WTB Verdict 2.5 TCS – Zwischenstand: von c_g

Als WTB den EnduroreifenVerdict 2.5 TCS entwickelt hat, hatten sie nur einen Gedanken dabei: Grip, Grip und nochmal Grip. Mission erfüllt, denn dem Reifen kann man einiges nachsagen, nur nicht, dass es ihm an Grip mangeln würde. Den hat er wahrlich im Überfluss.

Der WTB Verdict 2.5 TCS setzt voll auf Grip und kann so vor allem in anspruchsvollem Gelände punkten.

Wir im Intro bereits erwähnt, ist der WTB Verdict ganz speziell als Vorderreifen und für den Enduro- und Gravity-Einsatz entwickelt worden. Mit seinem TriTec-Triple-Compound in der soften High-Grip Mischung und den massiven, offenen Stollen fällt es einem nicht schwer, diesem Anspruch Recht zu geben und auch meine Praxiserfahrungen der letzen Wochen haben das bestätigt. Bremstraktion und Kurveführung satt – könnte es ganz kompakt heißen, aber ganz so einfach ist es mit dem WTB Verdict dann auch wieder nicht. Da wäre zum Beispiel ein mitunter etwas gewöhnungsbedürftiges Einlenkverhalten, das man aber Gott sei dank nur auf der Strasse oder auf außergewöhnlich glatten und harten Trailoberflächen spürt. Bei einem bestimmten Neigungswinkel, nämlich genau dann, wenn die hohen Seitenstollen ins Spiel kommen, ist es so als würde einem eine unsichtbare Hand den Lenker in die Kurve drücken. Offensichtlich das Produkt des breiten Kanals zwischen den Laufflächen und Seitenstollen (siehe Intro).

Mit einer etwas angepassten Kurventechnik, bietet der WTB Verdict scheinbar endlosen Kurvengrip.

Bisher konnte ich zwei Methoden finden um dieser mitunter unliebsamen Eigenschaft entgegenzuwirken. Die eine ist es den Verdict auf einer breiteren Felge zu fahren, damit die Seitenstollen schon früher greifen und der Übergang nicht ganz so plötzlich ist. Auf der 30-mm-Felge, auf der ich den Reifen bisher überwiegend gefahren bin, war der Effekt durchaus spürbar. Auf einer Felge mit 35 mm Innenweite, also dem oberen Limit dessen wofür der Reifen laut Hersteller ausgelegt ist, war quasi nichts mehr davon zu spüren. Das zweite Gegenmittel ist eine angepasste aktivere Kurventechnik. Wenn man das Bike bewußt in die Kurven drückt und das äußere Bein aktiv belastet  umgeht man den Übergangsbereich der Stollen und erlebt schnell, was wirklich im Verdict steckt.

 

Auf allen anderen Trailoberflächen gibt der Verdict sich dagegen vollkommen unkompliziert. Je loser oder tiefer die Böden sind desto mehr kann er auftrumpfen und sich sogar gegenüber einem Magic Mary in Soft absetzen. Bereits bei normaler Fahrweise “ über dem Bike“ führt der Reifen das Bike und damit den Fahrer wie auf Schienen durch die Kurven, aber nutzt man die Lehre von oben und drückt das Bike mit Druck auf dem Außenfuß aktiv in der Kurve , so steigert sich der Kurvengrip noch mal deutlich und man kann es richtig laufen lassen. Ich bin immer wieder am Grübeln, mit welchen Geschwindigkeiten man den Verdict durch die Kurven jagen kann und wie sicher er einen dann immer noch führt.

Der WTB Verdict ist ein extrem griffiger und sicherer Reifen – egal ob auf losem Schotter, …

Dabei ist es dem Verdict ziemlich egal auf welchem Untergrund er bewegt wird. Egal ob tiefer, loser Schotter (Bild oben), weiche Erde (Bild unten), Sand oder griffiger Waldboden – der Verdict ist hier nicht wirklich wählerisch. Vor allem auf wirklich losen Untergrund gehört er meiner Meinung nach zu den Besten, die es gibt.Nur wirklich harte Böden liegen ihm meiner Meinung nicht ganz so gut – nicht weil er dann zu wenig Trip hätte, sondern allein weil er mit seinen hohen Stollen dann nicht mehr nah so definiert und präzise führt. Das macht beispielsweise der Magic Mary besser. Bisher war es noch zu wenig wirklich nass um viel über seine Performance im Matsch zu sagen, aber auch die bisherigen Erfahrungen in diesem Bereich sind bisher ziemlich vielversprechend.

… oder auf tiefen Böden. Er verbeißt er sich extrem gut, bittet satten Kurvengrip und massig Bremstraktion.

Auch in Sachen Bremstraktion bietet er ein unglaublich hohes Maß an Sicherheit und Reserven. Eine wahre Freude in richtig schwierigem und technischen Gelände, wie ich immer wieder feststellen durfte. Auf erdig weichen Böden, in denen andere schnell zusetzen und zu schmieren anfangen, hält der Verdict so sicher, dass man dadurch immer mehr angespart wird, das gas dehne zu lassen. Das weiche TriTec Triple Compound und die 60-TPI Karkasse sorgen außerdem für eine sehr gute Eigendämpfung, wie man sie sonst nur von doppellagigen DH-Reifen kennt (zugegeben, gewichtstechnisch liegt auch nicht viel zwischen dem Verdict Light und einem herkömmlichen DH-Reifen :-)). Im Grenzbereich verhält der Verdict sich ziemlich gutmütig aber nicht ganz auf dem Niveau eines Magic Mary Soft. Dadurch, dass sein Grenzbereich auf weichen und losen Untergründen aber nochmals ein Stück höher gesteckt ist, braucht es schon einen sehr beherzten Fahrer um ihn überhaupt an diese Grenzen zu bringen. Dann bricht er zwar mitunter recht unvermittelt aus, lässt sich dafür aber meistens wieder gut und schnell einfangen.

Ich habe den Verdict bisher schon sehr viel in alpinem Gelände bewegt und hatte trotz niedriger Reifendrücke nie Proleme mit des Stabilität oder dem Pannenschutz.

Was den Pannenschutz angeht, konnte ich bisher auch keinerlei Schwächen feststellen. Mit mittlerweile gut 20.000 Tiefenmetern in alpinem Geläuf und einer nicht immer schonenden Fahrweise, dabei diversen Durchschlägen, konnte ich bisher noch keine Defekte verzeichnen. Noch nicht einmal Burping konnte ich bisher provozieren … und das bei gefahrenen Drücken zwischen 1,3 und 1,5 bar auf einer 30 mm Felge. Wie mit der stabilen Karkasse nicht anders zu erwarten ist der Reifen auch bei niedrigen Drücken sehr stabil und neigt nie dazu schwammig zu werden oder gar abzuknicken.

Wenn es um die Rolleigenschaften und die Beschleunigung geht, gehört der Verdict allerdings klar zu den „zäheren“ Reifen.

Wer nach dem Rollwiderstand des WTB Verdict fragt, ist bei diesem Reifen ohnehin falsche. Dass soll nicht heißen, dass der Reifen am Boden klebt, aber er macht doch deutlich, dass hier klar der Grip im Vordergrund steht. Ich bin den Verdict zwar auch schon auf längeren Touren gefahren, aber ihn deswegen als Tourenreifen zu bezeichnen, wäre dann doch ein wenig zu einfach. Das liegt natürlich auch am Gewicht von immerhin 1216 g  (wohlgemerkt, in der Light-Variante :-)), ist aber meiner Meinung nach aber noch mehr durch das weiche Compound und das aggressiv-offene Profil begründet ist.

In Sachen Verschleiß sieht man dem Verdict bisher kaum an, aber bei seiner bisherigen Nutzung ausschließlich am Vorderrad habe ich diesbezüglich auch kaum größere Erkenntnisse erwartet. Mit dem Judge als dedizierten Hinterreifen sehe ich auch keinen Grund, ihn hinten zu fahren, obwohl er genau wie der MAXXIS Minton DHF/DHR bestimmt in beiden Positionen gut funktionieren würde. In der nächsten Testphase werde ich den Verdict hoffentlich auch vermehrt bei Nässe und herbstlichen Bedingungen ausfahren können und dann steht natürlich auch noch der direkte Vergleich zum Verdict Wet aus. Den bin ich bisher nämlich noch garnicht gefahren.

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Zwischenstand

Der WTB Verdict Vorderreifen hält bisher genau das was er verspricht – maximalen Grip und viel Sicherheit im Gelände. Dafür gehen das Gewicht und der Rollwiderstand auch voll in Ordnung.

Der WTB Verdict 2.5 TCS Light Casing High Grip ist genau das was er vorgibt zu sein – ein Gripmonster für den Gravity-Einsatz! Eine echte Kampfansage in Sachen Traktion und Kurvenführung gegenüber SCHWALBE und Co. Hervorragende Tubeless-Eigenschaften und ein erstklassiger Pannenschutz runden das Paket weiter ab. Als einziges Manko in Sachen Handling kann ich bisher ein mitunter etwas ungewöhnliches Einlenkverhalten auf harten und glatten Oberflächen anführen, das sich nach meine bisherigen Praxiserfahrungen aber mit einer leicht angepassten Kurventechnik oder einer noch breitere Felgen umgehen lässt. Mit seinem Gewicht und dem Rollwiderstand geht er zwar nicht mehr als Trail- oder gar als Tourenreifen durch,  zum genannten Einsatzbereich Enduro-Race und Gravity passen beide aber gut. Bald mehr dazu.

RIDE ON,
c_g