MARZOCCHI BOMBER Z2 – Testfazit: von MiMü

Seit gut sechs Wochen haben wir nun schon wieder ein feuerrotes, italo-amerikanisches Testprodukt in unserem Fuhrpark. „Gloss red“ heißt die Farbe der Mitte Juli vorgestellten MARZOCCHI BOMBER Z2 offiziell, aber feuerrot trifft es irgendwie auch ganz gut. Während die für den Trail- und All-Mountain Bereich konzipierte Gabel bis zum Zwischenstand fast ausschließlich im gemäßigten Mittelgebirge unterwegs war, verschlug es sie während der zweiten Testhälfte auch des Öfteren in alpine Gefilde.

Während ich die Gabel auf meinen heimischen Trails nur äußerst selten zum Durchschlagen brachte und gut mit der spät, aber spürbar einsetzenden Endprogression zurecht gekommen war, wollte ich für schrofferes, felsigeres Terrain vorzeitig gerüstet sein. Zu diesem Zweck habe ich der Gabel nachträglich einen der mitgelieferten Volumenspacer, bei MARZOCCHI „Clip-On Volume Spacer“ genannt, eingebaut.

Der Einbau dieses kleinen Kunststoffteils, das die Luftkammer der Z2 um 10 cm³ verringert, gestaltete sich dabei äußerst simpel: Luft komplett ablassen, Luftkammer mit einer 26 mm-Stecknuss öffnen, Volumenspacer auf der Unterseite der Luftkammerabdeckung einrasten, das Ganze wieder aufschrauben, Luftdruck einstellen – fertig! Ab Werk rüstet MARZOCCHI übrigens nur die Z2-Modelle von 100-130 mm Federweg mit einer unterschiedlichen Anzahl an Clip-On Spacern aus, und auch die maximal zulässige Anzahl derer variiert je nach Federweg (siehe Grafik).

Im Werks-Setup ohne Volume Spacer konnte die „kleine“ MARZOCCHI von Anfang an durch ihr sensibles Ansprechverhalten und die effektiven Einstellmöglichkeiten überzeugen. Dank ausführlicher Bedienungsanleitung und einem extra Tuning-Guide war sie sehr schnell an meine persönlichen Vorlieben angepasst.

Die RAIL SWEEP genannte Dämpfungstechnologie mit ihrer stufenlos justierbaren Lowspeed-Druckstufe arbeitete über den ganzen Einstellbereich effektiv und ließ sich mit Hilfe des gut erreichbaren Hebels am rechten oberen Gabelende auch während der Fahrt leicht an den jeweiligen Trail-Untergrund anpassen. Selbst ein Drehen des Hebels um nur wenige Millimeter veränderte die Performance der Gabel spürbar. Auch mit der Funktion des Rebounds der BOMBER Z2 war ich vollkommen zufrieden. Die im Tuning Guide empfohlene Einstellung von 7 Klicks ausgehend von komplett geschlossen passten optimal zu meinen 80kg bzw. meiner sportlichen, aber auch komfort-orientierten Fahrweise. Natürlich habe ich immer wieder mit der Zugstufen-Einstellung herumexperimentiert, bin aber letzten Ende bei MARZOCCHI’s Empfehlung geblieben.

Was ihre Federungsperfromance schafft die BOMBER Z2 ein für mich geradezu ideales Fahrverhalten – im ersten Federwegsdrittel arbeitet sie sehr aktiv und sensibel, wird im Anschluss einwenig eher sportlich-direkte und zeigte erst bei höheren Stufen eine deutlich spürbare und sehr effektive Endprogression. Verglichen mit meiner eigenen ROCK SHOX Pike RCT3 (Modelljahr 2019) bietet die Z2 mehr spürbar mehr Fahrkomfort ohne ihr gegenüber im Groben Federn zu lassen. Gleichzeitig ist ihre Performance dabei aber auch niemals zu komfortbetont oder gar undefiniert.

Mit dem nachträglich verbauten Volume Spacer änderte sich das Fahrverhalten der MARZOCCHI BOMBER Z2 erwartungsgemäß nur im oberen Federwegsbereich. Sie tastet weiterhin sehr sensibel den Untergrund ab, schluckte kleinere Wellen extrem sauber weg, steht dafür aber in sehr steilem Gelände und bei hohen Stufen doch spürbar höher im Federweg. Ein übermäßiges Abtuachne war der Z2 auch vorher schon nicht anzulasten, aber so  umgerüstet hat sie mir vor allem bie steilen, technischen Abfahrten noch besser gefallen. Bei Vergleichsfahrten auf einem mit unterschiedlich hohen Drops gespickten Trail, auf dem ich die Gabel vorher zum sanften Durchschlagen gebracht hatte, war mir dies selbst mit einer noch aggressiveren Fahrweise nicht zum Durchschlagen zu bewegen. Schön dass effektives Gabeltuning bei Luftfedergabeln mittlerweile so einfach geht. nur immer so einfach wäre!

Mit Problemn in ihrer Steifigkeit und Lenkpräzision hatte unsere Testgabel auch im verblockten Gelände nie zu kämpfen. Das Aluminium-Casting mit seinen 34 mm Standrohren folgte selbst bei fiesen Querrillen oder in gröberen Rock Gardens sicher und präzise der eingeschlagenen Linie, ein Verwinden war nicht spür- und auch nicht durch Knarzgeräusche hörbar. Traditionalisten wird die M-Arch genannte Gabelbrücke als Reminiszenz an frühere MARZOCCHI-Modelle freuen, Mountainbike-Enthusiasten können die Gabel dadurch schon von weitem als echte MARZOCCHI identifizieren. Das feuerrote Casting bot nicht nur eine enorme Steifigkeit, auch bei der Reifenfreiheit konnte die BOMBER Z2 punkten. Offiziell sind Reifen bis zu einer Breite von 2,8“ erlaubt, wer allerdings den deutlichen Freiraum zwischen Standrohren und meinem großvolumigen 2,6“ breiten Testreifen betrachtet könnte meinen, dass durchaus auch noch breitere Pneus in die Z2 passen könnten.

Die leicht zu bedienende, selbsterklärende QR15-Steckachse trägt sicherlich auch ihren Teil zur Steifigkeit bzw. sicheren Klemmung des Vorderrads bei. Sie ließ sich stets problemlos und ohne zu verkanten einfädeln, lockerte sich auch beim langen, harten Abfahrten kein Bisschen.

Dass die MARZOCCHI BOMBER Z2 im Gegensatz zu meiner angestammten ROCK SHOX-Gabel über einen geringeren Offset von 44 mm verfügte, hatte für mich im Praxistest keinerlei erkennbare Einflüsse auf die Fahrdynamik oder Lenkung meines Bikes. Selbst bei direkt aufeinander folgenden Testfahrten mit beiden Federgabeln spürte ich keinen wirklichen Unterschied bei der Laufruhe oder beim Einlenkverhalten feststellen. Aber vielleicht bin ich auch nicht sensibel genug, um derartige Nuancen herauszufiltern …. 😉

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Testfazit:

Feuerrot, ferrari-rot oder schlichtweg „Gloss red“. Eines ist die MARZOCCHI BOMBER Z2 in dieser Farbgebung keinesfalls: Unauffällig. Wirklich überzeugen konnte sie aber auch durch ihren inneren Werte. Die wenigen, sinnvollen Einstellmöglichkeiten waren dank der sehr guten Bedienungsanleitung und dem extra Tuning-Guide schnell abgehackt und mussten nachträglich auch nicht mehr angepasst werden. Mit der eigens entwickelten RAIL SWEEP-Dämpfungstechnologie machte die Z2 sowohl im gemäßigten Terrain als auch im alpinen Gelände eine sehr gute Figur. Den Untergrund tastete sich dabei stets feinfühlig ab und reagierte schon auf minimale Unebenheiten mit ihrem komfortablen Ansprechverhalten. Im mittleren Federwegsdrittel gefiel sie mir durch den spürbaren Gegendruck und gab mir nie das unnötig Federweg herzuschenken. Bei Einsatz der mitgelieferten Volume Spacers änderte sich ihre Arbeitsweise vom tourig-komfortablen Charakter zu sportlich-straff, was technisch affine Trailfahrer unter Umständen noch mehr ansprechen dürfte. Die Anfangssensibilität bleibt bei gleichem Luftdruck die gleiche, aber gerade in der zweite Federwegshälfte arbeitet die BOMBER Z2 dammmit spürbar mehr Feedback und früher einsetzender Progression. Ideal also für technisches, verblocktes Gelände.

Für den UVP von 699.- € (Strassenpreise oft noch niedriger) bekommt man in der Bomber Z2 also eine Allmountain- bzw. Trail-Gabel, die selbst technische Laien optimal auf ihre Präferenzen einstellen können, die im unterschiedlichsten Terrain ein superbes Fahrverhalten an den Tag legt und die noch dazu auf Robustheit und Langlebigkeit ausgelegt zu sein scheint. Gäbe es einen Preis-/Leistungssieger, dann wäre sich die MARZOCCHI BOMBER Z2 in ihrer Kategorie ein heißer Anwärter auf den Pokal!

MiMü