SCOTT Ransom 900 Tuned – Testintro: von c_g

Diese Schriftzug begleitete unser neustes Testbike – das SCOTT Random 900 Tuned.

Als im Sommer 2017 bei der Neuvorstellung des SCOTT Genius keine LT-Version in Sicht war, war klar, dass die Schweizer diese Lücke früher oder später schließen würden. Angesichts der progressiven Geometrie und der Fähigkeiten des neuen Genius, die es in unserem Test unter Beweis gestellt hat, waren wir natürlich umso gespannter auf dieses Bike. Doch statt eines Genius LT kam das neue Long.Travel Enduro Mitte diesen Jahres unter dem Namen Ransom.

In seiner Grundform dem Genius ähnlich wirkt das Random deutlich wuchtiger und massiver. Es hat den angeblich steifsten je von SCOTT gebauten Carbonrahmen.

Und was für ein Bike es mit seinen 170 mm Federweg vorne wie hinten, dem ultraleichten und zugleich steifen Rahmen, der modernen Geo und diversen spannenden Technologien war! Jetzt haben wir bei TNI-de ein SCOTT Ransom 29er zum Test erhalten … und zwar in der edlen 900 Tuned Top-Variante.

Auch wenn das Ransom optisch auf den ersten Blick viel mit dem All-Mountain-Bike Genius gemeinsam hat, fallen einem bei genauer Betrachtung sofort diverse Unterschiede auf. Der ganze Rahmen fällt großvolumiger und damit wuchtiger aus, die Abstützbreite des Hinterbaus wurde größer, der Tretlagerbereich wirkt als könne man schon fast einen Motor reinpacken und sogar die Umlenkwippe ist viel länger gestaltet. SCOTT selbst sagt von dem Rahmen des Random, dass es der steifste und robusteste Carbonrahmen wäre, den sie je gebaut hätten … und das bei einem kommunizierten Rahmengewicht von ca.   2645 g!

Der Viergelenkes-Hinterbau des SCOTT wirkt wie aus einem Guss – hier beim Top-modell mit Sitz- und Kettenstreben aus Carbon. Nur die Umlenkwippe ist aus Alu.

Geblieben sind neben dem sehr organisch wirkenden und formschönen HMX-Vollcarbon-Rahmen mit tief im Rahmen stehendem Dämpfer und Viergelenker-Hinterbau aber auch die eigene TwinLoc-Technologie mit dem passenden FOX NUDE Dämpfer. Über ein links unter dem Lenker liegendes Hebelpaar kann man die Dämpfung von Gabel und Dämpfer in drei Stufen straffer stellen. SCOTT umschreibt das System zwar als eines bei dem man den  nutzbaren Federweg reduziert (170 mm/120 mm / Lockout), aber tatsächlich handelt es sich um eine Dämpfungseinstellung. Bei meinem Test des SCOTT Genius habe ich diesen Hebel vor allem in Kombination mit einem bewusst komfortbetonten Setup genutzt, ihn bei einem eher sportlich orientierten Setup aber als weniger notwendig empfunden. Beim Ransom mit seinem zusätzlichen Federweg, immerhin 170 mm, denke ich, dass das System bestimmt häufiger zum Einsatz kommen wird. Mit soviel Federweg am Heck ist es einfach nicht zu vermeiden, dass der Hinterbau in Steilanstiegen spürbar in seinen Federweg eintaucht und da dürfte das TwinLoc-System ein geliebtes und bestimmt viel genutztes Feature werden. Zumindest denke ich das, aber es wäre nicht das erste Mal, dass ich in solchen Sachen überrascht worden wäre …

Als wäre das noch nicht genug an Optionen hat der bei den RANSOM Topmodellen verbaute FOX NUDE TR EVOL Dämpfer zusätzlich noch eine bisher exklusiv bei SCOTT zu findende Technologie, die (anders als TwinLoc) tatsächlich in die Federung eingreift. Und zwar in das zur Verfügung stehende Luftvolumen des Dämpfers. Mit dem kleinen schwarzen Hebelehen (oben im Bild) mit der Aufschrift „Ramp Adjust“ kann man die Progression der Federung in 2 Stufen verstellen. Eine Maßnahme, die dem Einsetzen oder Entnehmen eines Volumen-Sparers gleich kommt – nur hier halt eben ganz schnell von außen mit einem Hebelehen. In der Theorie eine geniale Idee um das Random schnell auf Komfort zu trimmen (etwa für Trailrides und rutschige Bedingungen) oder mit reduziertem Volumen und mehr Progression für große Sprünge oder den Bikepark-Einsatz. Ich bin gespannt wie deutlich sich diese Technologie in der Praxis auswirkt und wie sie am RANSOM spürbar sein wird. Das Konzept ist jedenfalls mehr als nachahmenswert. Auch hier steht der Dämpfer direkt über dem Tretlagerbereich  im Rahmen und „auf dem Kopf“ und wird von unten über einen Kabelzug angelenkt, der direkt darunter aus dem Rahmen kommt. Damit hier kein Wasser oder Schmutz eindringen, ist alles mit einer großen präzise ausgeformten Gummiabdichtung und auf der linken Seite mit einem großzügigen Wasserablauf versehen.

Das TwinLoc Hebelpaar ist integraler Bestandteil des Random und erlaubt es die Federung von maximal aktiven 170 mm auf straffer und sogar auf komplett blockiert zu stellen. Durch smarte Integration teilen der TwinLoc Hebel, der Dropper Remote und der Griff eine einzige Klemmung.

Normalerweise sorgt eine solche Vielfalt an On-Th-Fly-Einstellmöglichkeiten auch dafür, dass es am Cockpit etwas enger wird, aber auch hier hat SCOTT durch sinnige Integration vorgesorgt. Der Dropper-Remote ist dafür zwar über den Lenker gewandert – etwas ungewohnt, wenn man sich an die 1x-Dropper-Remotes gewöhnt hat – aber ansonsten wirkt das Cockpit mit Ausnahme der vielen abgehenden Leitungen doch bemerkenswert aufgeräumt. So liegen der Twinloc-Hebel und der Dropper-Remote auf einer Schelle, die auch zugleich die Klemmung für die SCOTT-eigenen Griffe bildet. Für alle, die gerne andere Griffe montieren wollen, liefert SCOTT mit jedem Bike einen Adapter um Griffe und die Remotes zu entkoppeln. So ist man nicht auf ein Produkt fixiert und kann gegebenenfalls wechseln. Auch hier super.

Das SYNCROS Hixon iC 1.0 Cockpit ist eine einteilige Carbonkonstruktion, die zwar ungewöhnlich aussieht, aber alle Anforderungen an ein Enduro-Cockpit erfüllt … nur viel verändern kann man daran nicht.

Apropos Cockpit – das edle Tuned-Topmodell kommt mit der einteiligen Hixon iC Lenker-Vorbau-Einheit aus Carbon, welche nicht nur edel aussieht, sondern mit 780 mm Lenkerbreite einer virtuellen Vorbaulänge von 50 mm und 20 mm Rise sowie einer Lenkerkröpfung von 8° so ziemlich alles erfüllt, was man an einem Enduro erwarten würde. Neben der Optik und dem geringen Gewicht der Einheit (angeblich um die 300 g!) soll die einteilige Konstruktion natürlich auch der Steifigkeit zugute kommen. Mal schaun ob man das in der Praxis auch zu spüren sein wird. Auch hier ist aber nicht 100% festgelegt, Fahrer mit andern Anforderungen an Vorbaulänge oder Rise bietet SCOTT auch noch alternative Einheiten an, die man beim Händler austauschen kann. Weil die Schaftklemmung ganz normal 1 1/8“ ist, können natürlich auch herkömmliche Vorbauten und Lenker montiert und gefahren werden.

Was die übrigen Schnittstellen des Rahmens angeht, greift man auf bewährtes zurück. Tapered Steuerrohr (für ZS-Steuersätze), ein PressFit-Tretlager und Boost an Hinterbau und Gabel. Dabei beweist, das Ransom, dass auch mit Boost ein kompakter Hinterbau mit viel Federweg bei üppiger Reifenfreiheit realisierbar ist. Mit gerade mal 437 mm fällt das Heck nämlich recht kompakt aus. Es muss also nicht unbedingt Super Boost Plus sein, wie man manchmal hört oder liest.

Auf der linken Seite sind diverse Elemente gut erkennbar: Die Ablauföffnung für Wasser, durch die die Bremsleitung geführt wird, die schöne Leitungsführung über den Hauptdrehpunkt mit Einleitung in die Kettenstrebe und das PressFit-Tretlager.

Alle Züge verlaufen intern im Unterrohr und den Kettenstreben, und treten nur im  Tretlagerbereich zutage. Dort werden sie schön und gut geschützt direkt seitlich an den Hautdrehpunkten entlang geführt. Auf der rechten Seite ist hier sogar noch eine leichte obere Kettenführung integriert. Wirklich schön gelöst. Der Hinterbau hat einen PM7 Sockel weshalb die standesgemäße 180 mm Scheibe auch ohne Adapter gefahren werden kann.

Die obere Dampferaufnahme mit FlipChip zur Anpassung der Laufradformate bzw. zum Geometrie-Feintuning.

Wie bei SCOTT üblich hat auch das Ransom einen Flip-Chip, mit dem man die Geometrie, oder genauer gesagt die Tretlager und die Winkel auch auf das alternative Laufradformt (27,5“) anpassen kann. Beide Laufradformate nutzen übrigens den absolut identischen Rahmen. Natürlich kann man den Flip-Chip aber auch nutzen um die Geometrie minimal nachzujustieren. Er liegt beim Ransom in der oberen Dämpferaufnahme und kam an meinem Testbike ab Werk in der für 29er empfohlenen Low-Position, was statisch unbelastet einen wirklich progressiven Lenkwinkel von 74.5° und eine moderate Tretlagerhöhe von 346 mm zur Folge hat. Mit der High-Position ließe sich die Winkel noch um ca. 0,5° steiler und das Tretlager etwa 8 mm höher stellen.

Geometrietabelle des SCOTT Ransom – zum Vergrößern anklicken

Richtig spannend und bereits in der Vorstellung ist die wirklich moderne Geometrie des Random. Mit einem Lenkwinkel zwischen 64,5° und 65°, einem langen Oberrohr mit ca. 635 mm in Gr. L und einem Reach von zwischen 466 und 477 mm (je nach Flip-Chip Position), dazu ein effektiver Sitzwinkel von 75° bis 75,5° und der bereits erwähnte kompakte Hinterbau mit 437 mm, weist sich das Ransom zwar klar als ein Enduro aus, geht dabei aber doch nicht soweit in die Extremen der Kategorie, dass es nicht auch noch für einen breiteren Einsatzbereich nutzbar wäre. Wie bereit dieser unserem Empfinden nach Einsatzbereich wirklich ist, wird der Test zeigen.

Wie bereits angesprochen, handelt es sich bei unserm Testbike um das Tuned-Topmodell, das mit einem empfohlenen VK von 7499.- Euro kommt. Viel Geld, aber, wenn man sich die extrem edle Ausstattung ansieht, keineswegs zu viel für dieses Bike. So findet man am 900 Tuned eine FOX 36 Factory EVOL Luftgabel mit FIT4 Dämpfung, Kashima-Standrohren und dem ebenfalls exklusiven integrierten SCOTT Trail Fender, den bereits angesprochenen FOX NUDE TR EVOL Dämpfer. 

 

Dazu gibt es einen kompletten SRAM X01 Eagle Antrieb mit 32-Zahl Carbonkurbel und SRAM CODE RSC Bremsen mit 200 mm Scheiben vorne und 180 mm hinten. Wie schon im Intro angesprochen, handelt es sich bei der Federgabel um die mit dem aktuell gerade im 29er Bereich so viel diskutierten 44 mm Offset auf den ich wirklich gespannt bin.

  

Die Laufräder sind von DT-SWISS gefertigt und hören auf die Bezeichnung SYNCROS Revelstoke 1.5. Sie haben mit Alufelgen mit einer ordentlichen Innenweite von 30 mm. Die Bereifung ist nicht minder hochwertig mit MAXXIS DHF 2.6 WT vorne wie hinten in der edlen 120 TPI-Variante und mit der für 2019 neuen, leichten und zugleich robusten EXO+ Karkasse. SCOTT nennt übrigens 2,6“ als maximale Reifenbreite für 29er Reifen, wobei dem optischen Eindruck nach hier noch viel Platz zwischen den Sitz und Kettenstreben für Schlamm und Dreck übrig bleibt. Die Sattelstütze ist eine FOX Transfer Factory mit 150 mm Hub  … warum nur 150 mm bei einem derartigen Bike in Größe L? Wahrscheinlich einfach weil es bei FOX, derzeit einfach noch keine Version mit größerer Absenkung gibt.

Wie es sich für eine zukunftssichere Plattform gehört ist das Random natürlich auch schon für SHIMANOs DI2 vorbereitet und ist auch mit dem zwar schon offiziell vorgestellten, aber wohl selbst für SCOTT noch nicht verfügbaren FOX Live Valve kompatibel – daher das dritte Gewinde im Unterrohr zur Befestigung der Akku-Rechnereinheit. Die SCOTT Random Modelle sin übrigens bereits verfügbar.
Komplett mit auf Tubeless umgerüsteter Bereifung und ohne Pedale bringt unser SCOTT Ransom 900 Tuner Testbike in Large es auf wirklich geringe 13,75 kg … bei vollen 170 mm Federweg und mit 29×2,6“ Reifen! Wirklich beachtlich! Bei einem derartigen Gewicht und der einfachen Möglichkeit den Federweg zu reduzieren, sollte das Ransom zumindest in der Theorie ein Bike mit einem gigantischen Einsatzbereich sein … sofern seine doch stark enduro-lastige Geo dem keinen Strich durch die Rechnung macht. Ich bin gespannt … und ihr bestimmt auch. Demnächst hier mehr dazu mit meinen ersten Fahreindrücken.

RIDE ON,
c_g