CONTINENTAL Der Baron Projekt II ProTection APEX 29×2,4“ – Zwischenstand: von MiMü

Vor gerade mal 2 Wochen haben wir euch den überarbeiteten CONTINENTAL Der Baron Projekt II im ausführlichen Intro vorgestellt. Seither durfte der Baron seine Fähigkeiten nicht nur auf gefühlt unzähligen Ausfahrten im heimischen Alpenvorland, sondern auch im Vinschgau und im Enduro-Mekka Reschenpass, unter Beweis stellen – dem goldenen Okober sei Dank. Die Bedingungen waren dabei wie derzeit überall auf der seeehr trockenen Seite, was mit der nicht selten anzutreffenden Staub- und Schottenauflage aber durchaus auch fordernde Testbedingungen mit sich brachte. Hier nun meine ersten Eindrücke, die ich mit den 29×2,4“ Enduro-Reifen gemacht habe.

Der Baron Projekt 29×2.4″ durfte seine Qualitäten in den letzten Wochen auf vielen zum Teil recht herausfordernden Trails unter Beweis stellen.

Für einen Enduro- oder – glaubt man CONTINENTAL – sogar Freeride-Reifen konnte der Baron gleich einmal durch seinen vergleichsweise moderaten Rollwiderstand punkten. Der große Stollenabstand und das damit verbunden bremsende Auf- und Abspringen zwischen Karkasse und Stollen fällt für meinen Geschmack merklich geringer aus, als es die Optik erwarten lässt. Einmal auf Tempo gebracht, waren auch längere Flachetappen mit dem Baron relativ gut und schnell zu bewältigen. Die in Fahrtrichtung leicht abgeschrägten Mittelstollen könnten sich hier auch positiv ausgewirkt haben, aber auch hier spielt das Black Chili Compound sicher seine Vorzüge aus. Nur bergauf, auf harten Untergründen empfand ich den CONTI-Pneu als etwas zäh, was sich auch akustisch durch laute Walkgeräusche der groben Stollen bemerkbar machte.

Das Highlight in dem Test war der Kurzurlaub um die Region Latsch und Reschenpass, mein traditioneller Saisonabschluss ehe die nasse Jahreszeit einsetzt.

Mit einer Erhöhung des Luftdrucks von anfänglich 1,3 Bar vorne/1,4 Bar hinten auf einheitlich 1,9 Bar sank der Rollwiderstand spürbar und längere Asphalt-Uphills wurden noch erträglich und ohne meine Oberschenkel übermäßig leer zu saugen. Wer also seine Uphills aus eigener Kraft bewältigt und gleichzeitig das volle Potential des CONTINENTAL Der Baron ausschöpfen möchte, sollte darüber nachdenken auch unterwegs mit dem Luftdruck zu arbeiten (oder hinten einfach einen etwas leichter rollende Reifen wie den CONTI Mountain King oder Trail King aufzuziehen). Mit den bereits erwähnten 1,3 Bar vorne/1,4 Bar hinten fand ich bei meinen 85 kg Lebendgewicht inkl. Ausrüstung relativ schnell einen optimalen Kompromiss aus Grip, Traktion und Dämpfung.

  

Als absolute Paradedisziplin des Barons erwies sich während der ersten Testphase der scheinbar nie enden wollende Kurvengrip. Den ordentlich abgestützten, massiven Schulterstollen war es dabei völlig egal, ob sich der Untergrund sandig-weich, wurzeldurchsetzt oder felsig-schroff zeigte, sie verzahnten sich stets maximal zuverlässig mit der Oberfläche. Selbst auf den teilweise hochalpinen Trails im Vinschgau war kein Wegknicken oder sogar Abreißen einzelner Seitenstollen zu erkennen. Wie auf Schienen durcheilt der Baron so alle Kurvenradien und verleitete mich das eine oder andere Mal zum jugendlichen Übermut – immer ohne weitreichende Konsequenzen, denn der Baron bleibt auch im Grenzbereich sehr gut beherrschbar. CONTINENTAL scheint hier ein nahezu perfekter Kompromiss aus stabilen, spurstabilen und zugleich anpassungsfähigen Schulterstollen gefunden zu haben, der nach meine bishiergen Erkenntnissen auf nahezu jedem Untergrund optimal funktioniert. Der Einlenkvorgang zeigte sich stets vertrauensfördernd homogen. Der Übergang von Geradeausfahrt in leichte Schräglage bis zur maximalen Kurvenneigung ist kontinuierlich, durchweg unauffällig und ohne undefinierte Zwischenphasen oder gar spürbaren Gripverlust.
Einen Nachteil hatte der enorme Kurvengrip dann aber doch: Wer das Hinterrad gezielt in den Kurvendrift zwingen möchte, muss sich dafür echt anstrengen um den Reifen zum Ausbrechen zu bringen. Einmal quergestellt findet der Baron nämlich sehr schnell erneut Halt, fängt Bike und Fahrer beinahe wie ein ESP-System wieder ein. Für Fahrer, die einen solchen Fahrstil bevorzugen, ist der Baron unter den meisten Bedingungen schon wieder zu gripstark.

Wer maximale Sicherheit sucht, findet das im Baron … maximaler Grip und extrem guter Kurvenhalt in allen Lagen.

Nicht weniger beeindruckend zeigte sich der Baron beim Thema Vortrieb und Bremstraktion. Die zum Teil breiten, quergestellten Mittelstollen hatten nie Probleme, meine Tretbewegungen schlupffrei in Vortrieb umzuwandeln. Auch verblockte Gegenanstiege im technischen Terrain und gestufte Steilstücke am Limit des für mich Machbaren meisterte der Baron mit Bravour und ohne jede Schwäche. Selbst im lockeren Geröll oder auf staubig-weichen Erdböden hatte ich stets mehr als ausreichend Antriebstraktion. Die massiv ausgeführten Stollen konnten sich dabei tief mit dem Untergrund verzahnen. Was das Thema Selbstreinigung angeht, warn die Bedingungen bisher nicht wirklich sehr aussagekräftig, aber so wie ich den Baron bisher erlebt habe, bedarf es schon eines ganz besonder klebringe Bodens um das sehr offene Profil auch nur ansatzweise herauszufordern.

Seine großen, in Querstellung angelegten und versetzten Mittelstollen dürften sich dann auch für die immense Bremstraktion des Baron verantwortlich zeichnen. Zusammen mit den nahezu quadratisch ausgeführten Nachbarstollen bot der CONTI-Enduroreifen unter allen getesteten Bedingungen stets eine enorme Bremsleistung.  Glatte, sandige Felsplatten ließen ihn ebenso unbeeindruckt wie von tiefen Bremswellen oder abschüssige Wurzeln im Bikepark am Reschenpass.

Nach insgesamt vier Tiefenmeter-intensiven Tagen im Vinschgau zeigte sich das Profil des Hinterrads (rechts) dann allerdings doch etwas gezeichnet von den snadig-felsigen Bedinungen – mehrere Gripkanten waren bereits deutlich aberundet. Einen echten Unterschied im Handling konnte ich durch den fortgeschrittenen Verschleiß allerdings noch nicht erkennen … warum, auch denn durch das sehr gute Black-Chili Single-Compound und damit ohne härteres Basis-Compound, bei dem der Grip merklich abnimmt sollten die Gripeigenschaften lange anhaltend hoch bleiben.

Dank robuster Karkasse und verstärkten Flanken konnten die Felsen und Steine dem Reifen außer optischer Schrammen nichts anhaben.

CONTINENTAL’s ProTection-Lage zur Verbesserung der Pannensicherheit konnte vor einiger Zeit bereits beim ebenfalls getetesten Modell Trail King voll überzeugen – und verhalf auch dem Baron zu einer bisher vollkommen pannenfreien Testzeit. Eine genauere optische Kontrolle der beiden Rundlinge zeigte nur minimalste oberflächliche Beschädigungen der Reifenflanken. Ich meine damit Schleif- und Schrammspuren, wie sie gerade im steinig-felsigen Terrain schnell passieren und leichtere Karkasse durchaus zum Aufgeben zwingen können. Auch die Laufflächen selbst waren vollkommen schadenfrei, nirgends konnte ich Spuren von tubeless-Milch abgedichteten Löchern erkennen.

Gerade bei den vielen Felskanten der alpinen Trails ist die robuste Protection-Karkasse mit Apex-Verstärkung gefordert. Sie helfen dabei Durchschläge zu reduzieren und deren Folgen für Reifen und Felgen zu minimieren.

Der zusätzlich verbaute APEX-Schutzgürtel, als Verstärkung zwischen Reifenwulst und Flanken, hat die ohnehin schon sehr gute Arbeitsweise der ProTection-Lage mit Sicherheit noch weiter optimiert. Durch seine Reifenflanken-stabilisierende Funktion war selbst bei probeweise 1 Bar Luftdruck kein Burping oder lästiges Reifen-Nachhüpfen zu erkennen, gleichzeitig stiegen Anpassungsfähigkeit, Traktion sowie der Fahrkomfort noch etwas weiter. Die tubeless-Eigenschaften gingen bei diesem Niedrigdruck ebenfalls noch voll in Ordnung, beide Reifen zeigten auch bei härterer Gangart keinen messbaren Luftverlust.

Bei solchen Bedingungen zu testen kostet wirklich nicht viel Überwindung ;-).

Durch sein großes Volumen schluckte der Baron zudem kleinere Unebenheiten sauber weg, verhalf meinem 120mm-Trailfully so zu einem kleinen Plus an gefühltem Federweg. Gerade im felsig hochalpinen Terrain machte das schnelle Trailsurfen so deutlich mehr Spass, weil meine Unterarme dadruch nicht ganz soviel leisten mussten. Interessant war, dass der Baron auch bei 1 Bar Minimaldruck noch zuverlässig dicht bleib, sauber auf der Felge saß und bis dato frei von Durchschlägen blieb, was ich unter anderem auch dem stabiliserenden APEX-Gürtel zugute halte.

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Zwischenstand

CONTIs Der Baron Projekt hat sich bisher als wirklich potent und sicher erwiesen – jetzt muss er nur noch unter nassen Bedienungen zeigen, was er so kann.

Die 29“ Variante des überarbeiteten Der Baron konnte mich während der bisher knapp dreiwöchigen Testphase voll und ganz überzeugen. Auf allen getesteten Untergründen waren Kurvengrip, Traktion und Bremsleistung auf einem absoluten Top-niveau. Hier setzt nicht die Reifens-Performance sondern das Fahrkönnen des Piloten die Grenzen. Dank ProTection-Schutzlage und seitlichem APEX-Gürtel ist der Reifen ausgesprochen robust und pannensicher und verzeiht so manchen Fahrfehler ohne Panne. Wie es sich für einen echten Enduro-/Freeride-Reifen gehört, schreckt der Baron weder vor Fels und Stein noch vor Waldböden, Wurzelfeldern oder dem klassisch gemischten Terrain zurück.

Aufgrund der robusten Konstruktion kommt der Baron Projekt 2.4 mit einem sehr breiten Luftdruckbereich zurecht. Um das Potential des CONTI-Pneus aber wirklich auszuschöpfen, sollte man auch unterwegs bereit sein den Luftdruck den Erfordernissen nach anzupassen. Bei diesem Reifen lohnt es sich für längere Uphills und bei Transfer-Etappen den Druck zu erhöhen, um den Rollwiderstand zu senken, bzw. ihn bergab zu reduzieren um in den Genuss der enormen Traktion und des hohen Fahrkomforts zu kommen. Den bisherigen Verschleiß am Hinterreifen empfinde ich angesichts der intensiven Nutzung als durchaus akzeptabel – rund 15.000 Tiefenmeter auf oft felsigen und keineswegs material-schonenden Trails dürfen schon mal solche Spuren hinterlassen. Mit dem angekündigt herbstlich-nassen Wetter werde ich demnächst meine Testeindrücke komplettieren und bei der Gelegenheit hinten auch mal den kleineren aber breiteren 27,5×2,6“ Bruder des Baron ausprobieren, den man uns ja auch zum Test geschickt hat.

 MiMü