TANTRUM Shinning – Erste Eindrücke (… oder so): von c_g

Nicht schon wieder! Schon beim  ersten Aufsitzen auf meinem frisch aufgebauten TANTRUM Shinning, hatte ich den Eindruck, dass etwas nicht stimmt. Das Bike hat eigentlich die perfekten Voraussetzungen um ein wirklich potentes Enduro zu sein und doch hat es sich ungewöhnlich kompakt angefühlt. Einmal nachgemessen hat sich der Verdacht dann auch bewahrheitet – der mit einer effektiven Oberrohrlänge von ca. 63,5 cm angekündigte Rahmen hatte gerade mal 60.0 cm! Schon wieder diese drei Zentimeter, wie damals beim VOTEC VX.

Aufgrund des zu kurz gefertigten Hauptrahmens war das TANTRUM Shinning wie hier abgebildet nur kurz bei mir im Einsatz.

Auf Rückfrage haben wir dann erfahren, dass es bei der ersten Fertigungscharge in Taiwan wohl mehrere Rahmen gegeben hat, die etwas zu kurz „geraten waren“. Nur kurios, dass man uns das nicht vorher gesagt hatte und uns einen zu kurzen Rahmen zum Test schickt … wohl in der Annahme, das wir das gar nicht merken würden. Die Winkel und übrigen Maße scheinen übrigens eingehalten worden zu sein, nur eben die Länge nicht.

Wie dem auch sei, ich bin das Bike ein paar Tage gefahren um wenigstens ein Gefühl für die Geometrie und Federung zu bekommen, habe es dann wieder zerlegt und ein guter Freund, der aktuell auf dem Sea Otter Festival weilt, wird mir von dort einen neuen Hauptrahmen mit korrekten Spezifikationen mitbringen (Danke Frank!!). Der ausführliche TNI-Test des TANTRUM Shinning wird also noch ein wenig auf sich warten lassen. Mit ein paar Beobachtungen möchte ich euch das Warten aber dennoch erleichtern:

Die im leichten Bogen zu verlegende Bremsleitung ohne Führung ist die Folge eines Konstruktionsfehlers. In der nächsten Generation gibt es hier eine zusätzliche Führung.

Der Aufbau des Rahmens verlief weitgehend unproblematisch. Weder an den Schnittpunkten wie Steuerrohr, noch am Sitzrohr oder dem Tretlager gab es irgendwelche Auffälligkeiten oder Fertigungsungenauigkeiten. Einzig bei der extern verlaufenden, hinteren Bremse muss man darauf achten die Leitung in einem kleinen Bogen um die Aussparung im Unterrohr zu führen, damit sie dort nicht vom Dämpfer gequetscht werden kann. Hier hat Brian, schlichtweg vergessen noch eine Leitungsführung anbringen zu lassen, ein Versehen, das in der nächsten Generation behoben wird.

Mit 165 mm am Heck und 170 mm an der Front, lädt das Shinning dazu ein seine Grenzen nur zu definieren. Features wie dieser sind da fast schon „zu zahm“.

Ein weiteres Thema ist die maximal Einstecktiefe der Sattelstütze. Durch die Biegungen im Sitzrohr und den oberen Drehpunkt bleibt nur wenig nutzbare Sitzrohrlänge.  Mit der zuerst verbauten MAGURA Vyron (mit 150 mm Hub) hat es mit meiner Schrittlänge noch gut funktioniert, aber die anfangs für das Bike geplante ROCK SHOX Reverb mit 170 mm Hub hätte – wenn überhaupt – nur noch sehr knapp gepasst. Aber auch hier hat Brian für di nächste Generation bereits Besserung gelobt.

Durch den baldige Austausch des zu kompakte Sitzposition war das Bike zwar nur kurz im Testeinsatz, hat aber in der kurzen Zeit trotzdem ordentlich was erlebt.

Wie schon im Introangesprochen, ist der Rahmen in der ersten Generation noch ein wenig „overbuilt“ ausgelegt. Das merkt man am Gewicht von 3,8 kg (inkl. Dämpfer) und spürt man auch in der Steifigkeit. Da flext auch unter schweren Fahrern nicht mehr viel, weder am Hauptrahmen, noch am mit vielen Gelenkpunkten versehen Hinterbau. Zumindest kann man sich sicher sein, dass der Rahmen ordentlich was wegstecken kann.

Was die Reifenfreiheit angeht, hat Brian wahrlich nicht zu viel versprochen. Mit den verbauten SCHWALBE Magic Mary 2,35 auf 35 mm breiten Felgen bleibt noch massig viel Platz. Ich hatte zwar nicht die Gelegenheit dazu, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass dort wirklich 29er Reifen mit 2,6“ und 27,5“ mit über 3-Zoll reinpassen. Trotzdem, und das ist wirklich anzusprechen, gibt es keinerlei Probleme bei der Fersenfreiheit und auch die Kurbelarme laufen in ordentlichem Abstand zu den Sitz- und Kettenstreben. Lediglich bei der Größe des Kettenblattes muss man ein wenig Abstriche machen. Mit dem verbauten Boost 30-Zahn KB geht es noch locker, aber wer mehr als 34 Zähne oder mehr auf dem Rahmen fahren möchte, könnte unter Umständen Probleme bekommen.

Auch mit der zu kurzen Geo kann man klar sagen, dass das Handling deutlich in  Richtung Enduro tendiert. Mit dem 65° Lenkwinkel (bedingt durch die 170 mm Gabel und die höher bauende untere Steuersatzlagerschale des AngleSets) generiert das Shinning sehr viel Laufruhe und macht das Bike zu einer Waffe, wenn es steiler oder gröber wird. Beim ersten Aufsitzen hat man sofort dieses selbstvertrauenerweckende Gefühl einer sehr spurstabilen Lenkung, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt.

Zur hier exklusiv verbauten Missing Link Kinematik möchte ich noch nicht allzu viel sagen, denn deren Performance wird natürlich auch durch die effektive Gewichtsverteilung beeinflusst. Daher nur soviel: Bergab und über gröbere Trails ist der Hinterbau bemerkenswert aktiv und doch kontrolliert. Er bietet eine mustergültige Traktion, viel Komfort und hat gleichzeitig ordentlich Feedback und Reserven. Bergauf dagegen habe ich zweierlei Dinge beobachtet. Solange man mit nur mäßiger Power dahinfährt, arbeitet der Hinterbau weiterhin sehr aktiv und bleibt richtig sensibel. Je nach Gewichtsverteilung taucht der Hinterbau dann durchaus auch ein wenig in seinen Federweg ein. Sobald man aber aus dem Sattel in den Wiegetritt geht, wird der Hinterbau auf einen Schlag außer-gewöhnlich ruhig und richtet sich sogar ein wenig auf. Selbst mit seinen 165 mm Federweg wippt der Hinterbau des Shinning im Wiegetritt so gut wie gar nicht mehr. Wenn erforderlich bietet das Heck aber trotzdem noch eine ordentliche Traktion. Mein erster Eindruck der Missing Link Kinematik ist, dass sie sich tatsächlich unter hohem Pedalzug versteift und ansonsten sehr aktiv und komfortabel agiert. Mehr dazu, wenn ich mehr Zeit auf dem Bike in der richtigen Länge verbracht habe.

Je nach Perspektive ist das Shinning ins imposante Erscheinung.

Wie auch schon im Intro angesprochen, ist das Tretlager mit den gelieferten 29er Ausfallenden auffallend hoch. Gerade mal 15 mm Tretlagerabsenkng gegenüber den Laufradachsen hab eich an meinem Testbike mit der 170 mm Gabel und den dicken Reifen gemessen. Das ist wirklich hoch und ergibt nicht mehr ganz das gewohnte „im Bike Feeling“ das man von andern 29ern kennt. Andererseits ist das TANTRUM damit auch eines der wenige Bikes, bei denen ich auf den allermeisten Wurzelpassagen meiner Hometrails einfach unbeirrt weiter treten kann, ohne auf meine  Kurbelstellung zu achten. Wen es aber wirklich stört, weil dadurch ein Teil der subjektiven Sicherheit verloren geht, muss auf die nächsten 29er Ausfallenden warten, die Brian schon entwickelt, bei denen das BB etwas tiefer kommt, dafür aber der Hinterbau etwas in der Länge wachsen wird. Dank der modularen Ausfallenden gibt es hier durchaus Möglichkeiten.

Mit weiteren Aussagen hinsichtlich Geometrie, Handling, Up- oder Downhill-Performance, möchte ich mich aber noch zurückhalten und erst dann weiter ins Detail gehen, wenn ich den Austauschrahmen schon etwas gefahren bin … und zuerst muss der Rahmen mal wieder den Weg zurück zu mir finden …

Bye, bye TANTRUM Shinning .. see you soon!

Zusammenfassung: Auch wenn die Sache mit dem zu kurzen Rahmen nicht rühmlich ist, bleibt bei mir bisher trotzdem der Eindruck, dass Brian, als Einzelkämpfer nicht nur eine neuartige und dem ersten Eindruck nach gut funktionierende Kinematik, sondern darum herum auch gleich noch ein  in den meisten Belangen  durchdachtes Bike auf die Beine gestellt hat. Auch wenn die erste Generation noch hier und dort kleinere Schwachstellen hat, wurden offensichtlich die meisten Details durchdacht und gut ausgeführt. Ich jedenfalls freu mich schon auf die Fortführung des Tests mit dem TANTRUM Shinning.

RIDE ON,
c_g