DARTMOOR Bluebird EVO 29 – Testzusammenfassung: von MiMü

Rund einen Monat hatte ich Zeit um dem für 2019 neuen Trailbike DARTMOOR Bluebird EVO 29 (Link zum Online Katalog) ordentlich auf den Zahn zu fühlen. Seine Qualitäten durfte das polnische Fully mit 140 mm Federweg vorne und 130 mm Federweg hinten dabei nicht nur auf meinen heimischen Voralpen-Trails, sondern auch im Bikepark Saalbach-Hinterglemm-Leogang, unter Beweis stellen. Alles, was man von einem derartigen bike also erwarten kann. Aber alles der Reihe nach.

Zuerst ging es erst einmal ans individuelle Set-Up des Bikes. Die beiden ROCK SHOX Luft-Federelemente, eine Revelation RC Boost Gabel an der Front sowie ein Monarch RL Dämpfer im Heck, waren – nicht zuletzt auch wegen der aufgelaserten SAG-Skalen und der Luftdrucktabelle am Gabelholm – ruckzuck an Fahrergewicht und persönliche Präferenzen eingestellt.

Die Hebelgriffweite der SRAM Level T Bremse ließ sich zwar nur per Inbus einstellen, aber weil man das ja ohenhin nur einmal macht, störte mich das nicht weiter. Hinderlich bei der Anpassung des Cockpits waren dagegen die breiten Klemmschellen der Bremshebel, wodurch der rechte Shifter ungewohnt weit innen montiert werden musste. ISRAMs NX Schalthebel ist zudem nur in der Neigung individualisierbar, ein zweites Montageloch zur Distanzänderung fehlt leider.

Der Remote Hebel von X-FUSIONs Manic Dropper-Post gefiel mir durch seine stufenlose Kugelaufnahme umso mehr. Er kann nicht nur in der Entfernung zum Daumen hin angepasst werden sondern auch im Winkel. So dürfte jeder recht einfach seine ergonomische Optimalposition finden können. Bei den mir völlig unbekannten SCHWALBE Smart Sam Performance Addix Reifen in 2,6“ Mid-Size Breite wählte ich einen anfänglichen Luftdruck von 1,5 Bar und ließ mich überraschen. Im Laufe des Tests habe ich immer wieder variiert und bin schließlich bei 1,2 vorne und 1,3 bar unten als meinen Idealdruck gelandet.

Beim ersten Aufsitzen empfand ich die Sitzposition des DARTMOOR Bluebird als auffällig kompakt. Trotz 612 mm effektiver Oberrohrlänge bei der getesteten Rahmengröße L kam ich mir keineswegs wie auf einer Streckbank vor. Ganz im Gegenteil, fühlte sihc das Bike eher kompakt an, mit viel Übersicht und mehr auf gutmütiges Handling im technischen Terrain hin ausgeleg, als auf schiern Vortrieb. Dank des modern steilen Sitzwinkels von 76° tritt man zudem angenehm von oben in die Pedale. IN seiner Sitzposition ist das Bluebeird also mehr auf Handling und Trails ausgelegt, legt aber dennnoch einen ordentlichen Vortrieb an den Tag.

Sobald es bergauf geht, zeigt sich der Eingelenker-Hinterbau allerdings von der aktiveren Seite. Beim kräftigen Pedalieren und bereits minmal unrundem Tritt neigt der Hinterbau  leider recht stark zum Wippen.  Durch Aktivieren des Lockout unterbindet man dies schnell und effektiv, büßt damit aber auch eine große Portion Komfort und Traktion ein. Wer seine Höhenmeter vorwiegend auf gemäßigten Trails und Forststrassen hinter sich bringt, kann das gut verschmerzen. Im technischen Uphill allerdings hat man dann nur die Wahl zwischen wippanfälligem, aktiv arbeitendem Heck oder einem hardtail-ähnlichem Hinterbau, der schnell ans Traktionslimit kommt.

 

Die kompakte Sitzposition des Bluebird hatte meinem Empfinden nach beim bergauf fahren keine negativen Einflüsse auf den Vortrieb, weil stets genügend Gewicht auf dem Vorderrad lastete. Die Übersetzung mit 28er Kettenblatt und 11-42 Kassette kam in steilen Stichen zwar schnell an ihre Grenzen, aber weil in Serie ja die größere 11-46 SUNRACE Kassette verbaut sein wird, dürfte dieser Kritikpunkt nur für unser Testbike zutreffen. Das zugegeben hohe Gesamtgewicht von immerhin 15,1 kg bremst das Bike bergauf zwar schon ein wenig – raketenartigen Vortrieb darf man sich nicht erwarten – aber wer seine Höhenmeter nach dem Motto „In der Ruhe liegt die Kraft“ erklimmt, kommt mit dem DARTMOOR Bluebird auch überall hinauf.

Bergab und über technische Trails fühlt man sich dank der kompakten Geometrie sehr gut ins Bike integriert. Man ist wunderbar zentral auf dem Bluebird ins Bike integriert uns fühlt sich sehr sicher. Den Lenkwinkel von 66° empfand ich dabei als sehr guten Kompromiss aus hoher Laufruhe und direktem Einlenkverhalten ohne ije zu laufruhig zu werden oder gar in langsamen Passagen zum Abkippen zu neigen.

High-Speed Passagen oder Anlieger waren mit dem DARTMOOR Bluebird ebenfalls nie ein Thema, Das Bike fährt sich sehr zielsicher und präzise. Auf dem Trail ist das Blubird ein wirklich gelungenes Bike. Durch das kurze Steuerrohr und den Lenker mit wenig Rise bleibt die Front generell eher niedrig. Das sorgt für viel Druck auf dem Vorderrad und verhilft  gerade in ruppigen Sektionen zu eine hohne Präzision, erfordert aber auch eine aktivere Fahrweise wenn s richtig steil wird. Der 780 mm breite DARTMOOR-Lenker, kombiniert mit einem 50 mm kurzen Vorbau, bot dabei einen ordentlichen Lenkhebel, unterstützte den Piloten so bei der Linienwahl. Auch die mit 439 mm mäßig langen Kettenstreben unterstützten ein angnehem neutrales, bis leicht wendiges Fahrverhalten in verwinkeltem Terrain. Während der  aktive Hinterbau den Vortrieb im Uphill noch ein wenig dämpft, entpuppt er sich bergab als äußerst sensibler und potenter Partner. Das Heck mit gerade mal 130 mm Federweg reagiert bereits auf kleinste Kiesel oder Unebenheiten und leggt auch bei größeren Stufen oder Drops eine sehr gute Performance an den Tag – über deinen großen Teil des Federwgs weitgehend linear und doch mit gut spürbarer Endprogression von Seitn des Dämpfers. Der ROCK SHOX Monarch RL mag zwar kein Highend-Produkt sein, arbeitete am Bluebird aber dennoch sehr gut. Selbst auf einer Non-Stop-Abfaht den ganzen Hacklbergtrail hinunter konnte ich keine Spur von Verhärten durch zu heiß gewordenes Dämpfungsöl im Inneren oder andere Schwächen feststellen.

 

Das Pendant an der Front, die ROCK SHOX Revelation RC mit 140 mm Federweg, gab sich am Testbike von der sportlicheren Seite und zeigt erst im gröberen Terrain ihr volles Potential. Während sie mir bei mittleren und großen Schlägen sehr gut gefallen hat – mit ihrem voll nutzbaren Federweg bei gleichzeitig ordentlichem Feedback und einer sehr guten Dämpfung steht sie anderen High-End-Gabeln kaum nach – hat sie mich bei kleineren Unebenheiten weit weinger begeistert. Deratiges Gelände gab sie recht ungefiltert an den Fahrer weiter, was gerade auf langen Abfahrten doch recht ermüdend war. Damit passt sie zwar gut zum Grundcharakter des sportlichen Trail-/Endurobikes, hinkt aber eben dem super sensiblen hinterbau doch ein wenig hinterher. Die SRAM Level T Bremsanlage konnte mich einmal mehr mit ihrer stets ausreichenden Bremskraft, guten Modulation und problemlosen Standfestigkeit überzeugen – selbst bei Dauerbremsungen und langen Abfahrten in Saalbach-Hinterglemm.

Die größte Überraschung im Downhill lieferten aber die SCHWALBE Smart Sam Reifen ab. Ihre Herkunft als zahmer Tourenreifen war ihnen lediglich an ihrem ausgesprochen geringen Rollwiderstand und ihrer hohen Tempostabilität anzumerken. Selbst im felsig-schroffen Gelände boten die Reifen mit dem nahezu durchgehenden Mittelprofil und dem 1-fach Addix Compound einen tollen Kurvengrip, eine tadellose Bremstraktion selbst mit auf 1,1 Bar abgesenkten Luftdruck einen wirklich ordentlichen Pannenschutz bei gleichzeitig hohem Fahrkomfort auf der 35 mm breiten DARTMOOR Cruiser Felge. Burping war ebenso wenig festzustellen wie übermäßige Profilabnutzung. Lediglich auf harten, festgefahrenen Böden brauchte der Smart Sam in Kurven etwas mehr Nachdruck, wollte durch sein schienenartiges Mittelprofil beharrlich geradeaus fahren. Um das Trail-Potential des Bluebird auf weichen Böden und auf nassen Steinen oder Wurzeln voll auszufahren, lohnt es sich auf Reifen mit einem aggressiveren Profil umzurüsten, aber als Tourenreifen bei trockenen Bedingungen war der Smart Sam viel besser als von mir erwartet. Gerade auf sonst so tückischem, losem Schotter bieten sie einen überraschend satten Grip. Dank ihrer 2,6“ Breite und dem niedrigen Reifendruck war der Fahrkomfort natürlich sehr hoch, was gerade mit dem  im Uphill zeitweise gesperrten Hinterbau sehr willkommen ist.

Meine Kritikpunkte am DARTMOOR Bluebird beschränken sich nach gut 4 Wochen im Testeinsatz wirklich nur auf ein paar Details: Während mir die X-FUSION Manic Dropper-Post und der Remote in ihrer Funktion sehr gut gefallen haben, kam es immer wieder vor, dass die Schaltzughülle bei starkem Einschlagen des Lenkers aus ihrer Remote-Hebel-Führung gesprungen ist. Weil es dadurch nie zur Fehlfunktion kam und der Zug mit einem Druck am Remote zwr immmer wieder zurückgerutscht ist, blieb es für mich ein  in erster Linie optischer Makel, aber ein Makel nichtsdestotrotz. Die zweite Detailkritik betrifft die DARTMOOR Maze-Griffe, die mit ihrer einseitigen Schraubklemmung zwar ein sehr angenehmes und sicheres Griffgefühl bieten, aber eben auch die Tendenz dazu hatten sich im härteren Terrain auf der nicht geklemmten Seite zu verdrehen. Andere Griffe drauf und fertig.

FAZIT: Trailbiker mit kleinen Geldbeutel und dem Wunsch eine weniger bekannte Bikemarke zu fahren, sollten sich das DARTMOOR Bluebird EVO 29 durchaus einmal genauer anschauen. Für bemerkenswerte 2399.- Euro bekommt man hier ein voll trailtaugliches und funktionelles Gesamtpaket. Die Geometrie und das Handling  passen sehr gut zum Einsatzbereich. Der sensible Eingelenker-Hinterbau bietet im technischen Terrain und Downhill eine tolle Perfromance, benötigt im Uphill aber doch oft den Griff zum Lockouthebel. Eine zusätzliche Zwischenstufe mit Plattformdämpfung, die hier durchaus sinnvoll gewesen wäre, fehlt beim Basismodell EVO leider. Mit gerade mal 899.- Euro bietet auch der Rahmenkit (ohne Dämpfer) eine interessante Option zum Aufbau eines Budget-Custombikes.Der Mix aus SRAM NX 11-fach Schaltung, Level T-Bremsanlage, der X-FUSION Manic Dropper-Post sowie jeder Menge Eigenparts gewinnt zwar keinen Preis in der Bling-Bling-Wertung – weil Optik, Funktion und Haltbarkeit aber in dem Test sehr wohl überzeugen können, kann man das doch sehr leicht verschmerzen! Die Smart Sam Reifen in 2,6“ Breite haben sich bei den vorwiegend trocknen Bedingungen im Test überraschend gut geschlagen, sind als Trailreifen aber sicher etwas zu zahm.

MiMü