SRAM GX 2×11 Schaltgruppe – Testintro (… und die Frage nach dem Warum): von MiMü

Geht es euch auch so, dass es immer schwieriger wird die richtige Schaltung zu finden? 1-fach, 2-fach oder gar 3-fach Kurbel? 10- oder 11-fach Kassette? SRAM oder Shimano? Fragen über Fragen, die jeder zu beantworten hat, sei es, wenn man sich eine neue Schaltgruppe angeschafft will, oder ein neues Bike. Noch vor ein paar Jahren war die Entscheidung denkbar einfach: 3-fach Kurbeln für die Tourenfahrer, 2-fach für die Racer. Dann kam SRAM mit seinen in meinen Augen exquisiten 1×11 Antrieben und die Entscheidungsfindung wurde ungleich schwerer.

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Die vier Boxen beinhalten alles was man zum Umstieg der bisherigen SRAM X1 1×11 auf die 2×11 GX benötigt.

Mit der neuen GX-Gruppe geht SRAM nun noch einen Schritt weiter (oder wenn man es anders interpretieren will: … einen Schritt zurück J), denn die Gruppe ist nicht nur die günstigste 11-fach Gruppe bis dato, sie wird zudem auch noch in 2×10, 1×11 und 2×11 Abstufungen angeboten. Damit sollte also für jeden Geschmack was Passendes dabei sein.

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Ja, die 2×11 ist eine Abkehr vom bisherigen Credo dass 1-fach immer ausreicht, aber ob es deswegen mehr Rück- als Fortschritt sein muss?

Mein persönlichen Schritt weg von 2×10 erfolgte Anfang Sommer 2014. Warum ist schnell erklärt: Mit meinem Fully war ich damals nur im Alpenvorland unterwegs, wo die Anstiege gemäßigt und nicht sonderlich lange sind. Mehr als 800 Hm am Stück sind da die absolute Ausnahme. Mit Hilfe eines Hope 40T-Rex Kassettenadapters habe ich so meine vorhandene 10-fach Kassette auf 40 Zähne erweitert, und musste dafür nur ein kleineres Ritzel „opfern“. Das ganze wurde an der Kurbel mit einem 30er Kettenblatt ergänzt. Schöner Nebeneffekt des Umbaus: Das Cockpit wurd deutlich aufgeräumter. Des weiteren entfiel das nervige „Korrekturschalten“ durch sich überschneidende Gänge oder zu schrägen Kettenlauf. Die linke Hand war von nun an nur mehr fürs Bremsen zuständig, während rechts geschaltet, gebremst und der Sattel mittels Remote-Hebel angesenkt wurde (viele andere Fahrer, so auch c_g, bevorzugen den Dropper-Hebel auch links und unter dem Lenker,eine Kombi, die ich bisher noch nie gefahren bin).
Das Trailsurfen mit meiner 1×10 gefiel mir so gut, dass ich mich Anfang dieses Jahres – der Kauf eines neuen Fully-Rahmens stand an – dazu entschied, SRAMs X1-Gruppe auszuprobieren. Für den Einsatzbereich an meinen geplanten Allmountain-Fully Salsa Horsethief erschien es mir die perfekte Schaltgruppe. Mit 30 Zähnen an der Kurbel und einer Kassettenabstufung von 10-42 Zähnen sollte kein Anstieg zu steil oder lang sein, so meine Hypothese. Die schlichte schwarze Optik gefiel mir von Anfang an, die Montage war SRAM-typisch einfach und intuitiv. Die Gruppe überzeugte durch Robustheit, ordentliche Nehmerqualitäten (Stichwort Schalten unter Last) und geringen Verschleiß.
Einziges Manko der SRAM 11-fach Gruppen in meinen Augen: Sie benötigen einen speziellen 11-fach Freilaufkörper, XD genannt der allerdings mittlerweile von den meisten Nabenherstellern alternativ zum bekannten SHIMANO-Freiluaf angeboten wird. Im Fall meiner Hope Pro Evo II Nabe schlug der Freilaufkörper mit zusätzlichen 70.- Euro zu Buche. Funktionell hat SRAM’s XD Freilauf in meinen Augen aber keinen Nachteil gegenüber den mittlerweile erhältlichen 11-fach Gruppen der Konkurrenz von Shimano.

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Warum aber 2×11?

Wieso jetzt aber der „(Rück-)Schritt“ von SRAM zu 2×11? Mein Saisonhighlight steht erst noch bevor – fünf Tage Vinschgau. Wer den Vinschgau kennt, weiß, dass die Anstiege dort gerne steil und lang sind. Um nicht schon nach dem Uphill völlig leer zu sein, gab es für mich nur eine richtige Entscheidung: der Umbau auf 2×11 und damit verbunden richtig leichte Klettergänge. Immerhin beginnt der Spaß erst beim Traileinstieg – und da möchte ich so fit wie nur irgend möglich sein. In den untenstehenden Tabellen hab ich euch mal drei Übersetzungsabstufungen zum Vergleich ausgerechnet: 1×11 mit 30er Kettenblatt (Abb. 1.), 1×11 mit 32er Kettenblatt (Abb. 2.) und eben 2×11 mit 24/36er Kurbel (Abb. 3.). Bei allen dreien ist eine 10-42 Kassette verbaut.

SRAM 1x11 (30)

Abb. 1. Das Übersetzungsspektrum von 1×11 mit einem 30er Kettenblatt

SRAM 1x11 (32)

Abb. 2. Das Übersetzungsspektrum von 1×11 mit einem 32er Kettenblatt

 

SRAM 2x11

Abb. 3. Das Übersetzungsspektrum von 2×11 mit einer 24/36er Kettenblattkombi.

Gut zu erkennen ist, dass 2×11 mit den Gängen 24/42, 24/36 und 24/32 drei richtig leichte Klettergänge zur Verfügung stellt, während die anderen leichtesten 1×11 Kombinationen von 32/42, bzw. 30/42 hier schon eher schwächen. Doch auch nach oben hin zu den Speed-Gängen bietet die 2×11 GX noch einen Extragang gegenüber den genannten 1×11 Antrieben. Macht effektiv 4 zusätzliche Gänge. Hört sich vielversprechend an, oder?

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Die SRAM GX Komponenten

Zum Zeitpunkt meiner Bestellung Mitte Juli wurde in Europa noch keine Komplettgruppen angeboten und so musste ich mir die Gruppe aus Einzelkomponenten zusammenstellen. Wie sich herausstellt, braucht es zur Umrüstung von SRAM 1×11 auf 2 x11 aber ohnehin nur ein paar Komponenten:

Das Schaltwerk:

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Das schwarz/silberne SRAM GX 2×11 Schaltwerk erinnert in seiner Konstruktion mit der oberen Umlenkrolle nahe am Schwenkpunkt des Käfigs fast schon wieder an die herkömmlichen Schaltwerke. In der Long Cage Version wiegt es nachgewogen 289g und entspricht damit genau der Herstellerangabe. Es verfügt über die bekannte Cage Lock Technologie, die den Ausbau des Hinterrads durch einen Sperren der Schwenkfunktion des Schaltkäfigs deutlich erleichtert. Weiters bietet es X-ACTUATION, damit sollen die Schaltvorgänge entlang der kompletten Kassettenabstufung gleichmäßig gut ablaufen. Nicht zu vergessen die Roller Bearing Clutch Technik, wodurch zum einen das lästige Kettenschlägen auf ruppigem Terrain minimiert wird und zum anderen das komplette Schaltwerk wackelfrei an seiner Position verbleiben soll.

Die Kurbel: 

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Als Kurbel habe ich die GX 1400 2-fach Kurbel mit 24-36 Zähnen in 175mm Länge ausgewählt, ebenfalls in schwarz/silber. Hohl geschmiedete Aluminium-Kurbelarme sind mittlerweile ja schon Standard, so ist auch hier. Die X-GLIDE Technologie soll durch ihre aufeinander angepassten Kettenblätter und speziell angeordnete Gelenkzapfen selbst ein Schalten unter Last zum Vergnügen machen. Mit der zweiteiligen Konstruktion lässt sich bei der 1400er auch die Spider leicht austauschen und so – wer will jederzeit auch wieder eine 1-fach Kurbel (auf Wunsch sogar mit Direct-Mount Kettenblatt) daraus machen

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Nachgewogene 729 g für beide Kurbelarme inkl. Kettenblattspider bedeuten nur lächerliche 2g mehr als die Herstellerangabe – SRAM scheint hier sehr genaue Angaben zu liefern. Wem es weniger auf’ Gewicht ankommt und keinen Wert auf die abnehmbare Spider legt, der kann mit der einfacheren GX 1000 Kurbel zusätzlich ein paar Euro einsparen. Dazu kam in meinen Fall noch ein Truvativ Pressfit Innenlager für GXP-Kurbeln, marginale 89g schwer.

Der Umwerfer:

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Der GX Umwerfer in High Direct Mount Ausführung wiegt 135g, liegt damit genau in der Mitte der offiziellen Gewichtsangabe. Direct Mount bedeutet, dass der Umwerfer direkt an einer speziellen Aufnahme am Sattelrohr des Rahmens befestigt wird. Der Käfig schwenkt dann nach unten, in meinem Fall kommt der Schaltzug von oben. Mit X-GLIDE und X-ACTUATION verfügt er über die gleichen Technologien wie das Schaltwerk.

Die Schalthebel:

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Die 2×11 Trigger Shifters in dezentem schwarz/grau schlagen mit 244g inkl. Schaltzügen zu Buche (242g lt. SRAM-HP), verfügen ebenfalls über X-ACTUATION und sind Matchmaker X-kompatibel. Dabei wird die Shifter-eigene Klemmschelle entfernt und die Schalthebel mit Hilfe eines Adapters an die kompatiblen Schellen der Bremse – bei meinem Bike sind Avid Trail 5 verbaut – angekoppelt. Damit erreicht man ein schönes zusammengeräumtes Cockpit! Ach, auch für die GX Gruppe gibt es die Alternative von Grip-Shift Drehschalthebeln. Anhänger dieser Schltmethodik müssen also nicht auf andere Gruppen ausweichen.

Die Kassette und Kette:

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Die XG-1180 Kassette aus der X1-Gruppe (die GX-Kassette war leider noch nicht lieferbar) in 10-42er Abstufung gefällt durch ihr matt-schwarzes Finish, 315g entsprechen exakt der SRAM-Homepage. Die untersten drei Ritzel werden aus einem Stahlblock gefräst, die restlichen acht dann einzeln aufgesteckt und vernietet. SRAM nennt diese Technologie MINI CLUSTER – sieht robust und zugleich edel aus.
Ergänzt wird das Schaltungs-Ensemble durch eine XX1-Kette, hier geht für mich eindeutig Langlebigkeit vor Gruppenzugehörigkeit. Nebenbei erwähnt verspricht SRAM auch eine 100%ige Kompatibilität unter allen 11-fach Gruppen.

Zusätzliche Angaben zu den Kompontenten der SRAM GX Gruppe findet ihr hier im Vorstellungsartikel der Gruppe, sowie auf der SRAM Homepage zur GX.

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Die Montage:

Die Montage der einzelnen Teile stellte keine besonderen Herausforderungen dar, nach mehr als 10 Jahren individuellen Bike-Aufbaus ist es schön zu sehen, dass die Hersteller etwa durch Direct-Mount oder das Verwenden identer Inbus-Schrauben-Größen an die Mechaniker denken. Mir als langjährigen Shimano-Fahrer fielen gleich die Inbus-Schrauben zum Einstellen der Schwenkbereiche von Umwerfer und Schaltwerk auf – gegenüber den bisher bei Shimano verwendeten Kreuzschlitzschrauben ein großes Plus für SRAM. Die aktuelle XT8000 wartet endlich auch damit auch. Es ist doch nichts nerviger als „vernudelte“ Schraubenköpfe!
Beim Einstellen der Schaltung stellte lediglich die richtige Position der oberen Schaltwerksrolle eine mehr oder weniger große Herausforderung dar. Einmal war die Rolle zu weit weg von der Kassette, einmal war sie zu nahe dran. Die Kette quittierte diese Umstände mit unsauberen Lauf, sprich Springen auf den Zähnen der Schaltwerksrolle. Nach einigen kurzen Einstellungsfahrten am heimischen Parkplatz hab ich in der Zwischenzeit die optimale Position gefunden. Schön hat SRAM in meinen Augen die Führung und Klemmung des hinteren Schaltzugs gelöst. Mit Hilfe einer Umlenkrolle wird der Zug nach innen/unten geführt, die Klemmung befindet sich quasi im geschützten Bereich zwischen Schaltwerk und Kassette.

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Die ersten Touren warten nun auf mein 2×11 Allmountain-Fully, ein erster Härtetest werden die fünf Tage Trailriding im Vinschgau sein! Bis dahin sollten sich auch die Schaltzüge gesetzt haben und etwaige Einstellungskorrekturen erledigt sein. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie sich SRAMs günstigste 11-fach Gruppe im harten Testalltag schlagen wird. Und ihr dürft natürlich gespannt sein, was ich zu berichten habe!

Bis bald,
MiMü