MET Parachute MCR – Praxiserfahrungen (von c_g)

Ich gebe offen zu, dass ich ein Fan von „Convertible Helmen“ bin, Helme also die durch den abnehmbaren Kinnbügeln sowohl als Fullface, als auch als Trail-Helme genutzt werden können. Auf moderat herausfordernden Ausfahrten und für Anstiege als gut belüftete All-Mountain Halbschale und für Sommertage im Park oder vor längeren Abfahrten als leichter, aber nahezu vollwertiger Fullface.

Ich mach mir keinen Illusionen darüber, dass die Schutzwirkung nicht der eines echten DH-Fullface entspricht, aber ich genieße die mit derartigen Helmen gegebene Flexibilität und Möglichkeit auch mal eine Extraportion Sicherheit zu haben – ganz wie man es gerade braucht. Für mich in den meisten Fällen einfach ideal.

Einer der jüngsten Sprosse dieser Helmkategorie ist der MET Parachute MCR, der zwar bereits 2019 vorgestellt wurde, aber bis diesen Sommer nicht wirklich lieferbar war. Wem der Name MET Parachute bekannt vorkommt, der ist schon lange in der Bikewelt unterwegs. Der „Ur-Parachute“ war einer der ersten, wenn nicht sogar der erste Convertible Helme aus den 90er Jahren … nur damals noch mit wenig echtem Gesichtsschutz durch den eher fragilen Kinnbügel und eine aufwendige, weil vielfach geschraubte Montage. In 2015 folgte dann eine modernere Version des Parachute als leichter, aber permanenter Fullface und jetzt, im Jahr 2020 kommt der echte Convertible-Nachfolger – der MET Parachute MCR.

  

Optisch ist der neue Helm schon mal auf der Höhe der Zeit. Mit seiner klaren Formgebung im Color-Blocking Design und dem großen Visier macht er allein optisch schon eine super Figur. Neben der hier abgebildeten Variante mit weiß-schwarzer Schale und neon-orangem Chinbar-Innenschaum gibt es noch 5 weitere Farbvarianten des Helmes. Für jeden Geschmack ist was dabei.

Sicherheitstechnisch ist der Parachute MCR auch mit allen Wassern gewaschen. Die generelle Stoßabsorption übernimmt eine In-Mold EPS Schale, die gerade am Hinterkopf und den Schläfen ordentlich weit herunter gezogen ist und darunter liegt ein aktueller MIPS C2 Liner, der sich um die Querbeschleunigungskräfte kümmert. Natürlich ist der Helm mehrfach international zertifiziert (ASTM 1952-15/2032-15-Zertifizierung für Helmschale & Kinnbügel). Ein zusätzliches Sicherheits-Plus ist das große, aber flexible und damit bruchsichere Visier, das zudem zweifach in der Neigung verstellbar ist, dass man es auch mit einer Goggle darunter gut tragen kann.

Für eine gute Belüftung unter dem Helm sorgen 21 ordentlich dimensionierte Belüftungsöffnungen an allen Seiten. Mit den Öffnungen unter dem Visier schaufelt man richtig Luft unter den Helm … und das spürt man, wenn man ihn fährt. Während der MET Parachute MCR bei langsamen, schweißtreibenden Anstiegen durchaus warm wird (wie meiner Meinung nach alle Helme, solange der Fahrtwind fehlt), reicht schon ein mäßiger Luftzug um ihn ordentlich runter zu kühlen. Nachdem ich den Helm nun schon seit dem Spätsommer im Einsatz habe und in der Zeit sowohl sehr heiße, wie auch richtig kalte tage erlebt habe, kann ich ihm eine sehr respektables Hitzemanagement attestieren.

Für den Komfort und eine individuelle Passform gibt es eine zusätzlich in der Höhe verstellbare BOA-Kopfweitenanpassung, die den gesamten Kopf umfasst und eine sehr hochwertige, austausch- und waschbbare Polsterung. Für den Kinnbügel gibt es zwei unterschiedlich starke und herausnehmbare Polsterkissen. Der Kinngurt hat eine magnetische FIDLOCK-Schnalle, was auch eine einhändige Bedienung ermöglicht. Wie heute scheinbar üblich sind die Gurte nur in der Länge, nicht aber in der Position verstellbar. Für mich hat der Verlauf der Gurtbänder vor und hinter den Ohren jedenfalls auch so sehr gut gepasst.

Womit wir auch schon beim echten Highlight des Paracute MCR wären. Der Beiname MCR steht für „Magnetic Chinbar Release“ und ist ebenfalls in Kooperation mit den Magnet-Spezialisten von FIDLOCK entstanden. Anders als etwa die BELL Convertible-Helme, nutzt der MET aber keinen geschlossenen Chinbar-Ring, sondern lediglich ein Kreissegment, das über zwei metallische Nasen und eben den Magnetverschluss fest mit der Halbschale verbunden wird.

Zur Demontage klappt man einfach die kleinen seitlichen Drehflügel neben den Ohren heraus, dreht den Verschluss bis die Hohlstifte aus der Halterung gedrückt werden. Dann dreht man einfach den Kinnbügel nach vorne oben und schon ist er weg.  So einfach war die Demontage des Kinnbügels bisher nur beim GIRO Switchblade, der aber aufgrund seiner eingwilligen Konstruktion doch noch etwas „spezieller“ ist.

Die Chinbar-Montage erfolgt in umgekehrter Reihenfolge und ist gerade weil der Ring nicht geschlossen ist, noch etwas einfacher als bei anderen Systemen. Ein sattes Klicken des Mechanismus beim Einrasten des Magnetverschlusses verrät eine erfolgreiche Montage.  Mit etwas Übung kann man den Chinbar auch ohne den Helm selber anlegen… aber ganz ehrlich, hier geht es um meine Sicherheit und da verlasse ich mich nicht auf ein gefühltes „müsste passen“. Wie bei den anderen derartigen Helmen möchte ich mich, bevor ich mich darauf verlasse vorher auch mit meinen Augen versichern, dass alles passt.  Der Vorteil ist daher durchaus vorhanden, für mich aber in der Praxis nur wenig relevant.

Gewichtstechnisch rangiert der neue MET Parachute MCR im Mittelfeld vergleichbarer Helme. Mit 852 g als Fullface (mit montiertem Chinbar) und 450 g als Halbschale (in Gr. M) ist er sicher kein Leichgewicht, aber auch nicht zu schwer um ihn noch als Allrounder und für lange Touren zu nutzen. Zum Vergleich, mein bisheriger Referenz-Convertible, der BELL Super DH kommt auf 880 bzw. 470 g (Fullface/Halbschale). Preislich liegt der MET Parachute mit seinem empfohlenen VK von 330.- Euro im absoluten Premium-Segment und sogar über den Konkurrenzmodellen, wobei die Straßenpreise noch mal deutlich niedriger liegen. Wie heute üblich gibt MET auf den Parachute MCR genauso eine 2 jährige Garantie, wie auf alle anderen Helme und durch das Crash Replacement Programm werden die Kosten im Fall der Fälle noch etwas gemindert, auch wenn MET keine Aussage darüber macht, wie genau das aussieht.

Was die Passform und den Tragekomfort angeht, bin ich mit meinem recht durchschnittlich runden und Kopf sehr gut mit dem MET Parachute zurecht gekommen. Auch nach langen Touren oder langen Tagen auf dem Bike hatte ich nie irgendwelche Druckpunkte oder sonstige Auffälligkeiten. Einmal auf den Kopf angepasst sitzt der Helm sehr sicher und nahezu wackelfrei auf dem Kopf. Mit dem Chinbar sitzt er durch den zusätzlichen Halt an den Wangen noch sicherer. Mit den stärkeren Wangen-Pads war es zwar etwas eng darunter, aber mit den schmäleren fand ich ihn auch über mehrere Stunden hinweg sehr bequem. Wie bei fast allen Convertible-Helmen mit Weitenverstellung ist das Anziehen mit montiertem Chinbar mitunter etwas beengt, aber um das ein wenig zu vereinfachen, kann man die schnell eingestellte BOA-Weitenregulierung einfach etwas weiter drehen.

Mit Goggles funktioniert der Helm als Fullface ohnehin ausgezeichnet, aber auch mit normalen Bikebrillen gab es keine Beanstandungen. Anders, als beim BELL Super DH, bei dem man mitunter etwas mit dem Brillenbügel suchen muss ehe man die Brille korrekt aufsetzen kann (einer der sehr wenigen Kritikpunkte, an diesem Helm), funktioniert das mit dem MET weitgehend problemlos.  Offenbar hat der Helm an der richtigen Stelle Aussparungen, die für eine tadellose Funktion auch mit normaler Bikebrille sorgen.

Mein einziger kleiner Kritikpunkt ist der optisch sehr ansprechende, aber für mich etwas kurz geratene Kinnbügel. In meinem Fall passt nicht einmal mehr ein Finger zwischen meinen Unterkiefer und der Innenseite des Kinnbügels. Das bedeutete, dass der Kinnbügel nur wenig Platz hat um sich im Fall eines Sturzes zu verformen, wirkt aber auch im normalen Einsatz ein wenig irritierend, weil ich mit meinem Bärtchen beim Sprechen ständig auf der Innenseite des Chinbar entlang streife. Andererseits muss ich aber auch ansprechen, dass der Chinbar des MET was die Atmung und das Trageklima angeht zu den absolut besten gehört, weil man nie das Gefühl hat seinen eigenen Atem zu inhalieren oder irgendeinen Atemwiderstand zu spüren.

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Zusammenfassung:

MET war mit dem Ur-Parachute ein Vorreiter in Sachen leichter und tourentauglicher Fullface-Helme und der neue Parachute MCR hebt die Messlatte wieder ein Stück höher.

 

Der neue Convertible glänzt mit allen Features, die man mittlerweile von einem Enduro-tauglichen Helm erwartet, glänzt mit der aktuell wohl einfachsten Chinbar-Montage/Demontage und macht sich auch als Halbschalen-Helm in All-Mountain Stil sehr gut. Insgesamt ein maximal vielseitiger Helm mit einer tollen Optik, aber eben auch einem dazu passenden Premium-Preis. Trotzdem für mich die neue Referenz unter den Convertible Helmen.

RIDE ON,
c_g