten gemacht ist, sondern „eine für beinahe jeden Mountainbiker“.  Deswegen ist die F535 so konstruiert, dass sie ohne der Notwendigkeit für zusätzliche Einstellarbeiten einen breiten Einsatzbereich möglichst kompromissfrei abdeckt. Die F535 soll auch ohne streckenspezifische Abstimmung sowohl auf der gemütlichen Wochenendtour wie auch im Enduro-Rennen oder dem BikePark erstklassig funktionieren. Ob das überhaupt geht? DT-SWISS behauptete, es geht. Die cleane Optik der F535 ist mehr ein durch die Philosophier möglich gewordenes Nebenprodukt.

Um dieses hohe Ziel zu erreichen, rät DT aber sich möglichst an die Set-Up Anweisungen bezüglich Luftdruck, SAG und Zugstufendämpfung zu halten, die in einer detaillierten Anleitung jeder Gabel beiliegen und bald auch als Tablet- und Smartphone-App verfügbar sind. DT empfiehlt einen SAG von genau 25 % des Federwegs von dem man möglichst nicht abweichen sollte. Mehr als 30% SAG sollte man dabei auf keinen Fall fahren, weil man hier schon in den Bereich der progressiven Plussport Dämpfung kommt und damit die Performance maßgeblich beeinflusst. Die zusätzlich einstellbare Low-Speed Druckstufe rät DT komplett offen zu fahren, aber Fahrer die ein direkteres Fahrgefühl bevorzugen, können hier trotzdem straffend eingreifen. In unserem Fall hat diesen Teil natürlich der freundliche DT-SWISS Mitarbeiter übernommen.

 

Wer an den Einstellungen der Gabel Veränderungen vornehmen will, die über die drei extern einstellbaren Fahrmodi Open, Drive oder Lockout hinaus gehen, braucht Werkzeug und zwar einen Torx 10 Schlüssel. Weder der Luftdruck, noch die Zugstufe lassen sich ohne nachjustieren. Sinnigerweise ist der Torx 10 Schlüssel aber bereits im Steckachs-Hebel integriert und damit immer dabei. Trotzdem zeigt dies wie sehr DT-SWISS davon überzeugt ist, dass man eigentlich keine Veränderungen and der Gabel vornehmen muss, wenn sie einmal richtig eingestellt ist.

Durch diese unter abgedichteten Abdeckkappen versteckten bzw. nur mit Werkzeug greifbaren Einstellmöglichkeiten passt die F535 ONE natürlich großartig zum BOLD Unplugged und wirkt hier fast wie von einer Designerhand entworfen. Selbst das schön geformte, auf der Rückseite der Gabelbrücke anschraubbare Schutzblech, sonst oft ein optisch wenig ansprechendes Anhängsel, passt stimmig in das Gesamtbild.

  

Unser BOLD Unplugged Testbike war mit einem DT-SWISS Two-In-One Remote-Hebel ausgestattet, der die Gabel und den Dämpfer gleichzeitig ansteuert. Leider habe ich keine Abbildung dazu, aber das Kabel läuft sehr aufgeräumt von hinten in die Gabelkrone und ist von vorne quasi nicht erkennbar. Am BOLD mit seinem versteckt im Rahmen liegenden Dämpfer ist das durchaus sinnvoll, erspart zusätzliche Hebel und sorgt für eine noch schönere Formsprache. Weil der Grundgedanke beim BOLD wie auch bei der DT Gabel ist, unterwegs möglichst wenig einstellen zu müssen, passte es sehr gut ins Gesamtkonzept. Alternativ gibt es die Gabel aber auch ohne Remote und mit einem an der rechten Gabelbrücke liegenden Hebel zur Einstellung der Low-Speed Druckstufe (Bild oben rechts).

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Kurztest auf der XC-Runde

Wie schon gesagt, fand die erste Testrunde mit der DT-Gabel in eher XC-typischem Gelände mit  wenig technischen Trails statt. Mit immerhin 160 mm an der Front war ich damit klar „over-forked“, aber unabhängig vom Federweg vertritt die F535 ja genau diesen ganzheitlichen Ansatz und will ja neben der Federungsperformance im Groben auch viel Effizienz für Tour und XC bieten.

In den teils gemäßigten und teils sehr steilen Anstiegen sowie langen Forstrassenquerungen zeigte sich schnell die erste Besonderheit der F535: Die für den Anfangsfederweg und das Ansprechverhalten zuständige Positiv-Stahlfeder saugt selbst kleinste Unebenheiten förmlich auf und bietet einen erstklassigen Komfort. Sie sorgt aber auch für eine unterwartet hohen Aktivität der Federgabel, etwa im Anstieg bei niedrigeren Trittfrequenzen oder im Wiegetritt. Bei einzelnen Schlägen und mit wenig Druck auf der Gabel, etwa bei querenden Regenrinnen auf Forstrassenanstiegen, ging diese Sensibilität sogar so weit, dass die Gabel noch einmal nachgefedert hat was mich anfangs ziemlich irritiert hat. Ein Teil der Aktivität hängt sicherlich mit der positionsabhängigen Dämpfung zusammen, denn gerade bergauf fährt die Gabel ja deutlich über ihren SAG hinaus aus.

Während die Gabel offen gefahren jede noch so kleine Unebenheit anstandslos abfedert, war mir die gleiche Sensibilität für Anstiege letztlich doch zu viel des Guten, weshalb ich immer wieder den strafferen Drive Modus eingelegt hab. Ohne zusätzlicher Dämpfung wäre mir die F535 als Tourengabel jedenfalls fast schon zu sensibel. Mit dem Remote nur eine Fingerbreite entfernt, war das natürlich kein Thema und so habe ich die Option auf der ersten Testrunde gerne und oft genutzt.

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Praxiseindrücke auf der Trailrunde:

Auf der zweiten Testrunde sind wir mit der Schönjochbahn auf über 2400 m ü. NN hoch und von dort den zum Teil recht anspruchsvollen Murmeltier Trail wieder ins Tal gefahren. Der Ausblick von dort oben ist übrigens phänomenal. Hier zeigte sich die Gabel dann von einer vollkommen anderen Seite. Die extreme Sensibilität, die ich vorher bei Anstiegen bändigen musste, war hier mehr als willkommen. So schnell und feinfühlig, wie die F535 ONE Unebenheiten jeder Größe wegarbeitet, war es eine echte Freude mit ihr über den mir unbekannten Trail zu surfen.

Sobald der Trail steiler und gröber wurde, kam dann auch immer mehr die federwegsabhängige Dämpfung zum Tragen. Je Druck man aufgrund der Geländesteilheit auf die Front bringt, desto direkter fährt sich die Gabel. Der Übergang von der offeneren Dämpfung im ersten Teil des Federwegs zur strafferen Dämpfung ist dabei im Fahrbetrieb sehr allmählich und nicht wirklich spürbar. Die Technologie, die DT-SWISS Plussport nennt, setzt ab etwa 30 % des Federwegs ein und erreicht ab ca. 50% ihre maximal Dämpfung. Dabei war auffällig, dass die Direktheit nicht, wie auch von mir angenommen, gleichbedeutend mit weniger Komfort ist, sondern einfach nur mit mehr Feedback und mehr Gegendruck im mittleren und oberen Federwegsbereich einhergeht. Die Kombination aus der aktiven und schnellen Stahlfeder und der Luftfeder sorgt auch hier  für einen hohen Sensibilität und viel Komfort.

Gerade in sehr steilen Passagen und in Stufen sitzt man so spürbar entspannter auf dem Rad, weil die Gabel vor einem weniger tief abtaucht. Anfangs war auch das ein etwas ungewohntes Gefühl, aber sobald man sich einmal daran gewöhnt hat, möchte man es nicht mehr missen. Ein kurzer Wechsel auf ein anderes Testbike während der gemeinsamen Runde hat mir schnell vor Augen geführt wie diese Eigenschaft der DT-SWISS Gabel je nach Gelände ein echter Vorteil sein kann. Auf einer steilen Wiesenquerung mit versteckten Rinnen Löchern mussten meine beiden Mitfahrer (trotz mehr Federweg) die Front ihrer Bikes deutlich mehr entlasten, während in hier recht entspannt bleiben konnte. Bei größeren Schlägen und über grobe Wurzelteppiche sich die F535 für mich dann aber dann doch mitunter zu straff angefühlt. Wenn ich nach einem Drop oder Sprung gelandet bin, bie dem ich gedacht hatte den gesamten Federweg genutzt zu haben, war der O-Ring dann doch noch gut 3 bis 4 Zentimeter vor dem Anschlag stehen geblieben. An der Stelle haben wir unter uns Testern kurz diskutiert, ob ich nicht vielleicht doch sinnvoll wäre den empfohlenen Luftdruck ein wenig  zu reduzieren, aber mit nur so wenig Zeit für den ersten Eindruck auf der wirklich andersartigen Gabel um einen zu gewinnen, wollte ich nicht noch mehr Variablen ins Spiel bringen. Dieser Eindruck einer straffen Dämpfung ließ mich auch auf der abschließenden Runde im Bike-Park Fiss nicht mehr los.

 

Zusammenfassung: Auch wenn ich unterschiedlichste Trails und mehrere Stunden auf der brandneuen DT-SWISS F535 ONE Federgabel verbracht habe, fällt es mir dennoch schwer ein grundlegendes Urteil zu ihrer Federungsperformance abzugeben. Ihr ist in der Tat Fahrgefühl wie bei keiner anderen mir bekannten Federgabel und macht es daher schwer sie mit anderen konventioneller aufgebauten Systemen zu vergleichen. Ihre Technologien schaffen einen sehr interessanten Spannungsbogen zwischen ultrasensiblem Ansprechverhalten und gleichzeitig ungewöhnlich viel Feedback in gröberem Gelände. Die positionsabhängigen Dämpfung, die in gemäßigtem Gelände eher unauffällig  bleibt und je nach Fahrweise und Nutzung fast schon zu aktiv ist, ermöglicht es der F535 ONE im Stufen und im gröberen Gelände höher im Federweg zu stehen. Aber darüber hinaus möchte ich nicht viel mehr sagen, denn die kurze Testrunden haben noch viele Fragen unbeantwortet gelassen, die erst ein ausführlicher Test wirklich beantworten kann. Und somit freut es mich hier auch gleich den ausführlichen Test einer DT-SWISS F535 ONE anzukündigen, die wir soeben in die Redaktion gliedert bekommen haben.

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Testintro

 

DT-SWISS war so freundlich uns gleich nach der Eurobike eine der ersten Produktionsgabeln im 29er Format zu schicken um uns die Gelegenheit zu geben sie wirklich kennenzulernen. Das gute Stück hat einen Federweg von 150 mm und ist die Variante mit ODL-Hebel an der Gabelkrone. Der Offset ist wie bei allen F535 29er Gabeln 51 mm und die Bauhöhe bei 150 mm Federweg  beträgt genau

 

Mit einem auf 21,5 cm gekürzten Schaft wiegt sie genau 2150 g (in der leichtesten fahrfertigen Konfiguration. Für den Schnellspannhebel (samt integriertem Torx10 Werkzeug) kämen weitere 32 g hinzu und das mitgelieferte Schutzblech, das mit vier Schrauben von hinten an der Brücke befestigt wird, würde weitere 68 g hinzufügen.

Ich habe die Gabel bereits auf dem TANTRUM Shinning 2.0 montiert und werde sie die kommenden Zeit intensiv fahren. Bald mehr zu den ersten Eindrücken dazu.

Oli

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Ps: Ein kleiner Nachsatz sei mir noch erlaubt: Das BOLD hat ein wirklich sehr eigenständiges Design und durch die fließenden Formen und den integrierten Dämpfer sind manche Rohre oder Knotenpunkte recht kräftig dimensioniert. Ich habe ein Foto des tollen Unplugged an einen Kollegen nach München geschickt, der gerade im Büro saß und sein erster Kommentar war, dass er sich wundert, dass ich jetzt doch E-Bikes teste ;-).