Weltpremiere: KUROSHIRO Enso 685 Fat-Bike Felgen – Praxiseindrücke: von c_g

image-7

Ich bin in den letzten Monaten schon einige Fatbikes gefahren .. und jedes mal hat mich eine Sache daran gestört: Die schweren und langsamen Reifen und Laufräder die solche Bikes für mich nur auf wirklich weichen Böden interessant machen. Selbst als ich kurz mit dem ausgesprochen leichten SALSA Beargrease Carbon-Fatty unterwegs, ging es mir so, dass ich den leichten Rahmen zwar sehr gut fand, das Fatbike-Fahrgefühl als solches mich aber nicht wirklich begeistert hat.
Mit dieser Ansicht bin ich natürlich offen für alles was dem entgegen wirkt – Schlauchlose Reifen und leichte tubeless ready Felgen. Allein schon der Gedanke, wie viel Gewicht man durch das Weglassen der Schläuche (normalerweise zwischen 450 und 500 g je Schlauch) einsparen kann – ganz zu schweigen von dem Potential in den Felgen.

IMG_2398

Die KUROSHIRO Enso 685 sind nicht die ersten tubeless ready Carbon Fatbike Felgen und behaupten das auch nicht, aber nach aktuellem Stand dürften sie die leichtesten Fatbike Felgen sein. Mit einem angeblichen Gewicht von ca. 420 g pro Felge ist sie  leichter als man für möglich hält, aber die spezielle Konstruktion erlaubt es sogar die Felge ohne Tape, nur mit Dichtmilch abzudichten. Das spart weitere Gramm.
Wie bereits in der Testankündigung  angesprochen sind die KUROSHIRO Felgen hergestellt und entwickelt von ALCHEMIST einem kleinen Boutique Carbon Komponentenhersteller mit außergewöhnlich innovativen Ideen. Als echte Meister ihres Fachs habe sie viele Register gezogen. Zum Beispiel die Zick-Zack-Erhöhung in der Felge, welche die Felgenlöcher verbindet – sie bringt einen massiven Zuwachs an Steifigkeit und erlaubt erst das Rekordgewicht. Außerdem gestattet diese Konstruktion extrem hohe Speichenspannungen – welche zur Verwendung der sehr leichten Speichen notwendig sind.
Nur der Vollständigkeit halber – die Zahl 685 im Namen der Enso Felge steht für 26” und für die Breite von 85 mm.

11KUROSHIRO Enzo 30 KUROSHIRO Enzo

Ich hatte bereits die Gelegenheit die Felgen an einem starren SALSA Beargrease während des Garda Bike Festival zu inspizieren und dacht mir schon damals, dass sie wirklich etwas Besonderes für Fatbikes auf den Tisch bringen. Umso erfreulicher war es als mir Mauro Bertolotto, der Mann hinter dem Vertrieb RACEWARE und der Marke KUROSHIRO angeboten hat angesichts eines geplanten Urlaubs in Finale mir dort eine Fatbike mit den ersten Vorserien-Mustern der Enzo 685 Felgen zu fahren.
Ich sollte mit einem Fatbike über die klassischen All-Mountain und Enduro Trails jagen, die sonst eher mit ordentlich Federweg gefahren werden? Hmm – bei der Aussicht ist mein Testerherz natürlich neugierig geworden? Wie würden sich diese fast 10 cm breiten Reifen in so einem Terrain fahren, wo es sonst auf eine präzise Linienwahl ankommt? Ist es überhaupt möglich oder notwendig mit so einem Bike eine präzise Linie zu fahren? Wie würde sich das Bike in Schräglagen oder bei schräg angefahrenen Steinen verhalten. Welcher Luftdruck würde in so einem Gelände am besten funktionieren? Wie würden sich diese extrem leichten Felgen überhaupt auf den Trails halten?
Ich bin kein Fatbike Experte und gebe offen zu, dass ich eine Menge offener Fragen angesichts des Tests hatte und auch ziemlich skeptisch war wie es gehen würde. Zur Sicherheit habe ich dennoch mein eigenes Bike mitgenommen – man weiß ja nie ;-).

IMG_2399

Als ich dann im Hotel das auf mich wartende  goldene SALSA Mukluk sah, war es mit den Enoo 685 Felgen und schlauchlos umgerüsteten 45NTH Hüsker Dü 4.0” Reifen (127 TPI) ausgestattet. Die Laufräder waren mit leichten Speichen, aber normalen NOVATEC Naben aufgebaut und brachten es dennoch auf unglaubliche 1780 g – mit einem Satz noch leichtere TUNE Naben kann man sogar noch leichter kommen. Das andere Bauteil an dem Bike, das unglaublich spannend ist, war die ROCK SHOX Bluto Gabel mit der ich mich aber in einem separaten Artikel beschäftigen werde.

Insgesamt brachte es das Bike auf aufsehenerregende 11,2 kg.

Nachdem ich den Reifendruck fürs Erste auf 0.75 bar eingestellt hatte, ging es auf einem langen Uphill-Trail ca. 300 Hm hinauf auf das Hochplateau auf dem das 24h Rennen von Finale. Der Trail war in vielen Bereichen felsig, oft lose und mit so manchen Steilanstiegen in denen jedes „normale“ Bike um Traktion ringen würde.

23 Fat riding Am Anfang habe ich noch auf die Linienwahl geachtet und die Bereiche mit der besten Traktion und dem besten Untergrund ausgesucht, habe dann aber recht schnell herausgefunden, dass das mit dem Fatbike absolut überflüssig ist. IMG_2402Die Reifen/das Bike rollen einfach über alles, jeden Untergrund und geben einem das Gefühl fast schon über den Boden zu schweben. Traktion war auch in den losesten Bereichen nie ein Thema. Und so hat mich das Fatbike gelehrt, wie schnell einen so ein Bike dazu verleiten kann nachlässig und faul zu werden – zumindest was die Fahrtechnik angeht.
Andererseits bot mir das Mukluk mit den leichten Laufrädern auf dem Trail eine fast schon XC-mäßige Beschleunigung, die ich vorher noch nie an einem Fatbike erlebt hatte.
Eingangs war ich ein wenig besorgt, als ich das Mukluk mit der 1×11 Schaltung gesehen hatte, aber es hat nicht lange gedauert, bis ich diese Sorgen vergessen hatte, denn das Bike hat sich so schnell und gut gefahren, dass es mich was die Uphill-Eigenschaften angeht einfach nur begeistert hat.

28 Fat riding

Als nächstes sind wir die Runde des 24h Rennens von of Finale gefahren, das gespickt mit Kurven und Kehren, schnellen Up- und Downhills und sehr vielen Schrägfahrten ist. Dort ist mir dann aufgefallen, dass sich das Fatbike in so einem Terrain doch ein wenig anders lenkt – vor allem in schnellen Kurven und in aggressiven Schrägfahrten – einfach weil der Kontaktpunkt der reifen weiter zur Seite rückt, als gewohnt. Nach ein paar Kilometern hatte ich mich aber daran gewöhnt und seither nicht mehr daran gedacht.

Auf dieser vielseitigen Runde habe ich dann auch noch etwas mit den Reifendrücken experimentiert und im Bereich zwischen 1,0 und 0,5 bar alles zumindest kurz gefahren. Ich kann hier nur für mich und meine Fahrweise / mein Gewicht sprechen, aber auf dem Gelände kam mir alles unter 0,7 bar als zu schwammig und indirekt vor um es noch als gut zu empfinden. Außerdem war dann auch eine gewisses Wippen im Fahrwerk zu spüren, das ich in harten Antritten störend empfand. Drücke deutlich über 0,7 bar dagegen hatten zwar ein tolles Lenkgefühl zur Folge, fühlten sich in ruppigem Gelände aber zu holprig an.

image-2

Nachdem es hie aber primär um die KUROSHIRO Enso 685 Felgen gehen soll, muss ich auch noch erwähnen, dass ich im untersten gefahrenen Druckbereich (unter 0,6 bar) durchaus auch immer wieder leichte Luftverluste zwischen Reifen und Felge habe provozieren können. Nachdem diese aber nicht nur in Schräglagen  oder bei einseitig überfahrenen Hindernissen aufgetreten sind, und auch nur im Uphill, bin ich mir nicht sicher, ob das Problem durch eine nicht optimale Verzahnung zwischen der Felge und dem Reifen erzeugt wurde, oder ob es sich dabei eher um eine noch nicht perfekt abgedichteten Reifen gehandelt hat. Nachdem das ohnehin nur bei für mich nicht nutzbaren Drücken aufgetreten ist, hat mich das nicht weiter gestört, leichtere Fahrer oder solche mit bevorzugt niedrigeren Drücken sollten es aber dennoch wissen.
Nachdem ich also meinen Ideal-Luftdruck für die reifen und das Gelände gefunden hatte (0,7 bar) konnte ich den Rest der Runde einfach genießen, es laufen lassen und nur immer wieder über die grandiose Traktion und den exzellenten Kurvengrip freuen.

10 Fat

Rechtzeitig zum Sonnenuntergang mussten wir dann den Rückweg antreten und habe dazu eine Stage des letztjährigen Superenduro gewählt – eine Strecke, die dem Bike und auch den Felgen noch einmal eine Menge abverlangen würde.
Dieser Trail war einfach genial zu fahren! Er war eine wunderbare Mischung aus schnellen Passagen, manchmal felsig, manchmal erdig und mit kleineren Sprüngen, vielen engen Spitzkehren und so manchen technischen Felspassagen aller Schwierigkeitsgrade. Einfach Klassee zu fahren und ideal für diesen Test.
Wie auch schon beim Uphill, hab eich schnell herausgefunden, dass man mit einem Fatbike nur noch grob eine Linie wählen muss und den Rest getrost den Reifen überlassen kann, di einen scheinbar über jede Geländeform mit maximaler Traktion und sagenhaftem Grip drüber tragen. Auch die Bremstraktion war dermaßen genial, dass ich den Trail in etwa genauso schnell gefahren bin, wie ein paar Tage später mit meinem 29er 140 mm Fully … und das ist ein wirkliches Kompliment an das Fatbike.

21 Fat riding
Sehr zu meiner persönlichen Überraschung, hate ich aber nie das Gefühl, dass mir die Abfahrt wegen dieser schlafwandlerischen Fahrsicherheit des Fatbikes weniger Spaß machen würde. Außer die anhaltende Verwunderung darüber wie selbstverständlich ich damit auch die dümmsten Fahrspuren nehmen konnte und wie sagenhaft die Traktion war, hat sich das Fatbike eigentlich kaum anders gefahren als ein “normales” 29er Trail-Fully.

Einen Kritikpunkt habe ich aber trotzdem an die Fatbike-Erfahrung. Der offensichtlich hohe Rollwiderstand auf der Straße oder festem Untergrund. Obwohl die Hüsker Dü sicher zu den schnelleren Fatbike reifen gehören und die Schlauchlosumrüstung definitiv zusätzlich den Rollwiderstand gesenkt hat, war das Mukluk hier deutlich langsamer, als es mein 29er mit normalen Trail-Reifen war. Auf dem Trail allerdings war davon nichts zu spüren.
Ich bin das SALSA Mukluk mit den KUROSHIRO Laufrädern noch ganze weitere 3 Tage gefahren – 3 Tage die meine initialen Eindrücke nur untermauert haben und nach denen ich nur unwillig wieder auf mein geleibtes 29er CUBE Stereo umgestiegen bin.

26 Fat riding

Zusammenfassung: Die kurze Zeit auf dem SALSA Mukluk mit den extrem leichten Schlauchlos Laufrädern von KUROSHIRO hat mich überzeugt, dass ein solches Bike echtes Suchtpotential hat. Die fehlende rotierende Masse, die resultierende leichte Beschleunigung und Kombination mit der unglaublichen Traktion hätte ich niemandem geglaubt, wenn ich sie nicht selbst erlebt hätte. Gerade wegen meiner bisherigen weniger begeisternden Erfahrungen mit Fatbikes, gebe ich offen zu, dass ich noch nie so viel Spaß mit einem solchen Monstertruck hatte … und ein Großteil des Lobes dafür geht an die KUROSHIRO Enso 685 Felge und deren Möglichkeit schlauchlos zu fahren.
Man sollte sich bewusst sein, dass dieses Felgen alles andere als günstig sein werden (je Felge € 899.-), aber für jemanden wie mich, dem die schweren Fatbike-Laufräder bisher das größte Hindernis waren, ist ein solches Upgrade die wohl effektivste (und möglicherweise einzige) Möglichkeit Fatbikes für meine Trails ernst zu nehmen.
image-8Oh und nur um es nochmal ausdrücklich zu schreiben: Obwohl ich das Bike und damit auch die Laufräder in Finale Ligure wirklich hart rangenommen habe, gab es keinerlei Defekte oder Auffälligkeiten, die mich an deren Haltbarkeit zweifeln lassen würden. Sie waren einfach nur leicht, schnell und unauffällig. Allerdings kann man 3 Tage auch nicht mit einem lange anhaltenden Dauereinsatz vergleichen.
Soweit zum ersten Teil meiner Fatbike erfahrungen in Finale – bald folgen noch meine Erfahrungen mit der ROCK SHOX Bluto die selbstverständlich auch ihren Teil zum Trailpotential des Bikes beigetragen hat.

RIDE ON,
c_g