ONZA Canis 27,5x2,85“ – (k)ein Schneereifen? (Erste Eindrücke): von MiMü

Das nenne ich mal Timing. Genau zum Testbeginn des im Dezember vorgestellten ONZA Canis in der 27,5 x 2,85“Plusgröße schüttelte Frau Holle kräfitg ihre Kissen und bedeckte sämtliche lokalen Trails mit einer 15 bis 25cm dicken Schneedecke. Verschärfte Bedingungen also für den streng genommen aus dem XC-/Allround-Bereich stammenden Reifen.

Bei derzeit winterlichen Bedingungen, kann der ONZA Canis Plusreifen nur einen Teil seiner Qualitäten offenbaren.

Auf der schneefreien (da geräumt und mit einer satten Portion Streusalz bearbeitet) asphaltierten Zufahrt zum Trail konnte der Canis gleich einmal durch seinen angenehm niedrigen Rollwiderstand punkten. Verantworlich dafür sind sein relativ flaches und kleinstolliges Profil und die mit 65a relativ harte Gummimischung. Auch das niedrige Reifengewicht von lediglich 779 g pro Reifn dürfen wir nicht vergessen. „Je geringer die Rotationsmaße, desto leichter ist die Einheit aus Laufrad und Reifen zu beschleunigen“ – eine Weisheit, die im Falle unserer Kombination aus dem Plus-Canis und dem ebenfalls sehr leichten AMERICAN CLASSIC SMOKIN GUN +LRS besonders zuzutreffen scheint.

Durch seine große Auflagefläche kommt der kleinbestallte Canis auch im Schnee überraschend weit.

Gerade im Vergleich zum zuvor montierten VEE TIRE Crown Gem 27,5×3,0″ mit einem satten Reifengewicht von einem Kilogramm wirkt sich das doppelt positiv auf das handling unseres Test-Hardtails gleich auf. Natürlich könnte man an dieser Stelle intervenieren, dass der Crown Gem für die härtere Gangart entwickelt wurde, wo andere Werte – wie Grip, Pannensicherheit und Haltbarkeit – zählen. Doch selbst gegenüber dem bereits von c_g getesteten SCHWALBE Nobby Nic Evo in 2,6“ Breite, ist der ONZA noch immer 26g leichter. Und das bei 2,85“ Breite. Damit aber genug der i-Tüpfel-Reiterei.
Nachdem die Testtrails mit Pulverschnee bedeckt waren, entschied ich mich gleich zu Beginn den Luftdruck abzusenken. Mit 0,9 Bar am Vorderrad und 1,1 Bar im Heck wollte ich dem Reifen so zu einem Optimum an Powder-Performance verhelfen. Denn was im Freeride-Skisport richtig ist, kann beim Plusreifen-Biken ja nicht verkehrt sein: Größere Aufstandsfläche gleich besserer Auftrieb – gleich bessere Fahreigenschaften.

Dick eingepackt macht das Testen so auch Spaß … auch wenn die Erfahrungen nur wenig aussagen über die echte Trailperformance der Reifen.

Mit besagt niedrigem Luftdruck entwickelte der Canis dann auch im Schnee auf Anhieb ordentlich Traktion und Spurtreue. Sein flaches, klein-stolliges Profil ist ihn dabei keineswegs hinderlich, es verzahnt sich ordentlich mit dem Untergrund und setzt sich gleichzeitig kaum mit Schneematsch zu. Die Antriebstraktion ist dabei so gut, dass erst die Kombination aus tiefem Neuschnee und ordentlicher Steigung jenseits 15% sowie forschen Wiegetrittattacken den Vortrieb abreißen läßt. Auf welligen Trails folgt der ONZA dank seiner 70 mm Breite sauber der eingeschlagenen Linie, die Reifenbreite wirkt dabei wie die Räumschild eines Schneepflugs. Unterstützend arbeitet dabei das leicht schräg gestellte, offenere Seitenprofil, das den aufgegabelten Schnee zuverlässig zur Seite befördert.
Seine großvolumige rundliche Bauform verhilft dem Canis auch zu gleichmäßig direktem Kurvengrip. Die zwei zusätzlichen Profilreihen schließen dabei eine Lücke, die durch das Fehlen von Stollen in manchen Schräglagen kurzzeitig zu unangehmen Rutschphasen führen könnte. Durch das jetzt durchgehende Profil ist das komplette Kurvenverhalten ausgewogen und konstant direkt. In extremeren Schrägfahrten greifen die größeren und weicheren Seitenstollen sauber in den Untergrund. Gerade bei winterlichen Fahrverhältnissen fühlt man sich als Pilot so bestens aufgehoben und immer Herr der Lage.

Das engkettige, aus unterschiedlich großen und multiformen Stollen bestehende Mittelprofil zeichnet sich im Downhill für eine tadellose Bremstraktion verantwortlich. Die vielen kleinen Gummiblöcke nehmen dabei viel Bremsenergie auf, passen sich effektiv den Bodenbeschaffenheiten an. Erst spät, wenn der Untergrund sehr aufgeweicht oder „sulzig“ ist, beginnt der Canis zu rutschen. Ich hätte mir nicht gedacht, dass ein so gemäßigter Allround-Reifen über ein so tolles Schnee-Potential verfügen könnte.

Der Winter ist schön, aber zum Biken und vor allem zum Testen gibt es bessere Bedingungen …

Unter Schnee und Eis versteckte Trails bergen auch immer die Möglichkeit unerkannter Gefahren. Selbst wer seine Lieblingstouren im Sommer auswendig kann, wird verwundert sein, wie schnell mal unter der Schneelast ein Wurzelfeld, eine Geländestufe oder schräg liegende Felsplatten schlichtwegs übersieht. So mußte der ONZA Canis den einen oder anderen heftigeren Einschlag in tiefe Löcher wegstecken, seine Seitenwände schlitterten des Öfteren entlang von scharfen Gesteinskanten, „unsichtbare“ Wurzelkanten ließen den Reifen zweimal durchschlagen. Trotzdem sind beide ONZAs bisher zu 100% dicht und Profil sowie Karkasse sehen aus wie neu.

Zusammenfassung der ersten „Schnee-Eindrücke“: Die verschärften winterlichen Testbedingungen mit viel Schnee & Co bereiten dem ONZA Canis 27,5 x 2,85“auffallend wenig Probleme. Ganz im Gegenteil – der Plusreifen macht hier sogar richtig Spass, bietet ein sportlich-direktes Handling, ordentliche Traktion und hohen Pannenschutz. Über sein wirkliches Trailpotential können wir zu diesem Zeitpunkt leider nicht viel sagen, aber keine Sorge – das wird nachgeholt solbald die Trails es wieder zulassen.

Bis dann,
MiMü