DRÖSSIGER Mo’Flow Trail-/Enduro-Fully – Zwischenstand: von MiMü

„Flow“, das ist das Gefühl der völligen Versunkenheit, das vollkommene Aufgehen in der aktuellen Tätigkeit, ohne dabei an etwa anderes zu denken oder ablenkbar zu sein. Das ist genau der Zustand, den ein jeder beim Mountainbiken erfahren will. Eins sein mit dem Bike und dem Singletrail, den Alltag vergessen, über sich hinauswachsen und dabei dieses unbeschreibliche Glücksgefühl erleben. Das Anfang Januar vorgestellte DRÖSSIGER Mo’Flow Trail-/All-Mountain-Fully soll hierbei helfen. Mit seinem 140 mm Federweg und der modernen Geometrie stehen die Vorzeichen dafür schon einmal sehr gut.

Das DRÖSSIGER Mo’Flow im Testbetrieb – hier auf einem doch recht moderaten Trail.

Die Abstimmung der verbauten Federelemente stand als erstes auf dem Plan. Frontseitig vertraut DRÖSSIGER auf eine ROCK SHOX Pike RC Federgabel, die sich dank ihrer Luftfeder und den aufgedruckten Luftdruckempfehlungen leicht auf das jeweilige Fahrergewicht abstimmen läßt. Dann noch den Rebound angepaßt … und fertig.

 

Der im Heck verbaute CANE CREEK DB COIL IL Stahlfederdämpfer brauchte im Gegensatz dazu schon deutlich mehr Aufmerksamkeit beim individuellen Setup. Die von DRÖSSIGER für meine 81 kg Lebendgewicht mitgelieferte 400 x 2,25“ Stahlfeder lieferte ohne zusätzliche Vorspannung einen SAG von 30%. Um auf meine für einen Testbeginn bevorzugten 25% zu kommen, reichten hier ein paar Umdrehungen auf dem Vorspannungsteller. Passt die Federhärte, wie bei mir, gibt es hier nichts weiter zu tun. Wohl aber bei der Dämpfungseinstellung, denn der Double Barrel Dämpfer bietet eine Fülle an Einstellmöglichkeiten – jeweils getrennt in High- und Lowspeed-Druck- sowie High- und Lowspeed-Zugstufe.

Die erste Testrunde mit dem Mo’Flow habe ich dazu genutzt, die Dämpfung des CANE CREEK Dämpfers abzustimmen – selbst mit Ahnung dauert das ein wenig.

Ich entschied mich die verschiedenen Einstellungen der Reihe nach auf einer kurzen, abwechslungsreichen Trail-Runde festzulegen: Am Ende bin ich bei einem Lowspeed-Rebound (LSR) sieben Klicks von ganz offen, und einer Lowspeed-Druckstufe stellte ich auf zehn Klicks von offen. Die beiden Highspeed-Bereiche öffnete ich jeweils zwei volle Turns (von vier möglichen). Für unterwegs notwendige Änderungen liefert CANE CREEK im übrigen ein Einstellwerkzeug mit, ein 3mm Inbusschlüssel tut es aber auch. Wer sich nicht sicher ist, die vielen Optionen wirklich im Griff zu haben, der findet auf der CANE CREEK-Homepage jede Menge nützliche Hilfestellungen bis hin zu Einstellungsemofehlungen für viele Bike-Typen. Eine Base-Tune-Empfehlung gibt es für das DRÖSSIGER aber leider (noch) nicht.

Durch seine laufruhige und sichere Geometrie und den kompakten Hauptrahmen generiert das Mo’Flow viel Sicherheit auf dem Trail.

Auf dem Mo’Flow Platz genommen fiel mir gleich einmal die kompakte, fast schon aufrechte Sitzposition des für meine Körpergröße passenden Medium Rahmens auf. Man genießt einen sehr guten Überblick über die Umgebung, gleichzeitig erfolgt der Tritt ergonomisch effektiv von oben. Das DRÖSSIGER-Fully als vortriebstark oder gar tempogierig zu bezeichnen, wäre dabei aber etwas übertrieben. Es rollt dank der leicht laufenden SCHWALBE Nobby Nic 29×2,6“ Midsize-Reifen in der Ebene zwar flott dahin, zum Sprinter wird das Bike mit seiner robusten Ausstattung aber trotzdem nicht.

Bergauf geht das Mo’Flow gemütlich voran, braucht aber aufgrund des sehr sensiblen Hecks doch die Climb-Switch-Kletterhilfe.

Bergauf oder bei kräftigeren Pedalierbewegungen ist der Griff zum Climb Switch-Hebel des Dämpfers wegen des doch stark wippenden Hecks Pflicht. Anders als bei einem klassischen Lockout greift man hier durch Umlegen des Hebels sowohl in die Lowspeed-Druckstufe als auch in die Lowspeed-Zugstufe ein. CANE CREEK verspricht sich dadurch weniger lästiges Wippen bei gleichzeitig hoher Traktion. In der Praxis funktioniert das beim Mo’Flow genauso gut wie auch schon bei unserem CAN CREEK Testdämpfer vergagenes Jahr. Das Wippen wird effektiv minimiert und trotzdem kann sich das Heck unverändert gut an das Gelände anpassen und bietet massig Traktion. Die dadurch gewonnene Effizienz hilft dabei, das doch ordentliche Gesamtgewicht des Bikes von immerhin 14,1kg im Uphill nicht als störend zu empfinden. Die höhere Masse paßt irgendwie zum Charakter des Bikes: Gemütlich bergauf aber mit Vollgas – im Flow – bergab.

 

Im Downhill spielt das Mo’Flow dann sein volles Potential aus. Dieses Bike wurde ganz offensichtklich nicht nur zum gemütlichen Dahingleiten entwickelt. Die anfangs erwähnte kompakte Fahrposition sorgt nun für extrem viel Übersicht, als Fahrer ist man zentral im Bike integriert, der große Reach von 440 mm (in Rahmengröße M) sorgt indes für ordentlich Druck auf dem Vorderrad. Dank 67° flachem Lenkwinkel generiert das Bike eine hohe Laufruhe, ohne in engen Turns kippelig oder instabil zu werden. Der 800 mm breite RACE FACE Aeffect R 35 Riser Lenker unterstützt den Fahrer dank der enormen Breite (und damit großer Hebelwirkung) mustergültig beim Einlenken. Das kurze Heck mit seinem lediglich 430 mm messenden Kettenstreben sorgt zudem für ein guts Maß an Agilität. Schnelle Kurvenwechsel stellen keine Herausforderung dar und werden anstandslos durchgeführt.

Bergab sorgt das kompakte Heck für viel Agilität.

Zur tollen Bergabperformance tragen die beiden Federelemente einen nicht zu vernachlässigbaren Anteil bei. Die ROCK SHOX Pike RC, Jahgragng 2018 gefiel mir durch ihr feinfühliges Ansprechverhalten und die gute Endprogression. Nur im mittleren Federwegsbereich fehlte es mir etwas an Feedback vom Untergrund und das Fahrverhalten wirkte leicht undefiniert-schwammig. CANE CREEK’s DB COIL IL operiert im Vergleich sogar noch feinfühliger und bietet über den gesamten Federwegsbereich das Stahlfeder-typische, lineare Federungsverhalten. Durch seine manigfaltigen Einstelloptionen läßt er sich zudem schnell an wirklich jedes Terrain anpassen. Wer mag und es kann, findet so immer das perfekte Setup, ob auf schnellen Wurzelpassagen, in Steilstufensektionen oder auf künstlichen angelegten Strecken mit Anliegern und Sprüngen. Zu Lasten des Durchschlagschutzes habe ich etwa in Wurzelteppichen die Highspeed-Druckstufe HSC weiter aufgedreht und dadurch ein sehr sensibles und aktives Heck erhalten. Gleichzeitig drehte ich die Highspeed-Zugstufe HSR um einen knappen weiteren Turn zu, um das Heck ruhiger zu bekommen. Der CANE CREEK-Dämpfer lädt zum Experimentieren ein, man muss sich nur darauf einlassen.

Die 2,6“ breiten SCHWALBE Nobby Nic passen meinem Empfinden nach gut zum Charakter des Bikes. Bergauf und in der Ebene sind sie angenehm zu Pedalieren, überzeugen im Gelände mit satter Traktion und machen den Downhill dank ihrer voluminösen Bauform noch komfortabler. Der Kurvenhalt auf weichen Böden kann da zwar nicht ganz mithalten, sehr wohl aber der erstklassige Bremsgrip. Anders als die noch breiteren 2,8“ bis 3“ Plusreifen ist das Fahrverhalten mit den schmäleren 2,6“ Pneus aber immer noch sportlich direkt.

MAGURA’s MT Trail Bremsanlage mit vorne vier und hinten zwei Kolben gefiel mir im bisherigen Testverlauf durch ihren knackigen, fading-freien Druckpunkt und den linearen Bremskraftanstieg. Mit der Kombination aus 203 mm großer Scheibe am Vorderrad und immerhin noch 180 mm Disc im Heck dürften auch schwerere Fahrer sicher im Tal ankommen. An sich finde ich es sehr begrüßenswert wie der XO1-Eagle-Shifter über den MAGURA Shiftmix direkt an der Lenkerklemme der MT Trail bfestigt wird. In meinem Fall mit Handschuhgröße M finde ich einfach keine Position in der ich gleichzeitig den Schalthebel und den Bremsgriff erreiche. Es bleibt ein Kompormiss.

Nicht anders als erwartet funktioniet die SRAM GX Eagle Schaltgruppe. Die Gangwechsel erledigt sie selbst unter Last knackig-präzise, die 500 % Übersetzungsbreite werden wohl den meisten Anforderungen gerecht werden. Das verbaute 30err Kettenblatt passt auf meine Trails perfet, wer aber noch mehr im hochalpinen Terrain unterwegs ist, könnte einfach auf ein 28er Kettenblatt umrüsten.

Für Fahrer meiner Statur (Körpergröße 175 cm) waren die 150 mm Absenkung der ROCK SHOX Reverb Stealth jederzeit ausreichend, der Sattel stand in tiefster Position nie im Weg. Die Dropper Post selbst funktionierte bisher tadellos, gefällt durch die einstellbare Ausfahrgeschwindigkeit und das satte „Plopp“ bei Erreichen der obersten Position.

Ein kleiner, sehr individueller, Kritikpunkt bleibt aber noch zu erwähnen: Bei Verwendung von großen Trinkflaschen (600 ml oder mehr) mit breiten Flaschenhals kollidierte der CANE CREEK Dämpfer beim Einfedern möglicherweise mit der Flasche. In meinem Fall mit einer isolierten CAMELBAK Falsche wurde diese doch recht deutlich deformiert. Für einem Rahmen in Größe Medium  nimmt man also lieber Flaschen mit schlankem Hals!

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Zwischenstand:

Der erste Eindruck des DRÖSSIGER Mo’Flow ist bereits sehr gut. Ich bin gespannt, was der weitere Testverlauf noch so offenbaren wird.

Gemütlich bergauf und dann mit Vollgas bergab, so kurz und treffend könnte man den Charakter des DRÖSSIGER Mo’Flow beschreiben. Die kompakte, dafür aber viel Übersicht bietende Fahrposition macht das Bike im Uphill zwar nicht gerade zur Rakete, dafür verleitet es im Downhill aber dazu, das Gas richtig stehen zu lassen. Das Fahrwerk, allen voran die ROCK SHOX’s Pike RC und der CANE CREEK DB Coil IL Dämpfer machen aus dem Mo’Flow fast schon ein Mini-Enduro. Die 2,6“ Midsize-Nobby Nic’s Und auch die restlichen Komponenten passen gut zum Konzept und konnten bisher durch tadellose Funktion überzeugen … ein Bike für Mo’Flow eben. DRÖSSIGER hat offensichtlich seine Hausaufgaben gemacht. Ich bin schon sehr gespannt was der restliche Test noch bringen wird!

MiMü