TRANSITION Smuggler (NX Aluminium) – Testfazit: von MiMü
(hierzu bereits erschienene Artikel: Offizielle Vorstellung des TRANSITION SBG-Bikes – Eurobike’17Testintro des TRANSITION Smugger Alloy NX, Zwischenstand)

Das TRANSITION Smuggler war mit seinen 140/120 mm Federweg und der modernen SBG-Geometrie in spannendes Testbike.

Als wir euch Ende April an dieser Stelle das Einstiegsmodell des TRANSITION Smuggler, das NX Aluminium, vorgestellt haben, waren wir selbst wohl am allermeisten gespannt, inwieweit die vielzitierte Speed Balanced Geometry (kurz SBG) auf den Trails zu spüren sein würde. Für alle, die es vergessen haben, hier noch einmal kurz zusammengefasst, worum es bei SBG geht: Auch bei bei der Rider-owned-Company aus Washington folgt man dem allgemeinen Trend zu „long, low and slack“, bringt aber zusätzlich den reduzierten Gabeloffset (nur 43 mm bie 29ern) in das Geometrie-Gesamtkonzept mit ein. TRANSITION erhofft sich dadurch zugleich ein laufruhiges Fahrverhalten bei Highspeed wie auch ein quirlig-verspieltes Handling in verwinkelten Passagen. Nach mehr als sechs Wochen Testeinsatz ist es nun Zeit, ein Fazit zum TRANSITION Smuggler NX Aluminium zu ziehen – womöglich sogar mit einem gewissen „Aha“-Erlebnis?

Durch die moderne und flache Geo fühlt man sich immer sehr sicher auf dem Smuggler.

Beginnen wir bei Geometrie und Rahmen unseres Testbikes. Mit einem angenehmen Stack von 624 mm und einer effektiven Oberrohrlänge von 625 mm (in Rahmengröße L) nimmt man als Pilot eine komfortable und entspannte Fahrposition ein. Der Sitzwinkel von 75,8° sorgt zudem für eine ergonomische Tretposition. Beim flachen Dahinpedalieren wird damit das doch recht hohe Gesamtgewicht von 15,1 kg (ohne Pedale) relativ geschickt kaschiert. Dieses kommt erst im richtig steilen Uphill zu tragen, wo es Waden der strammeren Art fordert. Bei gemäßigteren Steigungsprozenten ist es einmal mehr die ausgewogene Geometrie, die den Piloten kraftschonend und zielsicher klettern läßt. Der Tritt erfolgt vortriebsorientiert von oben, es lastet immer viel Gewicht auf dem Vorderrad, wodurch selbiges erst sehr spät zu steigen beginnt.

Dreht man das Vorderrad Richtung schnellem Downhill, dann zeigt sich wie ausgewogen („balanced“) die Geometrie wirklich ist. Der zeitgemäße, nicht übertriebene Reach von 475 mm positioniert den Fahrer sehr zentral und dadurch viel Sicherheit vermittelnd ins Bike, dank seines 66° flachen Lenkwinkels liegt das Smuggler bei Highspeed angenehm ruhig, wirkt aber nie träge, auf dem Trail. Schnelle Kurvenabfolgen stellen überhaupt kein Problem dar, mit Leichtigkeit lässt sich das Bike von einer Seite zur anderen dirigieren. Im langsameren, technisch fordernden Gelände gefiel das Smuggler mir durch seine Handlichkeit und sein unaufgeregtes, gutmütiges Fahrverhalten. Die nur 430 mm kurzen Kettenstreben machen das TRANSITION in engen Turns sogar recht agil, beinahe wie ein CC-Fully wird der Baumslalom durcheilt.

Ob mit dem speziellen SGB-Offset von 43 mm oder einer Gabel mit 51 mm Offset – das Smuggler fährt sie in bedien Kombinationen sehr stimmig.

Probehalber habe ich auch mal eine ROCK SHOX Pike mit „normalem“ Offset (51 mm) und ebenfalls 140 mm Federweg an das Bike geschraubt um zu sehen ob sich das handling damit deutlich verändern würde, doch der Unterschied blibe eher subtil. Rein subjektiv geühlt wurde das Low-Speed-Handling dadurch einen Hauch weniger direkt – etwas, das ich auf den längeren Radstand bzw. das um 6 mm weiter nach vorne gewanderte Vorderrad zurückführte – aber ansonsten bleib das Handling meinem Empfinden nach nahezu identisch. Ob die Laufruhe bei Highspeed oder die objektive Wendigkeit sich dadurch wirklich verändert haben, vermag ich nicht zu sagen. Einen wirklich deutlichen, und für jedermann spürbaren Unterschied im Lenkverhalten konnte ich jedenfalls nicht feststellen. Das ist abr auch garnicht so wichtig, denn wie schon geschrieben, fährt sich das Smuggler wunderbar ausgewogen und stimmig.

 

Am Rahmen selbst gab es nichts auszusetzen. Die sauber gesetzten Schweißnähte erfreuen das Auge und versprechen eine hohe Verarbeitungsqualität. Die Lackierung wirkt sehr schlagresistent und ist an den neuralgischen Punkten zusätzlich durch Folie geschützte. Aktuelle Standards wie Boost-Hinterbau oder Postmount-Bremsaufnahme wurden da gewählt, wo sinnvoll und  das leicht selbst zu wartende BSA-Innenlager sowie der Drop-In-Steuersatz freuen den Hobbyschrauber. Die innenverlegten Züge verhielten sich auch im felsigen Terrain absolut klapperfrei, während die groß dimensionierten Enduro-Max-Lager den Hinterbau leichtgängig seine Arbeit verichten lassen.

Die eigenen Viergelenkes-Kinematik („Giddy-Upp 2.0“) funktioniert am Smuggler hervorragend.

Der „GiddyUp 2.OHH“ genannte Viergelenkes-Hinterbau besitzt eine Charakterisitk, die für meine Begriffe perfekt zu dem sportlichen Trailfully passt. Nicht ultrasensibel, aber sehr potent werden auch größere Schläge souverän gedämpft. Das Feedback vom Untergund ist dabei eher auf der direkten Seite, zeigt dafür aber auch keinerlei Anzeichen von Schwammigkeit oder mangelndem Feddback, wenn es haarig wird. Die 120 mm Federweg am Heck werden jedenfalls optimal genutzt und sind den 140 mm an der Front mindestens ebenbürtig, in vielen Situationen sogar überlegen.

 

Am Federungsverhalten der verbauten ROCK SHOX Revelation RC Boost Federgabel hat sich seit dem Zwischenstand nichts geändert. In einem für ein Trailbike angemessenen Terrain macht sie durchaus einen sehr guten Job, nur in besonders grobem Gelände bzw. bei sehr schnellen Schlagfolgen spürt man wie die etwas einfachere Motion Control Dämpfung an ihre Grenzen kommt. Wird das Tempo richtig hoch und der Trail noch gröber – wir sprechen hier schon eher von Enduro – setzen nicht nur der Federweg, sondern eben auch die Federperformance ein Limit. Wer richtig aggressiv fährt und viel technischem Gelände unterwegs ist, wird bei diesem Modell früher oder später über ein Federgabel-Upgrade nachdenken.
Über deren Gegenstück, dem ebenfalls von ROCK SHOX stammenden Deluxe RT Dämpfer, kann ich dagegen nur Positives berichten. Er ist leicht abzustimmen, besitzt ine effektive Zugstufenverstellung und erzeugt in Zusammenspiel mit dem Giddyup-Hinterbau ein sensibles, aber dennoch nicht schwammiges Ansprechverhalten.

Der SRAM NX Antrieb mit Race Face Kurbel funktioniert ausgezeichnet, bitte aber mit seiner 10-42 Kassette nicht immer die optimale Übersetzungsbandbreite.

SRAM’s NX 1×11 Schaltgruppe (hier kombiniert mit einer RAC EFACE Aeffect Kurbel) stellt laut Produktfolio zwar den Einstieg in die Welt der 1—fach Schaltgruppen dar, überzeugte mich aber mit stets präzisen Gangwechseln und schaltete auch unter Last noch wunderbar sauber. Der Trigger-Shifter ist dabei nicht der knackigste, einen Druckpunkt beim nächsten Gangwechsel erkennt man aber trotzdem. Wem die Übersetzungsbreite der Originalkassette von gut 382 % zu gering ist sollte auf ein weiter gespreitztes Exemplar (etwa 11-46 von E*13) umüsten und sich, je nach Einsatzzweck des Bikes, vielleicht auch noch ein größeres Kettenblatt (in Serie 28 Zähne) montieren. Dann ist auch Mittreten bei schnellen Downhills oder Kilometermachen in der Ebene problemlos möglich.

 

Seit dem Zwischenstandwar das TRANSITION Smuggler mit der Reifenkombination CONTINENTAL Der Baron (vorne) /Mountainking III (hinten) unterwegs. Bei längeren Uphills oder auf Asphalt war mir der Rollwiderstand der beiden MAXXIS Minion-Brüder DHF/DHR dann doch etwas zu hoch. Gewichtstechnisch änderte sich dadurch wenig, denn der schwerere Baron glich den Gewichtsvorteil des Mountainking wieder aus.

Unterwegs auf Testfahrt mit dem TRANSITION Smuggler – bei solchen Bedingungen macht das testen besonders viel Spaß.

Im Uphill wurde das Smuggler mit der CONTI-Bereifung trotzdem spürbar leichtfüßiger, ohne unter signifikantem Traktionsverlust zu leiden. Und auf den Trails erwies sich meine Wahl im Vergleich zu den Serienreifen als weiterhin stimmig und änderte das generelle Fahrverhalten leicht hin in Richtung Trailbike und weg vom Mini-Enduro. Vorne verbiss sich der Baron gerade in Schrägfahrt fest in den Untergrund, hinten sorgte der Mountainking für Grip und jede Menge Bremstraktion. Auffallend beim Reifenwechsel war lediglich, dass TRANSITION vorne wie hinten auf klassische Schraubachsen ohne Schnellspannhebel zurückgreift, was nicht weiter tragisch ist. Es wäre jedoch schön gewesen, wenn man dafür nicht zwei unterschiedliche Inbus-Größen benötigen würde. Da die meisten Leute aber ohenhin immer ein Minitool dabei haben, ist das aber nicht weiter tragisch. Das Aufziehen der neuen Reifen auf den WTB i29 Felgen gestaltete sich indes äußerst einfach, trotz steifer Protection-Karkasse war nicht einmal ein Reifenheber notwendig. Der Laufradsatz überstand unseren Test schadlos, bot viel Stabilität und Führung und brachte dank seiner 29 mm breiten Felge allen montierten Reifen zusätzlich Volumen und dadurch Komfort.

  

Wie schon die Schaltung, stellt auch SRAM’s Level T Scheibenbremsenanlage ein Einstiegsmodell dar. Nichtsdestotrotz überzeugte sie durch ihre gute Standfestigkeit, einen konstanten und gut definierten Druckpunkt sowie eine universell gute Modulation mit der sie vom MTB-Neuling bis hin zum erfahrenen biker jeden zufriedenstellen dürfte. Für den Einsatz an einem derartigen Trailbike ist sie meinen Erfahrungen nach völlig ausreichend, solange die Scheibengöße passt und daran hat TRANSITION mit den beiden 180 mm Scheiben ja gedacht.

Auch die restlichen verbauten Komponenten konnten mich durchaus überzeugen: Das RACE FACE Cockpit bestehend aus 780 mm breitem Chester Lenker und 40 mm kurzem Aeffect Vorbau bietet hohe Hebelkräfte bei einem gleichzeitig direkten Lenkverhalten. Die ebenfalls aus der Aeffect-Linie stammende Dropper Post mit 150 mm Absenkung litt anfangs ja unter zu niedrigem Luftdruck, blieb nach einmaliger Korrektur aber konstant dicht und fuhr bis zum Testende zuverlässig auf und ab. Der 1x Trigger-Remote hatte schon bei Testbeginn spürbares Lagerungsspiel, das aber im Laufe des Tests unverändert und damit ohne Funktionseinschränkungen blieb.

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Das TRANSITION Smuggler ist ein wirklich stimmiges und potentes Trailbike und hierzulande nicht sehr oft auf den Trails anzutreffen – schade, denn es macht richtig Spaß.

Fazit: Mit dem Smuggler hat TRANSITION ein sehr stimmiges, potentes und auf maximalen Fahrspaß getrimmtes Trailfully mit 140 bzw. 120 mm Federweg im Programm. Die Geometrie und das handling haben mir sehr gut gefallen. Das Smuggler bietet genau die richtige Mischung aus Sicherheit und Laufruhe bei Highspeed und Agilität im langsamen, technischen Terrain. Eine hohe Laufruhe gepaart mit bereitwilligem, direkten Einlenkverhalten trifft beim TRANSITION-Fully auf ein verspieltes, drehfreudiges Handling in engen, verwinkelten Sektionen. Die Sitzposition ist dabei sehr zentral und bietet dadurch eine gute Übersicht. Damit kann ich die Speed Balanced Geometry als rundum gelungen bezeichnen. Ob oder inwieweit der darin integrierte veränderte Gabeloffset wirklich einen spürbaren Einfluss auf das sehr ausgeglichene Fahrverhalten hatte, konnte ich nicht eindeutig herauszufinden – ein echter „Aha“-Moment blieb bei mir auch nach einen direktn Vergleich mit einer 51-mm-Offset-Gabel aus. Nachdem selbst der deutsche Importeur Trailtoys versicherte, dass alle SBG-Fullys auch mit „normalen“ Gabeln ausgezeichnet funktionieren, kann ich aber nicht ausschließen, dass  die feinen Nuancen des Gesamtkonzepts SBG eventuell nicht doch für Leute mit noch sensibleren Popo-Metern spürbar sind.

Jeder test hat mal ein Ende und auch hier lassen wir das Bike nur ungern wieder zurück zum Vertrieb gehen …

Bei der Ausstattung greift TRANSITION auf durchweg funktionelle und robuste Komponenten zurück. Weder Federgabel, Schaltgruppe noch Bremsanlage boten dabei Anlass großer Kritik, funktionierten die gesamten Testphase über zuverlässig und konstant auf hohem Niveau. Sie treiben das Gesamtgewicht aber auch auf satte 15,1 kg hoch. Mit 3399.- Euro ist das US-Bike damit seinen Preis sicher wert und  macht seinem Besitzer garantiert lange, viel Freude. Wer es noch etwas leichter möchte und zusätzlichin den Komfort einer 12-fach Schaltung kommen will, findet diesen in dem nächsthöheren Modellen, dem GX Aluminium oder dem GS Carbon, das bereits mit einem noch leichteren Carbonrahmen aufwartet.

 MiMü