TREK Stache 9 – GG’s Testfazit: von Grannygear
(Aktuell ist unser Tester OLI mit seinem MI-TECH Custom 29+  viel auf unseren (Vor-)Alpentrails unterwegs und er kommt zu bisher überwiegend positiven Testresultaten zum Thema 29+. Hier sind Grannygear’s Gedanken zu seinem TREK Stache9 und wie er damit in seinem Heimatrevier in Südkalifornien zurecht kommt …)

Ich kann mich nicht erinnern wann ich mich mehr auf ein Testbike gefreut habe, wie auf das TREK Stache 9. Dieses einzigartige 29- Alu-Hardtail, das man ebenfalls als B+ und als 29er fahren kann … zumindest solange alle Laufräder mit Boost-Naben kommen. Hier geht’s zum Testintro des Bikes.

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Mit dem 2016er TREK Stache9 auf einer typischen Ausfahrt auf Grannygear’s Hometrails unterwegs.

Mittlerweile bin ich mit dem Stache so ziemlich alles gefahren, was meine üblichen Trail hier in Südkalifornien so hergeben – von langen sandigen Forststrassen über Singletracks, mal gemäßigt und mal mit endlosen Fellstufen – alles um herauszufinden ob und wie sich die ultragroßen Laufräder hier verhalten. Mittlerweile habe ich mir einen recht guten Reim auf das TREK Stache 9 im Besonderen und auch auf 29+ im Allgemeinen gemacht. Dadurch, das ich in der gleichen Zeit auch noch zwei 27+ Bikes gefahren bin, das in einigen Belangen recht ähnliche SCOTT Scale 27+, und das Genius 27+. War die zeit besonders aufschlussreich.

Zuallererst muss ich TREK meine Hochachtung aussprechen. Sie haben mit dem Stache wirklich eine Bike geschaffen, das seinesgleichen sucht. Wenn man sich den Rahmen mit allen seinen Details und Formen genauer ansieht, und dann noch das Trailerlebnis hinzufügt, ist es wirklich einzigartig. Ich wage zu behaupten, dass es sehr schwierig werden wird, ein ähnlich innovatives Bike auf die übergroßen Beine zu stellen. Wer es beachtlich findet, wie sich die 29er entwickelt haben, der kommt beim Stache nicht mehr aus dem Staunen heraus … dieses Bike ist in allen Aspekten einfach noch mehr und dennoch sehr nahe dran am guten alten 29er.

Doch genug der Vorrede, hier kommen meine direkten Trailerfahrungen:

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— hier ein direkter Vergleich zwischen einem 2,3er Reifen (oben) und dem 3-Zoll breiten BONTARGER Cupacabra (unten).

Wer zuerst mit dem Bike auf der Straße zum Trail fährt, staunt unwillkürlich über die gigantischen Laufräder/Reifen. Mit gerade mal 0,9 bar im Reifen und einer richtig eingestellten Federgabel – fährt es sich dagegen eher unauffällig. Auf alle Fälle erfordern die großen Reifen und die Masse so weit weg von der Nabe einiges mehr an Kraft um sie zu beschleunigen. Wenn man sie wiederum mit einem Fatbike vergleicht, fühlt es sich wiederum richtiggehend schnell an. Sobald man aber auf dem Trail ist, in meinem Fall eine kiesig-sandige Forststrasse, spürt man wie sich der Reifen hier auffallend schnell fährt und man sehr wenig Kraft aufbringen muss um sie zu bewegen. Kleinere Sandlöcher oder loser Kies spürt man mit den 3“ breiten Reifen quasi gar nicht. Toll.  Wie erwartet, rollen die Reifen mit deren Umfang von beinahe 31-Zoll unglaublich leicht über kleinere Hindernisse. Wenn ich in einer Gegend fahren würde, in der es sehr viel lose Sand- oder Kiesauflage gäbe, würde ich mir so ein Bke ernsthaft überlegen. Sobald ich aber in wirklich tiefen Sand gekommen, bin wurde klar, dass es sich eben doch nicht um ein echtes Fatbike handelt – ich bin zwar nie im Sand steckengeblieben, wie mit vielen 29ern vorher, aber es war doch oft recht kippelig und vage, wo ein Fatbik ganz gelassen drübergerollt wäre. Na ja, man kann eben nicht alles haben.

Was sofort auffällt, ist wie direkt man über dem Hinterrad sitzt. Wheelies sind so einfach mit dem Stache, dass man es kaum glauben möchte, dass das Bike bergauf überhaupt zurecht kommt. Dadurch, fährt sich das Stache 9 wie ein kleineres Bike, als es wirklich ist, weshalb es gerade in technischen Trails und über Felsen richtig Spaß macht. Allerdings habe ich auf meinen Fahrten auch nie vergessen, dass ich mit richtig großen Laufrädern unterwegs bin. IM Wiegetritt geht das Stache wirklich voran und macht auch auf langen, steilen Anstiegen richtig Spaß. Allerdings ist mir gerade mit viel Gewicht auf der Front auch immer wieder ein untersteuerndes Lenkverhalten aufgefallen. Bei weitem nicht so stark, wie bei einem Fatbike, aber dennoch spürbar und hi und wieder hat mich das doch auf eine andere Linie geführt, als ich ursprünglich fahren wollte. Ich betone das deswegen, weil ich so etwas bei den 27,5+ Bike nie gespürt habe. Ähnlich zu c_g komme ich langsam zu dem Schluss, dass evtl. ein 3,0“ Reifen doch ein wenig zu groß ist und man vielleicht mit einem 2,8er noch ein etwas flinkeres Handling erzielt.

Selbstverständlich haben die breiten Reifen mit ihrem geringen Druck ein gewisses Eigenleben, aber anders als beim Fatbike hatte ich nie eine Situation in der die Reifen zum Springen angefangen hätten. Die speziell für Plus-Reifen abgestimmte MANITOU Magnum Gabel trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei, dass das Bike sich so gut fährt und nie zum Springen neigt. Weniger als Effekt des direkten Hardtailrahmens und sicher nicht wegen der Reifen spürt man Schläge am Heck deutlicher, als ich es erwartet hätte. Manchmal würde ich den dicken Reifen einfach zu viel zutrauen (… und das ist eine der Qualitäten dieses Bikes, dass man sich damit fast unbesiegbar fühlt) und dann kommt eine harte Landung oder große Wurzel und man weiß wieder, dass man eben doch „nur ein Hardtail“ fährt. Abgesehen von diesen kleinen Eigenarten, ist das Handling aber mustergültig neutral, ja, ich würde fast sagen agil und es mach tunglaublich Spaß auf dem Trail. Der Seitenhalt in Kurven ist mit den Reifen einfach unglaublich und ich brauchte eine Weile um mich an dessen Limits heranzutasten. Selbst auf sonst so schwierigen Kiesauflagen auf harten Trail gab es scheinbar keine Grenzen. Fast schon zu viel des Guten, denn man muss sihc kaum mehr konzentrieren.

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Mit dem normaln 20er sind solche Steilstücke eine Herausforderung, mit dem TREK Stache muss man sich zumindest um die Traktion keine Gedanken machen …

Bergauf verbeißen sich die Reifen ebenfalls in den Untergrund und noch lange bevor die Traktion ans Limit kommt, beginnt sich das Stache vorne aufzubäumen. Solange man die Kraft hat um weiterzutreten und sich ein wenig nach vorne lehnt, kennt das Stache auch bergauf keine Grenzen. Auf den ersten Blick machen die BONTRAGER Chupacabra Reifen einen recht zurückhaltenden Eindruck, aber das täuscht, denn solange es nicht schlammig oder schmierig wird, sind sie einfach klasse.

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Hier meine Erkenntnisse in Stichpunkten:

Die tollen Eigenschaften:

  • Wie schon erwähnt: Kompliment an TREK, dafür, dass sie mit dem Stache etwas geschaffen haben was in den kommenden Jahren wohl als die Messlatte in Sachen 29+ gelten wird. Der Rahmen und dessen Details sind wahrhaft beeindruckend.
  • Das Bike ist für, das was es ist immer noch recht leicht und kann genauso auch für lange Touren herhalten.
  • 29+ ist ganz klar der King, wenn es ums Überrollverhalten geht.
  • Das Stache ist ein wirklich tolles Bike, solange man weiß worauf man sich da einlässt. Mit seinem verspielten Handling ist es einfach unglaublich leicht in einen Manual zu bringen und lässt sich wunderbar im Drift kontrollieren.
  • Es fühlt sich recht „normal“ an. Wer es je mit Fatbikes versucht hat und diese für zu extrem empfunden hat, kommt hier voll auf seine Kosten.

Das was man auch beachten sollte:

  • Wann war das letzte mal, dass es ein so ungewöhnlich kompaktes Bike zu kaufen gab? Schon sehr lange! Abgesehen von einigen wenigen AM- Hardtails, (die meistens immer noch längere Hinterbauten haben) ist das 2016er Stache das extremste, was man derzeit kaufen kann. Der Grund hierfür liegt schlicht und ergreifend in der Tatsache, dass solche Bikes immer ein etwas unausgewogenes Fahrverhalten haben. Was man an Agilität gewinnt, verliert man an Stabilität, obwohl die Riesenreifen einiges ans gyroskopischer Stabilisierung mit sich bringen. Außerdem fährt sich ein so kurze Heck immer extrem direkt und überträgt die Stöße viel unmittelbarer auf den Fahrer, etwas, das auch die 3“ Reifen nur bedingt überspielen können. Im Vergleich, fährt sich ein gutes Stahl 29er auf normalen 29er Reifen auf langen Touren mindestens genauso komfortabel.
  • Die Schaltungsoptionen sind eingeschränkt. Das Stache kommt serienmäßig mit einer SRAM 1×11 Schaltung und wenn ich im Leerlauf rückwärts getreten bin, ist die Kette oft ins Schlingern geraten. Nervig.
  • Mit den extrem kurzen 420 mm Kettenstreben muss man in steilen Anstiegen schon ziemlich auf die Sattelspitze rücken. Die Vorteile sind im Handling überwiegen zwar meistens, aber steil bergauf hat das Stache seine Grenzen.
  • Je nach Geschwindigkeit verhalten sich die 29+ Räder anders. Solange man mit wenigstens ein wenig Schwung unterwegs ist, gibt es kein Halten, aber sobald man sehr langsam fährt oder gar kurz stehen bleibt, sieht die Sache nicht mehr so positiv aus. Dafür waren kleinere Drops oder sehr steiles Gelände wiederum ein Kinderspiel.
  • In meinen Augen ist das 30er Kettenblatt ein wenig zu groß. Zusammen mit dem gigantischen Reifendurchmesser, habe ich damit in so manchem langen Uphill wirklich gekämpft. Dieser Kritikpunkt hängt allerdings stark von der individuellen Situation ab.
  • Ich bin beim Stache recht oft mit den Unterschenkeln am Hinterbau gestriffen. Das kann eine persönliche Sache sein, aber im Gespräch mit anderen Fahrern, habe ich erfahren, dass es ein eher allgemeines Problem des Stache ist.
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Das TREK Stache9 ist ein erstklassiges Bike und die derzeitige Messlatte in Sachen 29+. aber ist es deswegen das richtige bike für jeden Fahrer und jedes Gelände?

 

Persönliches Testfazit: Am Ende dieses Testabschnittes kann ich dem TREK Stache genau die Qualitäten attestieren, die es haben soll. Für seine riesigen Reifen ist es ausgesprochen leicht, agil und verspielt. Der Aufwand, den TREK auf sich genommen hat um den Rahmen zu konstruieren und das Handling passen einfach und das Geicht geht auch durchaus in Ordnung.
Für mich persönlich muss ich aber feststellen, dass das Ergebnis des Tests ein anderes ist, als erwartet. Ich dachte ich würde mich in 29+ im Allgemeinen und das TREK Stache im Besonderen verlieben, doch stattdessen frage ich mich mittlerweile immer wieder, wo dieses Format wirklich seine echten Vorteile hat und wer es wirklich braucht. Fairerweise ist das aber weniger ein Problem des TREK Stache, das unter seinesgleichen wohl noch eines der besten ist, sondern eine eher allgemeingültige Frage, die insbesondere in einer Zeit der immer beliebter werdenden 27,5+ Bikes immer relevanter wird. Dort wo ich fahre, finde ich einen normalen 29er mit breiten Felgen/Reifen und ordentlicher Federung weiterhin effizienter und besser zu fahren. Vielleicht wenn ich in Moab wohnen und fahren würde .
Am Ende steht das TREK Stache als eine ausgezeichnetes und absolut spaßiges Trail-Hardtail da, aber nachdem ich es in aller Tiefe habe kennenlernen dürfen stellt sich mir die Frage wer wirklich von einem 29+ Bike profitiert. Die ernüchternde Antwort darauf für mich ist, dass es wohl am ehesten die Abenteurer und Bikepacker sind, denen die großen Reifen und ihr Überrollverhalten am meisten bringt. Aber gerade solchen Bikern ist es wichtiger, dass man damit jede Steigung locker hinaufkommt und weniger wichtig wie agil sich das Bike im Trail um jede Spitzkehre zirkeln lässt. Kann es sein, dass 29+ sich einfach nicht wirklich als Trailbike anbietet?

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Qualis als Testbonus, wird JeffJ nun noch sein 29er TREK Stache (Jahrgang 2014) mit dem 2016er Modell im 29+ Format vergleichen.

In einer abschließenden Testphase wird unser Testerriese JeffJ das neue TREK Stache 9 (29+) noch gegen sein bestens bekanntes und geliebtes Stache 8 (29) antreten lassen und uns bald seine persönlichen Eindrücke weitergeben. Bis dahin …

RIDE ON,
Grannygear