Salsa Cutthroat Force 1x – (doppeltes) Testfazit: von OLi & c_g 

Vier Wochen und es heißt wieder Abschied nehmen. Abschied vom SALSA Cutthroat Force 1x einem denkbar simplen Bike, das dennoch so grundlegend anders ist, dass es uns oft zum Nachdenken gebracht hat wie viel breiter das Spektrum von „Biken“ doch ist, als wir oft trailhungrigen Fahrer es manchmal realisieren. Leider ist aus der geplanten Bikepacking-Tour in der Testzeit nichts mehr geworden denn Wetter und mein Zeitmanagement haben hierfür einfach nicht zusammengepasst.

Das SALSA Cutthroat mal mit dicken MTB Reifen – deutlich sicherer und gelassener, aber auch schwerer und weniger spritzig.

Einen anderen Punkt, den ich im Zwischenbericht angekündigt habe, konnte ich jedoch noch ausprobierent: Ich habe den Serien-Laufradsatz mit der schnellen Thunder Burt 2.1 Bereifung gegen einen mit dickeren Reifen getauscht Nobby Nic/Hans Dampf Bereifung montiert. Da das SALSA Cutthroat ja noch keinen Boost-Nabenstandard verwendet, konnte ich den direkt von meinem NINER WFO umschrauben. Wie auf den Bilern zu sehen ist, ist das von der Reifenfreiheit im Rahmen und Gabel schon mal überhaupt kein Problem.
Update: SALSA nennt das Cutthroat zwar 29-Plus kompatibel, also 29x 3.0“, aber das trifft nur auf die Gabel zu. Im Hinterbau ist für solch breite Reifen definitiv kein Platz.

 

In diesem viel aggressiveren Setup hab ich das SALSA Cutthroat noch in paar Mal in ruppigeres Gelände entführt. Mit dem zusätzlichen Grip und Komfort der breiten Reifen habe ich mich auf den Trails auf einen Schlag deutlich wohler gefühlt. Was dem Bike durch das zusätzliche Gewicht an Spritzigkeit verloren gegangen ist, hat es in dieser Konfiguration an Gutmütigkeit und Sicherheit zugelegt. Wurzelpassagen machten mir auf einmal nichts mehr aus, ich konnten sie im Sitzen überrollen, und steilere Passagen waren damit deutlich gelassener zu fahren. Ich kann mir nur vorstellen wie sich das Bike mit noch breiteren breiten 29er Reifen wohl fahren würde …

Je größer die reifen, desto mehr besteht die Gefahr, dass sich Schuh und reifen in die Quere kommen.

Allerdings hat der Umbau auf noch größere Reifen ein anderes Problem des Bikes noch zusätzlich verstärkt: Den bereits im Zwischenstand angemerkten „Toe-Overlap“ bei dem in ungünstiger Position mein Schuh am Vorderreifen streift. Wer das Angstgefühl kennt, wenn man in einer heiklen Situation, etwa einer Spitzkehre, plötzlich im der Lenkbewegung gestoppt wird und Gefahr läuft zu stürzen, wird verstehen, dass das ein echtes No-Go darstellt. Mit Schuhgröße 46 und meinen Cleats ein wenig hinter dem Fußballen liegen meine Zehne zwar ein klein wenig weiter vorne wie bei anderen Fahherern, aber weil ich dieses Problem bisher noch bei keinem anderen Bike hatte, ist es dennoch etwas, das angesprochen werden muss. Mit einem 3.0“ breiten Reifen vorne könnte ich nicht mehr im Gelände fahren. Gerade große Fahrer sollten daher unbedingt eine Probefahrt mit dem Cutthroat machen und sich evtl. auch überlegen ob sie nicht eine Rahmengröße größer gehen wollen. Der Radstand wächst mit jeder Rahmengröße um ca. zwei Zentimeter und ich vermute, dass ich mit einem XL-Rahmen wahrscheinlich keine derartigen Schwierigkeiten gehabt hätte. Interessanterweise hatte c_g keine derartigen Probleme – siehe einen Testteil weiter unten.

Das SALSA Cutthroat von Endurance-Racer Jay Petervary, wie er es auf der Italy Divide’17 gefahren hat.

An der Stelle lohnt sich noch einmal der Blick auf das Bike des Jay Petervary, das wir Euch im letzten Artikel zumindest im Bild vorgestellt hatten. Mit dem hat Jay auch dieses Jahr wieder das Italy Divide Selbstversorgerrennen bestritten und ist damit Vierter geworden.
Man sieht, dass sein Cutthroat speziell in zwei Bereichen deutlich von der Standardausrüstung abweicht: Einerseits führt er deutlich leichtere Laufräder mit schmaler Bereifung (hier REYNOLDS „Ultralite Carbon“ Laufräder und TERRAVAIL Cannonball 700×38 Reifen) und dann nutzt er noch eine 2-fach Kurbel mit einer 34/46 Übersetzung (hier sogar mit QUARQ Powermeter Kurbel). Während die Powermeter-Kurbel primär dafür da ist, seinen Energieeinsatz zu protokollieren, so bietet die Zweifach-Übersetzung doch eine deutlich größere Übersetzungsbandbreite. Während ich vermutlich nur selten das 46er Kettenblatt ausfähren würde, so wäre das 34er Kettenblatt doch eine deutliche Erleichterung am Berg gegenüber dem regulär verbauten 38er Kettenblatt. Damit sind wir im Grunde wieder genau bei den beiden Punkten, die mich persönlich an der Ausstattung des SALSA Cutthroat irritieren und die ich daran ändern würde wenn es mein eigenes Bike wäre: Die Übersetzung und die Laufräder/Reifen.

Egal mit welcher Bereifung, Bikes wie das SLAS Cutthroat sind so „anders“, dass man sie ruhig mal ausprobieren sollte.

OLIs Fazit: Für mich persönlich war der Test des SALSA Cutthroat eine wirklich spannende Sache. SALSA waren eine der ersten, welche die Idee ein Gravelbike zu bauen, das gleichzeitig die Möglichkeit hat ein Mountainbike daraus zu bauen konsequent umgesetzt haben. Auch wenn ich mir persönlich für das SALSA Cutthroat eine teilweise andere Ausstattung gewünscht hätte und vor allem beim Thema Toe-Overlap einen ernsthaften Kritikpunkt sehe, fand ich den Test faszinierend und inspirierend zugleich. Würde ich mir das Bike selber aufbauen, käme für mich ähnlich dem Rad von JayP (Jay Petervary) ein leichterer und stabiler Laufradsatz mit schmalerer (Cross-) Bereifung und eine noch breitbandigere und vor allem bergauf leichtere Übersetzung zum Einsatz. Damit ist man für Langstreckenrennen auf Schotterpisten (Gravelroads) gerüstet und spart noch einige Gramm an rotierender Masse. Wurzelpassagen sind vermutlich nicht so oft Teil eines solchen Rennens.Abgesehen davon ist das Cutthroat ein wirklich großartiges Bikekonzept, das mich als Traillastigen Mountainbiker ganz neu in einen Bereich des Bikesports eingeführt hat, den ich bisher eher von außen betrachtete habe – Langstreckenrennen, Bikepacking und Gravelriding. Ein Bereich, der aber wirklich spannend ist und in den ich auch nach Abschluss dieses Tests noch tiefer blicken werde.

Das SALSA Cutthroat auf dem Olympiaberg in München.

Nach diesem Erstkontakt mit dem Genre steht fest, dies wird nicht unser letztes Drohbar-MTB sein, wir hier testen werden. Ich persönlich werde dafür wohl nie mein MTB eintauschen, aber als Ergänzung und für Radreisen finde ich diese Art von Bikes wirklich interessant. Konzept meines ist. Wie schon vor vier Jahre mit Fatbikes (Test des Beargrease Carbon) hat SALSA es auch mit dem Cutthroat geschafft, mir mit einer neuartigen Radgattung Lust auf mehr zu machen. Und das nicht durch viel PR-Getöse, sondern weil das Cutthroat einfach zu anders ist und das Thema Gravelbike einen Schritt weiter gedacht hat. Danke SALSA CYCLES und danke an den deutschen Vertrieb COSMIC SPORTS für das Ermöglichen des Tests.

OLI

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Lago-Kurztest (von c_g)

Neugier ist eine starke Triebfeder. Als ich OLIs Intro und Zwischenbericht gelesen hatte, war mir klar, dass ich unbedingt die Gelegenheit nutzen wollte das SALSA Cutthroat auch einmal zu fahren. Gerade weil OLI aber mit 1,88 cm Körpergröße doch deutlich größer ist, wie ich, kommen wir normalerweise mit den Rahmengrößen in Konflikt – was ihm passt ist mir zu groß und umgekehrt. Als nun im Gespräch über das Cutthroat das Thema auf den Toe Overlap kam und die Option eventuell einen Rahmen größer zu fahren, entstand die Idee, dass auch ich einmal mit dem Bike fahren sollte. Also habe ich die Gelegenheit des Kurztrips zum BIKE Festival in Riva genutzt, habe das SLASA Cutthroat auf dem Weg mit dem Plan eingepackt, es dort mal ausgiebig fahren zu können.

Das SALSA Cutthroat durfte sogar einen Kurztrip an den Gardasee und dessen Trails machen.

Schon bei der ersten Sitzprobe wurde aber deutlich, dass ich mit dem langen Vorbau so überhaupt nicht zurecht kommen würde. Einerseits saß ich damit viel zu gestreckt und andererseits lag damit bergab mein Schwerpunkt viel zu weit vorne. Also habe ich mir einen kürzeren Vorbau (50 mm) ausgeliehen und montiert.

Damit es c_g richtig gepasst hat, musste allerdings ein viel kürzerer Vorbau montiert werden.

In der Form getuned, bin ich das Cutthroat dann doch ein wenig am Lago gefahren – viel Asphalt den Berg rauf und viel Trail den Berg runter. Je nach Steigung habe ich bergauf mit dem 38er Kettenblatt durchaus gelitten, aber ansonsten fand ich das Bike unglaublich spannend. Als ansonsten reiner Mountainbikefahrer, waren die Positionen mit dem RITCHEY Dropbar nur anfangs ungewohnt, fühlten sich aber schon sehr bald sehr bequem und effizient an. Bergab habe ich die dünnen Thunder Burts entgegen meiner sonstigen Überzeugung ungewohnt sehr hart aufgepumpt (2,3 bar vorne und 2,5 bar hinten) – allein um einen besseren Pannenschutz auf den Felsentrails zu erhalten und bin dann auch einige moderat technische Trails damit gefahren. Auch wenn ich auf die Art zum Teil die selben Trails gefahren bin wie mit dem ALUTECH Tofane 2.0 oder dem BOLD Linkin Trail LT, so war meine Fahrweise natürlich deutlich langsamer und defensiver.

 

Statt „Trailflow“ und „Speed“ waren eher Finesse und Bremsgefühl gefragt. Außerdem habe ich auch das Bike auch über so manche Felsenstufen getragen, statt zu springen. Trotzdem, zu meiner eigenen Überraschung, hat mir dieser Tanz auf dem Bike richtig viel Spaß gemacht. Es war eine ganz andere, viel bedachtere und vorsichtigere Art Trails zu fahren, war aber trotzdem ein tolle Erfahrung, die mich neugierig auf mehr gemacht hat. Anders als OLI und sicher bedingt durch den kurzen Vorbau, bin ich auch bergab mit der Griffposition auf den Hoods deutlich besser zurecht gekommen. In der aufrechteren und kompakteren Sitzposition hatte ich mehr Spielraum für Gewichtsverlagerungen und war damit auch im Steilen sicherer unterwegs.

Auf den steinigen uns steilen Lago-Trails ist das Cutthroat zwar nicht unbedingt in seinem Element … Spaß gemacht hat es aber trotzdem!

Das Thema Toe-Overlap, das ja der Auslöser meines Kurztests war, habe ich dabei vollkommen vergessen, was entweder bedeutet, dass ich durch Zufall und in der Kürze meiner Zeit auf dem Bike nie in der ungünstigsten Position gefahren bin oder dass es bei mir tatsächlich keinen Toe-Overlap gab (trotz Schuhgröße 44 und der Pedalachse genau unter dem Ballen).

Auch „steinige“ Abwege könne manchmal neue Horizonte eröffnen.

Meine Fazit der Zeit mit dem SALSA Cutthroat Force 1x ist, dass das Bike neue Möglichkeiten eröffnet, Möglichkeiten an die ich bisher nie gedacht hab. Ich habe mit meinen Kurztouren am Lago gerade mal an der Oberfläche dessen gekratzt was das Bike alles kann, finde das Potential aber absolut faszinierend. Wenn es nach mir ginge, hätte ich gerne mehr Zeit mit dem Bike verbracht.

RIDE ON,
c_g