SCOTT Genius LT 700 Plus Tuned – Testintro: von c_g

Soeben hatten wir erst ein Topmodell eines Herstellers im Test (das CUBE Stereo 140 C:68 SLT 29) und schon folgt das nächste – diesmal ist es der schweizer Sportartikelgigant SCOTT der uns sein neuestes Flagschiff der 2016er Trailbikes im Plusformat zum Test stellt – das Genius LT Plus Tuned.

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SCOTT hat sich für 2016 bei dem Thema Plus-Format richtig ins Zeug gelegt und bietet vom Hardtail (Scale Plus) bis zum Hardcore-Enduro – unserem Genius LT – diverse Modelle in allen Preisklassen an. Hier glaubt man offensichtlich an deren Zukunft – und unsere bisherigen Erfahrungen damit geben dem Recht.

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00 SCOTT Genius LT Plus Das SCOTT Genius LT 700 Plus Tuned – ein langer Name für ein aufregendes Bike.

Der US-Kollege Grannygear hatte ja bereits beim Presslaunch das Vergnügen ein SCOTT Genius 720 Plus und ein Scale 710 Plus (neben dem Genius 900 Tuned J) zu fahren und auch ich durfte beim Testival in Brixen mit viel Spaß ein Genius 700 Plus Tuned die Plose runterjagen. Jetzt ist es an mir das derzeit wohl potenteste Plus-Bike zu testen – 160 mm an Front und Heck, sowie ein Lenkwinkel von mageren 65,3° – das spricht schon mal für sich. Dieses Bike mag es gerne etwas gröber. Wie grob werden wir in dem Test hoffentlich herausfinden.
Und was Scott so zwar nicht vermarktet, aber einfach Tatsache ist: Als Plus-Bike kann man hier ebenfalls einen Satz normaler 29er Laufräder und Reifen reinstecken und so das Bike in diese Richtung trimmen … etwas was wir sicher ausprobieren werden, wenn sich die Möglichkeit dazu bietet.) Damit würde das Genius LT 700 auf Umwegen zum  langhubigste und aggressivsten 29er in SCOTT’s Produktlinie.

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Hier noch eine kurze Produktbeschreibung von SCOTT zum Genius LT PLus:

„Das Genius LT hat sich bereits einen Namen als etablierter Wettbewerber in der Enduro World Series gemacht. Es ist für seine Fähigkeit bekannt, raues Terrain sowohl im Anstieg als auch in der Abfahrt zu bezwingen – ein Bike also, das alles bewältigt. Das neue Genius LT 700 Tuned Plus geht hier noch einen Schritt weiter. Mit derselben exzellenten und hochwertigen Ausstattung sowie den extragroßen Rädern mit krallenhafter Bodenhaftung, zusätzlichem Komfort und verbesserter Souveränität ist dieses Bike für jede Party bereit.“

Wie schon gesagt ist die Tuned Version das absolute Flagschiff der Flotte – der empfohlene VK von 7999.- Euro zeigt auch sofort an welchen Anspruch das Bike hat: Nur vom Feinsten und das merkt man an allen Ecken und Enden:

Der Hauptrahmen und die wunderschön ums Sitzrohr gelegte Umlenkwippe sind aus der edelsten HMX Carbonfaser – leichter und steifer geht nicht mehr. Das Heck ist bei allen Plus-Bikes aus Alu und bis 3“ Reifenbreite freigegeben. Wie aus einem Guss wirkt das Bike mit seinem progressiven grau-schwarzen Pixel-Look mit seeehr viel Orange als Farbakzente.

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Mit dem formschönen Rahmen, dem niedrigen Rahmen un den wuchtigen Reifen wirkt das schwarz-orange Genius richtig angriffslustig.

Überhaupt ist es das kontraststarke Farbschema, das bis ins letzte Detail am Bike durchgezogen ist, was zuerst alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Erst auf den zweiten Blick fallen dann die 2,8“ breiten Reifen auf, welche die Plus-Bikes ausmachen – wie schon andernorts beschrieben, hat sich SCOTT nach ausführlichen Fahrtests dazu entschiedne nicht auf die üblichen 3,0“ Reifenbreite zu gehen. Nach eigenen aussagen bleibt so das Handling der Bikes spürbar neutraler und sei „kaum von einem klassischen MTB zu unterscheiden“.

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Doch zurück zum Rahmen: Der bietet vorne eine komplette interne Zugverlegung, mit Einlässen kurz hinter dem massiven Steuerrohrbereich. Als ästhetische Kontrapunkte sind auch die Knotenpunkte im Tretlager und Sitz-/Oberrohrkontakt markant großvolumig gestaltet, was eine hohe Steifigkeit verspricht.
Das Sitzrohr ist zwar gerade, setzt aber deutlich vor dem Tretlager an – d.h. wie bei modernen Bikes häufig, ist der Sitzwinkel und die Sitzposition stark vom Auszug der Stütze abhängig.

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Der Flip-Chip ist ein kleiner aber effektiver Helfer um Die Geometrie ein wenig nach Gusto zu tunen.

Eine Besonderheit bei SCOTT Fullies ist der Flip-Chip an der hinteren Dämpferaufnahme – sie ermöglicht eine Geometrieverstellung um 0,5° was Lenk- und Sitzwinkel angeht und eine Absenkung/Erhöhung des Tretlagers um 7 mm. Ihr könnt sicher sein, dass wir das ausprobieren werden. Der Alu-Hinterbau ist ebenfalls sehr sauber gearbeitet und biete alle üblichen Features wie Steckachse und die auf die Kettenstrebe verlegte Post-Mount-Discaufnahme. Wie nicht anders bei einem Plus-Bike zu erwarten kommt auch das Genius LT mit dem breitern Boost Standard daher – hinten also 148 mm und vorne 110 mm.

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Womit wir schon wieder bei einer echten Besonderheit der SCOTT Fullies ankommen – dessen Federung- und Dämpfungstechnologie.

Während die Kinematik als abgestützter Eingelenker (Drehpunkt knapp über und hinter der HR-Achse) wenig besonders ist, ist es der spezielle FOX NUDE DPS Dämpfer und die ebenfalls sehr spezielle FOX 36 Federgabel die simultan über den Twin-Loc Hebel angesteuert wird.
Zu viel Technologie auf einmal? Also der Reihe nach:

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Der Twin-Loc Hebel steuert parallel die Gabel und den Dämpfer an.

Der Twin-Loc Hebel ist eine SCOTT Spezialität seit es das Genius gibt – hierbei werden über einen Lenkerhebel sowohl die Gabel, wie auch der Dämpfer angesteuert. Über drei Stufen kann man so seine Federung einstellen – voller Federweg bei maximaler Sensibilität im offenen Modus, eine straffere und stärker gedämpfte Kennlinie mit reduziertem Federweg hinten im Medium Modus (vorne bleiben die vollen 160 mm erhalten) und eine fast blockierte, bzw. sehr straffe Federung vorne wie hinten im Firm Modus. Neu für 2016 ist, dass der Hebel bei den Bikes mit 1-fach Schaltung, also auch unser Testbike unter den Lenker gewandert ist und in die Klemmschelle integriert ist.

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De Nude DPS ist eine Co-Entwicklung von SCOTT und FOX.

Der NUDE DPS Dämpfer ist eine gemeinsame Entwicklung von SCOTT und FOX. Neben der für die 2016er Fox Dämpfer typischen DPS Dämpfungstechnologie verfügt der Nude DPS noch zusätzlich über eine zu- und abschaltbare Luftkammer. Damit verändert man zwischen den Modi nicht nur die (Druckstufen-) Dämpfung wie bei anderen Federbeinen, sondern eben auch die Federkennlinie. In Folge stehen im Open Modus volle 160 mm zur Verfügung bei einem effektiven Sag von 25-30%. Im Medium Modus stehen durch die verkleinerte Luftkammer angeblich nur 100 mm nutzbarer Federweg zur Verfügung. Gleichzeitig bewirkt die stärkere Progression, dass man das Bike mit einem geringeren Sag von nur 15-20% fährt – in der Praxis also eine voll trailtaugliche Kletterhilfe mit Geometrieverstellung. Im Firm Modus als straffer Lockout sinkt der Federweg quasi auf 0 mm.
Ebenfalls anders ist der rote Hebel, mit dem man den Rebound (Zugstufendämpfung) einstellt – durch die obligatorische Fernbedienung würde man das sonst übliche Rädchen kaum mehr greifen können.

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Eine FOX 36 mit 110 mm Achsstandard … das gibt es sonst nirgends.

Gerade hier werde ich sehr aufmerksam schauen wie effektiv der Dämpfer in den einzelnen Stufen arbeitet und welche Möglichkeiten der Einflussnahme der Fahrer hat. In der Theorie ist das Konzept schon mal genial, weil es eben in den verfügbaren 3 Stufen nicht nur die Dämpfung verändert wird.

Die FOX 36 Float Gabel (bei unserem Tuned Modell in der Factory Version) mit 110 mm Chassis ist ein weiteres Unikum. Unseres Wissens nach sind die SCOTT Genius LT Bikes die einzigen Bikes, die ein solche Gabel verbaut haben – eine Gabel, die es bisher auch nirgends im Aftermarket zu kaufen gibt.
Hier wirkt die Ansteuerung über den Twin-Loc nur auf die Druckstufendämpfung wie die klassischen FOX FIT4 Gabeln auch. Die Factory Version bietet zusätzlich die Option den Open Modus in mehreren Stufen fein zu justieren.

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Schaut man sich die Geometrie des Bikes an, fallen der außergewöhnlich flache Lenkwinkel auf. Je nach Stellung des Flip-Chip wird der mit 65,8° bzw. mit 66,3° angegeben.

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Geometrietabelle – zum Vergrößern einfach anklicken.

Der effektive Sitzwinkel mit 74° bzw. 74,5° fällt dagegen eher allroundtauglich aus, ist aber wie oben schon angesprochen abhängig vom Sattelauszug. Mit 448 mm Kettentrebenlänge fällt der Hinterbau in den Bereich, den man als „normal“ bezeichnen würde, wobei man hier berücksichtigen muss, dass das Genius LT über einen Federweg von immerhin 160 mm verfügt. Mit der effektiven Oberrohrlänge von 600 mm beim getesteten Medium Rahmen ist das Bike auf der längeren Seite, aber keineswegs zu extrem.

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Die übrige Ausstattung ist ebenfalls vom Feinsten.

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Da wären einmal die SYNCROS TR 1.0 Laufräder mit edlen DT-SWISS Naben (sogar mit 36-fach gerastertem Zahnscheibenfreilauf) in richtig edlem Design. Über 28 nicht minder edle DT Aero Comp Speichen – natürlich auch in schwarz) sind die mit den breiten PLUS-Felgen verbunden sind – natürlich auch die mit kontrastreichem schwarz-orange Design. Bei einer opulenten Maulweite von 40 mm sollten die Felgen den 2,8“ Reifen mehr als ausreichend Stabilität verleihen. Sehr sinnig ist auch die Wahl des Triple-Compounds bei den SCHWALBE Nobby Nic EVO 2.8 Plus-Reifen – vorne das griffigere TrailStar und hinten des schnellere PaceStar Compound. (Update) Auf der SYNCROS Felge misst der Nobby Nic 2.8 stattliche 69,5 mm (Karkasse) bzw. 70 mm (breiteste Stelle der Stollen).

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Das Cockpit stammt ebenfalls von der Hausmarke SYNCROS – ein gerade mal 40 mm langer Vorbau und ein 780 mm breiter Carbonlenker – beide im trendigen 35 mm Klemmformat. Als Bremsen kommen die SHIMANO XTR zum Einsatz – vorne mit gigantischer 203 mm Schieb hinten mit 180 mm.

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Der Antrieb selber ist ein 1×11-fach SRAM Xo1 mit 30 Zahn Direct-Mount-Kettenblatt und der bekannten 10-42 Kassette. Angesichts der mit diesem Bike zum Teil sehr heftigen Gangart hat man zusätzlich eine leichte obere Kettenführung montiert.

16 SCOTT Genius LT PlusDie Sitzgelegenheit besteht aus einem edlen SYNCROS Sattel mit Carbongestell und einer ROCK SHOX Reverb Stealth mit 150 mm Verstellbereich. Trotzdem befindet sich an dem Testbike noch ein Schnellspanner zur Höhenverstellung – ungewohnt, aber keineswegs dumm bei einem solchen Bike so die Verstellung auf dem Trail noch mal zu vereinfachen.

Den VK, haben wir anfangs schon genannt – dann fehlt nur noch das Gewicht, das angesichts der exklusiven Ausstattung bei sehr guten 12,85 kg für das SCOTT Genius LT 700 Tuned in Medium liegt.
Soweit also zu Intro dieses besonderen Bikes. Mal schaun ob ich genauso begeistert von dem Genius sein werde, wie Grannygear letztes Jahr von seinem Genius 910 Dauertester.

RIDE ON,
c_g