TREK Slash 9.8 29 – Testfazit: von Ch.W.
(hierzu erschienenen Artikel: TREK Slash 9.8 29 Testintro, Erste Praxiseindrücke)

Seit seiner Vorstellung im Jahr 2012 hat das TREK Slash so einige Updates über sich ergehen lassen. Anfangs als Modellwechsel vom in die Jahre gekommenen TREK Scratch eingeführt, entwickelte sich das Slash zum eigenständigen Endurobike, zuerst in 26 Zoll, dann in 27,5 Zoll und zuletzt – und das war eine echte Überraschung – als 29er.

Unser TREK Slash 9.8 Testbike hat sich die letzten Wochen im Dauereinsatz bewähren müssen … und das auch getan.

Haben die vielen Formatwechsel dem Bike geschadet? Aus meiner Sicht: Keinesfalls! Mit jeder Evolutionsstufe wurde das Slash erwachsener und meiner Meinung nach schneller und besser. Die Gewichte wurden von Generation zu Generation geringer, die Geometrien moderner und die verschieden Laufradgrößen brachten die Erkenntnis das dieses Bike am besten auf 29er Laufrädern steht und so am schnellsten ist. Nach der gut sechswöchiger Testphase unseres TREK Slash 9.8 Testbikes auf verschiedensten Trails, bei Regen, bei Schnee und gelegentlich auch auf staubigen Trails, ist es an der Zeit für ein Testfazit:

Der bereits beschriebene äußerst positive Eindruck zur Geometrie hat sich auch im weiteren testverlauf immer wieder bestätigt. Obwohl auf größere Laufräder gestellt, macht das aktuelle Slash einen spritzigeren Eindruck, als sein Vorgänger auf 27,5 Zoll Rädern – selbst wenn man es bergauf pedaliert. Für meine Körpergröße von 183 cm passt der Rahmen in 19,5 Zoll perfekt. Die einzige Anpassung, im Laufe der mehrwöchigen Testphase war ein Anpassen der Sattelhöhe. Durch den großen Sattelstützauszug bei meiner Schrittlänge (90 cm) in Kombination mit dem geknickten Sitzrohr ist mein effektiver Sitzwinkel definitiv kleiner als die werkseitig angegebenen  74,1 Grad. In Folge sitze ich gefühlt „etwas“ weiter über dem Hinterrad. Nicht schlimm und keineswegs ein störendes Cruiser Feeling, aber bei längerem bergauf Passagen doch spürbar. Dies ist wohl auch einer der Gründe warum TREK beim Slash  bereits in der Serienausstattung eine auf 130 mm absenkbare Rock Shox Lyrik RC Dual Position verbaut. Damit bringt man ohne viel Aufwand die Front tiefer und macht den Sitzwinkel etwas steiler. Allerdings immer mit dem bekannten Nachteil aller ablenkbaren Gabeln, dass manche Fahrer das irritierende Gefühl haben so „gegen den Berg zu fahren“.
Andererseits will das Slash aber auch kein Bergaufspezialist sein, sondern ein Bike für alle Fälle mit einer Vorliebe für technische Abfahrten … und als solches habe ich es auch erlebt. Je steiler der Trail bergab zeigt umso mehr fühlt sich das TREK Slash in seinem Element und man sich auf dem TREK Slash zuhause. Wie bereits beschrieben ist die Position schön integriert im Rad und vermittelt eine sehr hohe subjektive Sicherheit.

Schnell und mit Nachdruck – so fährt das TREK Sah 9.8 29er ganz vorne mit.

Das effektive Oberrohr mit seinen 635 mm Länge bzw. der Reach von 459 mm lässt dem Fahrer viel Platz zum Agieren und gibt Spielraum zur Gewichtsverlagerung. Länge läuft eben, was auch der Radstand mit 1219 mm unterstreicht. Mit diesen Maßen fühlt sich das Slash 29er im offenen Gelände mit langgezogenen Anliegern am wohlsten. Dort scheint es durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Hier bauen die 29 er Laufräder so viel Grip auf, dass man sich ganz selbstverständlich die eigenen Anlieger in das Gelände „fräst“. Sicherlich tragen die 43,3 cm kurzen Kettenstrebe auch ihren Teil dazu bei, dass das Bike trot seiner Länge noch recht verspielt wirkt. In der Luft ist die stabilisierende Rotationsmasse der 29 er Laufräder natürlich zu spüren, ich fand dies aber nie störend oder unangenehm. Das Slash 9.8 29 präsentierte sich mir wunderbar ausbalanciert mit nahezu meditativer Gelassenheit. Sofern man das von einem Bike sagen kann.Wird es eng und verwinkelt, muss man mit etwas Nachdruck an die Sache rangehen um das Bike in der Spur zu halten. HIer sind die Länge und der mit 65,5° flache Lenkwinkel am deutlichsten zu spüren. trotzdem wirkt das Slash auch dort nie „zu groß“ oder gar träge.

Durch den langen Hauptrahmen hat man vile Spielraum auf dem Bike und durch das kompakte Heck bleibt es dennoch agil.

Der Hinterbau mit dem neu entwickelten ROCK SHOX Super Deluxe RC3 Dämpfer zeigt sich in allen lagen als sehr potent. Er bleibt immer und überall souverän, egal wie heftig das Gelände wird. Das anfangs seidenweiche Ansprechverhalten mit einer zum Ende hin guten Progression … und das ganz ohne Spacer oder zusätzliche Anpassungen.Die ROCK SHOX Lyrik RC Dual Position Air arbeitete im Test ebenfalls erstklassig. Egal wie sehr ich das Gas aufdreht habe, wie ruppig der Trail wurde, oder wie Bremswellen-übersäht die Bikeparkstrecke auch war, die Endurogabel half mir sehr dabei, so wenig wie möglich und so viel wie nötig vom Untergrund als Feedback zu bekommen. Auch die hauseigenen BONTRAGER SE4 Team Issue Reifen haben mich immer wieder positiv überrascht. Selbst auf schneeglatten oder nassen Trails zeigte sich der Reifen als sehr gelassen und hielten mustergültig die gewünschte Linie. Die BONTRAGER Line Comp 30 Felge war trotz der Delle, die sie im Vinschgau abbekommen hatte, standhaft und blieb bis zum Testende ohne Seiten- oder Höhenschlag. Zwar konnte ich diese wie in den ersten Praxiseindrücken beschrieben nicht mehr tubeless fahren, aber ansonsten bleibt sie komplett problemfrei.

   

Nicht ganz so haltbar präsentierte sich die BONTRAGER Drop Line Sattelstütze. Die hatte bereits nach der doch eher kurzen Testphase sehr viel Spiel. Gott sei Dank ist auch die Drop Line recht leicht mit neuen Bushings und Seals versehen, wodurch sie schon mit wenig Aufwand wieder „reaktiviert“ werden kann, aber nach nur 6 Wochen finde ich das schon etwas zu früh. Ansonsten funktioniert das gute Stück gut, der Remote heben ist leichtgängig und ergonomisch und auch die stufenlose Absenkung und Klemmung gaben nie Anlass für Klagen. Ansonsten ist und bleibt die hauseigenen Dropper-Stütze mit gerade mal 125 mm Versteilbereich der einzige große Kritikpunkt bei der Ausstattung – vor allem wenn es die gleiche Stütze von BONTRABER eben auch mit 150 mm Absenkung gibt. An einem Bike, wie dem TREK Slash 9.8, für das man immerhin 5499.- auf den Tresen legen muss, hat meiner Meinung nach eine derartige Dropper-Stütze nichts zu suchen (noch paradoxer ist, dass die gleiche Stütze auch am Topmodell Slash 9.9 RSL 29 spezifiziert ist).

 

Auch wenn ich das Bike in der Zeit sehr viel gefahren habe und hart rangenommen habe, bin ich ein wenig von der Lackqualität enttäuscht. Bereits nach nur 6 Wochen sieht man dem Rahmen die Nutzung schon sehr deutlich an. Die sehr schicke Glanz-Matt Lackierung des Rahmens scheint Scheuern und Kratzern wenig resistent – ein Problem das ich auch schon beim Vorgänger mit 27,5 Zoll hatte und über das auch einige meiner Bekannten (ebenfalls TREK Besitzer) klagen. Nach dieser kurzen Testphase für mich auch ein Kritikpunkt. Auch der zu klein geratene Schlagschutz der Kettenstrebe mit dementsprechenden Spuren (wie schon beschrieben in den ersten Eindrücken) gibt Punktabzug. Bei einem Bike dieser Preisklasse für mich nicht verständlich, denn schon ein paar Zentimeter mehr Schutz hätten das Problem behoben.

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Testfazit: Als Kehrseite beschreibt man eine Rückseite die in der Wendung als Kontrast zur glänzenden Hauptseite gesehen wird. Was das mit dem neuen TREK Slash 9.8 zu tun hat? So einiges, wenn man alleine nur an die glänzend matte Lackierung denkt. Auf der eine Seite haben wir hier ein sehr gelungenes  Ready-to-Race 29er Endurobike mit einem erstklassig steifen und gelungenen Carbonrahmen, ein Bike das den Spagat zwischen einfachem Fahren und heftigem „Geballer“ wunderbar nimmt und damit beinahe jeden Fahrer und Fahrstill zufriedenstellen dürfte. Wie es die Grenzen zwischen Trail/All-Mountain und Enduro verschwimmen lässt ist eine echte Meisterleistung. Nach dem Test steht für mich fest: Was den Rahmen, die Geometrie und die Federungsperformance angeht, zählt das TREK Slash 29er für mich jedenfalls zu den derzeit besten und fähigsten All-Mountain/ Enduro 29ern des Marktes.

Das TREK Slash 9.8 hat sich in dem Test als sehr potent und trotzdem vielseitig gezeigt – ein wirklich tolles Enduro 29er!

Auf der anderen Seite, der Kehrseite haben wir eine Ausstattung die angesichts des Anschaffungspreises in manchen Bereichen aber doch etwas schwächelt. Insbesondere die Dropper-Stütze ist für mich ein ziemlicher Fehlgriff. Grundsätzlich sind Komponenten der Hausmarke BONTRAGER ja nichts Schlechtes und auch in dem Test gab es ja an der Funktion nichts auszusetzen aber in diesem Fall muss ich doch sagen, dass andere Hersteller für das selbe Geld oft „mehr Bike“ bzw. mehr Bling bieten. Ob diese dann auch so eine geniale Persönlichkeit und Ausstrahlung haben wie das neue Slash ist eine ganz andere Frage.

In diesem Sinne … See ya on the Trail!

Ch.W.

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PS: Hier noch ein paar Sätze zu den von mir gemachten HOPE Upgrades an dem TREK Slash. Wie gesagt, hatten diese ja keine echte Auswirkung auf die eigentliche Bewertung des Bikes. Den einen oder anderen dürften sie aber dennoch interessieren:

Die bereits zum Testanfang von mir montierte HOPE Tech 3 E4 Scheibenbremse mit ihren aus dem Vollen gefrästen Vierkolben-Bremssattel war nicht nur optisch ein sehr gelungenes Upgrade des Testbikes. Vom über eine Walze angesteuerten Geberzylinder, über die vielfältigen, werkzeugfreien Einstellmöglichkeiten (Hebelweg und Druckpunkt) bis hin zu dem griffigen  Alu-Bremshebel war die Bremse einfach nur klasse. Auch die HOPE Bremsscheiben mit ihrer farbig eloxierten Alu-Spider war auf langen Abfahrten ein echter Bonus. Durch die Zweiteilung in Spider und Stahl-Reibfläche konnte sich der Rotor bei Hitze Ausdehnen und Zusammenziehen, ohne dass sich die Scheibe dadurch zu verformen.Natürlich hat die HOPE Bremse ihren Preis – wenn man aber bedenkt, welch ein Aufwand betrieben wird um die Bremse in UK herzustellen und welche Bremskraft und Standhaftigkeit man dafür bekommt, finde ich die Anschaffungskosten von 209.- Euro (ohne Scheiben) aber vertretbar. Außerdem gibt es das gute Stück ja auch in vielen verschiedenen Farben – Rot, Schwarz, Blau, Lila, Orange – was das Bike optisch zusätzlich aufwertet.

 

Die ebenfalls CNC gefräste und eloxierte HOPE Kurbel und den sehr schön gefertigten HOPE Vorbau gibt es natürlich auch wieder farblich passend. Für die Montage der Kurve wird allerdings wird ein spezielles Werkzeug benötigt, das Gott sei Dank auch gleich mitgeliefert wird. Durch den spielfreien Sitz auf der 30 mm Alu-Achse  gehören Knackgeräusche in der Kurbel der Vergangenheit an. Wie heute üblich hat man die Wahl zwischen Direct Mount Kettenblättern oder verschiedene Spider-Varianten (für 2- oder sogar 3-fach). Die Kurbel für Einbaubreiten von 68 bis 73 mm bzw. für 83 mm wird ohne Kettenblatt ausgeliefert. Sie liegt bei 275.- Euro. Die HOPE Direct Mount Retainer Kettenblätter gibt es von 26 Zähne bis 36 Zähne (Abstufung in Zweier-Schritten) für 75,96 Euro. Der HOPE AM/EN Vorbau kommt auf 110.- Euro.