RITCHEY WCS Trail Komponenten – Testfazit: von Oli

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Eineinhalb Monate hatte ich nun Lenker, Vorbau und Sattelstütze aus der RITCHEY Trail-Serie im Test, ergänzt durch den schlanken Streem – Sattel. Vorgestellt hatten wir Euch die Teile bereits hier. Mittlerweile habe ich alle Teile wieder abgebaut und einzeln untersucht . Ich will aber wieder einzeln vorgehen:

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Zunächst der RITCHEY WCS  Trail Vorbau (35 mm)

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Bereits im Intro habe ich beschrieben, dass das Besondere an dem Vorbau die Erhöhung der Festigkeit durch zwei Faktoren sein soll. Zum einen durch den Durchmesser der Lenkerklemmung von 35mm anstatt der heute noch gängigen 31,8 mm aber auch durch die spezielle 220 Grad Klemmung.

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Montage: Auf dem Foto unten kann man genau erkennen, was die 220° Umfassung im montierten Zustand bedeutet. Damit  muss man den Lenker leicht in die Passung drücken – ähnlich dem Prinzip bei SYNTACE Vorbauten. Der Nachteil ist dass dadurch die Montage ein wenig aufwendiger wird, dafür sitzt der Lenker bereits bei loser Klemmung schon verdrehsicher, was die Neigungseinstellung und  weitere Befestigung wiederum erleichtert.

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Auffällig ist auch noch die schräge und versetzte Klemmung am Gabelschaft, die dort zur Stressreduktion beitragen soll. Sie war mir beim Auspacken des Vorbaus zunächst gar nicht aufgefallen, dafür aber umso mehr während der Fahrt. Beim Blick von oben auf den Vorbau hat man zuerst den Eindruck, dass der Vorbau schief sitzt, und man muss sich zuerst ein wenig an die windschief wirkende Optik geöhnen. Funktionell blieb der Vorbau aber absolut unauffällig – genau so wie man es von einem Vorbau auch erwartet.

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Die nach innen damit zueinander gerichteten M4-Schrauben der Klemmplatte, sind zwar nicht ganz so leicht anzuziehen, als wenn sie parallel zueinander stünden, wirken aber optisch sehr schön und halten den Lenker absolut sicher.

–> Während ich in der Praxis in der schräg-versetzen Klemmungen eher ein optisches Alleinstellungsmerkmal sehe, empfand ich die umgreifende Lenkerklemmung gerade deswegen positiv, weil der Lenker eben so schon fest sitzt. Einen echten  Steifigkeitszuwachs aber nur durch den größeren Lenkerdurchmesser von 35 mm spürbar – womit wir zum Lenker kommen.

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Der RITCHEY WCS Trail Carbon Lenker:

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35mm ist schon richtig viel und das fällt auch auf, wenn man andere Durchmesser gewohnt ist. Im Bereich der Klemmung wirkte der Lenker relativ bauchig, an was man sich aber schnell gewöhnt. Die Oberfläche hat sich als äußerst robust erwiesen, Kratzspuren von der Klemmung des GPS, der Lenkergriffe oder auch der Schaltung waren kaum zu sehen.

Was man aber beim Foto oben schon erahnen kann, ist, dass der Lenker nicht nur einen Backsweep besitzt, sondern auch leicht nach vorne gekröpft ist. Ich dachte erst, dass das eine Täuschung wegen des bauchigen Volumens im Bereich der Klemmung ist, konnte das aber bestätigen, als ich den Lenker demontiert und einmal samt Vorbau umgedreht auf eine Pflasterstufe gelegt habe.

27 RICHEYDas ist jetzt beileibe kein Makel, man muss es nur wissen, wenn man sich eine bestimmte Lenker-/Vorbaukombination zusammenstellen will. Ich war immer unsicher wegen des 90mm Vorbaus in Kombination mit dem Lenker, dachte, ich sitze minimal zu weit über dem Vorderrad, weiß aber jetzt, woran das liegt. Würde ich die Kombination wieder wählen, ich würde eher einen 80er oder sogar einen 70er Vorbau wählen. Die Einheit Vorbau mit dem Carbonlenker hat sich als sehr stabil erwiesen.
Das bedeutet, dass ich das auch mehr für die Kombination mit Federgabel am Rahmen einsetzen würde. Ich hatte den Fehler gemacht, beim Rennen am Tegernsee eine Starrgabel zu verbauen – aus Gewichtsgründen. Unser 29+ Testbike hat sich in der Kombination mit dem Richrey Trail Lenker dann doch als zu bockig erwiesen. Auf breiten, technisch wenig anspruchsvollen war die gefühlte Direktheit eine Wucht, im Trail habe ich laut geflucht.

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Wegen der 35 mm Klemmung konnte ich leider keinen anderen Lenker zum direkten Vergleich zu montieren – c_g der den Lenker aber nach dem Test noch am BANSHEE Phantom gefahren ist bestätigte, dass das Fahrgefühl ziemlich genau dem der RACE Face 35 mm Kombi entsprechen würde, die er bereits im Test hatte.

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RITCHEY WCS Link Trail Sattelstütze

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Schön anzusehen ist sie, die WCS Link Stütze. Wirklich schön, wie ich finde. Die matt glänzende Oberfläche hat mich sofort begeistert, irgendwie auch an Carbon erinnert. Stabil und ausgesprochen steif ist die Stütze zweifelsfrei auch, bedingt sicher durch den 31,6er Durchmesser, aber auch trotz der Auszugslänge habe ich nur wenig komfortspendenden Flex gespürt (der ist allerdings mit den Plus-Reifen auch weniger wichtig, als etwa bei anderen Hardtails. Hier noch ein Foto vor der ersten Trailtour. Am Ausgang des Trails sah leider alles anders aus und es ist genau das passiert, was ich schon bei der Erstmontage befürchtet hatte:

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Beim genauen Blick auf die Konstruktion der Sattelklemmung wurde dann auch klar warum. Man erkennt ganz gut, dass die Fixierung des Sattelklemmkopfes komplett auf Reibung beruht und die wiederum allein vom Anzugsmoment der beiden Klemmschrauben abhängt. Auffällig dabei ist, dass zwar der Klemmkopf selber eine fein geriffelte Rasterung besitzt, nicht aber die Gegenseite am Stützenkopf, die komplett glatt ist.  Hier würde ich mir auf beiden Seiten eine Rasterung wünschen, um das sehr hohe Anzugsmoment der Klemmung ein wenig zu entschärfen.  Mit dem angegebenen maximalen Anzugsmoment von 16 Nm sitzt der Sattel zwar wirklich verrutsch- und verdrehsicher, dieses extern hohe Drehmoment schafft man aber wirklich nur mit Hilfe eines guten Drehomentschlüssels sauber einzustellen. Im Gelände (ohne Drehmmentschlüssel) ist die erforderliche Kraft wirklich sehr hoch .. und bei Schrauben gilt natürlich immer der goldene Grundsatz nach „fest kommt ab“ und um 16 NM zu erfühlen braucht es schon besondere Fähigkeiten. Letztlich ist die Klemmung zwar funktionell, aber in der nicht 100% praxisgerecht.
Positiv anzumerken ist, dass die Klemmschrauben sehr gut zugänglich sind und dementsprechend auch mit Drehmomentschlüssel oder Minitool leicht zu erreichen sind.

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Ein weiterer Kritikpunkt ist die empfindliche Oberfläche der Stütze, die ich anfangs so attraktiv gefunden habe. Was RITCHEY als „blatte“ Optik beschreibt, ist offensichtlich ein mattglänzender und wirklich schöner Lack. der nach einigen Malen rauf- und runterfahren im beanspruchten Bereich ablöst. Darunter  kommt eine einfache schwarze Eloxierung zum Vorschein. Geht die Ablösung mal an einer Stelle los, dehnt sie sich aus und der betroffene Bereich läßt sich wie ein dünner Film mit den Fingern abziehen. Eine Stütze für „Trail“-Biker sollte solche Schwächen nicht haben das aushalten können und eine robustere Oberfläche besitzen.

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RITCHEY WCS Streem Sattel

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Ich habe selten einen so robusten Sattel erlebt. Das viele Basteln, reparieren am Testrad hat der Sattel ohne sichtbare Gebrauchsspuren überstanden. Ihr kennt das sicher, dass schnell die Ecken angeschabt sind, wenn man immer wieder mal das Rad an eine Wand lehnen, umdrehen oder auf die Seite legen muss. Hier hat das keine Spuren hinterlassen. Das liegt sicher an dem robusten Lorica-Material, das ich im Intro bereits erwähnt habe. Die Robustheit rührt aber auch daher, dass die Oberfläche recht straff ist. Es gibt keine expliziten weicheren Stellen im Bereich der Sitzknochen. Ich würde von daher den Sattel eher im Racebereich als im Trailbereich ansiedeln. Sitzt man (beim trailen) aufrecht spürtman die Härte des Sattels eher als während CC-Touren oder –Rennen. Die RITCHEY Vector-Wing-Technologie verrichtet unauffällig ihren Dienst. Der Sattel ist straff, aber nicht hart. Top!

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15 GERMANA Flame

Testfazit: Optisch sind alle der getesteten RITCHEY Trail Bauteile sehr schön und wirken hochwertig. Allerdings lagen beim Praxistest der Teile Licht und Schatten dann doch nah beieinander. Durchweg gut gefallen hat mir der WCS Streem Sattel gefallen. Wer auf der Suche nach einem robusten, straffen, racelastigen Rennsattel ist, ist mit dem Streem wirklich gut bedient. Auch die Kombi aus WCS Trail Vorbau und dem WCS Trail Carbon Lenker, je mit 35 mm Lenkerklemmung, hat sich als äußerst stabil, präzise und auch leicht erwiesen.
Die WCS Trail Stütze konnte dagegen weniger überzeugen. Zum einen sind die schieren Klemmkräfte, die die für eine sichere Sattelklemmung erforderlich sind sehr hoch, was vor allem beim Nachstellen im Gelände als problematisch erweisen kann. Zum anderen blätterte der Lack der getesteten Alu-Ausführng schnell ab. Während man die Sache mit der Klemmung durch etwas mehr Aufmerksamkeit bei der Montage (einfach einen Drehmomentschlüssel verwenden) noch entschuldigen kann, sollte bei der Haltbarkeit der Lackierung doch nachgebessert werden.

Oli