CUBE Stereo 140 C:68 SLT 29 – Testfazit: von c_g

20 CUBE Stereo 140 SLT

Das CUBE Stereo 140 SHPC 29, der Vorgänger unsere Testbikes Stereo 140 C:68 SLT 29, ist wahrscheinlich eines der 29er auf denen ich in den letzten Jahren die meiste Zeit verbracht und die meisten Höhen-/Tiefenmeter bestritten habe. Ein Bike das ich in- und auswendig kenne und schon in allen möglichen Testkonfigurationen gefahren bin. Kein Wunder also, dass es mir sehr leicht fiel mich auf das neue Modell einzuschießen und dessen Feinheiten zu ergründen.
Genau wie sein Vorgänger, dessen Gene auch die 2016er Version zweifellos ererbt hat, ist auch das neue Stereo 140 29er eines der vielseitigsten 140 mm 29er Fullies die ich kenne. Auch hier gibt es keine echten Präferenzen was die Fahrweise oder das Gelände angeht, sondern ein rundum universelles Bike, das einfach alles sehr gut kann.

76 CUBE Stereo 140 SLT

Dank der zentralen Sitzposition und wohl auch dank des steilen Sitzwinkels klettert es auf absolutem Top-Niveau. Man braucht wirklich nur eine minimale Gewichtsverlagerung um damit selbst steile Rampen hochzukurbeln. Bei vielen Anstiegen brachte ich hier überhaupt nicht mehr auf die Gewichtsverlagerung achten und konnte mich ganz aufs Treten und die Traktion konzentrieren. Das geht soweit, dass ich seit ich das CUBE Stereo 140 fahre, ein paar übliche Downhillstrecken in meiner Umgebung zum Uphill-Intervalltraining nutze ;-). Der leicht verkürzte Hinterbau hatte offensichtlich keine negativen Auswirkungen in der Kletterfähigkeit des Bikes.28 CUBE Stereo 140 SLTWer nun hinter solchen Kletterqualitäten ein ebenso laufruhiges, eventuell sogar träges Handling erwartet, wird beim Stereo 140 gewaltig überrascht … ganz im Gegenteil, doch dazu später noch mehr.

Was die Federungsperformance angeht, zeigt sich auch hier der FOX DPS Factory Dämpfer mit EVOL Luftkammer (und die FOX 34 Float Factory Gabel) von seiner besten Seite. Zuerst musste ich noch ein wenig mit dem Setup herumgespielt um mein persönliches Optimum herauszuarbeiten. Mit komplett offenem Dämpfer war der Hinterbau unglaublich sensibel, hatte aber auch eine leichte Tendenz dazu bergauf und in Kompressionen tiefer als gewünscht abzutauchen – eine Eigenschaft, bei der ich sehr sensibel bin. Anfangs habe ich deswegen viel zwischen dem Open Modus und dem Medium Modus des Dämpfers hin und her geschaltet, was wegen des tief im Rahmen liegenden Dämpfers zwar möglich, aber nicht immer ganz einfach ist. Doch schon bald bin ich darauf gekommen, dass ich mit dem Dämpfer im Open Modus aber in der Open Select Stufe 2 zwar ein wenig an Komfort einbüsse, dafür aber auch bergauf immer hoch „im Federweg“ stehe ohne Kompromisse in der Traktion oder Trailperformance einzugehen. Jetzt wechsle ich zwar weiterhin noch öfter zwischen Open und Medium Modus hin und her, habe aber nur ganz selten das Gefühl, dass ich das muss weil die Fahrperformance  es fordert, sondern lediglich um eben noch das letzte Quentchen Komfort (Open Modus) oder Effizienz (Medium Modus) rauszuholen. Wirklich erforderlich ist der straffere Medium Modus nur noch wenn es wirklich knackig und lange bergauf geht. Den extrem straffen Firm Modus nutze ich auch hier nur für lange Strassenstiege und auch nur wenn ich gerade drandenke.

26 CUBE Stereo 140 SLT

Bergab geht das CUBE Stereo 140 ebenso sehr gut. Das liegt ganz sicher zu einem großen Teil an den bereits erwähnten 2016er FOX Federelementen und natzürlich der ausgereiften Kinematik. Gerade beim Dämpfer hat CUBE bei der Abstimmung wirklich ganze Arbeit geleistet, denn mit dem Bike kann ich im gleichen Setup sowohl im Wiegetritt gediegen über Forstrassenautobahnen hetzen (ohne dass es viel wippt) wie auch im High-Speed über Wurzelteppiche räubern oder in echt grobem Gelände „spielen gehen“. Bei einem 120 mm Fully ist das nicht ungewöhnlich, bei einem 140 mm Bike schon. Es brauchte schon ein paar richtig grober Drops mit Landung im Flachen um den Dämpfer zum Durchschlagen zu bewegen.

27 CUBE Stereo 140 SLT 24 CUBE Stereo 140 SLT

Handling: Was das Handling angeht ist das CUBE Stereo ein wenig wie eine „eierlegende Wollmilchsau“. Das Bike scheint einfach alles zu können bzw, lässt sich mit nur geringen Änderungen auf beinahe alles und jeden einstimmen.
Wie im Testintro (nebst ersten Eindrücken) bereits beschrieben, kam das Testbike mit einem auffällig kurzen und kompakten Cockpit daher. Damit hatte das Bike ein ausgesprochen sicheres und zugleich agiles Handling. Ich bin das Bike einige Tage in der Serienkonfiguration gefahren. Bergab vermittelte die Sitzposition ein Gefühl maximale Fahrsicherheit – keine Spur von Überschlagsgefühlen über Stufen oder ähnlichem. Wenig überraschend, aber anders als erwartet hat sich die entspannt-aufrechte Sitzposition auch bergauf nie wirklich negativ bemerkbar gemacht.  Und so, obwohl ich keine echten Schwächen in der Sitzposition finden konnte, war ich doch neugierig darauf herauszufinden, wie ein geändertes Cockpit, das Fahrverhalten und den Charakter des Bikes beeinflussen würde. Der erste Schritt war es kurzerhand das gewohnte Cockpit vom ROCKY Instinct ans CUBE zu verpflanzen.

29 CUBE Stereo 140 SLT

Der negative montierte 75 mm Vorbau in Kombination mit dem ANSWER 20/20 Carbon Lenker war ja für mich am Instinct der Inbegriff für eine ideale Kombination aus und Trailtauglichkeit gewesen. Auf einmal mutierte das vorher sehr verspielte  CUBE zum Bike mit echten Marathonqualitäten. Der Umbau ging zwar spürbar zu Lasten der Verspieltheit, brachte aber genau jene Langstreckenqualitäten zum Vorschein, die ich dem Stereo 140 dem ersten Eindruck nach nicht zugetraut hätte. Wer unserer Tests regelmäßig liest, weiß dass wir gerne und viel mit Vorbaulängen und Lenkern experimentieren um gewisse Eigenschaften hervorzulocken, aber hier war es wirklich auffällig was eine um nur 25 mm geänderte Vorbaulänge und ein schmälerer Lenker ausmachen.

25 CUBE Stereo 140 SLTZuletzt habe ich dann mit einem SYNTACE Flatforce (66 mm) und dem original Lenker (780 mm breit mit 20 mm Rise) eine Mittelweg ausprobiert und darin mein persönliches Optimum aus Trail- und Langstreckenqualitäten gefunden – effizient und sportlich bergauf, sicher mit maximalem Spaßfaktor wieder runter.

Ach ja, wie im Intro bereits angekündigt und im Testfazit zu den CONTINENTAL „Der Baron 2.4 Projekt“ geschrieben, habe ich schon früh diese Enduro-Reifen aufgezogen, einfach, weil sie es mir um ein vielfaches leichter gemacht haben das CUBE Stereo bis an dessen (sehr hoch gesteckte) Grenzen hin zu fordern. Die serienmäßigen SCHWALBE Nobby Nic 2.35 sind zweifelsohne gute und fähige Allrounder, aber um ein Bike vom Kaliber des Stereo 140 C:68 SLT 29 an seine Limits zu fahren, kann es nicht schaden noch mehr Traktion und Pannenschutz zur Verfügung zu haben ….

22 CUBE Stereo 140 SLT

In wiefern die Umstellung des Stereo 140 auf den breiteren Boost Standard notwendig oder sinnvoll war, kann ich nicht sagen, weil ich es nicht isoliert bewerten kann. Insgesamt, ergeben der torsionssteife C:68 Top-End Vollcarbonrahmen und die Boost Laufräder definitiv ein sehr präzises Fahrverhalten. Ich selber finde trotz aggressiver Fahrweise und 90g mit Gepäck bei guten Laufrädern und Gabeln auch bisher nur wenige Probleme mit der Steifigkeit und Lenkpräzision, aber geschadet hat die Umstellung dem Bike auf keinen Fall. Das auf jeder Seite drei Millimeter breitere Heck hat auch nie zu Problemen beim Treten durch verstärktes Schuheschleifen geführt – komplett Entwarnung hierzu.

31 CUBE Stereo 140 SLT 32 CUBE Stereo 140 SLT

Plus-Fähig!! Dass man auf die FOX 34 im 110 mm Achsstandard breite 27,5+ Reifen (bis 3.0″) montieren kann, ist ja mittlerweile bekannt, aber dass auch der Hinterbau des 2016er CUBE Stereo Plus-fähig ist, das war eine echte Überraschung! Der 2,8er Nobby Nic auf einer 40 mm breiten Felgen (von dem nächsten Testbike, das ihr aufgrund der Schriftzüge bereits erraten könnt ;-)) passt jedenfalls … nicht mit extrem viel Freiraum an den Kettenstreben, aber ich würde es fahren.

23 CUBE Stereo 140 SLTWas die Ausstattung angeht gab es bis auf den mitunter störenden, wandernden Druckpunkt der Bremsen keine echten Auffälligkeiten nur eine tadellose und präzise Funktion mit maximal exklusiven Bauteilen aus SHIMANO’S XTR (Dauertest hier) und anderen Edelkomponenten von RACE FACE, DT-SWISS, SYNTACE oder FIZIK. Die Reverb Dropper Stütze mit bis zu 150mm Absenkung ist und bleibt ein lobenswertes Detail mit hohem Nutzwert – auch hier wieder: Unglaublich was die 2,5 cm mehr in der Praxis ausmachen.

*****************************

Testfazit:

Muss man unbedingt fast 6000.- Euro für ein 29er Fully ausgeben? Nein, aber wenn man es tut, dann sollte das Bike wirklich etwas können. Und das kann ich dem CUBE Stereo 140 C:68 SLT 29 ohne Zweifel attestieren: Bergauf, wie bergab gehört es zu den besten und vielseitigsten 29er Fullies seiner Klasse, wenn nicht sogar zu den besten überhaupt. Mit der aus meiner Sicht unglaublich universellen und ausgereiften Geometrie sprengt das Stereo 140 alle Grenzen nach denen man versucht ist es auf einen speziellen Einsatzbereich einzugrenzen. 140 mm hin oder her, das Stereo 140 29er kann sowohl schnell und effizient wie auch grob und heftig. Mit minimalen Änderungen im Cockpit kann man dem Bike beinahe jeden Charakter verleihen den man mag ohne es dabei zu vergewaltigen. Ein wahrlich meisterhaft wandelbares und gutes Bike – egal aus welchem Blickwinkel und von welchem Fahrertyp betrachtet. Auch das 2016er Modell des CUBE Stereo setzt sie Messlatte in Sachen Performance und Vielseitigkeit wieder einmal sehr hoch. Ein rundum klasse Bike!

30 CUBE Stereo 140 SLT

Einen Wermutstropfen muss man allerdings schlucken: Für die Saison 2016 gibt es nur zwei 29er Modelle in der 140 mm Klasse, das hier getestete sehr exklusive Topmodell Stereo 140 C:68 SLT 29 und das Stereo 140 C:62 SL 29 – ebenfalls mit Vollcarbonrahmen und für einen ebenfalls stattlichen VK (3999 Euro). Damit bleibt das Trailvergnügen eines CUBE Stereo 140 29ers in der kommenden Saison leider nur den betuchten Fahrern vorbehalten. Wenn CUBE aber bei der bisher bekannten Modelllogik bleibt, folgen spätestens zur Saison 2017 weitere und auch günstigere Modelle mit Alurahmen.

RIDE ON,
c_g