B+ anhand der WTB Trailblazer 2.8 TCS Reifen & Scraper Felgen – erste Praxiserfahrungen: von c_g

An sich bin ich ganz glücklich mit den Fahreigenschaften der 29er und alle Fahrten mit 650b und Fatbikes, haben mich nie wirklich in Versuchung gebracht ein anderes Format ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Was wäre aber, wenn man sich nicht den Sondermaßen von Fatbikes unterwerfen müsste, seinen bestehenden 29er Rahmen weiter nutzen könnte und dennoch in den Genuss eines wenigstens Fatbike-ähnlichen Fahrverhaltens zu kommen … ein Versprechen, das mit WTB´s neuem B+ Format wahr werden könnte – zumindest in der Theorie.

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Nach dem Intro der beteiligten Komponenten mit allen Spezifikationen und Gewichten und den ersten B+ Fahreindrücken unserer Freunde von EINHORN BIKES mit einem ihrer Hardtails, kommen jetzt wir zum Zuge etwas dazu zu schreiben. Im Unterschied zu deren Fahrbericht basieren unsere Erfahrungen aber auf einem B+ Set-Up mit der WTB Frequency Team i25 Felge hinten und einer superbreiten WTB Scraper Felge vorne und eben auf einem 29er Fully mit 160 mm vorne und 140 m hinten. Selten war ich so gespannt, wie es sich wohl fahren würde.

Allein schon die unterschiedlich breiten Fegen ergeben zusätzliche Erkenntnisse darüber wie der Trailblazer sich damit verändert:

 12 WTB B+ 13 WTB B+

Wie man in den beiden Abbildungen sieht, entwickelt der Trailblazer Reifen mit den beiden unterschiedlich breiten Felgen einen recht unterschiedlichen Querschnitt mit unterschiedlichen Profil: Rundlich, mit prominenter Mittelstollenrippe hinten (auf der i25) und sehr abgeflacht und richtig breit mit der Scraper Felge vorne.

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TESTPHASE I – Erster Eindruck:

Doch anstatt zu philosophieren, will ich euch gleuch von den Ausfahrten mit dem B+ Bike berichten: Auf der Anfahrt zum Trail über Straßen und Forstwege hat mich der Trailblazer gleich als ausgesprochen leicht rollender Reifen überrascht. Die fast durchgehende Mittelstollenreihe trägt hier ihren Teil dazu bei um den Reifen recht leicht und fast ohne jegliche Vibrationen über Asphalt rollen zu lassen. Damit fährt sich der Trailblazer ausgesprochen unauffällig und schnell für seine Breite. Auch in der Kurveführung auf der Straße fährt er sich wie ein etwas schwerer Touringreifen.
Auf das Straße und hartem Untergrund spürt man mit B+ also kaum etwas Ungewöhnliches.

 17 WTB B+ on CUBE 10 WTB B+

Klar, dass er mit ca. 900 g je Reifen und einer 600 g Felge vorne kein Beschleunigungswunder ist, aber wer ein Fatbike-ähnlich träges Handling erwartet hätte, wird positiv überrascht.

Auf dem anfangs stets trockenen Trails war B+ dann wirklich in seinem Element. Selbst bei dem „noch recht normalen“ Anfangsdruck von 1,6 bar spürt man sofort die bessere Dämpfung der Reifen und die Flexibilität, der Karkasse die es dem Reifen erlaubt sich dem Untergrund besser anzupassen. Wo die Federung des Bikes zu träge reagiert arbeiten die Reifen und im richtig schweren Gelände ergänzen sich die ungedämpfte Federung der reifen und die bereits großzügige Federung des Fullies sehr gut. Letztlich erhöhen sich sowohl der Komfort, wie auch die Traktion des Bikes und das trotz eines an sich eher zahmen Profils des Trailblazers.
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt die zum Teil sehr steilen Wurzeltrails so selbstverständlich hochgefahren bin, wie mit diesen Reifen. Keine Spur von Schlupf und was die Gelassenheit der Lenkung angeht, nimmt man damit auch schräg verlaufende Hindernisse ungemein ruhig. Solange es trocken oder erdig ist, scheinen die Traktion und der Grip keine Grenzen zu kennen.
Aber auch auf losem Untergrund wie Schotter und Kies, fährt sich B+ so ruhig und sicher wie keine 29er Kombi die mir bekannt ist. Toll!!

Auf den Trails meiner Testrunden ist mir daher am Anfang vor allem die extrem hohe Fahrsicherheit aufgefallen, die ja die Jungs von EINHORN ebenfalls angesprochen hatten. Solange der Grip da ist, scheint es nichts zu geben, was die B+ Reifen aus der Ruhe bringt. Weder Wurzeln oder Hindernisse (egal in welchem Winkel angefahren), noch Sprünge, Blockwerk oder tiefer Kies. Vor allem in der Lenkung und bei technischeren Passagen ist das sehr deutlich zu spüren. Interessanterweise hatte ich aber nie das Gefühl, dass die Lenkung  je träge oder langweilig gewirkt hat.

11 WTB B+

Das Traktionsniveau des Trailblazer bergauf ist auf trockenen und moderat nassen Böden ausgesprochen für einen derart kleinstolligen Reifen sehr hoch. Nur wenn man geradlinig über rutschige Wurzeln oder nasse Steine fährt und nur die fast durchgehende Mittelstolenreihe belastet, ist die Traktion hinten schnell zu Ende. Auf erdigen Trails, im Schotter, über klassische Waldtrails und auch über Blockerk kommt man damit aber noch locker voran, wo man mit einem normalen 29er – selbst mit aggressiver Bereifung – bereits um Traktion ringt.

In der Bremstraktion macht sich die fast durchgehenden Mittelstollenreihe und das schnelle Profil dafür deutlicher bemerkbar. Vorne allerdings wegen der breiten Auflagefläche sehr viel weniger als hinten wo die Mittelreihe prominenter aufragt und das Heck so schneller ins kontrollierte Rutschen gerät. Dadurch dass die seitlichen Stollen aber schon bei geringster Schräglage greifen, ist der Effekt die Mittelstollenreihe beim Trailblazer aber weit weniger kritisch wie etwa beim VREDESTEIN Black Panther, wo mir das Hybridprofil auf dem Trail sehr schnell die Laune verdorben hat.

Beim später einsetzenden Regenwetter, musste ich dann feststellen, dass die Trailblazer Reifen nur bei Trockenheit oder mäßig feuchten Bedingungen wirklich wohl fühlen. Sobald es schlammig und rutschig wird, sind sowohl Traktion wie auch Kurvenführung recht schnell am Limit. Mit niedrigeren Drücken kann man dem aber noch ein Stück weit entgegenwirken – mehr dazu weiter unten. Aus meiner Sicht hat der Trailblazer eine Vorliebe für trockene Bedingungen, ist wegen der ansonsten sehr gutmütigen Eigenschaften sehr wohl auch potenter Allrounder … nicht auszudenken, was B+ mit einem noch griffigeren Profil alles könnte :-).

Von dem niedrigeren Tretlager, das die Freunde von EINHORN ja angesprochen haben, habe ich übrigens bisher auf meinem Fully nichts gespürt. Verwunderlich, denn sowas macht sich auf meinen verwinkelten und mit Wurzeln besetzen heimischen Testtrails normalerweise recht schnell bemerkbar. Tatsache aber ist, dass der Reifendurchmesser ca. 20 mm geringer als bei einem 2,3″ 29er Reifen ist, was bedeutet, dass das ganze Bike etwa 1 cm niedriger liegt.

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Testphase II – Variable Luftdruck:

 Selbstverständlich habe ich schon bald angefangen mit den Luftdrücken zu experimentieren und mich vor allem dem Fahrverhalten bei niedrigeren Drücken gewidmet.
Erwartungsgemäß habe ich das erste Anzeichen von einer absinkenden Führung („schwammiges Fahrverhalten“) hinten auf der schmäleren Felge gespürt. Bei sehr guten 1,4 bar. Damit ist bereits eine ganze Menge Komfort drin, aber mit einer breiteren Felge wäre definitiv noch mehr drin wie der Versuch mit der breiten Scraper Felge vorne zeigt.

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Dort konnte ich bis unter 1 bar gehen, ehe die Lenkung wegen der extrem großen Auflagefläche zu schwergängig wurde. Dafür war bei diesem Druckbereich ein himmlischer Komfort vorne und Grip zu spüren, das sich wirklich fast schon auf Fatbike-Niveau bewegt. Allerdings muss ich offen gestehen, dass sich bei den geringen Drücken der subjektive Rollwiderstand doch ziemlich erhöht und mir das vom Fahrgefühl dann  etwas zu weich war. Nach ein paar Fahrten mit Fatbike-Feeeling vorne bin ich dann doch wieder zu  Drücke um 1,2-1,3 bar zurückgekehrt.

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Zwischenstand:
B+ ist für ein 29er nicht nur einfach nachzurüsten (sie Testintro) es bietet auch auf dem Trail spürbare Vorteile. Für alle die nicht unbedingt nur auf Speed aus sind, sondern einfach nur „Biken“ wollen, ist B+ einfach eine Wucht.

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Das große Volumen, die Breite und das leicht rollende Profil, geben dem Trailblazer ein sehr angenehmes und sicheres Fahrverhalten auf diversen Untergründen ohne träge zu wirken. Mit einer B+ Kombination wird jedes nachgerüstete Bike noch gelassener und ruhiger, ohne gleich träge zu wirken – technische Trails werden damit spürbar leichter zu befahren und die präzise Linienwahl wird plötzlich viel weniger wichtig. Für Fahrer, die sich auf dem Trail schnell unsicher fühlen, offenbart B+ einen Zugewinn an subjektive Fahrsicherheit der vergleichbar ist mit dem beim Umstieg von 26“ auf 29er.
Insbesondere mit einer richtig breiten Felge kann man die Drücke so weit senken, dass fast schon Fatbike-Feeling aufkommt und selbst mit der schmäleren Felge ist der Zugewinn an Traktion und Dämpfung bereits für jedermann zu spüren. Allerdings kann ich mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass die Scraper-Felge den Trailblazer doch etwas zu sehr aufbläst und die i25 ein wenig unterdimensioniert ist – ein Thema, dem wir noch weiter nachgehen werden.
Der Trailblazer ist in seinem schnellen Profil ein Reifen der es am liebsten trocken oder mäßig feucht mag, aber unter diesen Bedingungen begeistert B+ mich als Trailbereifung bereits jetzt.
Aus meiner Sicht ist B+ als Format eines der innovativsten Konzepte: Ein überbreiter Reifen, auf einer 27,5 Laufrad in einem 29er – denkbar einfach und denkbar genial. Wir bleiben daran und experimentieren weiter mit B+, darum demnächst mehr dazu.

RIDE ON,
c_g

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Ps: Wie man es nicht anders von WTB gewohnt ist – wenn Reifen und Felgen aufeinander abgestimmt sind – ist die Schlauchlos-Umrüstung (Montage und Aufpumpen) mit dem Trailblazer TCS und den beiden Felgen ein Kinderspiel – ein Mindestmaß an Kraft beim Aufziehen der Reifen vorausgesetzt.